Sotomenor schrieb:Wenn ich mit 30° auf die Matte zulaufe, brauche ich zudem eine Körperdrehung von ca. 120°,
damit ich später waagrecht über der Latte liegen kann. Das ist aber wieder was ganz anderes
und was einleuchtend Reales.
Aus der Senkrechten im Absprung bis zur Waagerechten über der Latte kippt die Körperlängs-
achse um 90°. Da es sich aber bei richtiger Ausführung um eine freie Massenrotation handelt,
geht diese weiter und sorgt dafür, dass je nach Höhe sogar wieder die Senkrechte erreicht wird.
Sotomenor schrieb:Viel überlegen/ändern/beeinflussen kann ich beim Hochsprung eigentlich kaum
noch was, vor allem nicht im Wettkampfstress. Das meiste muß sitzen. Was man machen könnte
wäre einen Anlauf mit Hilfsmitteln markieren, der auf 1 oder 2 cm stimmt. Ich verstehe nicht,
wie Weltklassespringer ihre Marken mit der Fuß-vor Fuß-Methode ausmessen. Glauben die,
daß sie damit ihren persönlichen Anfangspunkt mit einem Winkel von z. B. 78° zur
Ständerlinie exakt treffen? Ist denen eine Streuung von einem viertel oder halben Meter egal?
Man kann gar nicht so genau laufen wie man messen kann. Der Erfolg hängt von der
Feinsteuerung im Rahmen der unvermeidbaren Streuungen ab
Ein Könner hat nicht 1000 oder 10.000 Sprünge im Nervensystem verankert, sondern 100.000.
Und auch dann noch kommt es nicht so sehr auf die Präzision an wie auf die technische Richtigkeit.
Beim Üben wie im WK denkt der Springer an das was er für wichtig und richtig hält, nicht daran,
dass er seine Marken genau trifft. Die Feinkorrekturen während eines Sprungs erfolgen
gemäß seiner optischen Orientierung an den Ständern und vor allem an der Latte.
Und die Korrekturen von Sprung zu Sprung erfolgen teils gemäß Plan (z.B.: „bei jedem Zentimeter
höher auch einen weiter weg“) oder nach Einschätzung der zurückliegenden Sprünge. .
Sotomenor schrieb:Ein exakter und optimierter Anlauf könnte aber wenigstens den Hochspringer in die
bestmögliche Ausgangssituation bringen. Dazu müßte er aber exakt ausgemessen sein
und so wiederholbar im Wettkampf. Und der Hochspringer müßte wissen, daß es der optimale
Anlauf für ihn ist. Wer sagt ihm das?
Gute Frage. Ich habe einen WK von Raúl Spank vor 2 Jahren gesehen und mit einem
aus dem Jahre 2008 verglichen. Insgesamt war er technisch schlechter geworden und
das Schlimmste war, dass der Ort seines Absprungs sich um einen Meter zur Lattenmitte hin
verschoben hatte, so dass er fast mit dem fernen Ständer kollidierte und an der
seitlichen Mattenkante landete. Ist sein Trainer nicht einmal in der Lage, dafür zu sorgen,
dass er die Latte in der Mitte überquert und entsprechend an der richtigen Stelle abspringt?!
Offenbar zu viel verlangt, sogar vom Athleten. Aber das ging mir meinerzeit auch so.
Sotomenor schrieb:Eine einfache Diskussion wie sich jetzt hier verschiedene Kreisradien (im Anschluß
an den geraden Anlaufbeginn) auswirken auf das Sprunggeschehen, natürlich auch
die anderen Parameter wie Anlaufgeschwindigkeit und die Anzahl der Schritte, habe ich
nirgendwo gefunden.
Ist auch umfassend viel zu kompliziert abzuhandeln. Es ist aber eigentlich ganz einfach:
Im letzten Schritt muss noch Kurvenlage herrschen. Wenn das nicht gegeben ist, muss
der Radius verkürzt werden. Um dieser Notwendigkeit vorzubeugen, muss man schon
am Anfang dafür sorgen, dass die Ablaufmarke nicht zu weit außen liegt. also direkt auf
Ständerlinie. Bei steigenden Werten kann man dann ja den Radius vergrößern. Das ergibt sich
beim Fortgeschrittenen von alleine.
