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Lombardsches Paradoxon - theoretische Erörterung - Druckversion

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RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 21.04.2015

(20.04.2015, 22:23)La Vicu schrieb:  ... eine kompakte Aktivität von der Mitte der Flugphase fast bis zum Ende der Stützphase, ...

Sorry! Falsche Begriffswahl! Nicht "Flugphase", sondern "Schwungphase" muss es heißen.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 21.04.2015

Hiermit starte ich einen neuen Versuch, die in meiner Antwort vom 20.04.2015, 23:23, angekündigte Abbildung hochzuladen.

[attachment=170]

edit mod: kaputten Bildlink repariert (für große Version anklicken)



RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - MZPTLK - 21.04.2015

Danke!
Wie wurden die EMG-Werte im Altertum(1987) ermittelt?
Das scheint mir eine sehr volatile Messung zu sein.

Nach meiner laienhaften Vorstellung ist es sogar heute noch nicht möglich, EMG-Messungen intramuskulär vorzunehmen, schon gar nicht bei tiefliegenden Muskeln und überhaupt nicht bei vollem Lauf.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - MZPTLK - 21.04.2015

(20.04.2015, 22:23)La Vicu schrieb:
(20.04.2015, 08:43)MZPTLK schrieb: Die elektrische Aktivität der Ischios beginnt natürlich um das Ende des Kniehubs herum, aber ich glaube nicht an eine (nahezu) konstante Intensität, weder empirisch noch als Zielvorgabe.
Im Übrigen: „… aber ich glaube nicht … weder empririsch noch …“ ! Kann man empirisch glauben? Das wäre zwar keine Paradoxon, aber ein Oxymoron!)

Bevor man das Zusammenspiel des ganzen Muskels-Orchesters bemüht, tut es gut, die Fertigkeiten der tragenden Instrumente (Pauke, 1. Geige, Querflöte…) zu überprüfen.
Die deutsche Sprache hat ihre Tücken.
Gemeint war, dass ich nicht an eine konstante Intensität glaube,
weder in Bezug auf empirische Verifikation noch dass sie als Zielvorgabe die beste Option darstellt.

Top-down-Ansatz oder Bottom-up?
Für mich eine falsche Alternative,
denn beim Menschen ist das Ganze anders(nicht unbedingt mehr) als die Summe seiner Teile.
Aber so hast Du es wohl auch nicht gemeint.

Ich hatte im Thread über die Hand-und Armbewegungen beim Sprint dafür plädiert,
im Falle von Verkrampfung die Spreizung der Finger zu lassen.
Oberstes Gesetz beim Sprint ist die Lockerheit und das optimale Zusammenspiel.
Potentiale einzelner Instrumente müssen zur Vermeidung von Irritationen und Störungen anderer Instrumente im Zweifel unausgeschöpft bleiben.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - Gertrud - 22.04.2015

Ich sehe anhand der unterschiedlichen EMG-Auswertungen von Komi et al (87), Thorstensson (89 - 8m/s) und Tidow/Wiemann (wohl bei deutschen Sprintern) erhebliche Unterschiede in der Aktivität der Ischios und des glutaeus maximus. Wer sagt uns denn, dass die deutschen Sprinter relevant in dieser Muskelaktivität oder irgendwelche Werte von Mittelklasseleuten sind? Die Ausprägungen können durchaus auch auf Trainingsfehlern wie beim geringeren Kniewinkel im deutschen Sprint gegenüber der Weltklasse beruhen.

Die Auswertung von Thorstensson zeigt, dass der Peak von glutaeus maximus und ischiocruraler Muskulatur hintereinander liegt. Das ist aus meiner Sicht auch eher möglich, weil der glutaeus nebensächlich über den tractus i. für die Kniegelenksarbeit zuständig ist, so das ich den früheren Peak als bei den Ischios für wahrscheinlich halte, was für die richtige Trainingssteuerung enorm wichtig ist. Die Auswertungen von Asafa Poweil schließen leider nicht die große Glutealmuskulatur ein.

Gertrud


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - W. Kronhard - 22.04.2015

Leut, heut ist einer von meinen wenigen Zwingenden Tagen im Jahr, der zwingt mich ehrlich zu sein. Unerträglich, aber was soll´s. 
Bislang nur praktisch unbrauchbares theoretische Zeug.
Praktisch brauchbar für mich wäre die Information der drei Momente im Sprint:
Nämlich: Aktivität der Po-Muskeln, der hinteren Oberschenkelmuskeln und der Waden in:
a) Bodenkontaktanfang 
b) Größte Beinbelastung in der Mitte der Kontaktzeit.
c) Hinten vor dem Bodenkontaktende.
Habe ich das, kann ich genau die Sprinteffektivität erkennen.

Tute mire leid Leut, ist so ausgerutscht, konnte heute nicht anders.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 22.04.2015

(21.04.2015, 21:30)MZPTLK schrieb: Danke!
Wie wurden die EMG-Werte im Altertum(1987) ermittelt?
Das scheint mir eine sehr volatile Messung zu sein.

Nach meiner laienhaften Vorstellung ist es sogar heute noch nicht möglich, EMG-Messungen intramuskulär vorzunehmen, schon gar nicht bei tiefliegenden Muskeln und überhaupt nicht bei vollem Lauf.

