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Talentfindung und -bindung, Trainerqualität - Druckversion

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RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - CoachnEngineer - 18.12.2024

(18.12.2024, 11:04)muffman schrieb: Das größte Problem ist nach wie vor, dass die Rolle der Hamstrings im Sprint bzw. der Sprintbewegung von vielen Trainern, auch im deutschen Topbereich, völlig falsch interpretiert wird und diese infolgedessen dann auch völlig falsch trainiert werden. Und da sprechen wir noch überhaupt nicht von Detailarbeit, sondern nur von Winkeln und wie die Hams wann und wie in der Bewegung eingesetzt werden. Man erkennt schon an der Technik, welcher deutschen Sprinter und Sprinterinnen wie traineren und welches falsche Technik- bzw. Bewegungsbild dem zugrunde liegt. Entsprechend knallt es bei den jeweiligen Leuten auch oft genug.

zum falschen Technik- und Methodik-Verständnis kommt noch dazu, dass sich im Hamstring-Bereich oft auch psychische Störungen manifestieren. Es kommt dann zu einem Teufelskreis psychischer Stress -> Verletzung -> gesteigerter Psychostress -> nächste Verletzung.....
Auch da gibt es durchaus Nachholbedarf.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - Kyascaily95 - 18.12.2024

(18.12.2024, 10:10)Reichtathletik schrieb: Mir ist allgemein manchmal zu viel "Romantik" bei den "armen Heimtrainern". Nicht falsch verstehen, wir brauchen umbedingt mehr Vereinstrainer, gerade auch im Ehrenamt, und diese benötigen dringend mehr Anerkennung und Wertschätzung. ABER: Es wird so oft so getan, als seien die alle so viel Besser als die hauptamtlichen Kräfte die angeblich alles mit ihrem Fachwissen falsch machen, was die – überspitzt ausgedrückt – Rentner auf dem Dort ohne Ausbildung aber mit Erfahrung besser können. Auch hier liegt die Wahrheit doch dazwischen und es ist ein Miteinander notwendig, kein Gegeneinander. In der Ehrenamt-vom-Dorf-Romantik der/die "jemanden groß gemacht hat" klingt mir zu oft eine gewisse Professionalitäts-, Eliten- oder Wissenschaftsfeindlichkeit mit.

Also deine gelebte Erfahrung hätte ich gerne gemacht. Aus meiner Erfahrung heraus als Trainer kann ich sagen, daß Heimtrainern mitnichten Honig um den Mund geschmiert wird. Vielmehr war es bei mir so, daß wenn meine Athleten international erfolgreich waren, immer der Bundestrainer öffentlich als der für den Erfolg verantwortliche Trainer genannt wurde, weil er das Maß seiner Güte besaß, den Athleten in der UWV die Trinkflasche zu halten. Aber wehe dem, es lief mal bei einem Höhepunkt nicht wie gewünscht - da war natürlich der Heimtrainer der Schuldige. In meinem Fall ist es ein paar gute Jährchen her, aber viel anders kann es jetzt nicht sein, denn der besagte BT ist noch immer im Amt. Vielleicht gibt es da auch von Disziplin zu Disziplin Unterschiede, das mag ich nicht zu beurteilen.

Die überspitzte Floskel “Rentner auf dem Dort ohne Ausbildung aber mit Erfahrung” ist nicht nur völlig übertrieben, sondern auch despektierlich. Das Wort “Ausbildung” bedeutet nicht immer ein Hochschulstudium im Bereich Sport- und Trainingswissenschaften, sondern eben auch die Erfüllung des Mindestkriteriums, welches eine Vielzahl an Vereinen verlangen (nämlich einen Trainerschein) und zusätzlich auch noch das Interesse, sich selbst auf dem neuesten Stand zu halten, zu recherchieren (auch international) und sich mit Trainerkollegen auszutauschen über die von dir angeprangerten individuellen Erfahrungen. Warum das jetzt weniger wert sein soll als der Bundestrainer, der zwar regelmäßig an Trainerfortbildungen teilnimmt (weil er muss und es Teil seiner Arbeit ist), aber trotzdem weiterhin die Trainingspläne seinen Athleten vorlegt, die er damals als Aktiver in der DDR so abgearbeitet hat, erschließt sich mir nicht.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - Kyascaily95 - 18.12.2024

