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Drehstoß - Geschichtliches und Technisches - Druckversion

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RE: Drehstoß - Geschichtliches und Technisches - gera - 20.10.2015

(20.10.2015, 12:22)dominikk85 schrieb: wie ist denn die Weitendifferenz zwischen 35 und 42 grad bei identischer V0 und abstoßhöhe?

und umgekehrt wieviel langsamer darf man mit 42 grad abstoßen um die gleiche weite zu erzielen?
bei angenommen ho=2,30 m und 14 m/s = Vo
würden sich rechnerische ergeben:

bei 35 Grad Abflugwinkel = 21,63 m
bei 42 Grad Abflugwinkel = 22,16 m


[geteilt] Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - Gertrud - 22.02.2016

(22.02.2016, 11:48)Hellmuth K l i m m e r schrieb: verstehe ich nur Ihre Bemerkung zur Nicht-Zulassung von Individualität im Falle Rolf Oesterreich nicht. Das hätte ich gern genauer erklärt, denn er wurde nicht wegen seiner Drehstoßtechnik gesperrt.

Er passte wohl nicht ins System - oder? Wie kann man einen so fähigen Mann mit so guten technischen Fähigkeiten aussperren? Hier hätte er sich durchgesetzt. Passte die Drehstoßtechnik denn damals ins System? Mir fehlte in manchen Bereichen so etwas die Flexibilität. In derartigen Systemen stößt man sehr schnell an Ecken und Kanten, wobei natürlich die damaligen DDR-Frauen in der LA führend waren. Nennen Sie doch bitte den wahren Grund für seinen Ausschluss!

Gertrud


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - dominikk85 - 22.02.2016

Die DDR hatte doch vor allem 2 Vorteile

1. Sie hatten quasi Zugriff auf die gesamte Bevölkerung, die zentrale talentsichtung bedeutete, dass die Verteilung der Athleten weniger nach Interesse, sondern mehr nach Talent ging. Daher machte auch das vermessen Sinn. Klar fallen da Kinder durchs Raster, aber es ging da ja nicht nur darum auszusortieren, sondern auch Kinder einem geeigneteren Sport zuzuführen. Wenn jemand als Kind zu klein aber talentiert war wurde er ja nicht aussortiert, sondern einem gerigneren Sport zugeführt. Die Leichtathletik war ja in der DDR nicht isoliert, sondern ins System eingebunden.

Bei uns dagegen ist die Rekrutierung allein interessengesteuert, es macht also überhaupt keinen Sinn talentierte Athleten mit einem suboptimalen Körper auszuschließen, da erstens eh nicht genug Nachschub da ist und außerdem die Athleten nicht so einfach zu nem anderen Sport abgeschoben werden können.


2. die frühzeitige totale Konzentration auf den Sport, die Sorge um den Beruf gab es nicht weil man in irgend einem Staatsbetrieb abgesichert war.


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - Hellmuth K l i m m e r - 22.02.2016

(22.02.2016, 12:02)Gertrud schrieb: Er passte wohl nicht ins System - oder?
Passte die Drehstoßtechnik denn damals ins System?
Nennen Sie doch bitte den wahren Grund für seinen Ausschluss!

Es ist einfach falsch und zu simpel alles auf das "sozialistische System" in der DDR zu schieben. (Sie sind da immer sehr schnell dabei und verketzern unseren Sport.)
Die Drehstoßtechnik wäre sicher bei uns eine willkommene Bereicherung gewesen; Ernst Schmidt hatte schon Filmaufnahmen und eine Bildreihe gemacht.

Der wahre Grund war also im"Fall Oesterreich" nicht, dass er eine neue Kugelstoßtechnik kreiert hatte, sondern dass man ihm nicht glaubte, dass er seine frappierende Leistungsentwicklung (1974: 16.28 m / 1975: 15.64 m / 1976: 22.11 m ) ohne Doping erzielt hatte.
Einer bei der "Kleinen Meisterschaft" des DVfL vom Dopingtestzentrum in Kreischa in Neugersdorf am 26.9.1976 vorgesehenen Kontrolle ging er "elegant" aus dem Wege, indem er (nach dem Einstoßen) eine Verletzung vortäuschte - obwohl er am Vortag noch gesund Diskus geworfen hatte. Kreischa musste unverichteter Dinge abziehen, da Rolf kein Wettkampfergebnis im Kugelstoß hatte. Big Grin (Ich war übrigens damals als Weitspringer vor Ort und erlebte das große Zuschauerinteresse an der Kugelstoßanlage.)

Mein frühere Kommilitone und spätere kurzzeitige Trainer von R. Oe., Günter Lunau, bestätigte mir diesen Vorfall.

