02.02.2022, 17:29
Schon 1968 hatte ich ernsthaft in Erwägung gezogen, die Olympiareise nach Mexiko abzusagen. Damals waren die Misshandlung der Farbigen in den USA und der Vietnam-Krieg Grund genug dafür. Hinzu kam auch noch die gewaltsam unterdrückten Studentenproteste im Lande, die mir gerechtfertigt erschienen. Ich hab mich dann doch für die Teilnahme entschieden, weil ich einsah, dass ich gar nicht berühmt genug und aussichtsreich auf eine Medaille war, um mit dem Boykott angemessenes Aufsehen zu erregen. Außerdem wollte ich doch auch erfahren wie es ist, bei einem solchen WeltEvent mitzumachen. Und ich habe es nicht bereut, denn später nur sagen zu können, “ich wäre dabeigewesen, wenn ich nicht verzichtet hätte.”– das wäre mir auch nicht genug gewesen. Wenigstens dabeisein – das wollte ich mir erlauben. Um dann demonstrativ Schluss zu machen mit dem Leistungssport.
Auch das hab ich leider nicht geschafft, denn “ich war jung und brauchte das Geld.” Also blieb ich dem Olympischen Sport treu, auch weil ja nun vier Jahre später die Spiele in München, also vor der eigenen Haustür, stattfinden sollten. Und ausgerechnet da wollte ich durch Abwesenheit glänzen?! Ich tat nun aber genau dieses, denn die Olympische Bewegung selbst, in Form der Deutschen Sportfunktionäre, grub mir letztlich das Wasser ab, indem sie mir die Förderung kürzten und hinterrücks gegen mich agitierten, damit auch ja kein eindeutig „Linker Student“ bei Olympia für Deutschland starte oder gar eine Medaille gewinne. Diesen Intrigen verdanke ich aber letztlich auch, dass mir das Attentat erspart geblieben ist, und damit ein weiteres Debakel im Vorkampf, denn in einer derart katastrophalen Stimmung hätten meine Nerven und Gefühle eh keine ausreichende Leistung erlaubt.
Heute bin ich immer noch stolz, wenigstens in Mexiko dabeigewesen zu sein, Und es war ja auch bis auf den eigentlichen Wettkampf und die fehlende Betreuung eine tolle, abenteuerliche Zeit. Auch fühlte ich mich wohl im Kreise alter Kollegen bei den zweijährlichen Treffen der Gemeinschaft Deutscher Olympiateilnehmer. Aber mit den Tetrakaden die ins Land zogen, wurde mein Entsetzen über die Entwicklung der Olympischen Bewegung immer größer, beißender, beschämender. Und das führte dazu, dass ich irgendwann aus der erwähnten Gemeinschaft ausgetreten bin. Still und leise – nicht unter Protest. Hätte ja auch wieder niemanden aufgerüttelt oder gar aufgewühlt. Im Gegenteil: Die Entwicklung ging immer weiter, wurde immer schlimmer und erreicht in diesen Wochen einen neuen Höhepunkt der Unerträglichkeit.
Herrgott, wie leicht wäre es heute für mich gewesen, Olympia zu boykottieren. Leichter jedenfalls als ein so berühmter Olympionike zu werden wie Felix Neureuther. Das hatte ich natürlich für 1972 vor, und dann hätte ich diesen Ruhm genauso genutzt wie jetzt unser Ski-Ass mit seiner kritischen TV-Sendung zu den aktuellen Winterspielen. Ja, ich führte solches und ähnliches schon im Schilde, als ich mich 1971 beim ZDF zum Volontär bewarb. Nun sehe ich wie es auch gegangen wäre, nämlich mit einem Radaktionsteam im Rücken anstatt unter meiner Leitung. Nur: Damals hätte es ein solches Team gar nicht gegeben, weil die politische Freiheit von heute damals noch nicht in den öffentlich-rechtlichen Anstalten angekommen war. Weshalb mir die Einstellung zum Volontär ja auch verwehrt blieb. Außerdem waren die politischen Verhältnisse in Deutschland ja damals lange nicht so schlimm wie die im China von heute.
