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Psychologie des Dopings - Druckversion

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RE: Psychologie des Dopings - lor-olli - 17.09.2015

Lieber Pollux,

hast Du eine, wie auch immer geartete, direkte Verbindung zum Doping? Ich will die Bedeutung der von Magness genannten Aspekte und Vorschläge überhaupt nicht klein reden - sie sind auch die elementare Basis unseres Kulturkreises und begründen doch unsere Abneigung gegen Doping (ich spreche hier von dem den ich kenne, ohne dies für andere auszuschließen), aber und daraus resultiert meine "Hartnäckigkeit" der praktischen Dopingverfolgung: Wie stoppst Du einen Arzt, von dem Du weißt, dass der hippokratische Eid für ihn "Pferdeflüstern" ist?

Da ist nicht viel mit Ethik und "schönem reden", es hat 7 Jahre und einen beinharten Kampf erfordert bis ihm die Approbation entzogen wurde… (und ich kämpfte ganz bestimmt nicht allein, aber seine Rückendeckung war schon frappierend). Der Mann ist sich auch heute noch überhaupt keiner Schuld bewusst (zumindest öffentlich bekundet)!

Das wir nicht nur juristisch die Fehlentwicklungen unserer Gesellschaft verarbeiten müssen - geschenkt, aber zeig mir den Investmentbanker der in seinem Job Skrupel hat UND erfolgreich ist. Ich kenne zwei, eigentlich ganz nette Londonner "Jungs" aus dem Business, aber beim Thema Finanzgeschäfte "mutieren" die echt. Cool Dieses Geschäft lässt sich mit ein paar Worten zusammenfassen: Mach Geld und lass dich nicht erwischen! Das meinen die nicht nur, dass leben sie auch, wohl wissend was sie da tun.

Der wahre Unterschied zwischen edlem Mobiliar und edlem Motiv ist ein ganz einfacher, ersteres ist für jeden ersichtlich und greifbar… Die moralische Entwicklung unserer Gesellschaft wurde auch nicht von Schreinern und Ingenieuren erreicht, aber ein Philosoph wird keinen vorsätzlichen Doper zur Strecke bringen und ob er eine Gesellschaft dazu bringt? Wir hatten noch nie so viele Philosophen wie in unserer Gegenwart, die Gemeinschaft hat sich entwickelt (wiewohl mich die großzügig.menschliche Einstellung gegenüber den Flüchtlingen z.B. überrascht und erfreut) - stoppt das etwa die "Nazis"?

Wir sind ein pluralistischer Haufen, wir sind stolz darauf und dürfen es sein, aber es gibt partikulare Interessen die unserem Gemeininteresse zuwider laufen und gegen die wir unverzüglich vorgehen müssen. Dass das Theoretische das Praktische begleiten muss, stelle ich nicht, stellt niemand in Frage. Erkrankungen sollten nicht zur Epedemie werden, ist Doping vielleicht schon eine Pandemie?


RE: Psychologie des Dopings - lor-olli - 17.09.2015

@ Atanvarno,

Es tut mir leid wenn es so rüberkommt als hielte ich Magness für einen Komiker, seine Überlegungen sind wichtig, WEIL sie den Rahmen des bisherigen Dopingdenkens erheblich erweitern und von einer ganz anderen Seite angehen. Ich bin aber kein so geduldiger Mensch und gerade in dieser Frage schaue ich "dem Treiben" schon seit über 25 Jahren zu. Wie lange braucht ein Betrug um ein System zu zerstören? Das abnehmende Interesse an der Leichtathletik in Deutschland ist sicher nicht allein auf das internationale Abschneiden zurückzuführen (wo man letztlich gar nicht so schlecht dasteht), sondern auch auf eine spürbare Desillusionierung was den Spitzensport angeht. Leichtathletik in den USA ist ein Sport für die Intelligenz (laut Ashton Eaton), ist das hier so anders? Sind "Intelligenzler" schneller zu desillusionieren?

Magness stellt die richtigen Fragen und er hat eine "allgemein akzeptierte" Denkweise, wird diese andere Denke noch zu unseren Lebzeiten praktisch etwas ändern? Meine Antwort wird man sich denken können…


RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015

(17.09.2015, 08:25)Atanvarno schrieb:
(17.09.2015, 06:56)Pollux schrieb: Man hätte aber über die Logik und den Sinn von Bekenntnissen schon ein paar Worte verlieren können. Zumal es sie gibt. (z.B. Harting) Und zwar nicht bloß als Aussagen privatisierter Subjekte. Sondern von Leuten, wo du merkst: Die erkenne ihre eigene Mitverantwortung. Und sie tun es nicht nur zur Verdachtsbereinigung. Sondern vielmehr auch zur Schaffung eines allgemeinen Betriebsklimas, selbst wenn sie zunächst nur für sich selbst sprechen können. (Das ist doch ein Grundtenor der Studie!) Ist so wasunwichtig? Und in welcher Konkurrenz sollte das zur Forderung nach Kontrollgerechtigkeit stehen? Sie wird doch im nahezu gleichen Atemzug geltend gemacht. 

