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Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - Druckversion

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RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - Delta - 22.06.2021

Das Trial System hat gravierende Nachteile. Den US Nationaltrainer haben viel weniger Macht als in Deutschland oder Russland. Sergey Bubka kam 1983 auf Kosten seines Bruders an die WM. 2008 kam Silnov als 4ter der Meisterschaft nach Peking entscheidend sein Trainer. Später Olympiasieger.

Die Masse der US Athleten ermöglicht aber trotzdem, dass es nur sehr selten reihenweise Ausfälle gibt.


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - matthias.prenzlau - 22.06.2021

Nachteile Ja!
Aber nicht ungerecht.

Um die Nachteile etwas zu glätten,
könnte man alle Finalteilnehmer (Top 8)
in Betracht ziehen.

Der Trials-Sieger und Platz 2 ist automatisch dabei.
​​​Von Platz 3-8 entscheidet die bessere Saison-Bestleistung.
Bleibt man den Trials fern oder schafft es nicht ins Finale,
hat man seinen Leistungsnachweis verspielt.

So erlebt man keine Geschichten, wie z.B. Kendra Harrison
bei den Olympic Trials 2016.


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - Atanvarno - 22.06.2021

Grundsätzlich stehe ich immer noch zu dem, was ich auf der ersten Seite geschrieben habe. "The team selects itself", ohne Einfluss von Funktionären, ist die gerechteste Variante.

Da ich aber auch gerne die Topstars bei Olympia sehe (O'Brien, Komen, aktuell Cheruiyot) kann ich mich auch mit dem System Top 2 + 1 durch die Funktionäre selektierter Athlet anfreunden. Allerdings sieht man gerade jetzt am Beispiel Kenia/Cheruiyot, dass dann genau das passiert, was einem Top3-Trialsystem nicht passieren kann. Der Verdacht steht im Raum, dass Beziehungen und nicht Leistung den Ausschlag über die Besetzung des dritten Spots gegeben haben könnten.


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - lor-olli - 23.06.2021

Seit 2016 (Nike spendierte dem kenianischen Verband neben den vertraglichen Millionen einen 500000$ "Bonus", der auf mysteriöse Weise aus den Büchern verschwand…) laufen in Kenia Untersuchungen zu Unterschlagungen, Bestechungen, Erpressungen (Athleten die nicht zahlen wollten wurden beim Dopen erwischt, andere Hochkaräter nicht, einige behaupten Proben wurden gezielt manipuliert - ein System also, dem mann völlig vertrauen kann… Teufel ‌) durch Offizielle. Die kenianischen Trials waren eigentlich gedacht um dieses Bakschisch-Gewerbe auszutrocknen… Der Erfolg darf angesichts der Nominierungen angezweifelt werden.

Prinzipiell unterstütze ich Atanvarnos Meinung "The team selects itself", gebe allerdings zu bedenken, dass dies vermutlich die Clusterbildung hin zu Großvereinen noch verstärken wird. Gerade die Diversifizierung und möglichst breite Verteilung von Athleten und Geldern aber, schafft doch erst eine breite Basis für eine ausreichend starke Spitze.


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - Atanvarno - 23.06.2021

(23.06.2021, 07:20)lor-olli schrieb: Prinzipiell unterstütze ich Atanvarnos Meinung "The team selects itself", gebe allerdings zu bedenken, dass dies vermutlich die Clusterbildung hin zu Großvereinen noch verstärken wird. Gerade die Diversifizierung und möglichst breite Verteilung von Athleten und Geldern aber, schafft doch erst eine breite Basis für eine ausreichend starke Spitze.

Ist es nicht eher jetzt so, dass die Athleten zu den Großvereinen (bei denen of die Bundestrainer "installiert" sind) tendieren, weil sie sich einen Fürsprecher in den Nominierungsdiskussionen erhoffen. Das fiele bei Trials weg, Athleten würden bei ihren Heimtrainern bleiben.


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - Sebastian - 23.06.2021

Ich würde gefühlt auch eher behaupten, dass ein Trial-System den Tendenzen zum "wohlgefälligen Verhalten" (bin ich beim passenden verein/Trainer, muss ich mir um eine Nominierung deutlich weniger Gedanken machen) eher entgegenwirken würde. Delta hat sich natürlich geschickt die positiven beispiele rausgepickt, aber grundsätzlich finde ich es begrüßenswert, wenn die Bundestrainer eben ganz genau keine Macht haben und nicht (mit)entscheiden müssen, wer denn da nominiert wird.

Aber mal schauen, es gab Anfang dieser Woche ein Urteil des Supreme Courts in den USA, das das "Sklavenhalten" im College deutlich einschränkt. Das betrifft natürlich vordergründig (fast) nur College-Football, wo die Spieler eben (abseits ihrer Stipendeien) keinerlei Geld/Kompensation erhalten dürfen, obwohl das Ganze natürlich ein Multi-Milliarden-Geschäft für die Unis ist.

