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Langstrecke im DLV - Druckversion

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RE: Langstrecke im DLV - dominikk85 - 29.09.2014

natürlich sind die bedingungen bei uns nicht gut. es gibt genug andere verdienstmöglichkeiten bei uns und das große geld ist eh verteilt.

dennoch behaupte ich mal, dass 2:08 durchaus drin sind. das haben leute wie baldini oder einige spanier (OK spanier sind natürlich immer ein wenig verdächtig) auch geschafft. natürlich wird das alles andere als leicht und ein europäischer 2:08 läufer ist immer eine ausnahme, aber das es möglich ist zeigt ja auch ein viktor röthlin (der aus einem land kommt das noch wesentlich mehr "wohlstandsverwöhnt" ist als wir- der mann hatte halt den drive von innen heraus obwohl er das gleiche vermutlich auch woanders mit weniger arbeit hätte verdienen können).

bei den sprintern ist die lage ja ähnlich aussichtslos und dennoch hat sich da was getan, genau wie auf den 1500m.


RE: Langstrecke im DLV - Gertrud - 29.09.2014

In den afrikanischen Ländern rennen ja Scharen von Menschen gemeinsam. Ich glaube schon, dass das ein Anreiz und Vorteil ist; aber es gibt auch Einzelkämpfer bei den Äthiopiern wie Haile Gebreselassie. Der Langlauf hat dort einfach eine Tradition wie der Sprint auf Jamaika. Die Talente in Afrika Ost und West sind eben auch anders verteilt, wobei man diese Zuordnungen auch nicht immer anwenden kann. Jetzt hat Jamaika auch einen Top-Kugelstoßer. Gut - er bleibt im schnellkräftigen Bereich.

Es ist unglaublich, welch langen und schlanken Unterschenkel Dennis Kimetto hat. Ebenso unglaublich ist, dass er erst mit 24 Jahren mit dem Leistungssport begonnen hat. Er arbeitet wie die anderen Läufer ohne Coach. Die Athleten setzen ihr Trainingsprogramm selbst zusammen. Sein jüngerer Bruder gehört seit Neuestem zu seinem Camp. 

Gertrud


RE: Langstrecke im DLV - DerC - 04.10.2014

(29.09.2014, 16:59)Atanvarno schrieb: Es hat viel mit Mentalität zu tun. Man beachte mal, wie Arne Gabius' offensive Prognose zu seinen Marathonzielen auch hier im Forum beurteilt wird (s. Gabius läuft Marathon) und stelle dem Renato Canovas Aussage über die Gründ für den rapiden Leistungsanstieg im Marathon der letzten Jahre gegenüber

Die Ostafrikaner laufen einfach schnell, als Europäer muss man sich schlimmstenfalls noch rechtfertigen, wenn man hohe Ziele hat. So wird das nichts mit dem Aufschließen...
Volle Zustimmung!

Es gibt imo auch viel zu viel Hemmungen, die langen Strecken früh zu probieren, da sind die Hahners und K. Heinig rühmliche Ausnahmen. Da ermutigen und pushen die Trainer auch zu wenig. Imo sollten viel mehr LÄuferInnen im Frühjahr und/oder Herbst schonmal einen HM Wettkampf mitnehmen um da Erfahrungen zu sammeln und Hinweise auf das vorhandene Marathontalent zu bekommen. Und da meine ich alle Läufer ab 3000 Hindernis aufwärts.

Dann gibt es auch zu viel Angst hier unter Trainern, dass LäuferInnen langsam werden bei Ausdauertraining in hohem Umfang. Da gibt es viele Vorurteile. Wenn jemand auch genügend Tempo (und Sprints) trainiert, wird er eben nicht langsamer, auch bei hohen Umfängen nicht, jedenfalls nicht auf seinen Spezialstrecken.

Hier wird auch noch zu viel auf Alternativtraining gesetzt, statt Ursachen zu beseitigen, die ein hohes Laufpensum verhindern. Dann ist es imo auch kein Wunder, dass der Umstieg auf den M. schwer fällt wie bei einem Fitschen.

Übrigens: Über Anna Hahners Lächeln zu lästern ist albern, eine 2:26 ist in ihrem Alter sehr gut und näher an der Weltspitze als es alle dt. Marathonmänner derzeit sind. Manche werden denken, sie hat keine Luft mehr nach oben wegen ihrer Unterdistanzzeiten. Da kann man sich aber leicht täuschen. Am Tag des Berlinmarathons hätte sie z. B. sicher auch ihre PB im HM klar brechen können.

