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Neues Fördersystem der Sporthilfe - Druckversion

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Neues Fördersystem der Sporthilfe - trackwatchnds - 24.09.2024

Da es bislang - meines Wissens nach - nicht thematisiert wurde: Die Sporthilfe hat heimlich, still und leise ihr Fördersystem umgestellt.

Zentraler Baustein ist die Veränderung in Richtung des Nachwuchs', da NK1-Athlet:innen nun auch finanziell profitieren, wohingegen vor allem im Bereich PK Abstriche zu erwarten sind. Die ehemals praktizierte "Synchronisation" - also Gleichschaltung mit dem DOSB-Kadersystem - wird nun aufgehoben, d. h. PK-Athlet:innen werden nun nicht mehr automatisch qua Status mit der vollen Summe Grundförderung (ca. 700€ ohne Sportförderstelle) bedacht, da ein Verteilungsschlüssel mit Leistungsbezug greift. Zugrunde liegt hierbei die Anzahl an OK-Plätzen im vergangenen Olympiazyklus, die auf der Homepage so allerdings nicht benannt ist. 

Neu ist das so genannte "4-3-3-System", eine Einteilung in 
vier Blöcke/Gruppen:Talent-Team, Potenzial-Team, Top-Team und Alumni-Team 
drei Förderbereiche: finanziell, Kompetenz und Partnerangebote
drei Förderschwerpunkte: Grundförderung, Individualbausteine und Prämien.

Die finanzielle Partizipation des riesigen NK1 Blocks (ca. 80 - 100€/mtl. Grundförderung) wird somit durch eine leichte Reduktion im PK ermöglicht. Oben wird gedeckelt durch den Hard Cap in Höhe von 72k, dann werden keine zusätzlichen Sporthilfegelder bezahlt. Wer seine Angaben nicht transparent offen legt, erhält ebenfalls keine Förderung. Realistisch betrachtet betrifft dieser Passus in der Leichtathletik aber nur eine Handvoll Athlet:innen.

Für die visuellen Typen: 
[Bild: Foerdergrafik_Ohne_Logoleiste.jpeg]


RE: Netzfundstücke - Reichtathletik - 25.09.2024

(24.09.2024, 21:42)trackwatchnds schrieb: Da es bislang - meines Wissens nach - nicht thematisiert wurde: Die Sporthilfe hat heimlich, still und leise ihr Fördersystem umgestellt.

Zentraler Baustein ist die Veränderung in Richtung des Nachwuchs', da NK1-Athlet:innen nun auch finanziell profitieren, wohingegen vor allem im Bereich PK Abstriche zu erwarten sind. Die ehemals praktizierte "Synchronisation" - also Gleichschaltung mit dem DOSB-Kadersystem - wird nun aufgehoben, d. h. PK-Athlet:innen werden nun nicht mehr automatisch qua Status mit der vollen Summe Grundförderung (ca. 700€ ohne Sportförderstelle) bedacht, da ein Verteilungsschlüssel mit Leistungsbezug greift. Zugrunde liegt hierbei die Anzahl an OK-Plätzen im vergangenen Olympiazyklus, die auf der Homepage so allerdings nicht benannt ist. 

Neu ist das so genannte "4-3-3-System", eine Einteilung in 
vier Blöcke/Gruppen:Talent-Team, Potenzial-Team, Top-Team und Alumni-Team 
drei Förderbereiche: finanziell, Kompetenz und Partnerangebote
drei Förderschwerpunkte: Grundförderung, Individualbausteine und Prämien.

Die finanzielle Partizipation des riesigen NK1 Blocks (ca. 80 - 100€/mtl. Grundförderung) wird somit durch eine leichte Reduktion im PK ermöglicht. Oben wird gedeckelt durch den Hard Cap in Höhe von 72k, dann werden keine zusätzlichen Sporthilfegelder bezahlt. Wer seine Angaben nicht transparent offen legt, erhält ebenfalls keine Förderung. Realistisch betrachtet betrifft dieser Passus in der Leichtathletik aber nur eine Handvoll Athlet:innen.

