Psychologie des Dopings - Druckversion +- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com) +-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Leichtathletik allgemein (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=2) +--- Thema: Psychologie des Dopings (/showthread.php?tid=1405) |
RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015 @Sergej: 100 % Zustimmung! Heuchelei gibt es auch massenhaft unter den Sport-Konsumenten. Ich hatte zu Anfang des Forums schon betont, dass sich viele Medien und die meisten Zuschauer einen Dreck um die Probleme der Gescheiterten(auch Medaillengewinner) - vor allem nach der Sportkarriere - scheren. Inhuman, asozial und pervers. Auch etliche Funktionäre können sich den Schuh anziehen. RE: Psychologie des Dopings - Pollux - 17.09.2015 (17.09.2015, 10:54)Sergej Litvinov schrieb: Meine Meinung ist aus Beobachtung erstanden und ist nur meine Interpretation. Ich bin mitten drin und habe die Traennen und psyhesche Probleme der anderen hautnah mit bekommen. Ganz viele meiner Freunde sind, waren Doper. Ganz viele sind gerade im Abzweig. Auch viele die Sauber sind. Ich sehe wie der Sport selbst den Stellenwert verliert fuer die Meisten, wie hoeher man klettert. Es gibt schon lange keinen Wettbewerb...Bei jeder WM, EM oder OS seit Doping im Spiel ist werden nicht mehr die Besten fesstgestellt. Seit Geld im Spiel ist wurde es zum Amerikanischen Wrestling in meinen Augen. Ich muss oefters hoeren das ich nicht genug trainiere weil ich keine 86m werfe. Es interesiert keinen das 80m sauber eine starke Leistung ist. Es gibt keine Liste fuer Saubere Athleten und Unsauberen. Was hatt sich grossartig seit den 80ern geaendert? Ich kann einfach nicht sagen das die Moral besser geworden ist. Ich sehe das es einfach nicht fuer jeden und nicht alles Moeglich ist wie in den 80gern. Mann hatt uns teilweise die Moeglichkeiten genommen. Ich weiß es nicht, Litvinov! Ich selbst hatte das Vergnügen, mich mit zwei Weltklasse-Athleten unterhalten zu können. Einer davon ein überführter Doper aus der sog. „dunklen Zeit“ des Radsports. Seine Aussagen entsprachen der Auffassung der beiden Autoren der Studie. Seine „Moral“ hatte er – nach eigenem Bekunden - nie wirklich dispensiert. Aber sie anderen Erwägungen untergeordnet. Er sagte sinngemäß: „Du hast mitgespielt, obwohl es oft genug zum Kotzen war! “ Er hat später einen Beitrag zur Aufklärung geleistet und ist auch in Schulen aufgetreten. Einmal hat er mich nach ein paar Literaturtipps für eine angemessene Anti-Doping-Begründung gefragt, die er bei Nachfragen verwenden wollte. Ich habe ihm empfohlen, einfach seine Geschichte zu erzählen. Ansonsten würde er schon selber wissen, was über die Sportmoral zu sagen sei. Weiß nicht, wie er es letztlich gehalten hat. Bin aber überzeugt, dass es angemessen und richtig war. RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015 (17.09.2015, 11:27)Pollux schrieb: Ich weiß es nicht, Litvinov! Ich selbst hatte das Vergnügen, mich mit zwei Weltklasse-Athleten unterhalten zu können. Einer davon ein überführter Doper aus der sog. „dunklen Zeit“ des Radsports. Seine Aussagen entsprachen der Auffassung der beiden Autoren der Studie. Seine „Moral“ hatte er – nach eigenem Bekunden - nie wirklich dispensiert. Aber sie anderen Erwägungen untergeordnet. Er sagte sinngemäß: „Du hast mitgespielt, obwohl es oft genug zum Kotzen war! “ Er hat später einen Beitrag zur Aufklärung geleistet und ist auch in Schulen aufgetreten. Einmal hat er mich nach ein paar Literaturtipps für eine angemessene Anti-Doping-Begründung gefragt, die er bei Nachfragen verwenden wollte. Ich habe ihm empfohlen, einfach seine Geschichte zu erzählen. Ansonsten würde er schon selber wissen, was über die Sportmoral zu sagen sei. Weiß nicht, wie er es letztlich gehalten hat. Bin aber überzeugt, dass es angemessen und richtig war.Was haben wir: einen erwischten Doper Saulus, der zum Paulus mutiert und pädagogisch aktiv wird(haben das schon mal nicht-erwischte Doper getan?), und auf Nachfrage nach ebenso hochgeistigen wie wirkungsvollen Tipps für Anti-Doping-Begründungen auf einen passenden Pollux trifft. Oder machte es Pollux nach dem Motto: Ich weiss was, aber ich sage es Euch nicht? RE: Psychologie des Dopings - Sergej Litvinov - 17.09.2015 (17.09.2015, 11:27)Pollux schrieb:Ich bin seit meiner