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Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - Druckversion

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RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - Atanvarno - 16.09.2021

(16.09.2021, 14:42)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 09:49)gera schrieb: andere Länder zeigen , dass es möglich ist, sowohl im Sprint und auch im Hürdenlauf schnell zu sein ( USA/Jamaica .. )
Und die jungen Läufer kommen doch wohl zuerst vom Sprint.
Aber , da gebe ich Sprunggott recht, in der Jugend sollte das Hürdenlaufen wie der Weitsprung zum Grundprogramm gehören. Einfach vielseitig trainieren.
An der Trainerausbildung mangelt es sicher auch.
Zudem sollte man " mittelmäßige " 10,30 -Sprinter mit viel Überzeugung zum Umsteigeversuch bringen, und wenn es auch nur einer von 10 schafft.

Ein Umsteigen eines bereits entwickelten 10.30 Sprinters wird wohl kaum zielführend sein. Zu viel ist da vorher an koordinativer Schulung unaufholbar liegengeblieben.
Das Versäumnis liegt viel eher darin, dass man diesem im Laufe der Entwicklung hin zu 10.30 auf der Flachstrecke das Hürdensprinten nicht mehr ausreichend schmackhaft gemacht hat.
Gegenbeispiel USA: In der HighSchool LA sind die Hurdle-Relays (Pendelstaffel hin und zurück) ein absolutes emotionales Highlight bei jedem Wettkampf. Da dort, je nach Divison 10-12 schnelle Läufer gebraucht werden, ist der Anreiz zur breitgefächerten Hürdenausbildung für alle (auch für die besten Flachsprinter) deutlich höher. So kommt es dazu, dass man dann eben die ganz schnellen Leute auch zum Teil zu den Hürden bringt.

Bis 1989 (?) gab's Blockmehrkämpfe auch in der U18, das hat einige Leute länger bei den Hürden gehalten. Ebenso war der Anreiz die Hürden nicht zu früh aus dem Programm zu nehmen größer, als es für die U16 nur deutsche (Block)Mehrkampfmeisterschaften und keine Einzelmeisterschaften gab.


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - CoachnEngineer - 16.09.2021

(16.09.2021, 14:53)Atanvarno schrieb:
(16.09.2021, 14:42)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 09:49)gera schrieb: andere Länder zeigen , dass es möglich ist, sowohl im Sprint und auch im Hürdenlauf schnell zu sein ( USA/Jamaica .. )
Und die jungen Läufer kommen doch wohl zuerst vom Sprint.
Aber , da gebe ich Sprunggott recht, in der Jugend sollte das Hürdenlaufen wie der Weitsprung zum Grundprogramm gehören. Einfach vielseitig trainieren.
An der Trainerausbildung mangelt es sicher auch.
Zudem sollte man " mittelmäßige " 10,30 -Sprinter mit viel Überzeugung zum Umsteigeversuch bringen, und wenn es auch nur einer von 10 schafft.

Ein Umsteigen eines bereits entwickelten 10.30 Sprinters wird wohl kaum zielführend sein. Zu viel ist da vorher an koordinativer Schulung unaufholbar liegengeblieben.
Das Versäumnis liegt viel eher darin, dass man diesem im Laufe der Entwicklung hin zu 10.30 auf der Flachstrecke das Hürdensprinten nicht mehr ausreichend schmackhaft gemacht hat.
Gegenbeispiel USA: In der HighSchool LA sind die Hurdle-Relays (Pendelstaffel hin und zurück) ein absolutes emotionales Highlight bei jedem Wettkampf. Da dort, je nach Divison 10-12 schnelle Läufer gebraucht werden, ist der Anreiz zur breitgefächerten Hürdenausbildung für alle (auch für die besten Flachsprinter) deutlich höher. So kommt es dazu, dass man dann eben die ganz schnellen Leute auch zum Teil zu den Hürden bringt.

