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Menschlichkeit im Leistungssport - Druckversion

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Menschlichkeit im Leistungssport - runny - 25.08.2015

Zitat von Varg Königsmark auf Facebook:

"Liebe Sponsoren, liebe Verbände,
es ist dieser Tage nicht sonderlich schwer desillusioniert auf das zu blicken, was vom olympischen Gedanken von einst übrig geblieben ist.
Ich selbst habe mit 10 Jahren das erste Mal ein Sportinternat von innen gesehen. Es war mir etwas suspekt, aber ich bin diesen Weg gegangen. Der Vergleich von Leistungen - ausgedrückt in Zahlen - hatte für mich immer etwas ehrliches, denn sie waren in der Regel unanfechtbar und am Ende konntest du niemanden dafür verantwortlich machen, wenn dir das Ergebnis nicht zusagte.
Wenn man mich heute fragen würde, würde ich viele Dinge anders formulieren. Einen Funken Ehrlichkeit findest du heute nur noch in der Bewegung selbst. Wenn du einen Marathon hinter dich gebracht hast oder wenn du dich über zehn Hürden hinweg gesetzt hast, dann war es ehrlich. Den Rest nennt man heute Profisport. Das ist eine andere Geschichte. Hut ab vor jedem, der versucht auf dieser Wiese noch einen Platz zum Grasen zu finden.
Ich weiß, dass es womöglich naiv erscheint in diesem absurden System noch nach dem Menschen hinter dem Athleten zu fragen, aber irgendwie war das die Vorstellung, die ich von einer Zusammenarbeit hatte, um welches Projekt es sich auch handelte. 
Aber nach einem Jahr ohne Zahl auf dem Papier ist plötzlich alles ein wenig anders. Keine Fragen, kein "wie geht es weiter?", Kürzungen finanzieller Art, von denen du per Kontoauszug erfährst. Geschenkt, das Geld sollen die anderen haben. Allerdings könnte man sich mit derartigem Umgang glatt mit einer abgelaufenen Ware aus dem Kühlregal verwechseln, dort wird ja meist auch nicht noch mal nachgehakt...

Nur mal so am Rande.."


In diesem Sinne wollte ich hier die Diskussion anstoßen - Wieviel Menschlichkeit braucht der Leistungssport und wieviel Menschlichkeit kann überhaupt übrig bleiben, wenn das Ziel immerzu ist besser wie die anderen zu sein?

Das mit der finanziellen Kürzung ohne jegliche Rücksprache erscheint mir doch sehr unmenschlich. Wenn man jemanden finanziell unterstützt sollte man ihm doch zumindest die Gründe für Kürzungen mitteilen in einem persönlichen Gespräch? Und sei es nur per Telefon.

Der "menschlichste" Moment dieses Jahr war für mich nach dem 1500m Zieleinlauf in Monaco, als sich alle gemeinsam gefreut haben über das was da gerade passiert ist. Ähnlich sieht man das auch bei sämtlichen Zehnkämpfen die stattfinden. Ich finde es immer wieder schön, wenn außerhalb des Wettkampfes nicht so ein striktes Konkurrenzdenken herrscht.


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - ThomZach - 25.08.2015

Es gibt in der Menschenwelt nichts Unmenschliches -
nur Genießbares und Ungenießbares.
Nahrung und Gift. Rettung und Mord. Schenken und Stehlen.
Lieben und Hassen. Bauen und Niederreißen. Alles menschlich.

1968 wurde ich als geouteter Antikapitalist so zitiert:
"Der Leistungssport ist dazu da, dass die Menschen
ihren Drang ausleben können, immer besser sein zu wollen
als die Anderen. Damit sie dann im gesellschaftlichen Leben
Solidarität und Gerechtigkeit walten lassen können."

Heute wie damals wird man für so viel Naivität nur ausgelacht.
Überall geht es darum, die Anderen zu übertreffen.
Dabei erheben sich die Eliten zu Ausbeutern und
erniedrigen den Rest zu Sklaven. Alles menschlich.


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - W. Kronhard - 25.08.2015

Alles mal durch Wurmdenken analysieren.

Hätte ein Wurm die Möglichkeit, um von einem Maulwurf schneller wegrennen zu können, Anabolika zu sich zu nehmen, hätte er das getan. 
Was unterscheidet uns von diesem Wurm? Yes We Can! Menschen können es. Und tun es. Und werden es auch weiter tun. Und zwar fast alle. Den der Maulwurf ist nicht hinterher, sondern in Geldform wegrennend vor dem Menschen.

Trollig, nich?

PS. Probiert mal ein Experiment mit den Würmern aus. Gibt ihnen bisschen Anabolika gemischt mit Kaffesatz. Das Ergebnis wird euch verblüffen. Für jeden Menschen anschaulich.