Kindheit von Dopern umzingelt(17.09.2015, 10:54)Sergej Litvinov schrieb: Meine Meinung ist aus Beobachtung erstanden und ist nur meine Interpretation. Ich bin mitten drin und habe die Traennen und psyhesche Probleme der anderen hautnah mit bekommen. Ganz viele meiner Freunde sind, waren Doper. Ganz viele sind gerade im Abzweig. Auch viele die Sauber sind. Ich sehe wie der Sport selbst den Stellenwert verliert fuer die Meisten, wie hoeher man klettert. Es gibt schon lange keinen Wettbewerb...Bei jeder WM, EM oder OS seit Doping im Spiel ist werden nicht mehr die Besten fesstgestellt. Seit Geld im Spiel ist wurde es zum Amerikanischen Wrestling in meinen Augen. Ich muss oefters hoeren das ich nicht genug trainiere weil ich keine 86m werfe. Es interesiert keinen das 80m sauber eine starke Leistung ist. Es gibt keine Liste fuer Saubere Athleten und Unsauberen. Was hatt sich grossartig seit den 80ern geaendert? Ich kann einfach nicht sagen das die Moral besser geworden ist. Ich sehe das es einfach nicht fuer jeden und nicht alles Moeglich ist wie in den 80gern. Mann hatt uns teilweise die Moeglichkeiten genommen. So viele sind es das die deinen Einen zu ueberlegen sind in der Menge. Und eines habe ich gemerkt, erst wenn der jenige ueberfuehrt wurde schaltet er die Moral ein. Ich denke aber das ist der Wille sich in Augen der Gesellschaft zu rehabilitieren. Wenn man in der Gesellschaft des Leistungssport ist passt man sich da an, doch wenn man da raus geworfen wurde in eine andere Gesellschaft will man sich da anpassen. RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015 (17.09.2015, 11:46)Sergej Litvinov schrieb: ...erst wenn der jenige ueberfuehrt wurde schaltet er die Moral ein. Ich denke aber das ist der Wille sich in Augen der Gesellschaft zu rehabilitieren.:danke: RE: Psychologie des Dopings - Atanvarno - 17.09.2015 Aber dann muss es doch erlaubt sein auch an die Moral zu appellieren und nicht einfach die Hände hochzuwerfen und zu sagen: die sind eben so. Eine Parallelgesellschaft in der allgemein akzeptiert Moralvorstellungen nicht gelten darf man nicht sich selbst überlassen, sondern muss auch versuchen, diesen Moralvorstellungen dort wieder Geltung zu verschaffen. Als flankierende Maßnahme zu Kontrollen und Strafen - nicht mehr und nicht weniger Mir missfällt der Fatalismus, den einige hier fast schon stolz vor sich hertragen - wenn ich glaube, dass alle Mensche im Innersten nicht mehr als Tiere sind, wie kann ich mich dann noch moralisch entrüsten? RE: Psychologie des Dopings - Sergej Litvinov - 17.09.2015 Was heisst hier stolz? Denkst du ich bin froh so eine Meinung zu haben? Es gibt nichts gutes in den Worten die ich von mir gebe. Es ist nur ein Versuch den Populismus und der Heuchlerei zu entfliehen. Und wir sind Tiere, halt nur anders entwickelte Tiere. Wie gasagt, ich glaube wir denken zu gut ueber uns selbst. RE: Psychologie des Dopings - Pollux - 17.09.2015 (17.09.2015, 11:46)Sergej Litvinov schrieb: Ich bin seit meiner Kindheit von Dopern umzingelt Kann ich nachvollziehen, dass du das so siehst. Das ist auch in der Radsport-Community oft das Credo. (Die Akzeptanz und die Anfeindung hält sich die Waage) Du kannst natürlich jeden Anspruch aufWahrhaftigkeit in Zweifel ziehen. Aber auch das ist dann eine Form absolut unkorrigierbaren Wissens per Reduktionismus (Sorry für den phil. Begriffsausrutscher!) Dabei verkennst du jedoch die Möglichkeit, dass sich Menschen über ihr Handeln Rechenschaft ablegen. Ob zeitgemäß oder viel zu verspätet. Kannst du diese Möglichkeit ausschließen – und sagen: Ich weiß es auf jeden Fall besser? Ich glaube, das wäre auf keinen Fall akzeptabel. Im Übrigen habe ich das Bild von der „Wende zum Paulus“ nicht gewählt. Das hat der Oberhirte der LA getan. Der genannte Athlet würde dieses Attribut auf keinen Fall für sich in Anspruch nehmen!Aber auch das kannst du jetzt mit einer psychologistischen Erklärung unterlaufen.Wobei erwähnt werden muss, dass kein ernstzunehmender Psychologe einen solchen Gottesstandpunkt einnehmen würde. (Der ist ohnehin allein für den guten MZ reserviert!) Jedenfalls wärest du mit deiner Auffassung folgerichtig der einzig legitime Vertreter sportlicher Wahrhaftigkeit. (Inclus. all jener Sympathisanten, die deine Auffassung teilen) Aber dieser Anspruch ist einfach nicht legitim. RE: Psychologie des