Bis 1989 (?) gab's Blockmehrkämpfe auch in der U18, das hat einige Leute länger bei den Hürden gehalten. Ebenso war der Anreiz die Hürden nicht zu früh aus dem Programm zu nehmen größer, als es für die U16 nur deutsche (Block)Mehrkampfmeisterschaften und keine Einzelmeisterschaften gab.

Richtig. Man konnte nicht Deutscher 100m Meister U16 werden ohne Hürdenlaufen zu können. Wobei der in der BRD praktizierte Blockwettkampf dann schon wieder zu komplex war nach meiner Ansicht. Die Russische (und auch DDR?) Variante mit einem Dreikampf (Spezial- plus 2 Zubringerdisziplinen) als Meisterschaftsdisziplin für Jüngere fand ich da zweckmäßiger. Aber das ist ein anderes Thema


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - Piroschka - 16.09.2021

(16.09.2021, 14:32)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 12:58)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 11:11)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 10:40)Piroschka schrieb: Ist das Problem nicht eher, dass in Deutschland viel zu sehr auf die Frequenz geschaut wird?!
Das Problem der Umstellung von kurzen auf längere Hürdenabstände ist also auch eine Folge falscher Technik, da frontside mechanics insbesondere im Kinder-, Schüler- und Jugendbereich immer noch ein Fremdwort sind.

Hier geht es eher darum, wie an der Frequenz gearbeitet wird.
Natürlich muss sie vortriebsorientiert (wie Sprunggott es nannte) sein. HJH nannte es "Shuffle"-Schritt, wenn ich mich richtig erinnere.
Nur mit 8,60m Abstand bringe ich einem 14jährigem (wenn er nicht sehr akzeleriert ist) keinen Shuffle bei.
Der durchschnittliche 14jährige ist auch keine zwei Meter groß. Der Shuffle wird ja eingesetzt, wenn der Abstand für Schrittlänge und Körpergröße zu gering ist. Das Problem ist jedoch, dass die Schüler*innen eben Geschwindigkeit über die Frequenz beigebracht bekommen und nicht über den Vortrieb vor dem Körperschwerpunkt. Das würde auch zu einer größeren Schrittlänge und weniger Problemen bei den Hürdenabständen führen.

Die Methodik, die du da beschreibst führt ja nachher gerade dazu, dass wir in Deutschland einigermaßen viele Hürdensprinter haben die (ohne Probleme mit dem Abstand) entspannt zwischen 13,90 und 14,40 laufen, aber keinen unter 13,30.
Wenn man mit der für diese Zeiten notwendigen Sprintfähigkeit durch die 9,15 Abstände Geschwindigkeit aufbauen will, muss man Shufflen, selbst wenn man nicht 2m groß ist. Lernt man das nicht von Kleinauf, sondern versucht immer nur mit längerer Schrittlänge die geforderten (eigentlich zu langen) Abstände zu überwinden, wird das nix. Darum geht es doch bei der Kritik an der Didaktik.
Ich glaube, dass es eher um ein Missverständnis geht. Frontside mechanics bedeutet primär erstmal nicht längerer Schritt, sondern es ist eine andere Phase, in der der Vortrieb erzeugt wird, nämlich vor dem Körperschwerpunkt. Dass die Schritte bei richtigem Einsatz der Technik länger werden, liegt nicht primär daran, dass man weit ausgreift, sondern dass bei richtigem Einsatz die Abfluggeschwindigkeit höher wird, da der Körper während des Bodenkontakts länger horizontal bewegt werden kann. Anatomisch ist dies auch schlüssig, da der normale Mensch nur eine maximale Hüftextension von 12° erreicht und folglich der effektive Weg, welcher hinter dem Körperschwerpunkt zur Geschwindigkeitsgewinnung genutzt werden kann, sehr kurz ist.


