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Langstrecke im DLV - Druckversion

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RE: Langstrecke im DLV - Atanvarno - 15.10.2017

(15.10.2017, 09:21)Jo498 schrieb: Deutsche Triathleten sind in den letzten 20 Jahren auch besser als es deutsche Marathonläufer oder überhaupt deutsche Läufer auf irgendeiner Strecke >1500m es je in der Geschichte dieser Disziplin waren.

Hawaii-Sieger Patrick Lange kommt übrigens von der Leichtathletik, ist als 16-Jähriger 39:05 über 10km und als 17-Jähriger 2:55 über 1000m gelaufen.


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 15.10.2017

Selbst ich bin mit 15 oder 16 2:56 (sogar in einem Mehrkampf) gelaufen. Angel  Das ist natürlich nicht so aussagekräftig und das laufen sicher hunderte von fitten Fußballern u.ä. in dem Alter (lokal hat es damals meiner Erinnerung aber gelangt, um spontan rekrutierte Fußballer über 1000m bei "Jugend trainiert" zu schlagen).
Dass die Talente allesamt zum Triathlon abwandern, war vielleicht ein bißchen übertrieben.

Andererseits ist Triathlon eine Sportart, die noch in den 80ern in einer kleinen Nische war. Man kann sich m.E. schon fragen, woher sich die typischen Triathleten rekrutieren und ob die vor 35 Jahren alle Radrennfahrer geworden wären. (Schwimmer vermutlich eher wenige, da Langstreckenschwimmen ja auch nur eine kleine Nische ist) oder nicht doch ein paar Marathon oder ggf. Bahnläufer. So spezifisch dürfte die Begabung nun auch wieder nicht sein, dass mancher mit entsprechender früher Konditionierung auch gute Leistungen auf gemessen am Ironman sehr kurzen Distanzen hätte bringen können.

Dass die Leistungsdichte im Lauf ganz anders ist (und heute eben auch noch ganz anders als 1985) ist ja unbestritten. Es ging aber nicht hauptsächlich darum, dass  viele Afrikaner viel schneller laufen als Deutsche, sondern dass  letztere im Triathlon so außerordentlich gut sind, der heute eben keine winzige Nische mehr ist.

Und den "o tempo'a, o mo'es" Punkt mit allgemeiner mangelnder Fitness bzw. mangelnder Quälfähigkeit der Jugend für Ausdauerdisziplinen sehe ich auf jeden Fall durch Triathlonerfolge widerlegt.


RE: Langstrecke im DLV - Atanvarno - 15.10.2017

(15.10.2017, 12:57)Jo498 schrieb: Und den "o tempo'a, o mo'es" Punkt mit allgemeiner mangelnder Fitness bzw. mangelnder Quälfähigkeit der Jugend für Ausdauerdisziplinen sehe ich auf jeden Fall durch Triathlonerfolge widerlegt.

Ich nicht. Es sind definitiv weniger Jugendliche bereit sich zu quälen und dadurch ist der Talentpool, aus dem sowohl Leichtathletik als auch Triathlon schöpfen können kleiner als früher (wann auch immer man "früher" ansetzen möchte). Die, die den Weg zu den Sportarten noch finden und Erfolge feiern, sind natürlich bereit sich zu quälen, Leichtathleten nicht weniger als Triathleten.

Triathleten werden aus den von mir weiter oben angeführten Gründen mit größeren Erfolgen für die Qual belohnt.


RE: Langstrecke im DLV - Sprunggott - 15.10.2017

(15.10.2017, 09:49)Atanvarno schrieb:
(15.10.2017, 09:21)Jo498 schrieb: Deutsche Triathleten sind in den letzten 20 Jahren auch besser als es deutsche Marathonläufer oder überhaupt deutsche Läufer auf irgendeiner Strecke >1500m es je in der Geschichte dieser Disziplin waren.


