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neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 05.01.2017

Die Autoren W.Killing/ J.Böttcher / J.G.Keil haben mit Band 04/2016, Straußverleg , neue
" Sportwissenschaftliche Aspekte des Hochsprungs "
vorgelegt.
Die Verbindung Theorie / Praxis soll vor allem durch die Auswertung von aus 3-D-Analysen gewonnenen Sprungparametern nach einem Computerprogramm von J.Böttcher, OSP Berlin, und ihrem Vergleich mit " Leitparametern" von Killing hergestellt werden.

So gesehen ist das Buch auch eine Anleitung aller deutschen Hochsprungkader.

Das der deutsche Hochsprung neue Impulse braucht,um wieder an die Weltspitze zu gelangen, ist unbestritten.
Während in den Nachwuchsjahrgängen noch internationale Erfolge erreicht werden,gelingt dies bei den Senioren kaum noch.

Deutschland hatte speziell in den 1980-Jahren bei den Männern mit Thränhardt ( 2,42m ) , Mögenburg ( 2,39m ) , Sonn ( 2,39 m ) , Wessig+Nagel(2,36m) , u.a. , absolute Weltklassespringer , später gab es noch M.Buß, teils E.Onnen. Bei den Frauen waren Ackermann/Holzapfel/Meyfarth/Henkel/Astafei u.a. immer ganz vorn dabei.

Aber in der Spitze und Breite wurde/wird es immerr dünner.

Die Durchschnittsleistungen der besten 10 bei den Männern pendeln von 2005 - 2016 zwischen 2,19 - 2,22 m  und bei den Frauen zwischen 1,86m-1,90m.

Kann daran das Gesamtkonzept Killing / Böttcher etwas ändern ?

Fortsetzung folgt...


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 06.01.2017

2.Teil :
Killing/Böttcher haben aus vielen messtechnisch erfassten Sprüngen Korrelationen zwischen leistungsbestimmenden Parametern hergestellt und Leitparameter zur Erreichung bestimmter Sprunhöhen aufgestellt.
Auf diese greifen dann die konkreten 3-D-Analysen von Sprüngen zurück und geben dann sofort in Worten praktische Tipps zur Optimierung eines Sprunges.
Um die Qualität dieser Analysen beurteilen zu können, ist es nötig sich zunächst mit ihren Bezugspunkten zu beschäftigen - und das sind die Aussagen W.Killings in diesem Buch. 

zum Wert der Datenanalysen vertrete ich folgende Meinung :
Aus tausenden Einzelwerten sind mittels statistischer Methoden quasi Mittelwerte von leistungsbestimmenden Faktoren gebildet worden.
Was gehen aber für Werte in die Analyse ein ?
Es sind nicht nur Weltklassesprünge, es sind auch schwächere Sprünge oder Athleten mit schlechter Technik,deren Werte mit einfliessen.
Aus einzelnen fehlerhaften Daten werden durch Mittelbildung aber keine Musterdaten, die dem technischgen Ideal entsprechen.
Es sind bestenfalls mittlere Fehlerdaten.
Ausserdem sind die gemessenen 3-D-Daten selbst mit großem Fehlerpotential in der Erfassung behaftet. Das schreibt Killing in seinem Hochsprungbuch,Ausgabe 2004 in Punkt 5..3 selbst. 
Danach sind Körperschwerpunktsbestimmungen mit +/-  3% anzunehmen , Beschleunugungsmessungen haben +/- 12 % Fehlerquote ,
die Messung der horzt.Geschwindigkeit hat ist zu 0,2 m/s  falsch.
Die Bestimmung der max. Körperschwerpunktshöhe desselben Sprunges lag zwischen 2,49 m ( Ritzdorf ) und 2,36 m ( Dapena ).
In den Daten von Sprüngen Barshims , Seite 197 des Buches Killing, 2016 wird unkommentiert übernommen, dass Barshim mit unrealistischen 24 grad Rücklagewinkel gesprungen ist. Ist dieser Wert wirklich gemessen worden,ist das ein messfehler von etwa 20 % ,denn durchschnittlich sind 31 grad Rücklage.