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - Piroschka - 16.09.2021

(16.09.2021, 14:42)gera schrieb: entscheidend für mich ist :
Das Schwungbein muss schnell auf den Boden, der Schritt also hier möglichst kurz, dann ist auch der Schub nach vorn größer, da Landung hinter der Hürde näher am KSP.
Dass das Schwungbein schnell zum Boden muss, gilt für die Hürdenüberquerung. Es ist aber ein verbreiteter Irrtum, dass Bodenkontaktzeiten beim Sprint oder Sprung möglichst kurz sein müssen. Viel entscheidender ist es hohe Abfluggeschwindigkeiten zur erzeugen. Einfaches Beispiel: Stell dich mal hin und heb den Arm hoch. So, als ob du einen Boxschlag ausführen wolltest. Und dann machst du das gleich nochmal, wobei du die Schlaghand mit der anderen Hand bei rechtwinkliger Stellung im Ellenbogengelenk blockst und Druck aufbaust. Und dann vergleiche mal, bei welcher der beiden Varianten die Faust schneller nach vorne kommt  Wink


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - dominikk85 - 16.09.2021

(16.09.2021, 16:51)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 14:32)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 12:58)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 11:11)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 10:40)Piroschka schrieb: Ist das Problem nicht eher, dass in Deutschland viel zu sehr auf die Frequenz geschaut wird?!
Das Problem der Umstellung von kurzen auf längere Hürdenabstände ist also auch eine Folge falscher Technik, da frontside mechanics insbesondere im Kinder-, Schüler- und Jugendbereich immer noch ein Fremdwort sind.

Hier geht es eher darum, wie an der Frequenz gearbeitet wird.
Natürlich muss sie vortriebsorientiert (wie Sprunggott es nannte) sein. HJH nannte es "Shuffle"-Schritt, wenn ich mich richtig erinnere.
Nur mit 8,60m Abstand bringe ich einem 14jährigem (wenn er nicht sehr akzeleriert ist) keinen Shuffle bei.
Der durchschnittliche 14jährige ist auch keine zwei Meter groß. Der Shuffle wird ja eingesetzt, wenn der Abstand für Schrittlänge und Körpergröße zu gering ist. Das Problem ist jedoch, dass die Schüler*innen eben Geschwindigkeit über die Frequenz beigebracht bekommen und nicht über den Vortrieb vor dem Körperschwerpunkt. Das würde auch zu einer größeren Schrittlänge und weniger Problemen bei den Hürdenabständen führen.

Die Methodik, die du da beschreibst führt ja nachher gerade dazu, dass wir in Deutschland einigermaßen viele Hürdensprinter haben die (ohne Probleme mit dem Abstand) entspannt zwischen 13,90 und 14,40 laufen, aber keinen unter 13,30.
Wenn man mit der für diese Zeiten notwendigen Sprintfähigkeit durch die 9,15 Abstände Geschwindigkeit aufbauen will, muss man Shufflen, selbst wenn man nicht 2m groß ist. Lernt man das nicht von Kleinauf, sondern versucht immer nur mit längerer Schrittlänge die geforderten (eigentlich zu langen) Abstände zu überwinden, wird das nix. Darum geht es doch bei der Kritik an der Didaktik.
Ich glaube, dass es eher um ein Missverständnis geht. Frontside mechanics bedeutet primär erstmal nicht längerer Schritt, sondern es ist eine andere Phase, in der der Vortrieb erzeugt wird, nämlich vor dem Körperschwerpunkt. Dass die Schritte bei richtigem Einsatz der Technik länger werden, liegt nicht primär daran, dass man weit ausgreift, sondern dass bei richtigem Einsatz die Abfluggeschwindigkeit höher wird, da der Körper während des Bodenkontakts länger horizontal bewegt werden kann. Anatomisch ist dies auch schlüssig, da der normale Mensch nur eine maximale Hüftextension von 12° erreicht und folglich der effektive Weg, welcher hinter dem Körperschwerpunkt zur Geschwindigkeitsgewinnung genutzt werden kann, sehr kurz ist.

soweit ich weiß ist es gar nicht möglich vor dem KSP positive Geschwindigkeit zu erzeugen, das "ziehen" reduziert lediglich dem bremsstoß, sprich jeder Athlet egal ob 13.0 Läufer oder bolt verliert bis zum mittelstütz Geschwindigkeit, aber die frontside mechanics können diesen Verlust kleiner halten.


