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Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Druckversion

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Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Jo498 - 19.06.2018

Ich bin sicher, dass das schonmal hier diskutiert wurde, habe aber, da die Suche irgendwie zu hängen scheint, nichts gefunden. Kurt Ring hat mal wieder seine alljährliche Kolumne gegen die "Normjagd" veröffentlicht, s.u. Er hat ein paar gute Punkte, vermengt aber m.E. zwei unterschiedliche und weitgehend unabhängige Aspekte. Einmal kritisiert er die Verschärfung der Ausrichternorm durch den DLV. Die führt dazu, dass in einzelnen Disziplinen (heuer z.B. 400m/800m) Athleten monatelang verzweifelt hinter einigen Zehnteln, die noch fehlen, herrennen.
Der andere, davon unabhängige Aspekt, ist das immerwährende "Fernduell" bis zur Nominierung. Das sei noch aufreibender, denn selbst mit erreichter Norm kann man nie sicher sein, weil morgen ein anderer Athlet eine stärkere Leistung bringen kann. Außerdem sei das auch nicht fair, weil die Bedingungen der unterschiedlichen Wettkämpfe (Wind, Wetter usw.) nicht vergleichbar seien.
Als Alternative schlägt Ring die Ausrichternormerfüllung irgendwann im entsprechenden Zeitraum (meist einschl. der vorhergehenden Saison) und dann zur Bestimmung der 3 besten in der laufenden Saison Trials in einem Abstand zum Saisonhöhepunkt, der eine vernünftige Planung ermöglicht. (Anscheinend sollen die Trials zusätzlich zur DM sein, aber das ist sekundär, denke ich.)

http://www.lg-telis-finanz.de/50-aktuelles/7858-pyrrhussiege


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Atanvarno - 19.06.2018

(19.06.2018, 13:16)Jo498 schrieb: Ich bin sicher, dass das schonmal hier diskutiert wurde,

In der Tat Wink
Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem?


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - longbottom - 19.06.2018

Mal abgesehen davon, dass ich persönlich kein großer Fan von Trials vor Großereignissen bin: Rings Vorschlag wäre für die EM dieses Jahr umsetzbar, bei einer WM sieht das zumindest nach dem alten System schon anders aus, denn da gibt es zwei entscheidende Unterschiede.

Erstens sind da die Normen deutlich härter und zweitens kann man sie nur im WM-Jahr erreichen. Die Anzahl der Disziplinen, wo mehr als drei deutsche Starter überhaupt die IAAF-Normen erreichen, ist dadurch doch sehr überschaubar. Trials haben sich damit für die meisten Disziplinen erledigt. Und für viele Sportler wird es eben doch eine Jagd nach der Norm, nämlich der IAAF-Norm (und, hier gebe ich Ring recht, die zu verschärfen ist unnötig).

Es bleibt die zweite Möglichkeit, sich für das Großereignis zu qualifizieren, nämlich die Nachrückerliste. Aber erstens braucht man auch dafür sehr ansprechende Werte, und zweitens weiß man ja erst mit Meldeschluss, ob die erzielte Leistung überhaupt recht. Was nützt es mir, wenn ich bei irgendwelchen Trials bester Deutsche werde, aber die Zeit nicht gut genug ist, dass die IAAF mich einlädt? Ich muss also auch bei dieser Variante bis zum Schluss auf Zeiten-/ Weitenjagd gehen.

Und wie es nach der vermutlich kommenden Qualiregel über die Weltrangliste wird, bleibt abzuwarten. Aber ich gehe mal davon aus, dass diejenigen, die nach der alten Regel ernsthaft um Normen kämpfen müssen, keine so sichere Platzierung in der Rangliste haben, dass sie sich ihrer Sache sicher sein können. Die müssen Wettkämpfe mit möglichst guten Leistungen abliefern, damit sie nicht noch von den Qualiplätzen verdrängt werden.

So oder so, Rings Ideen sind außerhalb eines EM-Jahres in den meisten Disziplinen nicht umsetzbar. Und das liegt nicht am DLV. Das einzige was der Verband in der Tat machen kann, ist die Normen nicht weiter zu verschärfen.


