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Der FLOP in der PRAXIS - Druckversion

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Der FLOP in der PRAXIS - ThomZach - 05.05.2015

Der FLOP in der PRAXIS
 
Die Trennung von Theorie und Praxis halte ich für fatal und populistisch. Aber sie hat auch ihr Gutes: In der Praxis-Abteilung haben Diskussionen keinen Platz.  Denn wer diskutiert, der muss vertiefen. Und das soll hier ja ausdrücklich ausbleiben. Also braucht mir hier niemand zu widersprechen. Die Meinung gegen die ich ins Feld ziehe ist hinreichend bekannt, vom DLV propagiert und in den Hirnen der Trainerscharen fest verankert. Sie braucht keine Fürsprecher gegen mich. Und wer nur einen Funken biomechanischer Vernunft und didaktischen Geschicks besitzt, der wird eh erkennen dass ich Recht habe, wenn ich sage:
Brücke und Klappmesser haben in der Flop-Technik eine zutiefst untergeordnete Bedeutung und sollten didaktisch an letzter Stelle stehen, ja am besten gar nicht vorkommen. 
 
Zum Klappmesser: Wer es macht, drückt den Po auf die Latte und hebt die Beine übermäßig. Beides ist nicht nur sinnlos sondern destruktiv. Wenn der Springer im Flug richtig rotiert, dann reicht es, die Knie zu strecken und die Bogenspannung (gestreckte Hüften) aufzugeben, um die Unterschenkel über die Latte zu heben. Top-Springer die das Klappmesser machen, wollen damit gar nicht die Waden heben sondern nur die Rotation beschleunigen, damit sie nach der Landung eine Rolle rückwärts machen und dadurch das Genick entlasten können.  Es sei denn sie haben den Fluggipfel ihres KSP zu weit hinter der Latte. Dann ist das Klappmesser nur eine Rettungsaktion für einen an sich fehlerhaften Sprung mit schlechter Raumaufteilung.
 
Zur Brücke: Anfänger fliegen nicht lange genug (nur 0,5 sek.), um während des Fluges drei Haltungen einzunehmen, also zweimal die Körperhaltung zu ändern. Werden sie dazu angehalten, so beginnen sie mit der Überquerung schon vor dem Absprung und so wird dieser niemals korrekte Formen annehmen.
Alle müssen vielmehr lernen, beim Absprung die richtige Rotation einzuleiten, die dafür sorgt, dass Kopf und Rumpf hinter der Latte sinken damit die Beine Steigen. Dann ist die Überquerung mit locker geradegehaltenen Hüften und gebeugten Knien schon ganz nah am Optimum.
 
Auch dem Könner bringt die Brücke gar keine Vorteile. Es ist zwar richtig, dass der KSP sich durch das Einnehmen der Brücke außerhalb des Körpers und unter das Kreuz verlagern lässt. Und so könnte der KSP theoretisch unter der Lattenhöhe  hindurchwandern. Aber praktisch ist das gar nicht möglich, denn der KSP bewegt sich auf einer Parabel, d.h. er steigt bis zu ihrem Gipfel und danach sinkt er wieder. Er muss also hoch genug fliegen, damit zunächst beim Steigen die Schultern und später beim Fallen die Knie die Latte überqueren. Wie soll da der Gipfel der KSP-Parabel tiefer als die Latte liegen? Schultern und Oberschenkel werden bei bestmöglicher Ausführung über der Latte immer die tiefsten Punkte des Körpers sein. Wie hoch zwischendurch Becken und Po angehoben werden, ist folglich belanglos. Hauptsache der Po fliegt nicht weniger hoch als Schultern und Beine. Und dazu genügt eine leichte Überstreckung der Hüften.
 
Die Brückenposition ist sogar unnötigerweise gefährlich, weil dabei die Schultern und die Beine zur Latte hin verschoben und nach unten gedrückt werden und so zu reißen drohen. Der Trick mit der korrekten Beckenüberstreckung bringt maximal 3cm Höhengewinn, egal wie hoch man fliegt. Bei einem Sprung über 1m60 muss der KSP ca. 50cm hoch fliegen. Und diese Flughöhe kommt nicht durch eine Brücke im Flug zustande, wie sehr die Mehrheit der Trainer dies auch zu verkennen scheint.
 
Zur Brücke gehört es ja auch, den Kopf in den Nacken zu werfen. Auch dies ist ein methodisches TABU. Der Höhengewinn ist gleich Null, eben weil er nur dem Po zugutekommt, welcher bei voller Brücke eh schon zu hoch gehoben wird. Und der Verlust an Kontrolle und Feedback ist dagegen unvertretbar.  Zum richtigen Flop muss man einfach nur lernen, das Kinn auf die Brust zu legen und trotzdem die Hüften gestreckt zu halten. So kann man (bei richtiger Querlage der Körperlängsachse zur Latte) das Geschehen mit dem Blick verfolgen und den Zeitpunkt für das Fallenlassen des Beckens und den für das Strecken der Knie bewusst ansteuern üben.
 
Kurz: Brücke, Bogenspannung und Klappmesser sind bis zur gehobenen Könnerschaft TABU! Und danach eigentlich überflüssig. Sie zu lehren verhindert jedenfalls das Erlernen des richtigen Anlauf-Absprung-Rotations-Musters. Um dieses muss alles Bemühen sich drehen. Die Beine können nur richtig steigen, wenn der Körper als Ganzer um die Latte rotiert, wenn also Kopf und Schultern sinken/fallen/tauchen, sobald sie sich hinter der Latte befinden. Und dafür sorgt beim Absprung  keine Rotation um die Längsachse und auch nicht um die Beckenachse, sondern nur die Rotation um die Tiefenachse, also um die Achse herum, die Beim Absprung parallel zur Latte durch den KSP verläuft. Diese Rotation kann niemals beim Standflop rücklings-rückwärts erlernt werden. Daher ist auch dieser TABU. Und zwar auf jeder Könnensstufe.  Nur wer den beidbeinigen Flop (mit und ohne Anlauf) beherrscht, kann sich auch zu einem richtig guten Flopper entwickeln.  Und alles Andere ist Murks.
 
Trockenübungen sind unverzichtbar. Die Angst vor der richtigen Landung muss überwunden werden, die richtige Flughaltung einstudiert werden. All das geschieht spielerisch von der Matte auf die Matte, z.B. mit einer Z-Latte quer über die Matte gespannt. Und dann später (Normal-Anlage) beidbeinig vom Kasten oder vom Reutherbrett.