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - Piroschka - 16.09.2021

(16.09.2021, 17:27)dominikk85 schrieb:
(16.09.2021, 16:51)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 14:32)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 12:58)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 11:11)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 10:40)Piroschka schrieb: Ist das Problem nicht eher, dass in Deutschland viel zu sehr auf die Frequenz geschaut wird?!
Das Problem der Umstellung von kurzen auf längere Hürdenabstände ist also auch eine Folge falscher Technik, da frontside mechanics insbesondere im Kinder-, Schüler- und Jugendbereich immer noch ein Fremdwort sind.

Hier geht es eher darum, wie an der Frequenz gearbeitet wird.
Natürlich muss sie vortriebsorientiert (wie Sprunggott es nannte) sein. HJH nannte es "Shuffle"-Schritt, wenn ich mich richtig erinnere.
Nur mit 8,60m Abstand bringe ich einem 14jährigem (wenn er nicht sehr akzeleriert ist) keinen Shuffle bei.
Der durchschnittliche 14jährige ist auch keine zwei Meter groß. Der Shuffle wird ja eingesetzt, wenn der Abstand für Schrittlänge und Körpergröße zu gering ist. Das Problem ist jedoch, dass die Schüler*innen eben Geschwindigkeit über die Frequenz beigebracht bekommen und nicht über den Vortrieb vor dem Körperschwerpunkt. Das würde auch zu einer größeren Schrittlänge und weniger Problemen bei den Hürdenabständen führen.

Die Methodik, die du da beschreibst führt ja nachher gerade dazu, dass wir in Deutschland einigermaßen viele Hürdensprinter haben die (ohne Probleme mit dem Abstand) entspannt zwischen 13,90 und 14,40 laufen, aber keinen unter 13,30.
Wenn man mit der für diese Zeiten notwendigen Sprintfähigkeit durch die 9,15 Abstände Geschwindigkeit aufbauen will, muss man Shufflen, selbst wenn man nicht 2m groß ist. Lernt man das nicht von Kleinauf, sondern versucht immer nur mit längerer Schrittlänge die geforderten (eigentlich zu langen) Abstände zu überwinden, wird das nix. Darum geht es doch bei der Kritik an der Didaktik.
Ich glaube, dass es eher um ein Missverständnis geht. Frontside mechanics bedeutet primär erstmal nicht längerer Schritt, sondern es ist eine andere Phase, in der der Vortrieb erzeugt wird, nämlich vor dem Körperschwerpunkt. Dass die Schritte bei richtigem Einsatz der Technik länger werden, liegt nicht primär daran, dass man weit ausgreift, sondern dass bei richtigem Einsatz die Abfluggeschwindigkeit höher wird, da der Körper während des Bodenkontakts länger horizontal bewegt werden kann. Anatomisch ist dies auch schlüssig, da der normale Mensch nur eine maximale Hüftextension von 12° erreicht und folglich der effektive Weg, welcher hinter dem Körperschwerpunkt zur Geschwindigkeitsgewinnung genutzt werden kann, sehr kurz ist.

