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Laufstilanalyse Katelyn Tuohy - Druckversion

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Laufstilanalyse Katelyn Tuohy - NaiverTräumer - 27.04.2018

Hallo erstmal! Smile

Bin seit ein paar Tagen hier stiller Leser einiger älterer Threads (v.a. zur Sprint-/Lauftechnik) und hatte eben den Namen Katelyn Tuohy in die Suche eingegeben, auf die ich vor ein paar Monaten aufgrund ihrer 15:37 aufmerksam geworden war.
Ist Euch ihr ungewöhnlicher Laufstil mit "vorgekipptem Becken" (so drücke ich es jetzt in Ermangelung fachspezifischer Termini der Sportwissenschaft und Medizin mal aus) aufgefallen?
Könnte das eine Rolle bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit spielen?
Wenn ich einen interessanten Laufstil bei einem/einer guten Athleten/in sehe, versuche ich diesen spielerisch nachzuahmen und in ihrem Fall gelingt mir das im Grunde nur wenn es steil bergauf geht (bzw. das ist in diesem Fall sowieso mein normaler Laufstil bei kurzen bis mittellangen Bergsprints/-intervallen)...in der Ebene fühlt es sich nach zu hohem Kraftaufwand an (und sie selbst sagte wohl auch in einem Interview, dass der Wettkampf für sie sehr anstrengend war).
Im Grunde hat ihre Art zu laufen nichts mit dem zu tun, was meinem Eindruck nach sonst im +/- Spitzenbereich zu sehen ist (aufrechtes laufen mit ausgeprägter Oberkörperrotation bei eher fixiertem Becken) aber unterm Strich scheint es ja bei ihr zu funktionieren.
Konstanze Klosterhalfen hat ja ebenfalls einen ungewöhnlichen Laufstil...aber das ist wieder ein anderes Kapitel (und der ist auch recht schnell "gelernt" Big Grin ‌)


RE: Wunderkinder - Robb - 27.04.2018

Hi NaiverTräumer, willkommen im Wahnsinn. Wink
Hier ein Video von Katelyn Tuohy, ich hatte sie noch nie laufen gesehen, geht sicher vielen so: https://www.youtube.com/watch?v=vCtnx6Jonkk


RE: Wunderkinder - NaiverTräumer - 27.04.2018

Hi Robb,

der Wahnsinn könnte dank des von Dir eingestellten Videos noch mehrere hier befallen (mir ging es damals jedenfalls so, als ich es in meiner yt-Vorschlagsliste gefunden hatte; der mit Abstand beste yt-Vorschlag aller Zeiten Wink ‌); jedenfalls ist sie mir aufgrund ihres ungewöhnlichen Laufstils nicht mehr aus dem Kopf gegangen! (ob hier schlicht die Beinlänge den Ausschlag geben mag, dass sie so läuft?; oder hat sie einen sehr hohen Anteil langsamer Muskelfasern, der es nötig macht, so zu laufen?; oder hat sie sehr "weiche" Bänder, Sehnen etc. ?)
Es hilft natürlich, das Video abschnittsweise auf 0,25 speed zu verlangsamen...


RE: Wunderkinder - dominikk85 - 27.04.2018

(27.04.2018, 22:35)NaiverTräumer schrieb: Hi Robb,

der Wahnsinn könnte dank des von Dir eingestellten Videos noch mehrere hier befallen (mir ging es damals jedenfalls so, als ich es in meiner yt-Vorschlagsliste gefunden hatte; der mit Abstand beste yt-Vorschlag aller Zeiten Wink ‌); jedenfalls ist sie mir aufgrund ihres ungewöhnlichen Laufstils nicht mehr aus dem Kopf gegangen! (ob hier schlicht die Beinlänge den Ausschlag geben mag, dass sie so läuft?; oder hat sie einen sehr hohen Anteil langsamer Muskelfasern, der es nötig macht, so zu laufen?; oder hat sie sehr "weiche" Bänder, Sehnen etc. ?)
Es hilft natürlich, das Video abschnittsweise auf 0,25 speed zu verlangsamen...
Ich vermute mal das bei ihr intensives Ausdauertraining mit hohem Tempo früh forciert wurde und dafür die Entwicklung athletischer Vielseitigkeit, Koordination, Schnelligkeit und allgemeiner kraft (Körperspannung...) eher hinten runter fällt.