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Jo498 - 19.06.2018

Es stimmt dass in Disziplinen, wo D zumindest bei WM/OS zu schwach ist, die Normenjagd erhalten bleiben wird. Da wären Trials meistens überflüssig, da außer bei einigen technischen Disziplinen eh kaum drei Deutsche die Norm schaffen. Und für die Mehrkämpfe gibt es jetzt schon Quasi-Trials.
Ring kommt wohl aus zwei Gründen gerade jetzt wieder damit. Erstens weil für die U18/U20 EM/WM die Junioren-Gala inzwischen wie Trials funktioniert und aufgrund der Situation auf einigen Mittel/Langstrecken im EM-Vorfeld. So ist z.B. Sarah Schmidt inzwischen zweimal unter der EAA-Norm 800m geblieben, aber es fehlen eben noch 8 Zehntel oder so zur um eine Sekunde verschärften DLV-Norm. Da kann es schon passieren, dass sich jemand für die Norm aufreibt und dann mit erfüllter Norm nicht mehr fit für den eigentlichen Saisonhöhepunkt ist.
Oder Mocki. Sie hätte die 10k Norm noch aus dem letzten Jahr erfüllt. Bei Trials müsste sie einmal laufen und hoffentlich zu den besten drei gehören. So wird sie wohl am Samstag in Regensburg zum dritten Mal in 8 Wochen 10000m laufen, obgleich nach dem verletzungsbedingten Rückstand sicher eine andere Art Vorbereitung zur EM tauglicher wäre.

http://www.lg-telis-finanz.de/50-aktuelles/7848-trials-muessen-her

Dass direkte Ausscheidungen fairer und attraktiver sind als "Fernduelle" sehe ich ebenfalls genauso wie Ring.

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@mods: Die Suche anklicken bringt mich auf die Hauptseite, ich komme gar nicht zu Suche.
edit admin: Problem hat eigenes Thema in der Technikecke bekommen!
Suche führt auf Hauptseite - oder doch nicht?


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - dominikk85 - 19.06.2018

Bei den USA funktionieren die Trials ja, allerdings hast du dann den Nachteil das eventuell dein bester zuhause bleibt. Ein kleiner stolperer, ein Fehlstart oder ein Schnupfen oder eine kleine Zerrung zur falschen Zeit und schon ist ein Weltmeister nicht dabei. Die USA haben das ja auch immer mal wieder, da war dann halt auch mal ein Michael Johnson nicht dabei.

Gut man kann argumentieren das dir der gleiche Schnupfen auch bei Olympia passieren kann und das US System schult halt nervenstärke und Leistung auf den Punkt (was bei uns oft nicht der Fall ist, gerade die Sprinter sind oft 2 Zehntel langsamer als auf der rennpiste oder sprungschanze in weinheim und co), aber dennoch kann so etwas natürlich Medaillen kosten. Die USA haben halt genug tiefe sich das leisten zu können.


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Jo498 - 19.06.2018

Ich glaube es geht Ring mehr darum, auf die Probleme des gegenwärtigen Verfahrens hinzuweisen, als Trials als Ideallösung herauszustellen. In den älteren Thread sind ja auch mehrere Kombinationslösungen vorgeschlagen worden, etwa nur den ersten oder die ersten beiden der DM mit (anderweitig) erfüllter Norm zu nominieren und verbleibende Plätze mit anderen Normerfüllern.
Momentan werden einige Normen so verschärft, dass schon der Eindruck entsteht, der Verband hofft, dass allerhöchstens 3 die Norm erfüllen und die werden dann nominiert. Anders wäre kaum zu erklären, warum in Disziplinen, in denen D eh nicht so toll ist, wie etwa 400/400h/800 die Normen um ca. eine Sekunde verschärft wurden. Bei einer Heim-EM finde ich das grundsätzlich kein gutes Signal. Da sollten immer drei, wenn sie die EAA-Norm haben, nominiert werden.