soweit ich weiß ist es gar nicht möglich vor dem KSP positive Geschwindigkeit zu erzeugen, das "ziehen" reduziert lediglich dem bremsstoß, sprich jeder Athlet egal ob 13.0 Läufer oder bolt verliert bis zum mittelstütz Geschwindigkeit, aber die frontside mechanics können diesen Verlust kleiner halten.
Wenn dies so wäre, dann könnte man ja, sobald man mit aufrechtem Oberkörper geht oder läuft, nicht mehr schneller werden! Wie man zum Beispiel bei Thompson-Herah wieder sehen konnte, ist dies jedoch nicht der Fall. Ihre Höchstgeschwindigkeit erreicht sie erst sehr spät im Rennen. Bodenkontakt geht physikalisch immer mit Reibung einher und führt zu einem Abbremsen. Jedoch handelt es sich ja beim Fuß/Bein nicht um ein träges Objekt, sondern eines, welches aktiv selbst Energie erzeugen und durch den Bodenkontakt Vorschub erzeugt. Wenn du dich mit dem Rücken an eine Wand stellst und jetzt einen Fuß nach vorne stellst und es schaffst allein durch den Zug des vor dem Körper aufgesetzten Beins deine Hüfte und Oberkörper über den Vorderen Fuß zu bringen, dann hast du deine Aussage ja schon widerlegt.


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - dominikk85 - 16.09.2021

Der OK wird doch nie komplett aufgerichtet sondern bleibt auch beim topspeed 5-10 Grad vorgeneigt, außerdem ist auch bei bolt der Fuß deutlich hinter der Projektion des KSP

Und zum Thema ziehen:
Das widerlegt es eben nicht. Radrennfahrer werden auch trainiert das pedal nach oben zu ziehen und im Labor bei niedrigen Geschwindigkeiten klappt das auch, aber bei renngeschwindigkeit können keine positiven Zugkraft mehr gemessen werden, dennoch sollte man versuchen zu ziehen um das Gewicht des anderen beins auszugleichen. 

So ist das auch im Sprint, die zuggeschwindigkeit vor dem KSP reicht nicht aus um schneller zu sein als der KSP, sprich ein geringer bremsstoß ist nicht zu vermeiden. 
[Bild: Screenshot-20210916-194110-com-techsmith...e-free.jpg][Bild: Screenshot-20210916-194043-com-techsmith...e-free.jpg]


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - CoachnEngineer - 16.09.2021

(16.09.2021, 17:51)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 17:27)dominikk85 schrieb:
(16.09.2021, 16:51)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 14:32)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 12:58)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 11:11)CoachnEngineer schrieb:
(16.09.2021, 10:40)Piroschka schrieb: Ist das Problem nicht eher, dass in Deutschland viel zu sehr auf die Frequenz geschaut wird?!
Das Problem der Umstellung von kurzen auf längere Hürdenabstände ist also auch eine Folge falscher Technik, da frontside mechanics insbesondere im Kinder-, Schüler- und Jugendbereich immer noch ein Fremdwort sind.

Hier geht es eher darum, wie an der Frequenz gearbeitet wird.
Natürlich muss sie vortriebsorientiert (wie Sprunggott es nannte) sein. HJH nannte es "Shuffle"-Schritt, wenn ich mich richtig erinnere.
Nur mit 8,60m Abstand bringe ich einem 14jährigem (wenn er nicht sehr akzeleriert ist) keinen Shuffle bei.
Der durchschnittliche 14jährige ist auch keine zwei Meter groß. Der Shuffle wird ja eingesetzt, wenn der Abstand für Schrittlänge und Körpergröße zu gering ist. Das Problem ist jedoch, dass die Schüler*innen eben Geschwindigkeit über die Frequenz beigebracht bekommen und nicht über den Vortrieb vor dem Körperschwerpunkt. Das würde auch zu einer größeren Schrittlänge und weniger Problemen bei den Hürdenabständen führen.