Sollte da (wird natürlich ein paar Jahre dauern) jetzt so vorgegeangen werden, dass die zukünftig Geld verdienen dürfen (bzw. anteilsmäßig sogar ein guter Teil der TV-Erlöse an die Spieler ausgeschüttet werden MÜSSEN) wird das ganz sicher Auswirkungen auf die "SubventionierunG" der anderen Sportarten, hierbei vor allem der Leichtathletik haben. Ich hätte nicht sehr viel dagegen, sollten die Amis diesen Wettbewerbsvorteil verlieren Cool

Diskussion zum SCOTUS-Urteil kann hier fortgeführt werden
SCOTUS-Urteil zur Bezahlung von NCAA-Athleten


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - jonas - 23.06.2021

Fallbeispiel:
Gesa Krause liegt bei den Trials in Führung, bei einer Überrundung am Wassergraben passiert ein "Unglück", sie kann in dem Moment nicht weiterlaufen und muss aufgeben. Drei weitere sind qualifiziert (z. B. Burkard, Meyer, Rehberg --> bei den letzten Olympischen Spielen 2016 gab es mehr qualifizierte Hindernisläuferinnen als Startplätze, damals traf es Sussmann)
Und jetzt?

Ich glaube, mit internationalen Stars wie Brazier solidarisiert man sich halt auch weniger als mit nationalen wie Krause. Daher hier die Pro-Haltung zu Trials.


[geteilt] SCOTUS-Urteil zur Bezahlung von NCAA-Athleten - Atanvarno - 23.06.2021

(23.06.2021, 11:06)Sebastian schrieb: Wenn man aber (was ja annähernd jedes "Sport-College" will) ein konkurrenzfähiges Football-Programm haben will, könnte das in Zukunft nochmal deutlich teurer werden und entsprechend weniger Geld für Leichtathletik zur Verfügung stehen, das ist allerdings nur eine ganz eventuelle Vermutung, da ich der Meinung bin trials ja, aber das eben nur funktionieren kann, wenn der Talentpool/die Konkurrenz eben ausreichend groß ist. Die USA sind ja wahrscheinlich das einzige Land, die sich Trials "vollumfänglich" leisten können, da sie ja in annähernd jeder Disziplin ausreichend AthletInnen stellen.

Wäre das Collegeprogramm nicht mehr so gut/umfangreich, würde sich das evtl. auch auf die Trials auswirken (gefühlt und ohne zu recherchieren würde ich sogar behaupten, dass das vor 10-15 Jahren sogar noch so war), aber das ist jetzt extrem viel Konjunktiv und vor allem auch völlig auf der Metaebene, sorry

Meinem Verständnis nach leisten sich die US-Amerikaner die Trials nicht, weil sie einen so großen Talentpool haben, sondern weil es ihrem Gerechtigkeitsempfinden entspricht, dass das genau so abläuft. Ich glaube nicht, dass die SCOTUS-Entscheidung da etwas dran ändern wird.


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - Sebastian - 23.06.2021

Sorry, das war vielleicht missverständlich. Ja, Trials empfinde auch ich vom Grundgedanken her als gerechter. Dennoch funktioniert das System so richtig gut (also ohne, dass man da manchmal ins Grübeln/Meckern kommt) nur dann, wenn halt die Konkurrenz ausreichend groß ist. Bei den Amis ist es, außer in ganz wenigen Extremfällen, nunmal egal, wer sich qualifiziert, da der/die NachrückerIn eben auch annähernd das gleiche Niveau haben wird.

Nehmen wir in Deutschland den schon mal angeführten Fall Krause. In einem Trials-System hätte sie sich eben schonmal nicht qualifiziert, das wäre natürlich absolut gerecht und dann eben "persönliches Pech". Aber natürlich wäre auch jedem klar gewesen, dass Krause ein etwas höheres Leistungsniveau als die 3 vor ihr platzierten hat und im günstigen Fall sogar Medaillenchancen, die die anderen 3 eben sehr sicher nicht haben (bzw. gehabt hätten, wir sind ja gerade im Reich der Fantasie)

Den Amis kann ein solcher Fall relativ egal sein, in Deutschland gäbe es garantiert etwas "Unfrieden". Wäre es in den USA (im extrem theoretischen Fall, dass der Gerichtsentscheid Auswirkungen auf die Leichtahtletik-Programme der NCAA hätte) nicht mehr zwangsläufig so, dass ausgefallene Medaillenkandidaten/Topathleten" einfach nahtlos durch den/die nächsten in der Reihe ersetzt werden könnten, würden sicherlich auch "kritischere Stimmen" laut, so war das gemeint Cool


RE: Trials - ungerecht und primitiv oder das gerechteste Nominierungssystem? - runner5000 - 23.06.2021

Wie nominieren die Amis eigentlich, wenn Platz 1,2 und 4 die Norm haben, 3 aber nicht. Wird der 4. dann mitgenommen oder der Platz verfallen gelassen?