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - Halloo - 25.08.2015

@ThomZach
Also keinen absoluten Leistungssport nach heutigem Muster?? Ich könnte das zum Teil sogar unterschreiben...


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - Atanvarno - 25.08.2015

Wenn mich ein junger Athlet fragen würde, ob er so auf die Karte Sport setzen soll, dass er finanziell von seinem sportlichen Erfolg abhängig ist, wäre meine ganz klare Antwort: Nein.

Als Profisportler ist man ein Produkt, da bleibt die Menschlichkeit zwangsläufig auf der Strecke.


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - runny - 25.08.2015

(25.08.2015, 15:37)ThomZach schrieb: 1968 wurde ich als geouteter Antikapitalist so zitiert:
"Der Leistungssport ist dazu da, dass die Menschen
ihren Drang ausleben können, immer besser sein zu wollen
als die Anderen. Damit sie dann im gesellschaftlichen Leben
Solidarität und Gerechtigkeit walten lassen können."

Diesen Part teile ich, in Wettkampfsituationen soll jeder den anderen schlagen wollen und besser sein wollen wie die anderen. Aber viel zu oft scheint es mir, dass daraus eine Lebenseinstellung gemacht wird und neben dem Platz und außerhalb des Wettkampfes auch so gedacht wird.

Um auf Königsmark's Beispiel zurückzukommen...Ich finde die Situation ist wie beschrieben vergleichbar damit, dass mir mein Arbeitgeber das Gehalt kürzt, und ich das dann über meinen Kontoauszug erfahre.

Klar gibt es hier vielleicht Richtlinien/Vereinbarungen, die eine Kürzung der Förderung bei ausbleibender Leistung vorschreiben (diese will ich garnicht zum Thema machen), aber gehört es dann nicht einfach zum normalen Miteinander hier Rücksprache zu halten und solche Kürzungen im persönlichen Gespräch zu begründen?


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - Paragraf - 25.08.2015

(25.08.2015, 15:37)ThomZach schrieb: 1968 wurde ich als geouteter Antikapitalist so zitiert:
"Der Leistungssport ist dazu da, dass die Menschen
ihren Drang ausleben können, immer besser sein zu wollen
als die Anderen. Damit sie dann im gesellschaftlichen Leben
Solidarität und Gerechtigkeit walten lassen können."
Deswegen finde ich es auch sinnvoll, dass Kinder im Sport Wettkampf erleben/genießen dürfen.
In den Zusammenhang passt auch das Motto, mit dem die Ringer versuchen, Nachwuchs zu gewinnen, nämlich "Ringen = Raufen nach Regeln".
Besser dort und reglementiert als anderswo und einfach drauf.


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - Javeling - 25.08.2015

Zitat:https://de.wikipedia.org/wiki/Menschlichkeit
Kurz : Im obigen Zitat ist alles ausführlich beschrieben. Kann man sogar im Leistungssport-Bereich anwenden !Cool


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - Sergej Litvinov - 25.08.2015

Natuerlich sind Profi-Sportler menschlich!!!

Es ist voll und ganz menschlich sich so zu verhalten wie normalerweise sich Menschen verhalten. Sleepy

"Menschlich" kann aber nur gut klingen wenn man absolut blind durch die Welt geht.

Wir sind biologisch programmiert alles zu tun um zu ueberleben und wenn jemand denkt das er anders ist als die "unmenschlichen" dan war er noch nicht in der Situation.

Was Sport betrift ist es ganz einfach.
Wenn du eine Moeglichkeit hast deine Leistung besser zu machen wirst du diese Nutzen. Wenn diese Moeglichkeit dir zu viel Risiko fuer dein Leben dar stellt wirst du sie nicht nutzen. 
Und hier kommt dan der ueberlebungs Instinkt ins Spiel. Wer kann die Situation besser fuehlen?!

Es geht hier nicht um Moral.

Ich bin sauber aber auch das nur weil mein uberlebungs Instinkt sehr gut entwickelt ist. Das macht mich nicht wirklich besser.


PS: Schwer sich sowas einzustehen wa?Big Grin


RE: Menschlichkeit im Leistungssport - MZPTLK - 26.08.2015

Alles ist menschlich, auch das vermeintlich Unmenschliche.
Der Leistungs-Sport hat zwar Regularien der Fairness, aber vor allem auch den Primat des Leistungsvergleichs.
Entweder macht man das Spiel mit oder man sagt, dass man die Konkurrenten nicht betrügen darf.

Man kann natürlich 2 Spielfelder einrichten, auf dem einen darf betrogen werden, auf dem anderen nicht.
Preisfrage: auf welchem Spielfeld geht es menschlicher zu, und wo gibt es mehr Zuschauer?