Hawaii-Sieger Patrick Lange kommt übrigens von der Leichtathletik, ist als 16-Jähriger 39:05 über 10km und als 17-Jähriger 2:55 über 1000m gelaufen.

Es liegt doch in der Natur der Sportart, dass man hier "Ausdauerschwein" sein muss. 
Prozentual sollte man schon ein guter Radfahrer und Läufer sein, da hier Zusammen im Schnitt 7,5h benötigt werden, wärend Schwimmen mit "nur" ca. einer Stunde zur gesamten Zeit beiträgt. 
Zu bedenken ist, dass Erfolg intensiven Trainingsaufwand und die nicht unerheblichen Materialkosten geschuldet ist, was ein Profitum erfordert. Also hat der kenianische Läufer noch keine Chance Wink


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 15.10.2017

Ich korrigiere mich insofern, als dass Triathlon, jedenfalls in der Ironman-Distanz, eher eine Nische bedient, die es in vorher etablierten Sportarten so nicht gegeben hat und daher mit den normalen Langstrecken nicht recht zu vergleichen ist.
Ein Ironman dauert beinahe viermal so lang wie ein Marathon und auch erheblich länger als ein langes Straßenradrennen. Die Ausdauerbegabung, die man dafür benötigt, ist nicht grundverschieden von der für den Langstreckenlauf, aber ein Läufer muss halt viel schneller im Laufen sein. Big Grin

Patrick Lange war mit 13-16 Jahren anscheinend schon in der deutschen Spitze auf dem Mountainbike (o.k., kleine Nische). Die genannten Laufleistungen als Teenager sind verglichen damit bestenfalls durchschnittlich. Ich bin (1000m) bzw. wäre das mit 15 gelaufen, wenn ich mal für 10k trainiert hätte, ich bin mit 14 36 min. auf einer 9k-Strecke (für deren exakte Länge ich nicht garantiere) gelaufen und ich bin, nachdem es von A-Schüler zur B-Jugend ging und die anderen körperlich weiter waren und/oder spezfischer/mehr trainiert haben, meistens "hinterhergelaufen" und war in keiner Weise an irgendeiner "Spitze" dran.
Ich hatte nicht bedacht, wie weit ein 2:40-Marathon (so beachtlich das im Triathlon sein mag, und vermutlich würde Lange ohne Vorbelastung schon 2:25-30 laufen oder so) von 2:13 (oder gar 2:08) entfernt ist und wie schnell man auf Mittelstrecken dafür sein muss. Der 17jährige sollte mindestens 2:45 auf 1000m laufen, wenn er ein Marathonläufer werden will. (Und als Trainer aufmerksam wird man eher bei einen 17jährigen, der 2:30 läuft.)

Was die Quälfähigkeit betrifft, benötigte man mehr Details. Wie viele Leute betreiben irgendeine Sportart in der Breite/professionell vgl. mit 1970-80 (ich nehme das mal als "früher", jedenfalls spielte Triathlon damals keine Rolle)? Wie viele betreiben eine "Quälsportart" (letzteres gilt ja nicht unbedingt für Sprint und technische Disziplinen)? Wie sieht es speziell in Sportarten wie Langstreckenlauf, Triathlon, Rad, Ski nordisch aus?

Ganz unabhängig davon, finde ich schon interessant, wenn die Deutschen im Ironman so herausragen, im Langstreckenlauf aber (von ganz wenigen, eher punktuellen Einzelleistungen abgesehen) nicht nur der gegenwärtigen Weltspitze, sondern auch dem Niveau deutscher Läufer der 1970er-80er hinterherlaufen.


RE: Langstrecke im DLV - aj_runner - 16.10.2017

Aus Sicht eines Triathlon-Experten liest sich das so:
http://www.bild.de/sport/mehr-sport/triathlon/ironman-entdecker-spricht-ueber-lange-53542700.bild.html

Ich hätte da Schwierigkeiten, das auf die Langstreckenszene zu übertragen. Es stellt sich ja z.B. nicht die Frage, wie man jemanden im Marathon unter 2:20 h bringen kann, sondern unter 2:10 h.