Danke. Wenigstens einer, der Magness' Artikel so versteht wie ich (und es besser formulieren kann).
Unwichtig nicht, aber Lippenbekenntnise gibt es zum Nulltarif,
sie sind wie gesagt wohlfeil und evozieren wenig allgemeine, wirklich grundsätzliche und nachhaltige Wirkung.


RE: Psychologie des Dopings - Atanvarno - 17.09.2015

(17.09.2015, 10:05)MZPTLK schrieb: Unwichtig nicht, aber Lippenbekenntnise gibt es zum Nulltarif,
sie sind wie gesagt wohlfeil und evozieren wenig allgemeine, wirklich grundsätzliche und nachhaltige Wirkung.

Genau das ist eben nicht so. Die Studie von Ariely zeigt, dass die Abgabe von Bekenntnissen bei "normalen" Menschen einen messbar senkenden Effekt auf die Bereitschaft zu betrügen hat.
Und es wird wohl niemand behaupten wollen, dass alle Leistungssportler Soziopathen vom Kaliber eines Lance Armstrong sind.


RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015

Wir drehen uns im Kreis.
Spitzensport ist eine abgefahrene Welt, manche(ich nicht) würden sagen: eine Subkultur, wo eine 1:1-Übertragung von Verhaltensweisen aus der 'Normalwelt' sehr fragwürdig ist.
Das Ent oder Weder ist bei den Meisten sehr stark: Entweder du dopst und heuchelst, oder du füllst das Feld auf.
Privilegiert und bewunderungswürdig diejenigen, die ohne UM vorne mitmischen können.


RE: Psychologie des Dopings - beity - 17.09.2015

Vorab....hier ist in dem Thread ein derart hohes Niveau.....wäre wirklich für bessere Journalisten ein gefundenes Fressen sich dieses Fundus zu bedienen und dann mal was gehaltvolles zum Thema Doping/Dopingmentslität zu veröffentlichen.
Wenn ich an so manche Tiefflieger u.a. Bei weltonline denke.....

Ein Punkt würde ich schon noch gerne hinzufügen.
Es wird gesagt, das das viele Geld dazu führt, eben auch mit unerlaubten Mitteln sich Vorteile verschaffen zu wollen. ja ist eine Triebfeder. Ich kann mir vorstellen, das ein kenianischer Läufer der 2. Garde ( nur ein Beispiel!) der die Chance hat, mit dem Laufen für einige Jahre 40.000 Dollar zu verdienen, wenn er das Geld meinetwegen in eine Teeplantage investiert, für sich und seine Familie lebenslang ausgesorgt hat,...etwas einwirft. 
Allerdings kenne ich gar nicht wenig Leute die im Sport betrügen und nicht den allergeringsten finanziellen Anreiz haben.
Leute die beim Tennis bescheissen, Leute, die mit Handicap18(!) im Turnier bescheißen und plötzlich einen vermeintlich verlorenen Ball wiederfinden, lassen  einen 2. Ball aus der Hosentasche fallen oder legen den Ball heimlich besser oder schreiben sich zu gutes Ergebnis auf. Leute, die beim Berlinmarathon Teilstrecken mit der U-Bahn fahren. Peinlich nur, wenn sie für 20 km mittendrin nur 47 Minuten brauchten. Krönung für mich, entfernter Bekannter fragte mich nach EPO, wo er es bekommen könnte? Sein Ziel für den Marathon 3:30 St. !! warum braucht Du denn EPO? Ja, wegen der Bronchitis konnte ich 3 Wochen nicht trainieren, das möchte er ausgleichen und er ist ja Amateur, da ist das ja nicht verboten Huh
Da fällt mir nicht mehr ein außer......das bescheissen ist bei vielen Menschen einfach drin, kein Unrechtsbewusstsein und es muss sich nicht mal materiell lohnen.