Jedenfalls hatte ich mir meinen 2. Olympiaauftritt so vorgestellt, dass ich auf dem fest eingeplanten Siegertreppchen irgendeine eindeutige Geste gemacht hätte, um meine Sorge und Ablehnung zu demonstrieren, um mich dann später von der Presse dazu befragen zu lassen. Dass das alles allerdings nur dümmliche Hirngespinnste waren, hätte ich Ende 1971 als Gast im Aktuellen Sportstudio schon merken müssen, als ich als Mitglied der 30köpfigen Jury zur Wahl der Olympiafanfare von Hary Valerien befragt wurde, was mir zu den drei Vorschlägen zur Wahl denn einfiele erwiderte, die Zusammensetzung der Jury sei nicht repräsentativ für das Volk oder die Nation, weil keine Arbeiter und Bauern vertreten waren. Und dabei war ich dermaßen aufgeregt, dass ich daraus hätte schließen müssen, dass mich das Vorhaben einer ähnlichen Protestaktion am olympischen Wettkampftag völlig die Konzentration gekostet hätte.
Diese Aufregung kam daher dass ich schon wusste, wieviele Menschen in Deutschland, inklusive meiner Eltern, so eine Äußerung voller Empörung ablehnen würden. Schließlich waren die zwei farbigen 200m-Medaillisten in Mexiko umgehend aus der US-Mannschaft ausgeschlossen und zur sofortigen Abreise gezwungen worden. Das Aufbegehren gegen die staatliche oder olympische Obrigkeit galt ja schon damals wie heute als sportliche Todsünde. Und wer sich wie ich erst einmal als Linker geoutet hatte, der wurde weit übers Land geächtet und mit Aufforderungen wie „Geh doch nach drieben!“ gepiesackt.
Obwohl ich also wusste, dass der Faschismus und Nationalkapitalismus noch lange nicht ausgerottet waren – weder durch den verlorenen Krieg noch durch die Nürnberger Prozesse – sondern dass es überall noch die Schurken von damals wieder in die leitenden Ämter der Staatsverwaltung und der Industrievorstände geschafft hatten, sah ich mich nicht nur im Recht und verpflichtet sondern guten Mutes im Hinblick auf die politische Zukunft. Ich kannte halt nur die Träume und Theorien. Die historische und aktuelle Praxis und Realität sah ich nicht – wollte sie nicht sehen. Wollte träumen und hoffen und dabeisein, wenn es mit der Weltrevolution endlich ernstwerden würde. Dabei hätten mir schon Zweifel daran kommen müssen, dass meine Eltern aufrechte Demokraten und überzeugte Humanisten waren, denn sie wurden mir gegenüber immer reservierter, fuhren langsam aber sicher ihre Unterstützung auf ein Minimum zurück, fanden meine olympischen Ambitionen gar nicht mehr so edel wie früher noch und vermieden es trotzdem, mit mir über all dies das Gespräch zu suchen. Und ich suchte es auch nicht – vielleicht weil ich die simple Realität nicht sehen und noch hören wollte und die Enttäuschung nicht verkraftet hätte, aus all meinen Träumen gerissen zu werden.
Heute im umfassenden, abgeklärten Rückblick erkenne ich, dass ich seit meiner Einschulung schleichend aber zunehmend verstockter wurde. Mit meiner schulischen Rettung durch den Umzug in ein Internat in Italien entstand bei mir aber ein geistiger Schaden. Ich war gerade mal 12. Und anstatt mich geistig weiterzuentwickeln, erlernte ich nun, alles was ich damals wusste und konnte, in einer neuen Sprache auszudrücken, und blieb damit auf der zuvor erreichten mentalen Kompetenzstufe kleben. Dasselbe ereignete sich nach vier Jahren auf italienischen Schulen dann noch einmal, als ich mit 16 auf eine französische Schule geschickt wurde. Nun konnte ich all meine Dummheit, die ich für Bildung und Klugheit hielt, in einer weiteren, der dritten und vierten Sprache ausdrücken – Englisch konnte ich schon immer ganz gut, und es wurde in Paris von allen internationalen Schülern in der Freizeit gesprochen.
Am Ende machte ich mit Bravour das französische Baccalauréat und das deutsche Abitur, war aber sozial total inkompetent, weil ich mich nicht spontan auszudrücken wusste, meine Meinungen nicht vortragen, meine Überzeugungen nicht verfechten und mein Rechte nicht durchsetzen konnte. Keine Wunder, dass all meine Energie in die Beine floss, um dort in Form von überdimensionalen Sprüngen zu explodieren. Und mit diesem genialen Rüstzeug sollte ich nun an der FU (Freie Universität) Berlin Jura und Philosophie studieren. Und später in Mainz Publizistik und Politikwissenschaft. Zum Lachen, wenn es nicht so ernst und traurig gewesen wäre.