(18.12.2024, 10:41)Gertrud schrieb:
(18.12.2024, 10:10)Reichtathletik schrieb: Ok. Aber die Frage könnte man doch genauso lassen: Wurde da nicht genug passende Grundlage gelegt, damit in der Hauptklasse entsprechend trainiert werden kann? Ich weiß, dass z.B. Bayer im Bezug auf seine Sprinter genau hier Defizite benannt hat.

Mir ist allgemein manchmal zu viel "Romantik" bei den "armen Heimtrainern". Nicht falsch verstehen, wir brauchen umbedingt mehr Vereinstrainer, gerade auch im Ehrenamt, und diese benötigen dringend mehr Anerkennung und Wertschätzung. ABER: Es wird so oft so getan, als seien die alle so viel Besser als die hauptamtlichen Kräfte die angeblich alles mit ihrem Fachwissen falsch machen, was die – überspitzt ausgedrückt – Rentner auf dem Dort ohne Ausbildung aber mit Erfahrung besser können. Auch hier liegt die Wahrheit doch dazwischen und es ist ein Miteinander notwendig, kein Gegeneinander. In der Ehrenamt-vom-Dorf-Romantik der/die "jemanden groß gemacht hat" klingt mir zu oft eine gewisse Professionalitäts-, Eliten- oder Wissenschaftsfeindlichkeit mit.

Ich spreche nicht von allen Heimtrainern, sondern von den sehr guten, die wir haben!!! 

Ich sehe bei diesen sehr guten Heimtrainern keine unbedingte Veranlassung, mit den BT zu kooperieren. Warum sollte ich mit BT MK kooperieren, die eh auch wechseln? Ich habe eine ganz andere Philosophie hinsichtlich Krafttraining, Technik, struktureller Einflussnahme und Gesamtplanung. Bei meiner begrenzten Zeit (auch als Pensionärin) wäre das für mich verschwendete Zeit. Das ist nicht hochnäsig, das ist Fakt. Ich habe das einmal in Kienbaum versucht, vielleicht etwas Struktur in der Verletzungsmisere anzustoßen. Ich bin auf taube Ohren gestoßen. Natürlich gibt es auch hervorragende BT, die ich nicht ablehne. Wer die Gesamtvorteile hat, hat auch zu liefern! Es gibt auch hervorragende Wissenschaftler im DLV, mit denen ich auch sehr intensiv diskutiere.

Es ist schon richtig, dass die BT eigentlich die besten Trainer:innen sein sollten; aber wir haben in der Peripherie immer wieder hervorragende Denker:innen!!!

Danke für den Beitrag  Thumb_up


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - S_J - 18.12.2024

Ich bin "auf dem Dorf" tatsächlich über jeden Trainer froh, der sich die Mühe macht,sein Wissen entweder bei Fortbildungen oder Kaderlehrgängen auf dem neuesten Stand zu halten oder selbst recherchiert oder auch einfach nur die monatliche Ausgabe leichtathletiktraining liest. Ich kenne 75-Jährige, die ihr Training regelmäßig reflektieren und sowohl an neue Erkenntnisse als auch an die individuellen Athleten anpassen, aber auch junge Trainer, die einfach Halbwissen oder schlechte Praktiken aus eigener Erfahrung kopieren.
BT oder LT, die nicht (mehr) in Vereinen aktiv sind, oder nur in Elitegruppen der Großvereine, haben auch oft deutlich weniger Erfahrungen damit gesammelt, Talente in einer heterogenen Gruppe unter submaximalen Ausstattungsbedingungen zu trainieren. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, die Jugendarbeit mit dem Training von Olympiateilnehmern kombinieren können.

