Leichtathletikforum.com
Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Leichtathletik allgemein (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=2)
+--- Thema: Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen (/showthread.php?tid=685)

Seiten: 1 2 3 4 5 6


Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen - Halloo - 27.11.2014

(27.11.2014, 13:15)Gertrud schrieb: Wird Schäfer nicht vom Gespann Sammert und Eisinger trainiert? Oft handelt es sich auch um eine Mischfinanzierung.

Gertrud
Auch C.S. hat schon genügend Verletzungen, teils sogar langwierige, hinter sich. Dabei ist sie noch recht jung. Von außen ist schwer feststellbar, ob Verletzungen durch falsche Belastungen entstanden sind, die durch gesündere Übungen mit richtiger Ausführung verhindert worden wären. Manche Athleten sind so robust, dass sie fast alles unbeschädigt wegstecken, andere jedoch müssen schon nach"gesunden" Belastungen passen, weil der Körper nicht mitmacht. Jeder Trainer, der langjährig Sportler/innen trainiert hat, wird ein Lied davon singen können. Also ist Vorsicht geboten, immer wiederkehrend von "Schrott" prodozierenden Trainern zu sprechen, und das gezielt in eine Richtung.  Auch ich hatte schon Athleten, die von Natur aus nicht hoch belastungsfähig waren. Wir haben dann Konsequenzen gezogen und nicht mehr leistungsorientiert trainiert. Das konnten Verbandstrainer nicht verstehen und vertaten die Auffassung, dass die Belastungsvertäglichkeit durch zu geringe Belastungen resultiert, und daher mehr belastet werden müsse. Untersuchungsergenisse von medizinischen Spezialisten war denen offensichtlich egalThumb_down
Das ist jetzt wieder etwas ab vom ThemaHuh

edit mod: Diskussion abgetrennt aus
Wechselbörse



RE: Wechselbörse - Gertrud - 27.11.2014

(27.11.2014, 13:51)Halloo schrieb: Auch ich hatte schon Athleten, die von Natur aus nicht hoch belastungsfähig waren. Wir haben dann Konsequenzen gezogen und nicht mehr leistungsorientiert trainiert. Das konnten Verbandstrainer nicht verstehen und vertraten die Auffassung, dass die Belastungsverträglichkeit durch zu geringe Belastungen resultiert, und daher mehr belastet werden müsse. Untersuchungsergenisse von medizinischen Spezialisten war denen offensichtlich egalThumb_down
Das ist jetzt wieder etwas ab vom ThemaHuh

Da stimmen wir voll überein. In bestimmten Fällen muss man aufgrund von Schwachstellen die Reißleine ziehen und nicht leistungssportlich trainieren lassen. 

Gertrud


RE: Wechselbörse - Halloo - 27.11.2014

(27.11.2014, 13:58)Gertrud schrieb: Da stimmen wir voll überein. In bestimmten Fällen muss man aufgrund von Schwachstellen die Reißleine ziehen und nicht leistungssportlich trainieren lassen. 

Gertrud
...und dann gibt es Besserwisser und argumentieren, man wäre nicht in der Lage, perspektivisch zu trainieren...sehen lediglich die leistungsmäßige Entwicklung.
Es wäre schändlich, einem Menschen nur aus leistungssportlichen Gründen bewußt gesundheitlich zu schädigen. Schon schlimm genug, wenn ein Trainer aufgrund fehlender Kenntnisse das nicht erkennt.


RE: Wechselbörse - Gertrud - 27.11.2014

(27.11.2014, 14:08)Halloo schrieb: ...und dann gibt es Besserwisser und argumentieren, man wäre nicht in der Lage, perspektivisch zu trainieren...sehen lediglich die leistungsmäßige Entwicklung.
Es wäre schändlich, einem Menschen nur aus leistungssportlichen Gründen bewußt gesundheitlich zu schädigen. Schon schlimm genug, wenn ein Trainer aufgrund fehlender Kenntnisse das nicht erkennt.

Es gab mal einen Kugelstoßer in Deutschland, der leistungsmäßig wirklich gut war. Ich habe damals gesagt: "Den würde ich niemals leistungssportlich trainieren, weil er die Auswirkungen später enorm spürt." Da hätte ich nur im physiotherapeutischen Bereich Übungen empfohlen. Nach seiner Leistungssportzeit erfolgte eine gravierende Operation. 

Dann gibt es auch körperliche Unzulänglichkeiten, die man bei "Umschiffung" aber trainieren kann. Dazu gehört dann meistens extrem gute Wissen um körperliche Funktionen. 

