Fazit EM aus sportlicher Sicht - Druckversion +- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com) +-- Forum: Archiv (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=18) +--- Forum: Großereignisse (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=19) +---- Forum: EM 2024 in Rom (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=44) +---- Thema: Fazit EM aus sportlicher Sicht (/showthread.php?tid=5767) |
Fazit EM aus sportlicher Sicht - aj_runner - 13.06.2024 Insgesamt war es ein ordentliches Auftreten der Deutschen Mannschaft. Die Enttäuschungen hielten sich in Grenzen, häufig gab es (in einer noch sehr jungen Saison) SB und teilweise PBs. Bei einigen Holzmedaillen fehlte auch das Glück. Unter dem Strich würde ich das als Aufwärtstrend bewerten. Das darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass das Leistungsniveau insgesamt gestiegen ist und die Lücken in vielen Bereichen noch gravierend sind. Deshalb kann die EM und die Leistungsentwicklungen nur ein erster Schritt sein, dem noch viele Folgen müssen, um wirklich wieder Anschluss zu finden. RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - eierluke2 - 13.06.2024 Bei den deutschen Männern lief es insgesamt erwartungsgemäß. Medaillien: Ich hatte mit 3 Medaillien gerechnet Läufe: 1 x Bronze 200 m (Hartmann, wobei auch dessen blackout mich nicht wirklich überraschte) (Gehen ignoriere ich aus Prinzip) Sprünge: nichts Würfe: 1 x Silber Speer Weber (Vadeij war mein Favorit) Mehrkampf: 1 x Bronze Zehnkampf Kaul (hier hatte ich mit Skotheim als Sieger gerechnet) Überraschend erfreut haben mich die 2 guten Auftritte junger Athleten über 400 Hürden und im Hammer. Auch die Staffeln haben Spass gemacht. Schön auch, dass wir Enkampfteilnehmer in allen Sprungwettbewerben hatten. Da ich aber grundsätzlich nicht so ein Medaillien Zähler bin fand ich vor allem wichtig und positiv, dass sehr viele Athlerten ihr persönliches Leistungsvermögen abrufen konnten (auf welchem Platz sie dann auch immer gelandet sind). RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - Reichtathletik - 13.06.2024 Ich denke man muss mehrere Dinge unterscheiden: Das individuelle Abschneiden, das absolute Abschneiden und das relativ Abschneiden. Auf der individuellen Basis ist in aller Regel Lob angebracht. Es gab viele positive Überraschungen/Entwicklungen, gerade auch von jüngeren Athleten, z.B. im Hammerwurf der Männer, 800m Frauen, die Disziplin-Tendenz in 400m und 400m Hürden. Dazu konnten einige erste Erfahrungen bei den Gro0en Sammeln (Sonsna, Dehning), die vielleicht bereits mehr erhofft haben, aber die Zukunft noch vor sich... Absolut kann der DLV eigentlich nicht zufrieden sein. Es gab defakto nur 2 Gold-Hoffnungen, eine hat gezündet. Das ist eine normale Quote. Aber in der absolut ersten Reihe spielt man selten mit – sogar europäisch. Das Gute ist, dass die Gold-Hoffnungen auch auf Welt-Maßstab Medaillenfähig bis Goldfähig sind, das wird in anderen Disziplinen wie z.B. Hindernis der Männer anders ausfallen vermutlich. Allerdings muss man hier auch festhalten, dass diese Situation zu ändern nicht kurzfristig gelingen kann, sondern nur mittel- bis langfristig. Von daher war das Ergebnis in dieser Hinsicht auch erwartbar. Was mir sorge macht, ist das relative Abschneiden. Von den 11 Medaillen waren 4 Team-Medaillen. Klingt erstmal schön, aber das bevölkerungsreichste Land Europas muss eigentlich schon aufgrund der Masse bei den Teams immer eine Rolle spielen. Hier ist eher ernüchtern, dass man es zweimal nicht getan hat (und ein weiteres Mal nicht weil man nicht qualifiziert war). Wobei man schon festhalten kann, dass die Frauenstaffel nach 3(?) Ausfällen überhaupt noch konkurrenzfähig ist, das liegt an eben jenem Effekt. Dennoch müsste insgesamt der Anspruch höher sein, ich denke das ist er auch. Aber auch hier: Langfristig - wobei ich in dem Sektor