Und diese zur zeit beste deutsche Marathonläuferin wird bei der WM in london sicher nicht starten. Daran ist der Bundestrainer imo nicht unschuldig, aber der wird wohl bei der WM weiter im Amt sein und wieder seine Tochter laufen lassen können ....

Es wäre an der Zeit mal einen Trainer aus dem Ausland anzusprechen. Da käme mal frischer Wind. Heinig wird die Wende nicht schaffen, da bin ich mir mittlerweile leider sicher.

Gruß

C


RE: Langstrecke im DLV - turingfan - 05.10.2014

(29.09.2014, 20:37)dominikk85 schrieb: natürlich sind die bedingungen bei uns nicht gut. es gibt genug andere verdienstmöglichkeiten bei uns und das große geld ist eh verteilt.

dennoch behaupte ich mal, dass 2:08 durchaus drin sind. das haben leute wie baldini oder einige spanier (OK spanier sind natürlich immer ein wenig verdächtig) auch geschafft. natürlich wird das alles andere als leicht und ein europäischer 2:08 läufer ist immer eine ausnahme, aber das es möglich ist zeigt ja auch ein viktor röthlin (der aus einem land kommt das noch wesentlich mehr "wohlstandsverwöhnt" ist als wir- der mann hatte halt den drive von innen heraus obwohl er das gleiche vermutlich auch woanders mit weniger arbeit hätte verdienen können).

bei den sprintern ist die lage ja ähnlich aussichtslos und dennoch hat sich da was getan, genau wie auf den 1500m.
also zu sagen die deutschen langstreckenläufer sollten sich ein beispiel an den spaniern oder röthlin nehmen, wäre ja wie wenn man sagt die deutschen sprinter sollten sich an justin gatlin orientieren. bitte nicht. da doch lieber 2:12+. aber im ernst, ich glaube auch, dass eine 2:08 möglich ist, aber derzeit hat dieses potential nur gabius (in deutschland) und umsetzen kann er das sicher auch nur wenn er sich einmal auf den marathon spezialisiert.
und wer noch nicht davon überzeugt ist, dass auch die wertschätzung einer sportart in der allgemeinheit einfluss auf die leistungen und die leistungsdichte hat, soll sich einmal die ergebnisliste der japanischen Universitätsmeisterschaften im Halbmarathon ansehen.

ad
Zitat:Am Tag des Berlinmarathons hätte sie z. B. sicher auch ihre PB im HM klar brechen können.
unterdistanzleistungen heranzuziehen ist normalerweise sicher sinnvoll aber nicht bei den hahners. wenn die halbmarthon"bestzeit" schlechter ist als die marathonzeit/2 (wie bei anna) kann man glaube ich behaupten, dass die beiden auf die unterdistanzen keinen wert legen und auch noch nie wirklich versucht haben hier eine dem leistungsvermögen entsprechende marke zu setzen.


RE: Langstrecke im DLV - DerC - 05.10.2014

(05.10.2014, 00:00) turingfan schrieb: und wer noch nicht davon überzeugt ist, dass auch die wertschätzung einer sportart in der allgemeinheit einfluss auf die leistungen und die leistungsdichte hat, soll sich einmal die ergebnisliste der japanischen Universitätsmeisterschaften im Halbmarathon ansehen.
Ein guter Punkt. Wie kann der DLV das verbessern? Sicher nicht, in dem er die 10 km meisterschaft abschafft, wie einige hier fordern. Sicher auch nicht damit, dass 10k, Cross und HM jahrelang fast immer in der Provinz ausgetragen wurden.

Das interessante ist ja., dass sehr viele Menschen in D laufen (oder zumindest joggen) und man durchaus große Ahs und Ohs bekommt, wenn man als Hobbyläufer unter 3h läuft. Darin drückt sich aber auch gerade das Problem aus: In den 80ern gab es eine FpHase, da hatte in unserer gegend jeder halbwegs aktive Verein drei Sub3 läufer. Da konnte man zumindest in Läuferkreisen damit keine Aufmerksamkeit generieren.

Wenn man dann erzählt, was man bereit war, dafür zu trainieren, dann kommen eben die Reaktionen, die noch mehr über die Krise des Laufsports hier verraten. Da wird der täglich laufende Mensch zum Freak.
Die Reaktionen dürften sich da von den japanischen unterscheiden.