Als die Explosionen in den Beinen nachließen sah ich ein, dass ich eine gründliche Psychotherapie brauchte. Aber mich vor anderen, vor allem meinen Eltern, dazu zu bekennen – dazu war ich nicht im Stande. Ich hangelte mich also von Vorlesung zu Seminar, von Einzel- zu Gruppensitzungen, natürlich in den als am fortschrittlichsten geltenden Therapie-Techniken nach Wilhelm REICH. Alexander Lowen, Ida Wolf, Moshe Feldenkrais, Will Schutz, Eric Berne, Baghwan Shree Rashneesh et alt. (Körperzentrierte Charakteranalyse). Und als ich von alledem genug verstanden zu haben glaubte, zog ich in ein einsames Haus auf Lanzarote, um ein Buch darüber zu schreiben, das die Welt verändern sollte – natürlich zum Guten und Besten.
Das ist nun auch wieder schon fast 40 Jahre her und entsprechend überholt. Ich glaube nicht mehr daran, dass der Mensch in der Zivilisation zum armen Opfer fehlgeleiteter Erziehungsversuche wird, sondern dass er seinen Charakter über die Gene mitbringt und niemals ablegen oder verändern kann. Und wenn es ihm gelingt, sein Verhalten zu ändern, dann ist der Erfolg aufgesetzt, aufgezwungen, also ein Falsches Spiel, welches ihn erst recht krank macht. Es sei denn, er hat dabei nur altes Verhalten abgelegt, das bereits falsch und aufgesetzt war. Unser Wesen ist nicht „halb erworben und halb angeboren“. Es ist ganz und gar angeboren. Und es wird durch Veränderungsversuche nicht besser – es geht ihm dadurch nur schlechter. Wer zum Mörder oder Krieger geboren ist und das ändern will, wird durch Selbstverleugnung und Selbstunterdrückung zum Mörder an sich selbst. Und wer den Hass liebt, der gehe ins Internet und versprühe ihn dort. Das ist für alle immer noch das kleinste Übel.
Worum geht ’s hier eigentlich? Ach ja: Um Olympia! Und ich bin froh, dass es diesmal in China stattfindet, also zu Tageszeiten, wo es hier noch Schlafenszeit ist. Und damit werde ich es halten.
Seid gegrüßt, Konsorten und Konsortinnen! Und lasst Olympia den Bach runtergehen...
Auch das hab ich leider nicht geschafft, denn “ich war jung und brauchte das Geld.” Also blieb ich dem Olympischen Sport treu, auch weil ja nun vier Jahre später die Spiele in München, also vor der eigenen Haustür, stattfinden sollten. Und ausgerechnet da wollte ich durch Abwesenheit glänzen?! Ich tat nun aber genau dieses, denn die Olympische Bewegung selbst, in Form der Deutschen Sportfunktionäre, grub mir letztlich das Wasser ab, indem sie mir die Förderung kürzten und hinterrücks gegen mich agitierten, damit auch ja kein eindeutig „Linker Student“ bei Olympia für Deutschland starte oder gar eine Medaille gewinne. Diesen Intrigen verdanke ich aber letztlich auch, dass mir das Attentat erspart geblieben ist, und damit ein weiteres Debakel im Vorkampf, denn in einer derart katastrophalen Stimmung hätten meine Nerven und Gefühle eh keine ausreichende Leistung erlaubt.
Heute bin ich immer noch stolz, wenigstens in Mexiko dabeigewesen zu sein, Und es war ja auch bis auf den eigentlichen Wettkampf und die fehlende Betreuung eine tolle, abenteuerliche Zeit. Auch fühlte ich mich wohl im Kreise alter Kollegen bei den zweijährlichen Treffen der Gemeinschaft Deutscher Olympiateilnehmer. Aber mit den Tetrakaden die ins Land zogen, wurde mein Entsetzen über die Entwicklung der Olympischen Bewegung immer größer, beißender, beschämender. Und das führte dazu, dass ich irgendwann aus der erwähnten Gemeinschaft ausgetreten bin. Still und leise – nicht unter Protest. Hätte ja auch wieder niemanden aufgerüttelt oder gar aufgewühlt. Im Gegenteil: Die Entwicklung ging immer weiter, wurde immer schlimmer und erreicht in diesen Wochen einen neuen Höhepunkt der Unerträglichkeit.