Für die visuellen Typen: 
[Bild: Foerdergrafik_Ohne_Logoleiste.jpeg]

Interessant. Mir stellt sich aber die Frage: Welchen signifikaten Unterschied sollen "bis zu 100 Euro monatlich" ernsthaft machen? Das ist in meinen Augen ein nettes Taschengeld, aber es ermöglicht doch wohl kaum eine Verbesserung des Trainings weil man "deshalb" nun andere Sportstätten oder so nutzen kann oder gar den Standort wechselt. Ich würde sagen, entweder muss es so viel Geld sein, dass man dadurch auf einen Nebenjob als Studi verzichten kann oder an einen fremden Ort die Miete zahlen kann, oder man lässt es. 
Klar: Es gibt fälle, wo man sich ohne dieses Geld z.B. nicht Spritgeld oder Deutschland-Ticket leisten kann oder die Mitgliedschaft in einem Fitnesstudio oder Physio. Aber wenn es an 80 Euro/Monat mangelt, dann ist das ein soziales Thema. Demnach müsste das ähnlich wie Bafög dann eher vom Einkommen der Eltern abhängig sein. Nachwuchssportlern von helikopter-Eltern 80 Euro zu geben macht die keinen deut besser. Dann besser den etwas schlechteren Athleten, die bei alleinerziehenden Eltern leben und den Euro für die Mitgliedschaft im Sportverein zusammen kratzen müssen.

Oder übersehe ich etwas? Dann weißt mich gerne darauf hin.
Ich verstehe nur nie was zweistellige Beträge für einen relevanten Unterschied machen sollen? Kapiere ich auch nie bei Vereinen, die damit Leute "anwerben". 

Was ich mir von der Sportförderung auch wünschen würde wären Trainer-Stipendien. Es gibt Standorte wo Verbände/Städte/Vereine sich keine Coaches leisten können. Vielleicht sollten ehrenamtliche Trainer, die Kaderathleten betreuen Sporthilfe erhalten...


RE: Netzfundstücke - S_J - 25.09.2024

(25.09.2024, 09:55)Reichtathletik schrieb: Aber wenn es an 80 Euro/Monat mangelt, dann ist das ein soziales Thema. Demnach müsste das ähnlich wie Bafög dann eher vom Einkommen der Eltern abhängig sein. Nachwuchssportlern von helikopter-Eltern 80 Euro zu geben macht die keinen deut besser. Dann besser den etwas schlechteren Athleten, die bei alleinerziehenden Eltern leben und den Euro für die Mitgliedschaft im Sportverein zusammen kratzen müssen.

Dann bräuchtest du eine weitere Stelle in der Verwaltung, die das wie beim Bafög prüft und bearbeitet, wodurch dann wieder Personalkosten entstehen, die weder bei Athleten noch bei Trainern oder gar Sportstätten ankommen.


RE: Netzfundstücke - gocgn - 27.09.2024

(25.09.2024, 09:55)Reichtathletik schrieb: Für die visuellen Typen: 
Interessant. Mir stellt sich aber die Frage: Welchen signifikaten Unterschied sollen "bis zu 100 Euro monatlich" ernsthaft machen? Das ist in meinen Augen ein nettes Taschengeld, aber es ermöglicht doch wohl kaum eine Verbesserung des Trainings weil man "deshalb" nun andere Sportstätten oder so nutzen kann oder gar den Standort wechselt. Ich würde sagen, entweder muss es so viel Geld sein, dass man dadurch auf einen Nebenjob als Studi verzichten kann oder an einen fremden Ort die Miete zahlen kann, oder man lässt es. 
Klar: Es gibt fälle, wo man sich ohne dieses Geld z.B. nicht Spritgeld oder Deutschland-Ticket leisten kann oder die Mitgliedschaft in einem Fitnesstudio oder Physio. Aber wenn es an 80 Euro/Monat mangelt, dann ist das ein soziales Thema. Demnach müsste das ähnlich wie Bafög dann eher vom Einkommen der Eltern abhängig sein. Nachwuchssportlern von helikopter-Eltern 80 Euro zu geben macht die keinen deut besser. Dann besser den etwas schlechteren Athleten, die bei alleinerziehenden Eltern leben und den Euro für die Mitgliedschaft im Sportverein zusammen kratzen müssen.