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 16.10.2017

Jetzt habe ich extra den Ad-blocker deaktiviert, aber besonders inhaltsreich ist das, was der Trainer sagt nicht. Zuerst meint er anscheinend, Lange habe gewonnen, weil er dem Konkurrenten, als er im Marathon leichtfüßig vorbeizog, den Schneid abgekauft hätte. Also *Psychologie" Big Grin Dann ist auf einmal teutsches Technik- (Schrauben und Windkanal) und Organisationstalent das Erfolgsrezept.

Ich habe nicht systematisch gesucht, aber es gab ja ein paar Fälle, in denen ehemalige Triathleten auch recht erfolgreich Marathon gelaufen sind, z.B. Sonja Oberem oder Falk Cierpinski. 
Vermutlich hat man durch die Erfahrungen mit Triathlon und Ultraläufen auch Methoden etablieren können, wie langsamere Athleten (wie die Hahners) überproportional gut im Marathon laufen können.
Daher denke ich, das vielleicht doch ein paar Talente an diese Sportart verloren gehen (vielleicht mehr bei den Frauen).

Aber ein 2:10-Läufer muss einfach sehr schnell von unten sein, eine ganz andere Gestalt als ein typischer Schwimmer/Radfahrer und eben einen guten und ökonomischen Laufstil haben. Er muss deutlich überdurchschnittlich schnell schon auf 1500 sein, um 10k in ca. 29 laufen zu können, selbst wenn er außerordentlich langstreckenbegabt ist und mit 29 (statt 28) eine 2:10 laufen kann. Diese Kombination von Schnelligkeit und Ausdauer kann man durch puren Trainingsfleiß m.E. nicht zwingen, was ich beim Triathlon zwar auch bezweifle, aber das Talent muss dort nicht so spezifisch sein. Man unterläuft durch die Kombination der Sportarten quasi die Normalverteilungen der spezfischen Begabungen.


RE: Langstrecke im DLV - aj_runner - 16.10.2017

(16.10.2017, 14:07)Jo498 schrieb: Jetzt habe ich extra den Ad-blocker deaktiviert, aber besonders inhaltsreich ist das, was der Trainer sagt nicht.

Ich finde die Aussagen aufschlussreich. Mit keinem der genannten Argumente lässt sich ein guter Langstreckenläufer backen:

…Deutsch­land ist mitt­ler­wei­le Tri­ath­lon-Na­ti­on. Das ba­siert auf drei Säu­len. Wir sind Tüft­ler und Tech­nik, spe­zi­el­les Trai­ning im Wind­schat­ten­ka­nal zum Bei­spiel und der Ehr­geiz, immer noch eine Schrau­be mehr zu dre­hen, sind Tu­gen­den, die den Deut­schen da zu Gute kom­men. Da kann man fehlendes Talent in gewisser Form mit ausgleichen…

… Und man braucht Zeit. Min­des­tens 20 Stun­den pro Woche im Schnitt sind nötig, um sich auf einen Ironman vorzu­be­rei­ten…

… Es ist oft von Vorteil, aus einer anderen Sportart zu kommen. Schwimmen ist natürlich als Basis gut. Es kann aber auch Kampfsport oder Turnen sein. Die Motorik muss geschult sein. Das ist erstmal wichtiger als Ausdauer zu Beginn…


Bei uns war im Trainingslager einmal ein Triathlet dabei: 10 K in 35 Min, Schnelligkeit für Sub 2, bei den 1.000ern liefen ihm aber die B-Jugendlichen Kader-Mädels davon. Das Laufen an der aneroben Schwelle bzw. knapp drüber ist eine ganz andere Geschichte, als sich Stundenlang in der Fettverbrennung zu quälen.