Herrgott, wie leicht wäre es heute für mich gewesen, Olympia zu boykottieren. Leichter jedenfalls als ein so berühmter Olympionike zu werden wie Felix Neureuther. Das hatte ich natürlich für 1972 vor, und dann hätte ich diesen Ruhm genauso genutzt wie jetzt unser Ski-Ass mit seiner kritischen TV-Sendung zu den aktuellen Winterspielen. Ja, ich führte solches und ähnliches schon im Schilde, als ich mich 1971 beim ZDF zum Volontär bewarb. Nun sehe ich wie es auch gegangen wäre, nämlich mit einem Radaktionsteam im Rücken anstatt unter meiner Leitung. Nur: Damals hätte es ein solches Team gar nicht gegeben, weil die politische Freiheit von heute damals noch nicht in den öffentlich-rechtlichen Anstalten angekommen war. Weshalb mir die Einstellung zum Volontär ja auch verwehrt blieb. Außerdem waren die politischen Verhältnisse in Deutschland ja damals lange nicht so schlimm wie die im China von heute.
Jedenfalls hatte ich mir meinen 2. Olympiaauftritt so vorgestellt, dass ich auf dem fest eingeplanten Siegertreppchen irgendeine eindeutige Geste gemacht hätte, um meine Sorge und Ablehnung zu demonstrieren, um mich dann später von der Presse dazu befragen zu lassen. Dass das alles allerdings nur dümmliche Hirngespinnste waren, hätte ich Ende 1971 als Gast im Aktuellen Sportstudio schon merken müssen, als ich als Mitglied der 30köpfigen Jury zur Wahl der Olympiafanfare von Hary Valerien befragt wurde, was mir zu den drei Vorschlägen zur Wahl denn einfiele erwiderte, die Zusammensetzung der Jury sei nicht repräsentativ für das Volk oder die Nation, weil keine Arbeiter und Bauern vertreten waren. Und dabei war ich dermaßen aufgeregt, dass ich daraus hätte schließen müssen, dass mich das Vorhaben einer ähnlichen Protestaktion am olympischen Wettkampftag völlig die Konzentration gekostet hätte.
Diese Aufregung kam daher dass ich schon wusste, wieviele Menschen in Deutschland, inklusive meiner Eltern, so eine Äußerung voller Empörung ablehnen würden. Schließlich waren die zwei farbigen 200m-Medaillisten in Mexiko umgehend aus der US-Mannschaft ausgeschlossen und zur sofortigen Abreise gezwungen worden. Das Aufbegehren gegen die staatliche oder olympische Obrigkeit galt ja schon damals wie heute als sportliche Todsünde. Und wer sich wie ich erst einmal als Linker geoutet hatte, der wurde weit übers Land geächtet und mit Aufforderungen wie „Geh doch nach drieben!“ gepiesackt.
Obwohl ich also wusste, dass der Faschismus und Nationalkapitalismus noch lange nicht ausgerottet waren – weder durch den verlorenen Krieg noch durch die Nürnberger Prozesse – sondern dass es überall noch die Schurken von damals wieder in die leitenden Ämter der Staatsverwaltung und der Industrievorstände geschafft hatten, sah ich mich nicht nur im Recht und verpflichtet sondern guten Mutes im Hinblick auf die politische Zukunft. Ich kannte halt nur die Träume und Theorien. Die historische und aktuelle Praxis und Realität sah ich nicht – wollte sie nicht sehen. Wollte träumen und hoffen und dabeisein, wenn es mit der Weltrevolution endlich ernstwerden würde. Dabei hätten mir schon Zweifel daran kommen müssen, dass meine Eltern aufrechte Demokraten und überzeugte Humanisten waren, denn sie wurden mir gegenüber immer reservierter, fuhren langsam aber sicher ihre Unterstützung auf ein Minimum zurück, fanden meine olympischen Ambitionen gar nicht mehr so edel wie früher noch und vermieden es trotzdem, mit mir über all dies das Gespräch zu suchen. Und ich suchte es auch nicht – vielleicht weil ich die simple Realität nicht sehen und noch hören wollte und die Enttäuschung nicht verkraftet hätte, aus all meinen Träumen gerissen zu werden.