Oder übersehe ich etwas? Dann weißt mich gerne darauf hin.
Ich verstehe nur nie was zweistellige Beträge für einen relevanten Unterschied machen sollen? Kapiere ich auch nie bei Vereinen, die damit Leute "anwerben". 

Was ich mir von der Sportförderung auch wünschen würde wären Trainer-Stipendien. Es gibt Standorte wo Verbände/Städte/Vereine sich keine Coaches leisten können. Vielleicht sollten ehrenamtliche Trainer, die Kaderathleten betreuen Sporthilfe erhalten...
 
Einmal das was S_J sagt und: 

Ich glaube, dass selbst eine kleine Fördersumme bei den jungen Athleten einen motivatonale Komponente ist. Teil der Sportförderung zu sein heißt gesehen zu werden. Das kann dazu führen dass vielversprechende Talente und Karrieren nicht frühzeitig an den Nagel gehangen werden.


RE: Netzfundstücke - Reichtathletik - 27.09.2024

Zitat:Einmal das was S_J sagt und: 

Ich glaube, dass selbst eine kleine Fördersumme bei den jungen Athleten einen motivatonale Komponente ist. Teil der Sportförderung zu sein heißt gesehen zu werden. Das kann dazu führen dass vielversprechende Talente und Karrieren nicht frühzeitig an den Nagel gehangen werden.

Ich sehe aber auch oft das gegenteilige Phänomen: Diejenigen, die knapp dahinter sind, sind neidisch und es gehen Trainingsgruppen kaputt. Oder Athleten die sich früh entwickeln (manchmal auch zu früh) bekommen ein paar Euro, die sie keinen deut besser machen, und wenn dann eine erste Delle ins System kommt und das Geld nicht mehr fließt, ist die Motivation erst recht futsch und die Leute hören auf...

Ich sehe hier einfach zu viel Gießkanne/Belohnungssystem und zu wenig wirkliche Förderung.


Apropos Belohnungssystem: Die letzten Tage habe ich eine ganze Reihe von Athletinnen und Athleten bei irgendwelchen Freizeit-Camps (in Österreich?) von der Sporthilfe gesehen. Klang alles nach einer schönen Freizeit. Da bin ich auch etwas hin und her gerissen. Einerseits finde ich es gut, wenn Sportler auch mal eine Belohnung bekommen. Andererseits frage ich mich ob das Geld nicht besser in ein paar mehr Athleten oder Trainerstellen investiert wäre...


RE: Netzfundstücke - S_J - 27.09.2024

(Gestern, 14:06)Reichtathletik schrieb: Ich sehe aber auch oft das gegenteilige Phänomen: Diejenigen, die knapp dahinter sind, sind neidisch und es gehen Trainingsgruppen kaputt. Oder Athleten die sich früh entwickeln (manchmal auch zu früh) bekommen ein paar Euro, die sie keinen deut besser machen, und wenn dann eine erste Delle ins System kommt und das Geld nicht mehr fließt, ist die Motivation erst recht futsch und die Leute hören auf...

Ich sehe hier einfach zu viel Gießkanne/Belohnungssystem und zu wenig wirkliche Förderung.

Wie man sichtet, ohne die Frühentwickler zu bevorteilen (oder sei es auch nur die in der ersten Jahreshälfte geborenen... ), ist sicherlich eine spannende Frage, auf die ich keine gute Antwort habe. Aber das gehört dann wohl auch eher in den Talentsichtungsthread...

Ich denke, dass da viel mehr in flächendeckende Stützpunkte auf Landesebene investiert werden müsste, um Talente vereinsübergreifend fördern zu können.