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 16.10.2017

(16.10.2017, 19:42)aj_runner schrieb:
(16.10.2017, 14:07)Jo498 schrieb: Jetzt habe ich extra den Ad-blocker deaktiviert, aber besonders inhaltsreich ist das, was der Trainer sagt nicht.

Ich finde die Aussagen aufschlussreich. Mit keinem der genannten Argumente lässt sich ein guter Langstreckenläufer backen:

…Deutsch­land ist mitt­ler­wei­le Tri­ath­lon-Na­ti­on. Das ba­siert auf drei Säu­len. Wir sind Tüft­ler und Tech­nik, spe­zi­el­les Trai­ning im Wind­schat­ten­ka­nal zum Bei­spiel und der Ehr­geiz, immer noch eine Schrau­be mehr zu dre­hen, sind Tu­gen­den, die den Deut­schen da zu Gute kom­men. Da kann man fehlendes Talent in gewisser Form mit ausgleichen…

… Und man braucht Zeit. Min­des­tens 20 Stun­den pro Woche im Schnitt sind nötig, um sich auf einen Ironman vorzu­be­rei­ten…

… Es ist oft von Vorteil, aus einer anderen Sportart zu kommen. Schwimmen ist natürlich als Basis gut. Es kann aber auch Kampfsport oder Turnen sein. Die Motorik muss geschult sein. Das ist erstmal wichtiger als Ausdauer zu Beginn…

Bei uns war im Trainingslager einmal ein Triathlet dabei: 10 K in 35 Min, Schnelligkeit für Sub 2, bei den 1.000ern liefen ihm aber die B-Jugendlichen Kader-Mädels davon. Das Laufen an der aneroben Schwelle bzw. knapp drüber ist eine ganz andere Geschichte, als sich Stundenlang in der Fettverbrennung zu quälen.

Das stimmt alles. Aber wenn der besagte Typ sich ab 15 mit entsprechenden Intervalleinheiten konditioniert hätte, hätte er sich vielleicht auch an diese Art Belastung gewöhnt und ein guter Bahnläufer werden können. Das weiß man natürlich nicht vorher, wer welche Art Quälerei am besten erträgt und ob sie zu den vorhandenen Fähigkeiten passt. (Was absolut gesehen härter ist, kann man m.E. schwer sagen; es gibt gute Bahnläufer, die Marathon, selbst Halbmarathon nicht hinkriegen, weil sie eher die kürzere, intensivere Qual ertragen als die ausgedehnt.)
Das spricht insgesamt aber dafür, dass man doch potentielle Kandidaten verliert, weil sich für einige (talentierte und ehrgeizige) die anaeroben/Schwellensachen zu hart anfühlen und sie heute auf so etwas wie Ironmandistanz-Triathlon ausweichen können, während sie sich vor 30 Jahren vielleicht dran gewöhnt hätten, wenn eine erfolgreiche Karriere im Bahnlauf ihren Begabungen entgegen gekommen wäre.


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 12.11.2017

Ich habe nicht systematisch danach gesucht, sondern eher zufällig gefunden, daher vermute ich, dass es noch eine Reihe mehr gibt, die im Triathlon landen:
Peer Sönksen (*1998, Neubrandenburg) über 3000m dt. U20 Hallenmeister 2017, U18 Freiluft 2015, dt. M14 Rekord (8:49)   ist anscheinend "hauptamtlich" Triathlet (6. bei der DM 2016, 4. 2014 bei den Jugendspielen in Nanking)
Offenbar ein Riesentalent, aus dem Triathlontraining heraus immer noch unter den drei besten deutschen 3000/5000m-Läufern seines Alters, vielleicht wäre er mit Abstand der beste, wenn er sich aufs Laufen spezialisiert hätte. (Taucht seit 2014 nur noch sporadisch in Bestenlisten auf, daher vermute ich, dass der Triathlon seitdem klar im Zentrum steht und Läufe nur wahrgenommen werden, wenn es hereinpasst.)