Ein weiterer Zweifel an den Messdaten :

Für die richtige Stegehöhe von 1,26 m ( KSP,max. - KSP,Abflug = 2,49 - 1,23 m ) nach üblicher berechnungsart müssen nach Berechnungsformel schräger Wurf genau 6,77 m/s Abfluggeschwindigkeit vom Springer erreicht werden, und genau dieser Wert ist bis auf 1/100 sec. gemessen worden ? ( 4,97 vert.V /sin 47,2 grad = 6,77m/s )
Eine Messung ist eher unwahrscheinlich, es sieht doch mehr nach nachträglicher Berechnung aus.

Wie sollen aus so unsicheren Messdaten reale " Leitparameter " für leistungsbestimmende Faktoren einer Sprungleistung gewonnen werden ?

Aber vielleicht sind die anderen Ausführungen des Buches Killing/Böttcher plausibler.

Fortsetzung folgt...


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - Gertrud - 06.01.2017

Ich habe eine Sache von Böttcher vorliegen, wobei er bei bestimmten Höhen die entsprechenden Werte in Gradzahlen bei der Sprungauslage, dem Fußaufsatz, der Knieamortisation und die Lattenentfernung angibt. Woraus sich seine Werte entwickelt haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich finde es schon gut, solche Richtwerte zu haben. Sicherlich sind sie auch vom Springertyp und dessen Fähigkeiten abhängig.

Gertrud


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 06.01.2017

@ gertrud ,

natürlich ist es für das Techniktraining und überhaupt hilfreich, wenn man weis, welche Faktoren die Höhe bestimmen.
Ob die Methode Killing / Böttcher das leisten kann, wird von mir in den nächsten Teilen versucht zu beantworten.
Eines ist schon einmal klar <<< verschiedene Springertypen machen gleiche Höhen mit unterschiedlichen Parametern möglich.


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 08.01.2017

3.Teil :

was wird aus den Messdaten von Killing/Böttcher abgeleitet ?
Da wären die

Korrelationskoeffizienten
die ein Maß des Zusammenhangs zwischen verschiedenen Elementen sind, also die gegenseitige Beeinflussung angeben.
Killing faßt sie in Abb.5.13 , Seite 168  zusammen.

Wer das Buch vor sich hat, kann natürlich besser folgen.

Der Parameter  Sprungkraft  taucht bei W.Killing überhaupt nicht auf.
Dabei korreliert die Sprungkraft doch stark z.B.  mit der Absprungzeit oder dem Rücklagewinkel.
Das manche Korrelationen sich aus den messtechnischen Daten nicht ablesen lassen, hießt doch nicht, das sie nicht existieren.Vielmehr dürfte dann die Anordnung der Analysekameras und die Ungenauigkeit der Messdaten eine Rolle spielen.
In wörtlichen Beschreibungen spricht Killing zwar davon, das die Anlauf-V / die Hub-V und die Sprungauslage bedeutsame Faktoren der Steigeleistung sind ( S.170 ) , aber in der Korrelationstabelle tauchen diese Faktoren ganz hinten, unter unbeutend, auf.
Indirekt ist bei Killing die Sprungkraft in der Absprungdauer enthalten und hat so eine Korrelation zur Steigehöhe von 0,48 ( aus Hub/Zeit) * 0,29 ( aus Absprungdauer ) = 0,14.
Die Sprungkraft wäre demnach für die Steigeleistung eher unbedeutend.
Das ist garantiert nicht so.

Der Rücklagewinkel wird bei Killing falsch angegeben, ( Abb.4.5, Seite 94 ) und zwar als Winkel zwischen der Horizontalen und der Verbindungslinie Fußauftritt/Körperschwerpunkt, die guten Flop-Springer haben so bei Killing Rücklagewinkel von etwa 66 grad. Ein Füßgänger würde demnach mit fast 90 grad Rücklage laufen.
In den angebenen Korrelationen spielt der Rücklagewinkel nur für das Absenken des KSP eine Rolle, dabei bestimmt doch gerade der Rücklagewinkel über die Höhe des Bremsstoßes auch einen Teil der vertikalen Abfluggeschwindigkeit, also die Steigehöhe .

Nach Killing / Böttcher hängt die Steigeleistung lediglich vom Verhältnis  Hub/Zeit  ab. ( unterrangig natürlich von zig anderen Parametern.)
Wenn dem so wäre, würde ein Athlet nach den " Leitparametern " Killing bei einer Sprunghähe von 2,45 m eine vertikale Abfluggeschwindigkeit von 0,37/0,157 = 2,36 m/s entwickeln, die nach Berechnungsformel für die Steigehöhe h2 = ( V quadrat)/2 g = 28,4 cm betragen würde.( 110 - 120 cm  sind real )
Hier fehlt also ein ganz entscheidender Faktor bei den Parametern.