(Gestern, 14:06)Reichtathletik schrieb: Apropos Belohnungssystem: Die letzten Tage habe ich eine ganze Reihe von Athletinnen und Athleten bei irgendwelchen Freizeit-Camps (in Österreich?) von der Sporthilfe gesehen. Klang alles nach einer schönen Freizeit. Da bin ich auch etwas hin und her gerissen. Einerseits finde ich es gut, wenn Sportler auch mal eine Belohnung bekommen. Andererseits frage ich mich ob das Geld nicht besser in ein paar mehr Athleten oder Trainerstellen investiert wäre...
Man kann es ja als einen Belohnungsurlaub für die Landestrainer sehen Big Grin


RE: Netzfundstücke - Delta - 27.09.2024

Die Schweiz hat PISTE schwierig zu merken

„Prognostisch Integrative Systematische Trainer-Einschätzung“

Sprich der Einzelwert des Athleten zählt da deutlich weniger. Die Einschätzung gilt für 2 Jahre mit Primärziel EM Tauglichkeit. Was besonders ist, das Model gilt für verschiedene Sportarten. Volleyball, Schiessen, Leichtathletik, Schwimmen


https://swiss-athletics.ch/de/athleten/nachwuchs/kader-2/
Kleines Video dazu



Das Manual

https://swiss-athletics.ch/wp-content/uploads/Broschuere-PISTE-Manual-LA_2024.pdf


RE: Netzfundstücke - S_J - 27.09.2024

https://www.youtube.com/watch?v=LtkMOqxuuj0

In dem Interview mit Eric Fisher (Edinburgh AC) gibt es ein schönes Zitat:
Zitat:Top Coaches should be with the young athletes. Anyone can hold a stopwatch for a developed senior athlete.

Vielleicht etwas überspitzt, aber ich denke es zeigt, wo man mit der Förderung ansetzen sollte und könnte. Dann muss man später auch deutlich weniger Fehler und orthopädische Schäden korrigieren (:


RE: Neues Fördersystem der Sporthilfe - trackwatchnds - 28.09.2024

Ich habe den Eindruck, die Vorstellung von optimaler Förderung und vor allem deren Handhabung geht soweit auseinander, dass sich niemand darauf einigen kann, was eigentlich konkret unternommen werden soll.

Diese Konzeptlosigkeit spiegelt sich dann auch auf Seiten der finanzierenden Akteure wider.
Der DOSB will Platz 5 im Medaillenspiegel, kritisiert wird aber, dass sie ein Belohnungssystem geschaffen haben. Lückenkemper (exemplarisch) beschwert sich, dass unsere Halbprofis mit vollfinanzierten und abgesicherten Vollprofis anderer Nationen in den Wettbewerb treten, der Nachwuchs ist wichtig - da sind sich alle einig - aber deren Inklusion in die Sporthilfe wird von den PKlern kritisch beäugt, noch früher müsse man ansetzen, aber die Gießkanne soll es auch nicht sein.
Der stetig an politischem Einfluss gewinnende Akteur "Athleten Deutschland" verfolgt scheinbar seine eigene Agenda und fordert irgendwas zwischen Fantasia und Utopia, stellt gar den Leistungsgedanken in Frage (vgl. "Warum ist es uns das wert?").

Das unfassbare Potenzial des deutschen Mittelstandes und der Großunternehmen hat scheinbar wenig Interesse am Sport außer Fußball, sodass fast die komplette Förderlast beim Bund liegt.
Dieser wiederum investiert direkt (ca. 1,2 Mrd. € pro Olympiazyklus) und indirekt (etwa: Teilfinanzierung Sporthilfe, IAT, FES, OSPs) in einer Dimension, die für eine 83 Millionen Nation locker für die Top 5 reichen müsste, aber zum Schluss klagen trotzdem die Hauptakteure - Trainer:innen und Athlet:innen - darüber, nicht genug abzubekommen. Stattdessen versickert eine beträchtliche Summe im sumpfartigen Wasserkopf an Funktionären und bürokratischen Hindernissen.

Die Orientierung an Best Practice Modellen ergibt auch nur mäßigen Erkenntnisgewinn, weil es jeder anders macht. Puh...

Was soll konkret getan werden? Keine Schlagworte, bitte!

Edit: Mich interessiert das Meinungsbildung hier im Forum dazu wirklich.