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Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - Druckversion

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+--- Thema: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei (/showthread.php?tid=6376)

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RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - trackwatchnds - 02.11.2025

(02.11.2025, 19:07)S_J schrieb: Die Aufarbeitung der anderen Themen kann durchaus ebenfalls leistungsfördernd sein.

Selbstverständlich können sie das, da hast du Recht, aber genau um deiner Ergänzung vorzubeugen, schrieb ich ja "primär" dazu.

An den Olympiastützpunkten sowie die Kooperationspartner der Spitzenfachverbände sind im Übrigen in aller Regel Sportpsychologen und keine Psychotherapeuten. Letztere lassen sich für so einen schmalen Taler auch nicht für solche Strukturen (meist tarifliche Einstellung - TV-L E 13) gewinnen.

Stellenangebote Sportpsychologie Deutschland hier in der Übersicht, sofern gerade ausgeschrieben.


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - S_J - 03.11.2025

In der freien Wirtschaft kann man sicherlich mehr verdienen, aber von E13 kann man schon gut leben.  Huh


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - RunSim - 03.11.2025

(02.11.2025, 20:00)CoachnEngineer schrieb: So sollte es aus meiner Sicht auch sein.
...
Und er darf/sollte dies mit der Prämisse tun, dass ALLES was wahrgenommen wird, OK ist. Dann entwickelt sich ggf. bei vielen Sportlern ein anderes, gesünderes Verhältnis zur eigenen Psyche und dem eigenen Körper. Beides ist im Übrigen ja bekanntermaßen sehr stark verbunden.

Man kann hier ja leider keine Likes dalassen... dein gesamter Beitrag ist wirklich hervorragend formuliert!


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - Notalp - 03.11.2025

Sofern es hier noch um “Passion oder Quälerei” im Professionalisieren Sport geht- also nicht um genuin therapeutische Fragen. Sportpsychologen müssen fähig und gewillt sein, die Selbstverantwortung von Athleten zu befördern. Faktisch ist das nicht immer so. Und schon gar nicht dort, wo sich Sportpsychologen auf Psychotechniken zur Leistungssteigerung konzentrieren und deshalb auch gerne in Anspruch genommen werden. Auf Selbstverantwortung abzuzielen: das betrifft selbstverständlich auch das Verhältnis des sportlichen Akteurs zu seinem Körper, aber auch zentrale Sinngehalte, welche eine Integration des Sports ins Lebensganze betreffen. 

Der Stellenwert von Sportpsychologen in diesem Kontext hat einen Lackmustest: Wenn bald jeder einen braucht, läuft was schief!


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - trackwatchnds - 03.11.2025

(03.11.2025, 08:37)S_J schrieb: In der freien Wirtschaft kann man sicherlich mehr verdienen, aber von E13 kann man schon gut leben.  Huh

Kann man, aber für die meisten Therapeut:innen dürfte das hinsichtlich der Alternativen schlicht zu unattraktiv sein. 
Dazu sind das meistens noch Teilzeitstellen und nicht einmal die Hälfte der OSP hat fest angestellte Sportpsychologen und -innen im Stellenplan. Von den Verbänden ganz zu schweigen. 

Da muss die Passion schon über die Maßen vorhanden sein, um sich mit diesen Umständen abzufinden.


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - Reichtathletik - 03.11.2025

(03.11.2025, 15:27)trackwatchnds schrieb:
(03.11.2025, 08:37)S_J schrieb: In der freien Wirtschaft kann man sicherlich mehr verdienen, aber von E13 kann man schon gut leben.  Huh

Kann man, aber für die meisten Therapeut:innen dürfte das hinsichtlich der Alternativen schlicht zu unattraktiv sein. 
Dazu sind das meistens noch Teilzeitstellen und nicht einmal die Hälfte der OSP hat fest angestellte Sportpsychologen und -innen im Stellenplan. Von den Verbänden ganz zu schweigen. 

Da muss die Passion schon über die Maßen vorhanden sein, um sich mit diesen Umständen abzufinden.

Fehlt Sportpsychologen etwa die intrinsische Motivation?  Teufel


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - S_J - 03.11.2025

Die Teilzeit erachte ich tatsächlich da für das größere Problem.

Auch wenn Reichtathletik hier bewusst übertreibt, hat er aber dennoch recht: Eine solche Stelle, genau wie die eines Landes- oder Bundestrainers, nimmt man für gewöhnlich nicht wegen der Bezahlung an, sondern aus intrinsischer Motivation.

Wenn man hier volle Stellen und längerfristige (oder gar unbefristete...) Verträge bietet, findet man da sicherlich auch gutes Personal. Die tarifliche Bezahlung erachte ich da weniger als ein Problem. Aber man muss eben schon davon leben können.