Wie soll bei  so fehlerhafter Aufspaltung einer Hochsprunghöhe in Einzelteile  eine vernünftige Analyse auch aus dieser Sicht möglich sein ?

eine Antwort im nächsten Teil...


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - Gertrud - 08.01.2017

(08.01.2017, 09:53)gera schrieb: Der Rücklagewinkel wird bei Killing falsch angegeben, ( Abb.4.5, Seite 94 ) und zwar als Winkel zwischen der Horizontalen und der Verbindungslinie Fußauftritt/Körperschwerpunkt, die guten Flop-Springer haben so bei Killing Rücklagewinkel von etwa 66 grad. Ein Füßgänger würde demnach mit fast 90 grad Rücklage laufen.

Ich habe die Biomechanik von Bötther vor mir liegen. Auch da wird die Horizontale in Verbindung mit dem Winkel Fuß-Knie angegeben. Da erscheinen z. B. folgende Werte:

Sprunghöhe Sprungauslage
   1,7                 65
   1,8                 64
.................
   2,3                 58
   2,4                 57

Es wäre aus meiner Sicht auch besser, die Rücklage von der Vertikalen aus mit dem Schenkel Fuß-Knie anzugeben. Demnach wäre die Senkrechte der Winkel 0° als Referenzwert. Jeder Winkel von der Senkrechten zur Horizontalen entspricht dann der Körperneigung. Was ist biomechanisch korrekt?

Gertrud


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 08.01.2017

(08.01.2017, 11:18)Gertrud schrieb:
(08.01.2017, 09:53)gera schrieb: Der Rücklagewinkel wird bei Killing falsch angegeben, ( Abb.4.5, Seite 94 ) und zwar als Winkel zwischen der Horizontalen und der Verbindungslinie Fußauftritt/Körperschwerpunkt, die guten Flop-Springer haben so bei Killing Rücklagewinkel von etwa 66 grad. Ein Füßgänger würde demnach mit fast 90 grad Rücklage laufen.


Ich habe die Biomechanik von Bötther vor mir liegen. Auch da wird die Horizontale in Verbindung mit dem Winkel Fuß-Knie angegeben. Da erscheinen z. B. folgende Werte:

Sprunghöhe Sprungauslage
   1,7                 65
   1,8                 64
.................
   2,3                 58
   2,4                 57

Es wäre aus meiner Sicht auch besser, die Rücklage von der Vertikalen aus mit dem Schenkel Fuß-Knie anzugeben. Demnach wäre die Senkrechte der Winkel 0° als Referenzwert. Jeder Winkel von der Senkrechten zur Horizontalen entspricht dann der Körperneigung. Was ist biomechanisch korrekt?

Gertrud
sinnvoll ist die Winkelmessung natürlich von der Vertikalen zur Linie Fuß/KSP.
Nur so kann auch die Beziehung zum Bremsstoß gesehen und berechnet werden.
Im Straddle ( ca.38 grad ), im Flop ( ca. 30 grad 9 , im Weitsprung ( ca. 21 grad ), im Dreisprung ( ca. 14 grad ) wird das auch so gehandhabt und lässt eine sinnvolle Erklärung zu.


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 09.01.2017

mal nebenbei eine Frage an die Moderatoren oder wer sonst es weiß.

Ist es hier im Forum erlaubt, wenn ich - natürlich mit Quellenangabe - Tabellen oder Bilder aus anderen Publikationen abbilde ?


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - Atanvarno - 10.01.2017

@gera
Lieber davon absehen. Das verlinken und "anteasern" von im Netz veröffentlichten Inhalten ist ok, aber die Veröffentlichtung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aus einem Druckwerk, wenn es sich um mehr als ein kurzes Zitat handelt, sehe ich kritisch.


RE: neue Impulse für den deutschen Hochsprung ? - gera - 10.01.2017

(10.01.2017, 15:12)Atanvarno schrieb: @gera
Lieber davon absehen. Das verlinken und "anteasern" von im Netz veröffentlichten Inhalten ist ok, aber die Veröffentlichtung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aus einem Druckwerk, wenn es sich um mehr als ein kurzes Zitat handelt, sehe ich kritisch.

Danke , ich wil ja nichts falsch machen