Die LTin, mit der ich am meisten zu tun habe, hat glücklicherweise ein Rollenverständnis, in dem sie sich als Unterstützerin der Heimtrainer sieht und regelmäßig nachfragt, was sie in den Lehrgängen oder auch außerhalb anbieten kann, um uns zu helfen.
Aber auch dem Gegenteiligen, wie Kyascaily es beschreibt, begegnet man leider auch auf jeder Ebene: Eine Athletin meiner Trainingsgruppe, die auch gerne mal in höheren Altersklassen auf Platz 1 der DLV Bestenliste zu finden ist, ist eine Feder, mit der sich gerne alle Funktionäre schmücken wollen. Egal ob Vereinsvorstand, Kreis-Sportwart oder Verbandspräsident. Aber Wertschätzung für Trainer resultiert daraus leider nie.

Ich fände es jedenfalls schwer da zu verallgemeinern; natürlich gravitieren gewisse Leute zu Machtpositionen, in denen sie sich wichtig fühlen können, aber es gibt glücklicherwiese auch (genügend?) Gegenbeispiele.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - muffman - 18.12.2024

(18.12.2024, 13:06)dominikk85 schrieb:
(18.12.2024, 11:04)muffman schrieb: Das größte Problem ist nach wie vor, dass die Rolle der Hamstrings im Sprint bzw. der Sprintbewegung von vielen Trainern, auch im deutschen Topbereich, völlig falsch interpretiert wird und diese infolgedessen dann auch völlig falsch trainiert werden. Und da sprechen wir noch überhaupt nicht von Detailarbeit, sondern nur von Winkeln und wie die Hams wann und wie in der Bewegung eingesetzt werden. Man erkennt schon an der Technik, welcher deutschen Sprinter und Sprinterinnen wie traineren und welches falsche Technik- bzw. Bewegungsbild dem zugrunde liegt. Entsprechend knallt es bei den jeweiligen Leuten auch oft genug.

Welche lauftechnischen Faktoren begünstigen hamstring Verletzungen? Meinst du so was wie eine zu starke lordose im unteren Rücken und zu viel Beckenneigung nach vorne so dass man zu viel Dehnung im hamstring hat?

Nein. Es geht eher um eine falsche "Programmierung" des Nervensystems bzw. der Ansteuerung durch falsche/schlechte Übungen.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - Reichtathletik - 18.12.2024

(18.12.2024, 13:24)Kyascaily95 schrieb: Also deine gelebte Erfahrung hätte ich gerne gemacht. Aus meiner Erfahrung heraus als Trainer kann ich sagen, daß Heimtrainern mitnichten Honig um den Mund geschmiert wird. Vielmehr war es bei mir so, daß wenn meine Athleten international erfolgreich waren, immer der Bundestrainer öffentlich als der für den Erfolg verantwortliche Trainer genannt wurde, weil er das Maß seiner Güte besaß, den Athleten in der UWV die Trinkflasche zu halten. Aber wehe dem, es lief mal bei einem Höhepunkt nicht wie gewünscht - da war natürlich der Heimtrainer der Schuldige. In meinem Fall ist es ein paar gute Jährchen her, aber viel anders kann es jetzt nicht sein, denn der besagte BT ist noch immer im Amt. Vielleicht gibt es da auch von Disziplin zu Disziplin Unterschiede, das mag ich nicht zu beurteilen.