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - CoachnEngineer - 03.11.2025

(03.11.2025, 15:27)trackwatchnds schrieb:
(03.11.2025, 08:37)S_J schrieb: In der freien Wirtschaft kann man sicherlich mehr verdienen, aber von E13 kann man schon gut leben.  Huh

Kann man, aber für die meisten Therapeut:innen dürfte das hinsichtlich der Alternativen schlicht zu unattraktiv sein. 
Dazu sind das meistens noch Teilzeitstellen und nicht einmal die Hälfte der OSP hat fest angestellte Sportpsychologen und -innen im Stellenplan. Von den Verbänden ganz zu schweigen. 

Da muss die Passion schon über die Maßen vorhanden sein, um sich mit diesen Umständen abzufinden.

Leider ist es auch so, dass sehr viele gute PsychotherapeutInnen nicht unbedingt eine hohe Affinität zum Leistungssport aufweisen. In meiner damaligen Ausbildungsgruppe war ich der einzige mit sportlicher Vergangenheit. Meine Frau reagiert auf Sport angesprochen meist mit dem Satz "DAS Synomym für die Hölle auf Erden: Bundesjugendspiele"  Big Grin

Und dann kommt noch dazu, dass die potenziellen Arbeitgeber (Sportverbände, OSP etc.) meist andere Vorstellungen von der Herangehensweise an die psychologische Betreuung haben als gut ausgebildete PsychotherapeutInnen. Ein Grundsatz der Psychotherapie ist ja z.B. dass der Prozess das Tempo bestimmt. Zielerreichung in einem bestimmten Zeitrahmen ist nicht das Credo eines Therapeuten. Daher ist es nicht einfach, diesen mE so wichtigen Schulterschluss herzustellen. Zumindest ist von Seiten der Sportverbände ein entsprechender Paradigmenwechsel notwendig, um dies zu ermöglichen.


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - CoachnEngineer - 03.11.2025

(03.11.2025, 09:45)RunSim schrieb:
(02.11.2025, 20:00)CoachnEngineer schrieb: So sollte es aus meiner Sicht auch sein.
...
Und er darf/sollte dies mit der Prämisse tun, dass ALLES was wahrgenommen wird, OK ist. Dann entwickelt sich ggf. bei vielen Sportlern ein anderes, gesünderes Verhältnis zur eigenen Psyche und dem eigenen Körper. Beides ist im Übrigen ja bekanntermaßen sehr stark verbunden.

Man kann hier ja leider keine Likes dalassen... dein gesamter Beitrag ist wirklich hervorragend formuliert!

Danke

Nachdem ich nach 35 Jahren Trainertätigkeit erst in den letzten Jahren viel über die Zusammenhänge zwischen Körperlichem, energetischem Befinden und psychischen Zuständen gelernt habe, ist es mir zu einem Herzensanliegen geworden, Wege zu finden, dieses Wissen mit Sportlicher Trainingsarbeit  (bis hin in den HLT-Bereich) zu verbinden. In der Retrospektive konnte ich feststellen, wie vielen SportlerInnen (bis zurück zu mir selbst) eine entsprechende Unterstützung gut getan hätte. Mit ein wenig vernünftigem Input hätte bei einigen die Passion erhalten werden können und von Quälerei wäre nur selten die Rede gewesen, um mal zum Ursprungstitel des Threads zurückzukommen.


RE: Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - Notalp - 04.11.2025

Liebe Freunde (oder Verächter) der Weisheit! Die bewusste Akzeptanz des sportlichen ‘Risikohandelns’ (u.a. die Grenzen der Kontrollierbarkeit und die ständige Gefährdung durch Widerfahrnisse betreffend) lässt sich - von einer höheren Perspektive aus gesehen - stets auch als eine Form der Selbstinszenierung des Menschen deuten. Jede Bezugnahme auf Passionen muss dieses symbolische Moment berücksichtigen.

Diesem Moment mit der Frage: “Und wozu soll das gut sein?!” zu begegnen ist in best. Hinsicht absolut nachvollziehbar, aber davon abgesehen auch vollkommen absonderlich. Denn es handelt sich schlichtweg um die Konkretisierung eines menschlichen Zuges. Würde ich es im Philosophie-Thread platzieren, müsste ich es als Antwort auf die Conditio Humana (im Zeichen eines Herausgefordert-Seins) identifizieren. 

Passionen können also eine solche Sinnausrichtung vergegenwärtigen. Eine Zweckmäßigkeitserwägung heranzutragen, ist zwar jederzeit möglich, bleibt aber in Bezug auf das Verstehen (und den ‘vernünftigen Input’) sekundär. Und zwar auch dann, wenn man von einem ‘versteckten’ Motiv spricht. Für den Therapeuten gäbe es (im Ggs. zur ‘Passionsphobie’) nichts zu therapieren.  Wink
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