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Heute könnte man vielleicht satirisch kolportieren: In der DDR durften nur geförderte Kader dopen - Amateure nicht. Sad

H. Klimmer / sen.


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - Gertrud - 22.02.2016

(22.02.2016, 16:38)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Der wahre Grund war also im"Fall Oesterreich" nicht, dass er eine neue Kugelstoßtechnik kreiert hatte, sondern dass man ihm nicht glaubte, dass er seine frappierende Leistungsentwicklung (1974: 16.28 m / 1975: 15.64 m / 1976: 22.11 m ) ohne Doping erzielt hatte.
Einer bei der "Kleinen Meisterschaft" des DVfL vom Dopingtestzentrum in Kreischa in Neugersdorf am 26.9.1976 vorgesehenen Kontrolle ging er "elegant" aus dem Wege, indem er (nach dem Einstoßen) eine Verletzung vortäuschte - obwohl er am Vortag noch gesund Diskus geworfen hatte. Kreischa musste unverichteter Dinge abziehen, da Rolf kein Wettkampfergebnis im Kugelstoß hatte. Big Grin (Ich war übrigens damals als Weitspringer vor Ort und erlebte das große Zuschauerinteresse an der Kugelstoßanlage.)

H. Klimmer / sen.

Das war wirklich der Witz schlechthin! Wink

Gertrud


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - dominikk85 - 22.02.2016

Hat es die DDR denn interessiert ob jemand gedopt war?Smile ( kein DDR Niedermachen, der Westen war da kaum besser)

Österreich hat bestimmt auch was eingeworfen, aber das haben Bayer und co. doch auch. Warum soll es dann ausgerechnet bei Österreich ein Problem gewesen sein?


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - decathlonitis - 22.02.2016

Deutschlands Frauen könnten nach Teilnahme an einer Fortbildung zur Drehstoßtechnik noch erfolgreicher werden.
Der SHLV hat Ralf Österreicher eingeladen um über diese Technik zu referieren.
Passt auch zum Thread: Drehstoßtechnik.
Hier der Link:
http://www.shlv.de/Archive/5099


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - dominikk85 - 22.02.2016

Wobei es bei den Frauen bisher kaum gute Drehstoßer gab. Hat überhaupt mal eine weltweit 20m gestoßen? Vielleicht ist die Technik für Frauen einfach nicht ideal.


RE: Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - MZPTLK - 25.02.2016

(22.02.2016, 16:38)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Es ist einfach falsch und zu simpel alles auf das "sozialistische System" in der DDR zu schieben. (Sie sind da immer sehr schnell dabei und verketzern unseren Sport.)
Die Drehstoßtechnik wäre sicher bei uns eine willkommene Bereicherung gewesen; Ernst Schmidt hatte schon Filmaufnahmen und eine Bildreihe gemacht.

Der wahre Grund war also im"Fall Oesterreich" nicht, dass er eine neue Kugelstoßtechnik kreiert hatte, sondern dass man ihm nicht glaubte, dass er seine frappierende Leistungsentwicklung (1974: 16.28 m / 1975: 15.64 m / 1976: 22.11 m ) ohne Doping erzielt hatte.


Die Leistungsssteigerungen von Rolf sind nicht korrekt dargestellt.
Die offizielle Lesart war, dass Rolf sportuntauglich sein sollte
und daher im offiziellen Verband kein Startrecht mehr haben durfte.
Clevere 'Lösung', denn andere Vorwände, wie Doping(wer nicht?) oder geschummelte Leistung(en) hätten ja auf Dauer nichts gefruchtet.
1978 hatte Rolf nochmal über 21 gestossen.
Alle Kampfrichter vor Ort hatten sowohl die Weite wie die Kugel bei den 22.11 als korrekt gewertet.


[geteilt] Deutschland erfolgreicher bei den Frauen? - Hellmuth K l i m m e r - 25.02.2016

(25.02.2016, 20:16)MZPTLK schrieb: Die Leistungsssteigerungen von Rolf sind nicht korrekt dargestellt.
Die offizielle Lesart war, dass Rolf sportuntauglich sein sollte
und daher im offiziellen Verband kein Startrecht mehr haben durfte.

1978 hatte Rolf nochmal über 21 gestossen.
Alle Kampfrichter vor Ort hatten sowohl die Weite wie die Kugel bei den 22.11 als korrekt gewertet.

Bei der BM 1976 in Zschopau (22.11 m) waren wahrscheinlich alle Wettkampfbestimmungen (auch die Kugel [angeblich mit Eindellungen für die Finger]) korrekt.
Aber 14 Tage später (in Neugersdorf) "entkam" er der beabsichtigten Dopingkontrolle.

Und mir ist nicht bekannt, dass Rolf jemals "sportuntauglich und ohne Startrecht" gewesen ist. (Wie hätte er dann weiter starten dürfen?) Allerdings - so mein früherer Koll. G. Lunau - gab's andre persönliche Auffälligkeiten des Stoßers - später dann, als er bei Lunau kurzzeitig weiter trainierte.
Die 21.30 m 1978 wurden wohl bei einem kleinen Sportfest in Karl-Marx-Stadt erzielt.

H. Klimmer / sen.