Sowohl m „Altertum“ und als auch heute werden die elektrischen Aktivitäten der Muskeln von Sportlern in Aktion zur Untersuchung koordinativer Prozesse stets mit Elektroden an der Oberfläche des Muskels (möglichst am „motorischen Punkt“) abgeleitet; denn welcher Sportler würde schon mit in die Muskeln implantierten Nadelelektroden ein halbwegs natürliches Laufverhalten produzieren. Daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Der Unterschied zwischen den Methoden im „Altertum“ (= vor den späten 80er Jahren) und heute liegt in der Aufbereitung der empfangenen Daten. Im Altertum wurden die Interferenzmuster der Muskeln – auch bei vollem Lauf per Funk übertragen und nach entsprechender Verstärkung auf Papier aufgeschrieben (so wie bei Mero & Komi). Die weitere Auswertung wurde – wenn überhaupt – „per Hand“ erledigt.

Seit dem können die Daten im PC gespeichert und die unterschiedlichsten Zusammenfassungen, Mittelwerte, Standardabweichungen … berechnet werden.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 22.04.2015

(22.04.2015, 13:24)W. Kronhard schrieb: Leut, heut ist einer von meinen wenigen Zwingenden Tagen im Jahr, der zwingt mich ehrlich zu sein. Unerträglich, aber was soll´s. 
Bislang nur praktisch unbrauchbares theoretische Zeug.
Praktisch brauchbar für mich wäre die Information der drei Momente im Sprint:
Nämlich: Aktivität der Po-Muskeln, der hinteren Oberschenkelmuskeln und der Waden in:
a) Bodenkontaktanfang 
b) Größte Beinbelastung in der Mitte der Kontaktzeit.
c) Hinten vor dem Bodenkontaktende.
Habe ich das, kann ich genau die Sprinteffektivität erkennen.

Tute mire leid Leut, ist so ausgerutscht, konnte heute nicht anders.

Und wie willst du in der Praxis die Information über die  Aktivität der Muskeln gewinnen? Das geht nur, indem du Elektromyografie praktizierst – vielleicht nicht die Art von Praxis, die du dir vorstellst. Lauf doch neben dem Sprinter her und befühle seine Muskeln, wenn du meinst, das wäre ein brauchbares und weniger theoretisches Zeug! Und dann musst du während dessen noch den „Bodenkontaktanfang“,  die Mitte der Kontaktzeit usw. auf die Millisekunde genau bestimmen, aufschreiben und alles einander zeitgenau zuordnen. Da geht es nach der Methode von Mero & Komi und Konsorten genauer! Aber dazu braucht man sehr viel theoretisches Zeug.



RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - Solos - 22.04.2015

Könntet ihr nochmal die genauen Quellen der Studien, über die ihr redet, benennen? Mich interessiert das methodische Zeugs.

Danke!

EDIT: habe gerade weiter oben die Quellenangabe gesehen. Wenn es noch weitere Quellen gibt, auf die hier Bezug genommen wurde, bitte posten. Danke.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 22.04.2015

(22.04.2015, 06:28)Gertrud schrieb: Ich sehe anhand der unterschiedlichen EMG-Auswertungen von Komi et al (87), Thorstensson (89 - 8m/s) und Tidow/Wiemann (wohl bei deutschen Sprintern) erhebliche Unterschiede in der Aktivität der Ischios und des glutaeus maximus. Wer sagt uns denn, dass die deutschen Sprinter relevant in dieser Muskelaktivität oder irgendwelche Werte von Mittelklasseleuten sind? Die Ausprägungen können durchaus auch auf Trainingsfehlern wie beim geringeren Kniewinkel im deutschen Sprint gegenüber der Weltklasse beruhen.

Die Auswertung von Thorstensson zeigt, dass der Peak von glutaeus maximus und ischiocruraler Muskulatur hintereinander liegt. Das ist aus meiner Sicht auch eher möglich, weil der glutaeus nebensächlich über den tractus i. für die Kniegelenksarbeit zuständig ist, so das ich den früheren Peak als bei den Ischios für wahrscheinlich halte, was für die richtige Trainingssteuerung enorm wichtig ist. Die Auswertungen von Asafa Poweil schließen leider nicht die große Glutealmuskulatur ein.

Gertrud

Die unterschiedlichen EMG-Auswertungen lassen sich in der Tat nicht schlüssig miteinander vergleichen. Je mehr Versuchspersonen zusammengefasst wurden, desto „glatter“ erscheint der Kurvenverlauf einer EMG-Aktivität, und je größer der Zeitabschnitt gewählt ist, über den das Roh-EMG gemittelt wird (bei Komi offensichtlich rund 50 ms), desto unschärfer werden die Peaks den Zeitabschnitten zugerechnet. Es ist durchaus denkbar, dass bei einer Mittelwertsbildung über jeweils nur 20 ms die Peaks für Glutaeus und Biceps fem. in unterschiedliche Zeitabschnitte gefallen wären.

Generell scheint es schwierig zu entscheiden, welcher Befund einer Trainingsmaßnahme zugrunde gelegt werden sollte,
- der Befund über einen einzelnen Spitzensprinter (etwa Asafa Powell), der möglicherweise nur für diesen mit seiner individuellen Morphologie gültig ist, aber weniger auf den zu trainierenden Athleten passt,
- oder ein aus einer größeren Gruppe gewonnene Mittelwert, von dem ausgehend der zu trainierende Athlet seine ihm angemessene Technik finden muss.