Die Methodik, die du da beschreibst führt ja nachher gerade dazu, dass wir in Deutschland einigermaßen viele Hürdensprinter haben die (ohne Probleme mit dem Abstand) entspannt zwischen 13,90 und 14,40 laufen, aber keinen unter 13,30.
Wenn man mit der für diese Zeiten notwendigen Sprintfähigkeit durch die 9,15 Abstände Geschwindigkeit aufbauen will, muss man Shufflen, selbst wenn man nicht 2m groß ist. Lernt man das nicht von Kleinauf, sondern versucht immer nur mit längerer Schrittlänge die geforderten (eigentlich zu langen) Abstände zu überwinden, wird das nix. Darum geht es doch bei der Kritik an der Didaktik.
Ich glaube, dass es eher um ein Missverständnis geht. Frontside mechanics bedeutet primär erstmal nicht längerer Schritt, sondern es ist eine andere Phase, in der der Vortrieb erzeugt wird, nämlich vor dem Körperschwerpunkt. Dass die Schritte bei richtigem Einsatz der Technik länger werden, liegt nicht primär daran, dass man weit ausgreift, sondern dass bei richtigem Einsatz die Abfluggeschwindigkeit höher wird, da der Körper während des Bodenkontakts länger horizontal bewegt werden kann. Anatomisch ist dies auch schlüssig, da der normale Mensch nur eine maximale Hüftextension von 12° erreicht und folglich der effektive Weg, welcher hinter dem Körperschwerpunkt zur Geschwindigkeitsgewinnung genutzt werden kann, sehr kurz ist.

soweit ich weiß ist es gar nicht möglich vor dem KSP positive Geschwindigkeit zu erzeugen, das "ziehen" reduziert lediglich dem bremsstoß, sprich jeder Athlet egal ob 13.0 Läufer oder bolt verliert bis zum mittelstütz Geschwindigkeit, aber die frontside mechanics können diesen Verlust kleiner halten.
Wenn dies so wäre, dann könnte man ja, sobald man mit aufrechtem Oberkörper geht oder läuft, nicht mehr schneller werden! Wie man zum Beispiel bei Thompson-Herah wieder sehen konnte, ist dies jedoch nicht der Fall. Ihre Höchstgeschwindigkeit erreicht sie erst sehr spät im Rennen. Bodenkontakt geht physikalisch immer mit Reibung einher und führt zu einem Abbremsen. Jedoch handelt es sich ja beim Fuß/Bein nicht um ein träges Objekt, sondern eines, welches aktiv selbst Energie erzeugen und durch den Bodenkontakt Vorschub erzeugt. Wenn du dich mit dem Rücken an eine Wand stellst und jetzt einen Fuß nach vorne stellst und es schaffst allein durch den Zug des vor dem Körper aufgesetzten Beins deine Hüfte und Oberkörper über den Vorderen Fuß zu bringen, dann hast du deine Aussage ja schon widerlegt.
Bei aller Berechtigung auf die Bedeutung der Front side mechanics hinzuweisen machst du es dir mit dieser Argumentation etwas zu einfach. Die Natur kennt kein "Schwarz/Weiß"
1) Der Fussaufsatz geschieht, gerade bei guter Front side mechanics nur relativ wenig weit vor dem KSP. Schau dir doch einfach die von dir herangezogene 
Thompson Herah an.
2) Auch bei recht aufrechtem Oberkörper löst der Fuß deutlich hinter dem KSP.
3) Ist es tatsächlich so, dass der weit überwiegende Teil von F_Integral dt (sorry, lässt sich hier nicht beser schreiben) im Vorderstütz negativ ist, also Bremskraft. Schnaut man sich den gesamten Verlauf von F_horizontal an, dann passiert der beschleunigende Anteil tatsächlich erst im Hinterstütz. Problem ist, dass das länger dauert und die Bodenkontaktzeit erhöht. Daher liegt das Optimum eben in einer Technik, die über gute Frontside mechanics, d.h. einen hohen Teilimpuls des Fußes die negativen Anteile durch Bremskräfte minimiert, um auch mit einer verkürzten Druckphase im Hinterstütz signifikant beschleunigen zu können.
4) relevant werden die Frontside Mechanics ja auch erst bei absoluter Vmax, da dort die Bremskräfte eben auch deutlich höher ausfallen und die Zeit für signifikante Druckphase nicht zur Verfügung steht.

Jetzt sind wir aber ziemlich weit vom ursprünglichen Thema entfernt. Der Hürdenshuffle-Schritt sieht halt eben noch mal etwas anders aus, da hier anders als im Sprint Front-side Aktivität trotz Schrittlängen-Verkürzung erzielt werden soll.