RE: Wunderkinder - NaiverTräumer - 28.04.2018

Hallo dominikk85,

wäre denkbar, beim ausprobieren hatte ich allerdings den Eindruck, dass die Körperspannug in der Lendenwirbelsäule sehr hoch sein muss, um so laufen zu können...das muss sie natürlich nicht speziell trainiert haben. Ihr Trainer sagte in einem anderen Video, sie wäre ihm vor langer Zeit wegen ihrer großen Schrittlänge aufgefallen.
Zitat:Ich vermute mal das bei ihr intensives Ausdauertraining mit hohem Tempo früh forciert wurde und dafür die Entwicklung athletischer Vielseitigkeit, Koordination, Schnelligkeit und allgemeiner kraft (Körperspannung...) eher hinten runter fällt.



RE: Wunderkinder - NaiverTräumer - 29.04.2018

Ich denke ich habe Tuohys´ Laufstil jetzt doch "kapiert".

Man kann es als Schwäche oder als besondere Fähigkeit interpretieren: Einerseits scheint sie nicht in der Lage zu sein, diesen "passiven" Fußaufsatz hinzubekommen, der sowohl im Sprint als auch auf der Langstrecke zur Zeit "State of the Art" zu sein scheint, andererseits erzeugt sie mit ihrer ausgeprägten Oberkörperarbeit (eher wie wie ein Sprinter, weniger wie ein Langstreckenläufer; bei den Mittelstrecken scheint es ja...Klosterhalfen!...beides zu geben) zusätzliche Kräfte, die auf den Boden wirken und sich eigentlich dazu eignen sollten, einen explosiven Fußaufsatz hinzubekommen (der aber nicht kommt).
Da sie aber eine auffallend hohe Leistung erbringt, stellt sich die Frage ob die es nicht einfach meisterhaft versteht, die elastische Energie lange genug in der Wadenmuskulatur zu speichern, dass sie eben auch zeitverzögert wirken kann und mit der aktiven langsamen Kontraktion in Einklang zu bringen ist, die sie aktiv mit den Fußstreckern erzeugt, anstelle einfach nur "elastisch zu reagieren".

Wenn sie es hinbekommen würde, einen explosiven passiven Fußaufsatz (mit dann auch schnellem Anfersen) zu produzieren, müsste sie ihr Becken nicht nach vorne kippen, könnte sich somit die hohe Spannung in der Lendenwirbelsäule sparen und hätte somit eventuell auch ein vermehrte Beweglichkeit der Wirbelsäule zur Verfügung, die sie zum einen dazu nutzen könnte, noch höhere Kräfte auf den Boden zu bringen, zum anderen dazu, nicht mehr gar so sehr auf einer Linie laufen zu müssen, was einerseits den Radius der Kreisbahn, auf der sie ihre Beine bewegt vergrößern würde und andererseits verhindern würde, dass sie ihren KSP vermehrt auf und ab bewegt (was vermutlich der Fall wäre wenn sie sich...ohne explosiveren Fußaufsatz...einfach aufrichten würde; außerdem würde sich in diesem Fall der Druckpunkt des Fußaufsatzes vor den Körperschwerpunkt verschieben was sie mit Sicherheit langsamer machen würde).

Mehr fällt mir nicht mehr dazu ein...es war schwer genug, überhaupt zu erkennen, dass sie diese zusätzlichen Kräfte aus dem Oberkörper heraus überhaupt erzeugt, weil man das dann normalerweise an der Bewegung des Beckens erkennen müsste (müsste dann aussehen wie bei Klosterhalfen aber das gekippte Becken zusammen mit der hohen Spannung der unteren Rückenmuskulatur lässt diese Bewegung scheinbar verschwinden...verlagert sich wohl mehr Richtung Brustwirbelsäule).
Außerdem wäre dann ein noch höherer Kniehub zu erwarten, der dann am höchsten Punkt auffallend abrupt gestoppt würde, was die durch die Oberkörperarbeit erzeugten Kräfte in die Stoßbewegung Richtung Boden lenken würde.
Die Knie kommen natürlich aufgrund des gekippten Beckens nicht so weit hoch, warum aber dieses betonte Abstoppen des Kniehubs bei ihr nicht zu erkennen ist ist mir noch nicht so ganz klar (wahrscheinlich zeigt sich da die gleiche Fähigkeit wie beim Fußaufsatz, dass sie eben in der Lage ist, diese zusätzlichen Kräfte bei langsamerer Bewegung zu nutzen...sonst wäre sie ja auch eine Sprinterin Wink ‌).


RE: Wunderkinder - MZPTLK - 29.04.2018

Ich weiss nicht, was an ihrem Laufstil auszusetzen wäre.
Sie ist erst 16, und da sie eine Frau ist, scheint mir ihr Beckenstand nicht ungewöhnlich oder leistunghemmend zu sein.
Ich weiss nicht, ob sie Unterdistanzen im Training oder im Wettkampf läuft,
jedenfalls sollte sie das tun.