Das Argument mit der "Endkampfchance" ist Nonsense. Selbst wenn man es bei OS vielleicht nicht vermeiden kann, weil sich sonst die anderen Sportarten beschweren, gilt das nicht für reine LA-Events und es ist systematisch schlicht Unsinn. Irgendjemand muss ausscheiden oder letzter werden, sonst könnte man die Normen gleich so hoch setzen, dass man keine Qualis, Vorläufe und Vorkämpfe mehr braucht.

Schließlich gibt es ja ungeachtet hoher Normen in einigen Disziplinen durchaus das Problem "zu vieler" Erfüller, etwa in einigen Würfen oder auch im Sprint der Frauen.
D.h. es wird eh ein Verfahren benötigt, bei 5 oder mehr Erfüllern die aussichtsreichsten zu nominieren. Und dass das immer unbedingt die wären, die ein paar Zentimeter oder Zehntel besser waren, darf mit Recht bezweifelt werden. Über die kaum reproduzierbaren Spitzenergebnisse einiger Meetings wurde ja schon genügend geschrieben.

Der Vorteil von Trials oder eben der DM als Ausscheidungs-WK ist, dass die Saison damit besser planbar wird und die "Fernduelle" zugunsten einer unmittelbaren Konkurrenz im Wettkampf wegfallen.
Es ist absurd und einer vernünftigen Trainingsperiodisierung abträglich, wenn man theoretische jeden Tag die sicher geglaubte Nominierung verlieren kann, weil irgendwo jemand ein bißchen schneller oder weiter war. Mocki in diesem Frühsommer mag ein extremer Fall sein, aber dreimal 10000m laufen zu müssen, um die Nominierung, so gut es eben möglich ist, abzusichern, ist sicher kein idealer Saisonaufbau, wenn der Höhepunkt nochmal gut 6 Wochen später sein soll. Mit Trials hätte sie genau einmal laufen müssen, nämlich bei den Trials (weil sie die Norm schon von letztem Jahr gehabt hätte) und es gäbe auch kein langes Hoffen und Zittern, sondern die Entscheidung würde eben bei den Trials fallen.


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Astra - 19.06.2018

Wenn es vor allem nach Trials geht, werden wir mehr vom Typ Matthias Bühler haben, der regelmäßig bei der DM gewonnen hat Und damit nominiert war), aber weder davor noch danach etwas gebracht hat. Auch Hussong war deutsche Meisterin und damit nominiert und Molitor musste zu Hause bleiben.

Man sollte sich mal die Ergebnisse von den U18 und der U20 Trials ansehen, wie viele derjenigen die in der BL vorne liegen am Ende auch gewonnen haben.


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - longbottom - 19.06.2018

Es ist aber ein Irrtum zu glauben, dass einfach die drei Leistungsbesten nach Zeiten und Weiten nominiert werden. So wird in allen Disziplinen der deutsche Meister (mit Norm) nominiert. Das ist also quasi eine Mini-Form der Trials. In den Nominierungskriterien steht außerdem, dass am 3. Juli theoretisch schon zwei Starter pro Disziplin nominiert werden dürfen und der dritte Startplatz wird an den besten der DM von allen anderen vergeben. Im Kampf um Startplatz drei wären das also astreine Trials, und die anderen beiden haben ab Anfang Juli mehrere Wochen Zeit für die WM-Vorbereitung.

In den Distanzen ab 10.000 Meter und im Gehen ist erstes Qualifikationskriterium sogar ein Top-16-Platz bei der WM gewesen. Wer das schafft, braucht nur eine relativ "leichte" Bestätigungsnorm zu erfüllen und hat ansonsten ein ganzes Jahr Zeit, sich auf die EM vorzubereiten.

Im Mehrkampf hat man annähernd etwas wie Trials, wenn auch zugegebenermaßen über drei Wettkämpfe verteilt und demnach mit unterschiedlichen Bedingungen. Aber man weiß zumindest von Anfang an, welche Wettkämpfe entscheidend sind und kann demnach seine Form ausbauen. Und gerade da wird hier dann ja auch mal gerne gewünscht, dass zum Beispiel irgendwelche College-Wettkämpfe auch zählen, man also weiter vom Trials-System weggeht.

