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Normale Version: Inklusion (Beispiel Rehm)
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der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass eine technische Feder als Prothese ein klarer Vorteil beim Weitsprung(und beidseitig auch beim Laufen) ist. 

M.E. sollte man in der Wertung ganz eindeutig zwischen Athleten mit technischen Hilfsmitteln und Athleten ohne Hilfsmitteln trennen.

Wenn man da einmal die Türe für solche Hilfsmittel öffnet haben wir irgendwann verrückte die sich für einen Olympiasieg den Unterschenkel amputieren lassen !

und schließlich eine Formel 1 der besten Prothesen.

Bei Pistorius war die Grenze schon eindeutig überschritten. Die Ergebnisse des ersten Gutachtens damals waren schon eindeutig.

Wenn wir für jede Prothese erst ein Gutachten abwarten müssen, werden Wettkampfwertungen zu eine Farce.

Das problem ist dass man immer in gefahr ist als asoziel eingestuft zu werden, weil man Behinderte nicht einer Klasse mit gesunden werten will.

ich kenne aber einige behinderte Spitzensportler die eine gemeinsame Wertung für absoluten Schwachsinn halten.

was meint ihr ?
Ein genereller Ausschluss von Behinderten ist auf keinen Fall sinnvoll, es gibt ja auch Behinderte, die benötigen keine oder nur geringe Hilfsmittel und haben dadurch keinen Vorteil. Auch vor Pistorius gab es schon behinderte Olympiateilnehmer, gegen die es glücklicherweise keine Proteste gab (Marla Runyan, Natalie du Toit, Natalia Partyka,...).

Ich denke bei Hilfsmitteln sollte man genau schauen aber nicht grundsätzlich ausschließen. Klar kann ein Rennrollstuhlfahrer nicht gegen einen Läufer antreten. Aber was wäre, wenn Rehm mit dem anderen Bein abspringen würde (kann er wohl aus irgendwelchen Gründen nicht)? Was ist mit einem Sportler, der eine Armprothese oder eine andere Unterstützung für den Tiefstart benötigt? Der eine Bandage benötigt, da er die Bewegung eines Körperteils nicht gut kontrollieren kann? Ist eine Brille auch schon ein Hilfsmittel?

Ich denke schon, dass eine Einzelfallprüfung ein faires Mittel ist.
Die Wettkampfwertung ist noch eine andere Geschichte. Ansonsten fände ich es für die Leichtathletik einen großen Gewinn, wenn bei entsprechender Ausgangsleistung gemeinsame Wettkämpfe absolviert werden. In die Starterfelder bei der DM dürfte es nach meinen Kenntnissen sowieso nur Paralympics-Sieger Markus Rehm schaffen.
Bei Inklusion auf Verbands- und Wettkampfebene ist der Triathlon ein Vorzeigesport. Hier sind behinderte und nichtbehinderte Athleten unter einem Verband vereint. Die Meisterschaften finden zur gleichen Zeit am gleichen Ort statt, aber getrennt nach Leistungsklassen (also nach Behinderung ja/nein, Altersklasse,...). Das wäre ein guter Ansatz. Und insbesondere gemeinsames Training ist doch eindeutig zu befürworten, oder?
ich habe nur über eine getrennte Wertung gesprochen.

Ein gemeinsames Starten auch bei einer DM finde ich absolut in wünschenswert !

Rehm kann ja gerne ausserhalb der Wertung bei der DM zugelassen werden. Solange keine gegenseitigen Störungen(bspl Mittelstrecken) zu befürchnten sind ist das absolut in ordnung. 
(25.06.2014, 21:12) alex72 schrieb: [ -> ]ich habe nur über eine getrennte Wertung gesprochen.

Ein gemeinsames Starten auch bei einer DM finde ich absolut in wünschenswert !

Rehm kann ja gerne ausserhalb der Wertung bei der DM zugelassen werden. Solange keine gegenseitigen Störungen(bspl Mittelstrecken) zu befürchnten sind ist das absolut in ordnung. 
Volle Zustimmung!
Teilnahme ja, aber bitte außerhalb der Wertung.
Wenn es wirklich darum geht, dem Behindertensport seine gebührende Anerkennung zu geben, wird sie dadurch erreicht, das einem breiterem Publikum gezeigt werden kann, das ein "Versehrter" mit einem Hilfsmittel (Prothese) vergleichbare oder sogar bessere Leistungen als nichtgehandicapte Sportler  erreichen kann. Die Akzeptanz wäre da, gerne mit einem Ehrenpreis bei der Siegerehrung.
Bei Sportlern, die mit Prothesen starten, ist ja nicht nur sehr zweifelhaft, ob dies zu keiner Verbesserung der Leistung führt. Hinzu kommt auch, dass diese in den betroffenen Körperregionen sowohl im Training als auch im Wettkampf keine Ermüdung und auch keine Verschleißerscheinungen haben. Beim 400m-Lauf zum Beispiel keine Übersäuerung. Bei Sprüngen keine Probleme mit der Knochenhaut, keine Achillessehnenbeschwerden.

Und ist die Prothese kaputt, wird sie einfach ausgetauscht.