Und da kann man dann fragen, was sich in D geändert hat in den letzten 30 Jahren. Dann kommen wir auf zwei wichtige Punkte, an denen man zumindest auch einen Teil der afrikanische Erfolge fest machen kann:

1. Die Generation, die in den 80ern Marathon lief, wuchs in einer Zeit auf, in der die Bewegungsarmut hier längst nicht so ausgeprägt war wie später. Heute werde ich angestarrt wie ein Auto, wenn ich mal eine Strecke von 3 km gehe, um irgendwo hinzukommen. So was war in den 50ern normal, da sind viele solche Strecken zum nächsten Bahnhof gegangen, weil eben kein Bus fuhr und in vielen Familien in denen heute zwei Autos stehen keins vorhanden war.

Das ist natürlich ein Punkt, an dem der DLV die Zeit nicht zurückdrehen kann und sollte.
Man kann die Bewegung heute nur künstlich schaffen. Aber das ist ein Punkt, an dem imo noch nicht weit genug gedacht wird.

2. Die sozioökonomischen Parameter haben sich in D verändert. Seit den 70ern geht die Schre zwischen Arm und reich im wesentlichen auseinander. Seit Schröder wurden Sozialleistungen massiv beschnitten. In vielen Bereichen der Arbeitswelt ist jahrelanges vertrösten mit befristeten Verträgen normal. Der Druck an den Unis, schnell fertig zu werden, ist deutlich höher. An den Schulen auch: Über die Hälfte der Mittelstufenschüler bekommt Nachhilfe. Dazu kommt die Ganztagsschule
Das wirkt sich auf die Bereitschaft aus, viel Zeit und Herzblut in Lauftraining zu stecken. Das wirkt sich auf die Bereitschaft von Eltern aus, den Bewegungsdrang der Kinder zu fördern bzw freien Lauf zu lassen.

Da muss der DLV vor allem Einkommen für Läufer generieren. Vielleicht macht er ja was vernünftiges mit den neuen Einnahmen.

(05.10.2014, 00:00)turingfan schrieb: unterdistanzleistungen heranzuziehen ist normalerweise sicher sinnvoll aber nicht bei den hahners.
Grundsätzlich muss man mit den Hochrechnungen immer sehr vorsichtig sein, weil es recht viele MarathonläuferInnnen gibt, die nur bei den Marathonläufen nah genug an  der Topform sind. Und dann werden natürlich einige langsamer .... bei Fitschens marathonpotenzial konnte man nicht wohl mehr mit seiner alten 10000m Zeit arbeiten.
Weiter ist fraglich, ob die alten Umrechnungen noch in der heutigen Marathonära gelten, mit dem heutigen intensiveren Training sind möglciherweise bessere Umsetzungen möglich.

Und der erwähnte Bordin ist auch schon ein gutes Beispiel von extrem guter Umsetzung.

Man sollte da keine Denkverbote ausgeben, das ist auch ein Grund, der viele europäische Läufer bremst. Arne Gabius sollte - optimistisch gedacht -  Potential für 2h06 haben, wenn Ryn Hall das konhte, warum nich Gabius? Das einzige, was dazwischen kommen könnte wäre das Alter bzw Verletzungen. Aber im ersten 2:10 und im 4. Marathon 2:06 lkönnet bei künftig 2 Marathons pro Jahre klappen.

Und andere deutsche Läufer wie Pflieger durchaus für 2:08. Kawauchi läuft auch ne 2:08, und jetzt bitte mal die Unterdistanzleistungen von Kawauchi ansehen.

Wenn man ne 2h13 als das mögliche ansieht, kann man damit wenig erreichen, das ist die falsche Perspektive. 2h13 ist aber das, was talentierte Läufer laufen können, obwohl sie jahrelang falsch (nämlich Triathlon) trainiert haben wie ein Falk C.

Gruß

C


RE: Langstrecke im DLV - Gertrud - 05.10.2014

Ich sehe die Ursachen für unsere Laufschwächen nicht primär beim DLV. Die Gründe, dass in Kenia, Somalia und Äthiopien so viele Spitzenläufer hervorgebracht werden, liegen sicherlich auf den anderen sozialen Standards und auch auf der Motivationsebene. Diese Dinge kann der DLV nicht liefern. Er ist insofern ausgeliefert. Hier handelt es sich um einzelne "Laufverrückte". Es ist bei uns unglaublich, wie viele SuS von den Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht werden, wie viele dicke Jugendliche es schon gegenüber unserer Jugend gibt. Ich sehe auch in unserer Siedlung kaum ein Kind draußen spielen. Dieser Unterbau fehlt in Deutschland mittlerweile fast komplett. Dazu kommen die Langtage in der Schule, die kontinuierliche Vereinsarbeit unmöglich machen. Wenn eine/r einer geregelte Arbeit nachgeht, besteht die Schwierigkeit des Trainings an den frühen dunklen Tagen. Es gibt folglich Hindernisse ohne Ende. Soll man sich für 2:08 im Mittelfeld beruflich begrenzen? Diese Frage stellen sich doch auch zurecht viele.