Dopings - Atanvarno - 17.09.2015 Klarstellende Formulierung, die erste Version bringt nicht so ganz rüber, was ich meine: Wenn ich glaube, dass alle Menschen im Innersten nicht mehr als Tiere sind, wie soll ich mich dann motivieren können, irgendetwas zur Beseitigung dieser Missstände zu unternehmen? Wenn ich das Glauben würde, wäre ich sofort bei Pippen und seinen Vorschlägen zur bedingungslosen Dopingfreigabe. Ich tue es nicht und daher muss ich die Dopingdiskussion neben allen pragmatischen Erwägungen immer auch mit einer moralischen Komponente führen. RE: Psychologie des Dopings - lor-olli - 17.09.2015 @Atanvarno @all Ich denke wir sollten hier nicht unnötige Fronten aufbauen, Fazit von eigentlich allen Beiträgen die hier geschrieben wurden ist doch: Doping ist nicht gut! Doping ist auch aus mehreren Gründen nicht gut. - Erstens, der medizinisch gesundheitliche Aspekt (auch Mikrodoping greift letztlich in den Hormonhaushalt ein und schädigt potentiell die Leber), - Zweitens schädigt Doping das leichtathletische Grundprinzip eines fairen, sportlichen Vergleiches, - drittens beschreibt Doping eine gesellschaftliche Entwicklung (beschei…en ist ok, wenn ich nicht erwischt werde) die obendrein auch noch ganz offensichtlich ist wenn ein Herr Gatlin in die Mikrophone tönt, UND spielt diese Bedeutung herunter! - Weiter ist Doping schädlich weil es dem Wankelmütigen eintrichtern kann, dass er ohne Doping keine Chance hat und das es dem Schwächeren vorgaukelt er könne “oben mitspielen“, wenn er nur genug betrügt. (Dem ist definitiv nicht so, auch ein Doper braucht Talent!) - Doping richtet auch einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden an, denn zumindest in unserer krankenversicherungspflichtigen Gesellschaft fallen die Folgen des Dopings der Gemeinschaft anheim, nicht wenige erfolglose Doper verschulden sich auch, denn Doping ist teuer und dieses Geld fließt obendrein an der Steuer vorbei (wie bei vielen anderen Drogen auch) - Doping fördet ein “Geschäftsmodell“, das in seiner Kriminalität dem Drogenhandel in nichts nachsteht und erfasst Gesellschaftkreise die eigentlich eher für das fairplay stehen (Sportler, Trainer, Ärzte)… Nicht ganz einig scheinen wir uns in der Wertung der Bedeutung des parallelen “Kampfes“ zu sein, aber auch das ist nur scheinbar so! Ich für meinen Teil denke, dass wir des Dopings nie ganz Herr werden, wir müssen also versuchen es in möglichst kleinen Grenzen zu halten. Dazu muss JEDES legale Mittel recht sein, der Appell an die Moral, die Dopingfahndung, aber auch die Ermittlungsarbeit gegen die kriminellen Hintergrundstrukturen. (Warum stehen auf der WADA Liste der geschassten Personen wohl so viele italienische Namen? Weil die Arbeit gegen die Mafia durchaus auch Erfolge verzeichnet!). Viele Dopingmitel sind nur über die Mittelsmänner zu bekommen (wenn man das Risiko direkt in China zu bestellen nicht eingehen will…), diese “Dopingpotenzierer“ bekommt man aber nicht mit einer veränderten / gestärkten Moral in den Griff – ihr Verdienstprinzip ist ja der gezielte Verstoß gegen jede Regel! Ich denke auch nicht, dass z.B. Sergej den Dopern jede Moral abspricht, würde er sie sonst als Freunde bezeichnen? Ich meine genau dieses Problem wenn es ums Doping geht: Moral ist relativ und die meisten Menschen sind in unterschiedlichen Fragen moralisch "unterschiedlich flexibel" (mal ganz vorsichtig gesagt). Pollux als philosophischer Vertreter sieht das Problem schon sehr klar, aber die wohlfeile Formulierung verpufft z.B. in der Diskussion einer Antidopingkommission völlig. Die Darlegung, in der Einzeldiskussion, in der Beschäftigung mit "Noch-Nicht-Dopern" haben diese Worte Gewicht und können etwas bewirken (je nach Umfeld), in sportlichen Verbandsorganisationen - und diese sind letztlich die Entscheidungsträger zu Maßnahmen gegen das Doping - erreicht sie nicht mal das Rednerpult. Fazit: wenn es um sehr viel Geld geht (ich meine hier nicht den Sport, sondern den Dopinghandel), bin ich vermutlich durch die lange Beschätigung mit dem Thema so desillusioniert, dennoch gebe ich zu, dass die Strafmaßnahmen allein das Problem Doping nie besiegen können. Im Falle der harten, illegalen Drogen schafft das sogar China nicht und sie haben bereits hunderte bis über eintausend Dealer hingerichtet (geschätzte Zahl über die letzten 15 Jahre). |