Die überspitzte Floskel “Rentner auf dem Dort ohne Ausbildung aber mit Erfahrung” ist nicht nur völlig übertrieben, sondern auch despektierlich. Das Wort “Ausbildung” bedeutet nicht immer ein Hochschulstudium im Bereich Sport- und Trainingswissenschaften, sondern eben auch die Erfüllung des Mindestkriteriums, welches eine Vielzahl an Vereinen verlangen (nämlich einen Trainerschein) und zusätzlich auch noch das Interesse, sich selbst auf dem neuesten Stand zu halten, zu recherchieren (auch international) und sich mit Trainerkollegen auszutauschen über die von dir angeprangerten individuellen Erfahrungen. Warum das jetzt weniger wert sein soll als der Bundestrainer, der zwar regelmäßig an Trainerfortbildungen teilnimmt (weil er muss und es Teil seiner Arbeit ist), aber trotzdem weiterhin die Trainingspläne seinen Athleten vorlegt, die er damals als Aktiver in der DDR so abgearbeitet hat, erschließt sich mir nicht.

Da sind wir gar nicht weit auseinander. Was du beschreibst, würde ich so völlig unterschreiben. Deine im ersten Absatz beschriebenen Erfahrungen kenne auch ich und sind ein Unding! Und mit "Ausbildung" meine ich auch kein Studium, sondern eigentlich genau das, was du beschreibst: "einen Trainerschein und zusätzlich auch noch das Interesse, sich selbst auf dem neuesten Stand zu halten, zu recherchieren (auch international) und sich mit Trainerkollegen auszutauschen". Und genau das fehlt leider sehr häufig dann doch. Wenn du "über die Dörfer fährst" erlebst du nicht selten Absurditäten bis hin zu fast schon Körperverletzungen von Leuten, die mit Kindern ZWL machen, am Tag nach dem Wettkampf Schnelligkeitsausdauer ballern oder 200m in Schnell für Schnelligkeitstraining halten. 
Deshalb habe ich so meine Bauchschmerzen, wenn über den grünen Klee "Heimtrainer" pauschal gelobt werden und "die da oben" im Verband immer die Bösen sind. Wie gesagt: Die Wahrheit ist da oft differenzierter. Es gibt hervorragende Trainer in der Peripherie (mein eigener war ein hervorragender "Rentner ohne Ausbildung" -  aber mit B-Lizenz) und es gibt maximal anmaßende Verbandsvertreter. Es gibt aber auch sehr gute Bundes/Landes-Trainer und einige "Vereinsgrößen" die maximalen Mist produzieren, aber in Lokalpresse und auch von manchen Fans immer wieder als "Meistermacher" hochgeschrieben werden.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - frbcrane2 - 18.12.2024

Wie ist aus meinem kleinen Beitrag zur eventuellen Rückkehr von Cheyenne Kuhn eine Diskussion ohne jeglichen Bezug entstanden? Sollte ein Admin hier nicht trennen?


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - muffman - 18.12.2024

Weil sie eines der Paradebeispiele dafür ist, wie der LA in Deutschland Talente verloren gehen.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - Delta - 18.12.2024

(18.12.2024, 16:36)muffman schrieb: Weil sie eines der Paradebeispiele dafür ist, wie der LA in Deutschland Talente verloren gehen.

Genau. Die anderen Drei des Staffelteams von Tallinn 2021 laufen bei den Topclubs Mannheim und Wetzlar.
Da fehlt für mich auch ein Engagement des DLV - ein solches Talent in einem guten Club unterzubringen.

Dass es nicht immer funktioniert ist normal, aber dann müssen Mechanism greifen die Talente nicht zu verlieren.


RE: Karriereende Cheyenne Kuhn - omega - 28.12.2024

Dieses Beispiel zeigt einen Weg auf, dem starken Drop-out in diesem Alter aus den unterschiedlichen Gründen zu begegnen. Anstatt ganz aufzuhören trainiert man nur noch ca. die Hälfte, nimmt vielleicht an ausgewählten Wettkämpfen teil. Wenn die Situation mit Studium / Verletzungen wieder stabiler wird, besteht oftmals noch die Chance auf eine Rückkehr in den Leistungssport vielleicht ein/ zwei Jahre später.