RE: Psychologie des Dopings - Pollux - 17.09.2015

(17.09.2015, 10:22)Atanvarno schrieb:
(17.09.2015, 10:05)MZPTLK schrieb: Unwichtig nicht, aber Lippenbekenntnise gibt es zum Nulltarif,
sie sind wie gesagt wohlfeil und evozieren wenig allgemeine, wirklich grundsätzliche und nachhaltige Wirkung.

Genau das ist eben nicht so. Die Studie von Ariely zeigt, dass die Abgabe von Bekenntnissen bei "normalen" Menschen einen messbar senkenden Effekt auf die Bereitschaft zu betrügen hat.
Und es wird wohl niemand behaupten wollen, dass alle Leistungssportler Soziopathen vom Kaliber eines Lance Armstrong sind.

Dieser Klarstellung schließe ich mich voll an. Nur eins wundert mich. Warum muss man das tausendmal widerholen? 


RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015

(17.09.2015, 10:39)Pollux schrieb: Dieser Klarstellung schließe ich mich voll an. Nur eins wundert mich. Warum muss man das tausendmal widerholen? 
Warum muss ich meine Argumentation 1001mal wiederholen?
Testet es doch aus, dann schauen wir uns die Wirkung an.
Ich wäre ja auch entzückt, wenn das durchgreifen würde,
aber ich fürchte und bin sehr sicher, dass man auch noch schwerere Geschütze auffahren muss.


RE: Psychologie des Dopings - MZPTLK - 17.09.2015

(17.09.2015, 10:36)beity schrieb: ...wäre wirklich für bessere Journalisten ein gefundenes Fressen sich dieses Fundus zu bedienen ...
Das machen die schon lange.
Nur: wir arbeiten zum Nulltarif.
Wir werden ewig auf Dankesschreiben warten.


RE: Psychologie des Dopings - Sergej Litvinov - 17.09.2015

(17.09.2015, 06:56)Pollux schrieb: @Litvinov
Sie müssten eigentlich gemerkt haben, dass ich Ihre Position nicht sehr ernst nehmen kann! Nicht, weil sie meiner Realitätswahrnehmung oder der Auffassung der Studie widerspricht, sondern weil sie in einem gesteigerten Sinn Unkorrigierbarkeit für sich beansprucht. Dass in Ihren Augen Nicht-Doper bloß verhinderte Doper sind, muss man als Betrachter hinnehmen. Die Generalisierung, die dabei zum Ausdruck kommt, ist jedoch willkürlich. Trotzdem versieht sie sich mit dem Pathos der Unangreifbarkeit. In diesem Sinn wird jede anderslautende Bekundung als Unwahrheit -  und jede andere Realitätseinschätzung als Ahnungslosigkeit bzw. realitätsferner Moralismus denunziert. Dabei merken Sie nicht mal, dass Ihr merkwürdiges Konstrukt das Pathos jedes Moralisten noch überbietet. Denn am Ende machen Sie in Sachen Generalverdacht endgültig den Sack zu: Was andere Akteure zur Ungeheuerlichkeit erklären (Gabius), wird bei Ihnen zur Tugend. Ist aber auch logisch: mit dem Generalverdacht (von Seiten der Öffentlichkeit) lässt sich die eigene Theorie als unangreifbar bestätigen. Das ist zwar bizarr - hat aber fast schon wieder Klasse!
Wink

Meine Meinung ist aus Beobachtung erstanden und ist nur meine Interpretation. Ich bin mitten drin und habe die Traennen und psyhesche Probleme der anderen hautnah mit bekommen. Ganz viele meiner Freunde sind, waren Doper. Ganz viele sind gerade im Abzweig. Auch viele die Sauber sind. Ich sehe wie der Sport selbst den Stellenwert verliert fuer die Meisten, wie hoeher man klettert. Es gibt schon lange keinen Wettbewerb...Bei jeder WM, EM oder OS seit Doping im Spiel ist werden nicht mehr die Besten fesstgestellt. Seit Geld im Spiel ist wurde es zum Amerikanischen Wrestling in meinen Augen. Ich muss oefters hoeren das ich nicht genug trainiere weil ich keine 86m werfe. Es interesiert keinen das 80m sauber eine starke Leistung ist. Es gibt keine Liste fuer Saubere Athleten und Unsauberen. Was hatt sich grossartig seit den 80ern geaendert? Ich kann einfach nicht sagen das die Moral besser geworden ist. Ich sehe das es einfach nicht fuer jeden und nicht alles Moeglich ist wie in den 80gern. Mann hatt uns teilweise die Moeglichkeiten genommen.

Das ist alles meine Meinung.
Was denkst du, haben die Athleten jetzt mehr Moral als in den 80gern?