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - Piroschka - 16.09.2021

(16.09.2021, 18:43)dominikk85 schrieb: Der OK wird doch nie komplett aufgerichtet sondern bleibt auch beim topspeed 5-10 Grad vorgeneigt, außerdem ist auch bei bolt der Fuß deutlich hinter der Projektion des KSP
Ist ja auch kein Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe, denn ich habe ja nicht behauptet, dass der Oberkörper 90° zum Boden stehen muss; und auch nicht, dass der Fuß nie hinter dem KSP befinden darf.
Zitat:Und zum Thema ziehen:
Das widerlegt es eben nicht. Radrennfahrer werden auch trainiert das pedal nach oben zu ziehen und im Labor bei niedrigen Geschwindigkeiten klappt das auch, aber bei renngeschwindigkeit können keine positiven Zugkraft mehr gemessen werden, dennoch sollte man versuchen zu ziehen um das Gewicht des anderen beins auszugleichen. 

So ist das auch im Sprint, die zuggeschwindigkeit vor dem KSP reicht nicht aus um schneller zu sein als der KSP, sprich ein geringer bremsstoß ist nicht zu vermeiden. 
Du vermischt einfach zwei verschiedene Dinge.
Wie bereits gesagt, bestreitet niemand, dass Bodenkontakt = Reibung = Abbremsen bedeutet.
Entscheidend ist auch nicht, dass bereits beim Ziehen vor dem Körperschwerpunkt die Geschwindigkeit bereits wieder höher ist als kurz vor dem Bodenkontakt. Es geht darum, dass die Abfluggeschwindigkeit höher wird, desto mehr horizontale Strecke während der Stützphase zurückgelegt wird. Genau aus dem Grund habe ich ja auch weiter unten das Beispiel mit der Faust gebracht. Frontside mechanics führt zu einer kinetischen Aufladung, insbesondere der ischiokuralen Muskulatur.


RE: Fehlende Spritzigkeit in vielen Disziplinbereichen - MZPTLK - 16.09.2021

(16.09.2021, 16:59)Piroschka schrieb:
(16.09.2021, 14:42)gera schrieb: entscheidend für mich ist :
Das Schwungbein muss schnell auf den Boden, der Schritt also hier möglichst kurz, dann ist auch der Schub nach vorn größer, da Landung hinter der Hürde näher am KSP.
Dass das Schwungbein schnell zum Boden muss, gilt für die Hürdenüberquerung. Es ist aber ein verbreiteter Irrtum, dass Bodenkontaktzeiten beim Sprint oder Sprung möglichst kurz sein müssen. Viel entscheidender ist es hohe Abfluggeschwindigkeiten zur erzeugen. Einfaches Beispiel: Stell dich mal hin und heb den Arm hoch. So, als ob du einen Boxschlag ausführen wolltest. Und dann machst du das gleich nochmal, wobei du die Schlaghand mit der anderen Hand bei rechtwinkliger Stellung im Ellenbogengelenk blockst und Druck aufbaust. Und dann vergleiche mal, bei welcher der beiden Varianten die Faust schneller nach vorne kommt  Wink

Das Schwungbein muss nicht schnell zum Boden kommen, entscheidend ist die möglichst hohe Abfluggeschwindigkeit.
Wenn der Hürdenläufer, egal wie schnell, landet, hat er diese Geschwindigkeit mitgenommen, und dann weiter mit möglichst hoher Geschwindigkeit zur nächsten Hürde!
Wenn  zuviel am schnellen Runterkommen des Schwungbeins gearbeitet wird, können die Horizontal Mechanics gestört/gebremst werden.
Beim Sprint hat man meines Wissens mit relativ frischen Untersuchungen ermittelt, dass verkürzte Kontaktzeiten, einhergehend mit höherem Druck, die Laufschnelligkeit erhöhen.