Gertrud


RE: Wechselbörse - Halloo - 27.11.2014

(27.11.2014, 14:16)Gertrud schrieb: Dann gibt es auch körperliche Unzulänglichkeiten, die man bei "Umschiffung" aber trainieren kann. Dazu gehört dann meistens extrem gute Wissen um körperliche Funktionen. 

Gertrud

Ja, manchmal klappt es mit der Umschiffung. Was aber macht man, wenn ein 14-Jähriger mit extrem verkürzter Wadenmuskulatur von einer anderen Sportart zur LA wechselt und nicht in der Lage ist, beim gehen die Ferse bis in Bodennähe zu bringen? Klar, man dehnt, dehnt....und alles ist darauf gerichtet, dass der Junge erst einmal richtig laufen lernt, und den Fuß einigermaßen richtig aufsetzt. Nach 3 Jahren hatten wir das einigermaßen geschafft. Durch die besondere anatomische Besonderheit ist er trotzdem ein Vorderfußspringer geworden, anders ging es nicht. Er wollte unbedingt springen, weil es ihm Spaß bereitete.  Natürlich ist bekannt, dass  beim Weitsprung bei diesem Fußaufsatz die Belastung im Sprunggelenk sehr (zu) hoch ist. Auch HJH hatte mal einen solchen Springer. Als sich dann die ersten Beschwerden einstellten haben wir reagiert, obwohl er seinerzeit in seiner AK die Nr. 1 in Deutschland war. Es hagelte Kritik, weil sich ein sooo großes Talent nicht weiter entwickelte. Wenn es möglich gewesen wäre, den belastungsverträglicheren Fußaufsatz zu praktizieren, hätten wir das gemacht. Aber nach Lage der Dinge war die Entscheidung, keine größere Schäden zu provozieren, die einzig richtige.


RE: Wechselbörse - Gertrud - 27.11.2014

(27.11.2014, 15:03)Halloo schrieb: Ja, manchmal klappt es mit der Umschiffung. Was aber macht man, wenn ein 14-Jähriger mit extrem verkürzter Wadenmuskulatur von einer anderen Sportart zur LA wechselt und nicht in der Lage ist, beim gehen die Ferse bis in Bodennähe zu bringen? Klar, man dehnt, dehnt....und alles ist darauf gerichtet, dass der Junge erst einmal richtig laufen lernt, und den Fuß einigermaßen richtig aufsetzt. Nach 3 Jahren hatten wir das einigermaßen geschafft. Durch die besondere anatomische Besonderheit ist er trotzdem ein Vorderfußspringer geworden, anders ging es nicht. Er wollte unbedingt springen, weil es ihm Spaß bereitete.  Natürlich ist bekannt, dass  beim Weitsprung bei diesem Fußaufsatz die Belastung im Sprunggelenk sehr (zu) hoch ist. Auch HJH hatte mal einen solchen Springer. Als sich dann die ersten Beschwerden einstellten haben wir reagiert, obwohl er seinerzeit in seiner AK die Nr. 1 in Deutschland war. Es hagelte Kritik, weil sich ein sooo großes Talent nicht weiter entwickelte. Wenn es möglich gewesen wäre, den belastungsverträglicheren Fußaufsatz zu praktizieren, hätten wir das gemacht. Aber nach Lage der Dinge war die Entscheidung, keine größere Schäden zu provozieren, die einzig richtige.

Man macht oft den Fehler, nur die betroffene Region zu sehen und übersieht oft umliegende Strukturen. Könnten Sie nur die Sehne in die Hand nehmen und dehnen, dann könnte man einfach das Problem lösen: aber es gibt halt noch mehr Gewebe dort. Es ist bewiesen, dass im beidbeinigen Stand nach vorne mit dem Körper gehend die Achillessehne gedehnt wird, aber die Muskulatur kontrahiert und auch umgekehrt im umgekehrten Falle. Jetzt überlegen Sie messerscharf, was eventuell übersehen worden ist! Never give up!