Ich finde es auch etwas irreführend, dass Ring indirekt Krauses Formschwäche mit der Normjagd in Verbindung gesetzt hat. Erstens hat Krause als Titelverteidigerin eine Wildcard und zweitens stand sie über die Hindernis in den letzten Jahren ja nun so weit vor der nationalen Konkurrenz, dass es quasi von Anfang an unvorstellbar war, dass sie sich nicht qualifiziert. Wenn Krause übertrainiert ist (was ich auch vermute), dann liegt der Verdacht nun doch wesentlich näher, dass sie hinsichtlich des Wettkampfs bei der Heim-EM zuviel trainiert hat und nicht wegen der Qualifikation dafür.


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Jo498 - 19.06.2018

Ja, Krause ist ein völlig ungeeignetes und irreführendes Beispiel. Das war mir auch aufgefallen.
Daher habe ich ja auch Mocki als Beispiel genommen. Bzw. würden vielleicht noch besser einige der Namen rechts vom Strich in unserer Liste (also mit EAA-Norm) passen, zumal in Disziplinen, wo erst ein oder kein Name links vom Strich steht.

Was wäre, wenn Trials eine größere Rolle spielen würden, kann man auch nicht daraus ablesen, wie sich bisher einzelne deutsche Meister sich bei den internat. Höhepunkten angestellt haben. Erstens haben sich auch viele deutsche Meister dort gut geschlagen und zweitens würde sich ja etliches ändern/verschieben, wenn die DM Trials-Charakter hätten.

Bei den Mehrkämpfen ist normalerweise ein gutes Abschneiden in Götzis auch eher ein Indiz für gute Performance beim Saisonhöhepunkt als umgekehrt. Das Verfahren bei den MK ist ingesamt m.E. ein relativ gut funktionierendes Quasi-Trial-Verfahren.

(Es sollten nicht "irgendwelche College-WK" zählen, sondern das NCAA-Finale, das annähernd mit einer U23-EM vergleichbar ist.)


RE: Nominierungsverfahren - wären Trials fairer? - Josch84 - 19.06.2018

Würde sich denn in Deutschland tatsächlich so extrem viel ändern wenn es Trials gäbe?
Es wurde hier ja schon ausreichend thematisiert, dass in Deutschland gar nicht so viele Disziplinen das "Problem" haben, dass zu viele Sportler die Norm haben. Vorallem nicht in WM und Olympia-Jahren.
Trials dienen doch vorallem dazu, "fair" zu entscheiden bei gleichen Bedingungen wer das Ticket bekommen soll. Ob das fair ist sei dahin gestellt, aber nur wer die Norm hat kann auch über die Trials nominiert werden soweit ich weiß.

Der deutsche Meister hat dieses Trial-Prinzip: Norm und Sieg, Nominiert!
Und gerade in den Wurfdisziplinen ist es meiner Meinung nach nicht so, dass 3 Zentimeter mehr am Ende bedeuten, ich bin dabei oder nicht. Da entscheiden doch die Trainer, oder irre ich mich?

Bei den Laufdisziplinen ist das natürlich etwas anderes, gerade bei den Kraftraubenden Langdistanzen, wo ich nicht so oft starten kann und ohnehin nicht so viele Startmöglichkeiten bekomme. Für die ist die Normjagd natürlich schon ein Problem - oder noch mehr für den zielgerichteten Formaufbau.
Andererseita: Ob die DM als eine Art Trial zum guten Zeitpunkt stattfinden bezügich Formaufbau sei dahin gestellt, wenn ich aber mutig bin reicht es ja das ich bei der DM die Norm bringe und vorne liege. Dann kann ich mir die Normhatz auch sparen im Vorfeld. Das ich die Norm dann schaffe ist ein ganz anderes Thema. Trialssieg ohne Norm würde ja aber auch nix bringen.