Heute im umfassenden, abgeklärten Rückblick erkenne ich, dass ich seit meiner Einschulung schleichend aber zunehmend verstockter wurde. Mit meiner schulischen Rettung durch den Umzug in ein Internat in Italien entstand bei mir aber ein geistiger Schaden. Ich war gerade mal 12. Und anstatt mich geistig weiterzuentwickeln, erlernte ich nun, alles was ich damals wusste und konnte, in einer neuen Sprache auszudrücken, und blieb damit auf der zuvor erreichten mentalen Kompetenzstufe kleben. Dasselbe ereignete sich nach vier Jahren auf italienischen Schulen dann noch einmal, als ich mit 16 auf eine französische Schule geschickt wurde. Nun konnte ich all meine Dummheit, die ich für Bildung und Klugheit hielt, in einer weiteren, der dritten und vierten Sprache ausdrücken – Englisch konnte ich schon immer ganz gut, und es wurde in Paris von allen internationalen Schülern in der Freizeit gesprochen.
Am Ende machte ich mit Bravour das französische Baccalauréat und das deutsche Abitur, war aber sozial total inkompetent, weil ich mich nicht spontan auszudrücken wusste, meine Meinungen nicht vortragen, meine Überzeugungen nicht verfechten und mein Rechte nicht durchsetzen konnte. Keine Wunder, dass all meine Energie in die Beine floss, um dort in Form von überdimensionalen Sprüngen zu explodieren. Und mit diesem genialen Rüstzeug sollte ich nun an der FU (Freie Universität) Berlin Jura und Philosophie studieren. Und später in Mainz Publizistik und Politikwissenschaft. Zum Lachen, wenn es nicht so ernst und traurig gewesen wäre.
Als die Explosionen in den Beinen nachließen sah ich ein, dass ich eine gründliche Psychotherapie brauchte. Aber mich vor anderen, vor allem meinen Eltern, dazu zu bekennen – dazu war ich nicht im Stande. Ich hangelte mich also von Vorlesung zu Seminar, von Einzel- zu Gruppensitzungen, natürlich in den als am fortschrittlichsten geltenden Therapie-Techniken nach Wilhelm REICH. Alexander Lowen, Ida Wolf, Moshe Feldenkrais, Will Schutz, Eric Berne, Baghwan Shree Rashneesh et alt. (Körperzentrierte Charakteranalyse). Und als ich von alledem genug verstanden zu haben glaubte, zog ich in ein einsames Haus auf Lanzarote, um ein Buch darüber zu schreiben, das die Welt verändern sollte – natürlich zum Guten und Besten.
Das ist nun auch wieder schon fast 40 Jahre her und entsprechend überholt. Ich glaube nicht mehr daran, dass der Mensch in der Zivilisation zum armen Opfer fehlgeleiteter Erziehungsversuche wird, sondern dass er seinen Charakter über die Gene mitbringt und niemals ablegen oder verändern kann. Und wenn es ihm gelingt, sein Verhalten zu ändern, dann ist der Erfolg aufgesetzt, aufgezwungen, also ein Falsches Spiel, welches ihn erst recht krank macht. Es sei denn, er hat dabei nur altes Verhalten abgelegt, das bereits falsch und aufgesetzt war. Unser Wesen ist nicht „halb erworben und halb angeboren“. Es ist ganz und gar angeboren. Und es wird durch Veränderungsversuche nicht besser – es geht ihm dadurch nur schlechter. Wer zum Mörder oder Krieger geboren ist und das ändern will, wird durch Selbstverleugnung und Selbstunterdrückung zum Mörder an sich selbst. Und wer den Hass liebt, der gehe ins Internet und versprühe ihn dort. Das ist für alle immer noch das kleinste Übel.
Worum geht ’s hier eigentlich? Ach ja: Um Olympia! Und ich bin froh, dass es diesmal in China stattfindet, also zu Tageszeiten, wo es hier noch Schlafenszeit ist. Und damit werde ich es halten.
Seid gegrüßt, Konsorten und Konsortinnen! Und lasst Olympia den Bach runtergehen...
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)