Gertrud


RE: Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen - Halloo - 28.11.2014

(27.11.2014, 16:38)Gertrud schrieb:
(27.11.2014, 15:03)Halloo schrieb: Ja, manchmal klappt es mit der Umschiffung. Was aber macht man, wenn ein 14-Jähriger mit extrem verkürzter Wadenmuskulatur von einer anderen Sportart zur LA wechselt und nicht in der Lage ist, beim gehen die Ferse bis in Bodennähe zu bringen? Klar, man dehnt, dehnt....und alles ist darauf gerichtet, dass der Junge erst einmal richtig laufen lernt, und den Fuß einigermaßen richtig aufsetzt. Nach 3 Jahren hatten wir das einigermaßen geschafft. Durch die besondere anatomische Besonderheit ist er trotzdem ein Vorderfußspringer geworden, anders ging es nicht. Er wollte unbedingt springen, weil es ihm Spaß bereitete.  Natürlich ist bekannt, dass  beim Weitsprung bei diesem Fußaufsatz die Belastung im Sprunggelenk sehr (zu) hoch ist. Auch HJH hatte mal einen solchen Springer. Als sich dann die ersten Beschwerden einstellten haben wir reagiert, obwohl er seinerzeit in seiner AK die Nr. 1 in Deutschland war. Es hagelte Kritik, weil sich ein sooo großes Talent nicht weiter entwickelte. Wenn es möglich gewesen wäre, den belastungsverträglicheren Fußaufsatz zu praktizieren, hätten wir das gemacht. Aber nach Lage der Dinge war die Entscheidung, keine größere Schäden zu provozieren, die einzig richtige.

Man macht oft den Fehler, nur die betroffene Region zu sehen und übersieht oft umliegende Strukturen. Könnten Sie nur die Sehne in die Hand nehmen und dehnen, dann könnte man einfach das Problem lösen: aber es gibt halt noch mehr Gewebe dort. Es ist bewiesen, dass im beidbeinigen Stand nach vorne mit dem Körper gehend die Achillessehne gedehnt wird, aber die Muskulatur kontrahiert und auch umgekehrt im umgekehrten Falle. Jetzt überlegen Sie messerscharf, was eventuell übersehen worden ist! Never give up!

Gertrud

KP - trotz meserscharfer Überlegungen. Allerdings sehe ich zuhauf bei Wettkämpfen immer wieder als Wettkampfvorbereitung für den Sprint oder Sprung Sportler/innen beim intensiven dehnen (Stretching), wo sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die "gedehnte" Muskulatur wehrt. Oft werden sogar Deuser- und sonstige Gummibänder zur Hilfe genommen. Gewisse Trainer bestehen auf diese Gummi-Dehnungen im Vorfeld. Dieses Procedere wiederholt sich dann vor Zwischen- und Endläufen.
Es ist ein schwieriger Akt, hier die richtige Mischung zu finden, damit beim Wettkampf keine müde oder lahme Muskulatur produziert wird.
Da "kalte" Muskelfasern   genauso schnell reagieren wie "vorbereitete" gibt es z.B. Trainer (von Fußballmannschaften), die vor Spielen überhaupt nicht mehr dehnen lassen - das andere Extrem. Ich meine, dass eine große Unsicherheit an der Basis besteht. Ich bevorzuge immer noch die gemäßigte "Reißgymnastik" in Kombi mit anderen Varianten. Im Trainingsprozess sind jedoch längere Dehnübungen angezeigt, nicht unbedingt als reines Stretching. Z.B.langsam in die Dehnphase rein und wieder entspannen, bevor die Muskulatur degegen arbeitet.  Da ist dann  das Empfinden der Sportler wichtig, weil wir keine Elektroanalysen vor Ort haben.  Wie eine extrem verkürzte Wadenpartie besser als wir es versucht haben verlängert werden kann, weiß ich allerdings nicht.
Ob wir alles richtig machen?? Wer kann das von sich behaupten?


RE: Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen - Hellmuth K l i m m e r - 28.11.2014

Zum Uralt-Streit: Dehnen oder nicht (b. Leichtathleten)

Es ist für mich (als früher Hürden laufender Weitspringer Wink ) unvorstellbar, dass LA bei der Erwärmung nichts für die Dehnung der wichtigsten Muskeln (die danach belastet werden), genau wie durch sog. Stabilisierungsübungen(!), tun.
Gemeint ist wohl das übermäßig "Ausleiern" (wie Gummibänder) der Muskeln; und unterscheiden wird jeder LA-Trainer, ob's um Werfer, Sprinter oder gar Hürdensprinter geht. Dabei ist immer auch das In-sich-Hineinhorchen des Aktiven nötig. Zwar soll M. Lauer nicht besonders beweglich gewesen sein, aber die Majorität der Hürdensprinter (Drut, Jackson, Xiang; Ottoz,... aber auch Sprinter Bolt!) war's, - und einige machten extreme Hürdengymnastik, mancher lies sich regelrecht "zurechtbiegen". Dodgy

H. Klimmer / sen.


RE: Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen - Gertrud - 28.11.2014