Gertrud 


RE: Langstrecke im DLV - Gertrud - 19.10.2014

Mit Alina Reh und ihrem Trainer Michael Schwenkedel scheint ein Duo heranzuwachsen, dass der Weltspitze vielleicht Paroli auch im späteren Bereich bieten kann. Es ist nur zu wünschen, das sich dieses Team nicht auseinander dividieren lässt. Wenn alles sorgfältig und heil bleibt, wird dieses Team Furore machen. Es geht also doch auch in Deutschland. Ich habe zudem Auszüge aus seiner wissenschaftlichen Hausarbeit gelesen, so dass ich annehme, dass er sehr fundiert arbeitet. Wir haben diese akribisch arbeitenden Trainer immer wieder. Lasst sie in Ruhe arbeiten!

Gertrud


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 15.10.2017

Es hat schon wieder ein Deutscher den Ironman auf Hawaii gewonnen (Patrick Lange in Rekordzeit, weitere Deutsche auf 4 und 10, Mitfavorit Frodeno ist eingebrochen und erst nach über 9 Stunden angekommen). Seit 20 Jahren dominieren Deutsche diese Veranstaltung (bei den Männern). 1997 und 2016 waren die ersten drei Deutsche, insgesamt gab es seit 1993 27 Medaillenplätze für deutsche Männer, mehr als ein Drittel und mehr als für jede andere Nation. (4.-10. Plätze bin ich zu faul nachzugucken.) Damit sind Deutsche hier Größerordnungen erfolgreicher als in jeder vergleichbaren Ausdauersportart, insbesondere als in den leichtathletischen Laufdisziplinen.

Ich unterschreibe ja gerne, dass Kinder nicht mehr soviel zwanglos rumrennen, bolzen etc. wie vor 30 oder 50 Jahren. Dadurch wird der Pool, aus dem man für Mittel/Langstrecke schöpfen kann, sicher kleiner. Aber in der Spitze scheint die "Quälfähigkeit" nicht durch Wohlstand und Fettleibigkeit gebremst zu sein, oder woher die "Eisenmänner"?

Es kann nicht nur an den vorhandenen Kindern und Jugendlichen liegen. (Oder warum können die sich für Triathlon quälen, aber nicht für 5000m auf der Bahn?) Könnte es nicht eher so sein, dass der Fußball mehr denn je potentiell hervorragende Sprinter und Mittelstreckler abschöpft und Triathlon (und nordischer Skisport) die Langstreckenläufer?

@Mod: Vielleicht den Thread doch ins allg. Forum verschieben, denn um konkretes Lauf-Training ging es hier ja eigentlich eh nicht.


RE: Langstrecke im DLV - Atanvarno - 15.10.2017

Wieviele gute ostafrikanische Triathleten kennst du? Die guten deutschen Triathleten sind nicht die der Leichtathletik verloren gegangenen Talente. Sie können sich nur besser in Szene setzen, weil die Konkurrenz geringer ist. Im Triathlon können deutsche Athleten auch viel mehr mit der technischen Komponente punkten (Räder, Ernährung).

Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass einige der besten deutschen Triathleten positive Proben hatten (Jürgen Zäck, Nina Kraft) oder hochverdächtige Blutwerte (Lothar Leder).

Und Ausdauer ist nicht gleich Ausdauer. Triathlon auf der Ultradistanz hat wenig mit einem 5000m-Lauf zu tun.


RE: Langstrecke im DLV - Jo498 - 15.10.2017

Es ging u.a. auch darum, dass weiter oben vertreten wurde, die Schwäche in Laufdisziplinen läge an einer verfetteten Jugend, die sich nicht quälen könnte. Zumindest dieser Ansatz wird durch die erfolgreichen dt. Triathleten widerlegt.

Die Bahnläufe kann man erstmal einklammern. Deutsche Triathleten sind in den letzten 20 Jahren auch besser als es deutsche Marathonläufer oder überhaupt deutsche Läufer auf irgendeiner Strecke >1500m es je in der Geschichte dieser Disziplin waren.