Bei den Anfängern ist die Krux, dass sie gar keine Gelegenheit bekommen, überhaupt erst
einmal das Durchlaufen einer Kurve zu erlernen. Sie sollen einen guten Anlauf hinlegen und
sind noch nie im Leben eine richtige Kurve gelaufen, kennen das Gefühl nicht, sind nicht damit
vertraut, empfinden es als lästig und unangenehm.
Also machen sie alles falsch. Weichen nach außen aus, laufen eine Kurve, aber an der falschen Stelle
und so liegen die letzten Schritte auf einer Geraden.
Sotomenor schrieb:Eigentlich müßte es hiermit losgehen, denn mit dem einfach so mal Losspringen werden
sich möglicherweise im Laufe der Jahre unentdeckte Fehler eingeschlichen haben, die
andere Fehler wie ein ungünstiges Anlaufverhalten erzwungen haben usw. Am Ende weiß ich
gar nicht mehr wo mein zentraler Fehler liegt.
Nein. Losgehen muss es mit dem Erlernen der richtigen Landung. Oder wird einem
Flugschüler erlaubt, alleine loszufliegen, ohne die Landung zu beherrschen?!
Nach der Landung kommt der beidbeinig Absprung zum Erlernen der richtigen Rotation.
Und unabhängig davon das Erlernen des richtigen Anlaufens, des richtigen Anlaufweges und
der Kombination mit einem Absprung zur Schere unter Beibehaltung der Kurvenneigung
bis zum Weiterlaufen nach der Landung.
Sotomenor schrieb:Bei niedrigeren Höhen (Ü30, Hochspringerinnen Mittelfeld) wird es noch kritischer.
Der Schwungbeineinsatz muß noch energischer kommen, weil besagte 120° Drehung
zur Waagrechten über der Latte sehr schnell erfolgen muß. Mal irgendwo ein Fingerzeig
außerhalb der Fachliteratur, z. B. daß bei niedrigeren Höhen der Anlaufwinkel zu vermindern
oder zu vergrößern sei? Fehlanzeige.
Es sucht der Fachmann voll Entzücken
und findet leider nichts als Lücken.
Der Schwungbeineinsatz darf in keinem Fall für die Erzeugung der Flugrotation verwendet werden,
denn er erfolgt durchweg in Richtungen, die mit der richtigen Rotationsrichtung nichts
zu tun haben.
Weder soll der Springer beim Absprung um seine Längsachse drehen, noch um seine
Breitenachse, also rückwärts. Die Tatsache dass man das allerorten zu sehen bekommt,
heißt nicht dass es richtig ist. Die Guten und erst recht Besten machen es anders!
Sotomenor schrieb:Die rasche Drehung mag übrigens tatsächlich ein Manko der Floptechnik sein bei
niedrigen Höhen. Ein Thema natürlich bei Ü30.
Richtig! Und noch schwerer als die richtige Rotation zu treffen, ja geradezu
unmöglich ist es, bei der kurzen Flugzeit über der Latte eine Brücke zu machen.
Diese Absicht macht mit Sicherheit das Erlernen aller anderen technischen Elemente unmöglich.
Sotomenor schrieb:Bei sehr starken, jungen Springern dominiert die Sprungkraft wohl andere Einflußgrößen
so stark, daß es fast schwierig wird, z. B. 2 % Minderleistung auf einen (permanent) ungünstigen
Anlauf festzumachen. Dann heißt es eben, die 2,25 m sind sein Limit weil niemand ahnt,
daß noch 2 % mehr Höhe möglich wären.
Dies trifft auf alle technischen Elemente, ja sogar Feinheiten zu.
Sotomenor schrieb:Bei Höhen unter 1,70 allerdings wird die Technik immer wichtiger, d.h. Fehler bzw.
suboptimales Verhalten beeinflussen prozentual das Sprunghöhenergebnis viel stärker.
Insofern könnten dann hier manchmal die Jungen von den Alten lernen, mit den vorhandenen
Ressourcen geizig und optimal umzugehen.
Leider ist Können und Wissen zweierlei. Und ohne Wissen kein Vermitteln.
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)