(28.11.2014, 12:03)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Zum Uralt-Streit: Dehnen oder nicht (b. Leichtathleten)

Es ist für mich (als früherer Hürden laufender Weitspringer Wink ) unvorstellbar, dass LA bei der Erwärmung nichts für die Dehnung der wichtigsten Muskeln (die danach belastet werden), genau wie durch sog. Stabilisierungsübungen(!)) tun.
Gemeint ist wohl das übermäßig "Ausleiern" (wie Gummibänder) der Muskeln; und unterscheiden wir jeder LA-Trainer, ob's um Werfer, Sprinter oder gar Hürdensprinter geht. Dabei ist immer auch das In-sich-Hineinhorchen des Aktiven nötig. Zwar soll M. Lauer nicht besonders beweglich gewesen sein, aber die Majorität der Hürdensprinter (Drut, Jackson, Xiang; Ottoz,... aber auch Sprinter Bolt!) war's, - und einige machten extreme Hürdengymnastik, mancher lies sich regelrecht "zurechtbiegen". Dodgy

H. Klimmer / sen.
Sie sollten sich die Frage stellen, was Sie dehnen wollen: Sehnen oder Muskeln oder andere Strukturen? Da tickt die hintere Unterschenkelmuskulatur nun eben anders als andere Muskeln. Die rückwärtige Unterschenkelmuskulatur unterliegt einem Paradoxon, das sich in der Oszillation zeigt, wobei die Situation einem umgekehrten Pendel gleicht. Die Muskelkraft arbeitet in der Dorsalflexion gegen die Dehnung der zum größten Teil passiven Fußstrukturen an. Das hat man durch EMG-Aufzeichnungen ermittelt. Das ist bei der ischiocruralen Muskulatur nicht der Fall. Wenn z. B. ein Athlet eine nicht optimal arbeitende Plantarfaszie hat, dann arbeitet dieses System schon lückenhaft. 

Halloo schrieb sinngemäß, dass sein Athlet ein Vorfußspringer war. Ich habe mir noch einmal die Bilder von Dreispringern wie Jonathan Edwards angesehen, wobei sie sich auch im Mittelstütz des Absprunges nicht weit unter einem 90°-Fußwinkel befinden. Wenn Halloo sich entspannt mit dem Athleten unterhalten hat, dann wird der Athlet doch nicht eine halbe Stunde auf dem Vorfuß gestanden haben, sondern auf der flachen Sohle. Folglich ist es eine Frage von hinführenden Drills, diese Positionen zu erreichen. Es ist also eher eine Frage der richtigen Verschaltung. Beate Peters z. B. ist auch eine druckvolle Vorfußgeherin. Ich nenne diese Menschen immer "Stoppelhopser". 

Erste Maßnahme wäre eine hervorragende Person aus dem physiotherapeutischen Bereich, die wirklich ein profundes Wissen auf Spezialgebieten und den Blick für Syndrome hat. Zweite Maßnahme wäre der Drillbereich in Kopplung mit übergeordneten muskulären Verbindungen wie Pendelstrukturen am Körper, wo es auch Doppelpendel gibt, die wir eindeutig z. B. bei Bolt und Blake im Sprint beobachten können (Sagittal- und Frontalebene ganz eklatant). 

Gertrud

  


RE: Verantwortungsvoller Umgang mit orthopädischen Problemfällen - Gertrud - 29.11.2014

„Dabei war speziell beim Tübinger die Vorbereitung nicht optimal gelaufen. Aufgrund von massiven Knie- und Rückenproblemen stand sogar der EM-Start in Zürich auf der Kippe, dazu kamen Leistenbrüche beidseits. Schon drei Tage nach der EM wurde er an beiden Leisten operiert. „Die Verletzungsmisere hat mir ganz schön zu schaffen gemacht. Wir haben aber daraus gelernt und das Training angepasst, um weitere Verletzungen zu vermeiden“, so Traber.“ (leichtathetik.de)

Wenn ich derartige Berichte lese, bekomme ich die Krise. Meistens sind Athleten schon halb kaputt, ehe es richtig anfängt. Wie wäre es denn, wenn man prophylaktisch arbeitet, statt immer wieder nur zu reparieren? Leistengeschichten können oft genetisch bedingt sein; aber den Rest sollte man in den Griff bekommen – und zwar vor Aufnahme eines Hochleistungstrainings!!!

Für mich ist die wichtigste Entscheidung von Athleten, die zum richtigen Trainer. In der Hinsicht sollte man zunächst das $-Zeichen in den Augen komplett ausschalten. Mit der Leistung kommt meistens auch das.

Gertrud