15.08.2019, 10:42
(15.08.2019, 08:27)frontrunner800 schrieb: Die mangelnde breite Basis im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren von Mittelstreckenläufern in D ist mit die Hauptursache für die schwache Leistungsentwicklung insbesondere bei den Männern. Folgende Zahlen dienen als eindrucksvoller Beleg: Im Jahr 1989 sind im HLV 21 Mittelstreckler über 800m 1:52 oder schneller gelaufen. Im vergangenen 2018 waren es nur 6 Läufer., z. B. 2008 sogar nur 3 Läufer (der absolute Tiefpunkt). Je breiter die Basis, um so größer ist die Chance, dass ein Läufer ganz an die Spitze kommt. Auf dem Weg dorthin werden aufgrund von Verletzungen viele talentierte Läufer ausfallen.Genau das ist das Problem. Und es ist ja nicht nur so, dass dadurch Trainingsgruppen fehlen. Es fehlt auch die Konkurrenz. Deine Zahlen zeigen eindrucksvoll: In Den 70ern musste noch kein Athlet weit reisen, um ein Feld mit mehreren Läufern um die 1:52 zu haben. Heutzutage muss man dafür schon mal irgendwo mit Übernachtung hinfahren in einigen Regionen, "um ein Feld zu haben". Das sorgt nochmal bei vielen Läufern dazu, sich das zu schenken, da der Zeitaufwand einfach undfassbar groß wird. Ist halt schon was anderes, ob man durch die Woche Abends schnell in der Heimat laufen kann oder zusätzlich zum Training auch noch viele Wochenenden weg verbringt. Vom Geld-Faktor erst garnicht zu sprechen.
Eine Möglichkeit, wieder mehr Jugendliche auf die Mittelstrecke zu bringen, sehe ich in der Identifikation von Jugendlichen mit Spitzenläufern, die eine Vorbildfunktion ausüben. Bei den Frauen in D ist dies gegeben: Mit Konstanze Klosterhalfen, Gesa Krause oder Alina Reh haben wir einige Topläuferinnen, die als Identifikationsfiguren taugen. Und es funktioniert: Bei meinen Trainingsläufen im Wald sehe ich deutlich mehr junge Läuferinnen.
Jugendliche Läufer sehe ich eigentlich nicht. Hier in meinem Umfeld gibt es keinen einzigen, der regelmäßig läuft. Wir brauchen dringend auch wieder bei den Männern Topleute mit Identifikationspotential, die die Jugend begeistern können.
Wir brauchen also nicht nur Läufer als Vorbild, sondern auch geile Wettkämpfe an vielen Orten, damit sich der Aufwand lohnt und die Lust machen, diesen Sport zu betreiben. Leider ist unsere Wettkampfkultur geprägt von "dahingeschmierten" Veranstaltungen mit grausamen Leistungen und 2 Stunden Zeitplanverzug oder wenigen hochklassigen Meetings, Dazwischen gibt es wenig.
(15.08.2019, 09:20)aj_runner schrieb: Die zurückgegangen Breite lässt sich an vielen Beispielen belegen. Allerdings: In einem anderen Thread habe ich die Sub-1:50-800m-Läufe der U20 aufgelistet. Talente sind da, warum kommen sie aber nicht durch?Nun, langfristiger Aufbau ist auch beim DLV nur bedingt gewollt. Die U23 werden meist stiefmütterlich behandelt und wer "erst" in der Hauptklasse das Niveau für die DM-Norm erreicht fällt durch jedes Förderschema. Und der "Begeisterungsfaktor" ist nicht zu vernachlässigen. Die meisten Läufer hören nach der Schule auf, wenn es aus dem Elternhaus rausgeht, oft in eine andere Stadt aber zumindest in einen weniger regulierten Tagesablauf mit mehr Optionen aber auch mehr Herausforderungen. Da bleiben dann oft nur die an der Stange, die schon "blut geleckt" haben durch Erfolge. Wenn nicht dann der Drop-Out erfolgt, dann spätestens zum Ende des Studiums...
Als Hauptproblem sehe ich nicht altersgerechtes Training wg. zu starker Fokussierung auf die internationalen Jugendmeisterschaften. Die Drop-out-Quote ist erschreckend (siehe Bsp. Robb über 400 m U20). Die U23 müssten einen viel größeren Stellenwert bekommen. Dagegen meinte ein Trainer zu mir, ich muss auch schon früh forciert trainieren, denn nur mit Erfolgen in den U20-Bereichen kann ich die Talente binden.
Dann kommen die berufliche Orientierung und die Verletzungen. Wäre z.B. Alina nicht so häufig verletzt oder krank, bin ich überzeugt, wäre sie heute auch schon bei 14:40 Min.
Erst wenn man diese drei Dinge besser in den Griff bekommen würde, kommt das Argument des härteren Trainings bzw. der ausschließlichen Fokussierung auf den Sport. Die Keniaten machen genau 2 Dingen den ganzen Tag: Trainieren oder ausruhen.
Auf Grund einzelner Programme von hart oder weich zu reden ist für mich Stammtischniveau. Ein Freund von mir (Sub-1:50) ist im Traininglager immer die Vorgaben des Trainers gelaufen. Die anderen haben geballert ohne Ende und waren dann bis die Saison angefangen hat platt. Nico Motchebon ist z.B. seine 1.000er streng nach Trainervorgabe irgendwo zw. 3:00 und 3:10 gelaufen. Die, die permanent am Ballern waren, haben darüber nur gelacht.