RE: Wunderkinder - dominikk85 - 29.04.2018

(29.04.2018, 16:46)MZPTLK schrieb: Ich weiss nicht, was an ihrem Laufstil auszusetzen wäre.
Sie ist erst 16, und da sie eine Frau ist, scheint mir ihr Beckenstand nicht ungewöhnlich oder leistunghemmend zu sein.
Ich weiss nicht, ob sie Unterdistanzen im Training oder im Wettkampf läuft,
jedenfalls sollte sie das tun.
Sie setzt imo recht weit vor dem ksp auf (aber nicht sicher bei der videoqualität), zumindest aber tritt sie beim anfersen weit nach hinten aus (fast wie ein Pferd im Galopp).

dagegen ist ja der moderne Stil das man den Fuß relativ senkrecht nach oben unter den hintern zieht beim anfersen, wobei das knie auch schon vor/hoch geht und gleichzeitig das vordere bein etwas nach hinten führt so dass die knie beim aufsetzen fast nebeneinander sind.

das ist natürlich vor allem bei Sprintern so, aber auch z.b bei haile
https://youtu.be/Y41U9fms58A


RE: Wunderkinder - NaiverTräumer - 29.04.2018

Da kam mein Versuch einer Analyse ihres Laufstils anscheinend negativer rüber als beabsichtigt.

Mich hatte ja eigentlich mehr interessiert, was sie besonders gut macht, um eine Idee dafür zu bekommen ob es etwas mit ihrer Lauftechnik zu tun haben könnte, dass sie so schnell ist und ich wollte gar nicht so ins Negative abgleiten!

...und da glaube ich halt zu erkennen, dass sie zusätzliche Energie aus der Oberkörperarbeit gewinnt, die sie dann eigentlich auch auf den Boden bringen dürfte (sonst würde es ja keinen Sinn machen, die Arbeit zu investieren).

Man kann das an der Rotation des Schultergürtels erkennen, die bei vielen Mittel-Langstrecklern "voll durch" geht (also die Schulter wird sowohl weit vor gedreht als auch *weit nach hinten*(!))
Das ist bei Haile so, wie auch bei Emma (hab' da leider kein so schönes analytisches Video aber trotzdem ist es brauchbar):
https://www.youtube.com/watch?v=VWasfmySvu0
Man sieht bei ihr neben der voll durchgehenden Schulterrotation aber auch, dass sie viel aufrechter läuft als Tuohy. Miruts Yifter dagegen war auch so vorgebeugt gelaufen mit nach hinten rausfliegenden Beinen (so ab 5:04; leider "historische" Bildqualität):
https://www.youtube.com/watch?v=YB8hEc3yIwE

Bei diesen "eigentlich Sprintertypen", mit der ich Tuohy vergleiche, stoppt die Schulterrotation beim Rückführen der Schulter auf halber Strecke...deswegen sieht das auch etwas steif aus. Es ist aber meiner festen Überzeugung nach (hab' es getestet bzw. bin aus Versehen beim umstellen meiner Lauftechnik drauf gekommen) ein Technikelement, welches zur Folge hat, dass im Schultergürtel Kräfte freigesetzt werden, die letztlich beim Fußaufsatz vertikal auf den Boden aufgebracht werden.
Das erste Mal bewusst gesehen hatte ich es bei Candace Hill (aber auch Konstanze Klosterhalfen und die vielleicht/hoffentlich zukünftige Deutsche Rekordhalterin über 100m scheinen mir auf diese Weise mehr Kraft auf die Bahn zu bringen)
Ich gehe jetzt eigentlich nicht davon aus, dass Tuohy vor dem KSP aufkommt (finde es aber auch sehr schwer zu erkennen!); aber je länger der Bodenkontakt dauert, desto größer dürfte wohl ganz allgemein zumindest die Wahrscheinlichkeit sein, dass es sich so verhält.

(wollte das eigentlich nicht so ausufern lassen... Wink ‌)


RE: Laufstilanalyse Katelyn Tuohy - MZPTLK - 30.04.2018

Es besteht schon ein beträchtlicher Unterschied Kurz-/Langstrecke.
Umso länger die Strecke wird, desto natürlicher(entsprechend der individuellen Voraussetzungen) muss/kann man laufen,
weil Ausdauer/Ermüdung eine dominierende Rolle spielen.

Für den 100m-Sprint auf der 2. Hälfte der Strecke ist es zielführend,
die Beinbeuger, die Ischios und die Fusstrecker 'übernormal'/'übernatürlicher' zu treinieren,
weil der Ermüdungseffekt in der kurzen Zeit weniger oder nicht aufkommt.