Zudem ist ja auch sehr verwunderlich, dass alle einseitig amputierten Springer mit der Prothese abspringen und nicht mit dem gesunden Bein. Mag sein, dass das dadurch, dass man die Prothese nicht beugen kann, schwieriger ist beim absenken des Körperschwerpunktes. Aber so ist das dann nunmal.
(25.06.2014, 22:36)Piroschka schrieb: [ -> ]... auch keine Verschleißerscheinungen haben... Bei Sprüngen keine Probleme mit der Knochenhaut, keine Achillessehnenbeschwerden.

Und ist die Prothese kaputt, wird sie einfach ausgetauscht.
Das sehe ich nicht ganz so. So ein Stumpf kann auch jede Menge Probleme machen. Das gibt es ständig Entzündungen usw. Schließlich lastet ja das ganze Körpergewicht darauf.
Nicht unterschlagen sollte man, dass es einen signifikanten Unterschied in der Bewegungsmechanik gibt wenn ein Körperteil fehlt / ersetzt wird. Betrachtet man etwa den Steuerungsablauf der Muskelketten beim Laufen, sieht man, dass EIN Muskel allein nicht bewirken kann, es ist IMMER eine wohl koordinierte Abfolge von Bewegungsmustern über den gesamten Bewegungsapparat. Jedes Fehlen, jeder Ersatz eines Körperteils bedeutet zu allererst einmal eine erhebliche Störung - ein fehlender Arm ist beim Laufen etwa eine sehr deutliche Behinderung!

Die Klassifizierungen der verschiedenen Behinderungsklassen sind ein sehr kompliziertes Gebilde und auch die Betroffen selbst bestätigen: eine perfekte Gerechtigkeit / Chancengleichheit wird es nicht geben, aber die gibt es bei Unversehrten auch nicht, nennt sich eben nur individuelle Voraussetzungen Wink

Genau dies aber macht für mich das Hauptproblem sichtbar: Man kann etwas nicht vergleichen, was nicht vergleichbar ist. Die ersten "Ersatzteile" waren unförmig, starr, schwer und erlaubten keine annähernd natürlich Bewegung, moderne Carbonbeine werden auf den Körper maßgeschneidert, sind leicht, können Kräfte aufnehmen / kurzspeichern und wieder abgeben - ähnlich dem natürlichen Bein.

Einige Aspekte verschieben aber die Gewichte und zwar wörtlich, die Carbon"verlängerungen" sind sehr leicht (leichter als ein echter Unterschenkel), sie können über die genetisch bedingte Beinlänge hinaus verlängert werden (was sogar Pistorius merken musste…), sie können durch einen intelligenten Materialaufbau und Formgebung eine echte Federwirkung erzielen (weswegen man damit nicht richtig stillstehen kann!). Bedenkt man jetzt noch, dass beim Mittelstreckenlauf, ein aufgrund der geringeren Masse leichterer Carbon-Unterschenkel, mit viel geringerem Kraftaufwand nach vorn zu schleudern ist, ergeben sich klare Vorteile.

Ob die Vorteile die Nachteile durch die nicht mehr vorhandene Muskulatur überwiegen? Zur Zeit haben wir denke ich in etwa ein Patt: klare Nachteile beim Kurvenlauf (es fehlen eben dominante Elemente der Steuerung), Vorteile auf der Geraden, vor allem gegen Ende der 400m, weil eben auch "viel weniger Bein" ermüdet, übersäuert. Die Entwicklung wird sich aber weiter zugunsten der Orthesen verschieben. Ich habe einen Mann kennengelernt, der seine "Computerhand" so geschickt bewegt, dass man eine unwillkürliche Bewunderung hegen muss und ich gönne es jedem der dieses Glück haben kann. Bleibt aber das Eingangsproblem der Vergleichbarkeit… Niemand würde einen Läufer gegen einen Rollifahrer über längere Strecken antreten lassen. Ich habe mal (ich mit Inlinern …) mit einem Handbiker trainiert und obwohl ich 25km/h zwei Stunden lang durchhalte, "sah ich keine Sonne", was ihn dann stolz-mitleidig lächeln ließ (den Saukerl! Wink Er kam nur leicht ins Schwitzen und ich zum Schluss keine Luft mehr…).

Fazit: Die Evolution ist zu langsam um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten, Mensch gegen Prothese ist, war und wird keinen gerechten Vergleich ergeben. Zusammen antreten ja, zusammen werten eher nicht.
(26.06.2014, 07:55)lor-olli schrieb: [ -> ] Zusammen antreten ja, zusammen werten eher nicht.

Hi,

der Satz drückt es ganz gut, was auch ich hierzu empfinde. 

Ich denke es ist aufgrund des breiten Spektrums von Einschränkungen und Schadensklassen und auch mit der individuellen Gestaltung z.B. der athletenspezifischen Prothesen schlicht unmöglich, hier alle durch Gutachten auf eine allen gerecht werdende Basis zu bringen.

Aber Behinderte, die im einzelnen Wettbewerb die nötigen Qualis erreichen können, sollten über Sonderstartrechte prinzipiell zugelassen werden. Das schafft eine tolle Plattform für den Sport. Eine gemeinsame Wertung sehe ich problematisch, aber auch ohne diese finde ich den Vergleich im Wettkampf extrem spannend und bereichernd!

Cheers, Mateng
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