bisher wenig sehe. Denn hier müsste die Antwort eigentlich heißen: "Mehr Athleten insgesamt generieren", der Trend geht in die gegenteilige Richtung. Einige der EM-Starter sind nicht einmals im Kader... RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - Oliver - 13.06.2024 Ein Aufwärtstrend konnte ich bis auf die 400m (inklusive Hürden), Weitsprung, Hammerwurf der Männer und den Diskuswurf der Männer nicht wirklich erkennen. Sehr viele deutschen Athletinnen und Athleten haben ihr Leistungsniveau abgerufen. Das internationale Leistungsniveau ist in vielen Disziplinen aber stark gestiegen. Leider hat sich das Niveau der deutschen Athleten nicht gleichzeitig erhöht, so dass am Ende wir nur Mihambo als Europameisterin feiern konnten. Die Erfolge von Mihambo haben in der Vergangenheit einiges an strukturellen Problemen in der deutschen Leichtathletik vertuscht. Interessanterweise ist der Hochsprung bei den Männer und Frauen international im Moment eine Disziplin, wo das internationale Niveau relativ niedrig ist. Bei den Männer haben wir hier zwar Athleten, welche das Potential haben, Medaillen zu gewinnen, aber permanent verletzt sind. Laut Niklas Kaul war die Anlaufbahn beim Hochsprung sehr weich. Ich hatte das Gefühl, dass dies zum Nachteil der Athleten wurde, welche einen relativ schlechten Fußaufsatz beim Absprung und zum Teil sogar im Anlauf hatten. Die Hoffnung, dass hieraus Schlüsse gezogen werden und hart an der Technik gearbeitet wird, habe ich aber nicht. Der Diskuswurf der Männer ist auf einen guten Weg. Hier haben wir sehr viele gute Werfer und Janssen kommt der Weltspitze immer näher. Ebenfalls haben wir im Zehnkampf sehr viele junge Athleten, welche der Durchbruch in die Weltspitze schaffen könnten. Beim Siebenkampf dagegen, bin ich weniger optimistisch. RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - kallinator - 13.06.2024 Hallo Oliver, treffende Analyse! Beim Siebenkampf muss man aus meiner Sicht noch abwarten wie es mit Sprengel und Meßing weitergeht. Da könnte noch was möglich sein. Bei Kienast glaube ich aufgrund der Verletzungen nicht mehr an den Durchbruch, werde aber gerne eines Besseren belehrt. RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - Gertrud - 13.06.2024 (13.06.2024, 08:39)Oliver schrieb: Interessanterweise ist der Hochsprung bei den Männer und Frauen international im Moment eine Disziplin, wo das internationale Niveau relativ niedrig ist. Bei den Männer haben wir hier zwar Athleten, welche das Potential haben, Medaillen zu gewinnen, aber permanent verletzt sind. Laut Niklas Kaul war die Anlaufbahn beim Hochsprung sehr weich. Ich hatte das Gefühl, dass dies zum Nachteil der Athleten wurde, welche einen relativ schlechten Fußaufsatz beim Absprung und zum Teil sogar im Anlauf hatten. Die Hoffnung, dass hieraus Schlüsse gezogen werden und hart an der Technik gearbeitet wird, habe ich aber nicht. Bei Przybylko ist der Fußaufsatz eine Katastrophe und dass nicht nur bei ihm in der absoluten Weltklasse. Außerdem hat er starke genua vara (O-Beine). Bei einem solchen Athleten muss man sehr engmaschig Übungen installieren, die die Strukturen in den Werten eingrenzt, um keine Schäden zu produzieren. Man muss bei ihm immer die Statik im Auge haben. Eine hervorragende Person aus dem Medizinbereich hat mal sinngemäß zu mir gesagt: "Es bringt nichts, an der Stiffness der Achillessehne zu arbeiten, wenn die Strukturen anomal gebaut sind." Er hat wohl starke Schmerzen, wie man in Rom sehen konnte - und das nicht erst seit gestern. Die Reihenfolge der Einflussnahmen sollte einleuchtend sein!!! Das Absenken eines medialen Vorsprungs wird sicherlich über 1cm und damit im vulnerablen Bereich seit langem liegen. Ich habe spontan ein Prophylaxeprogramm installiert. Zitat:Der Diskuswurf der Männer ist auf einen guten Weg. Hier haben wir sehr viele gute Werfer und Janssen kommt der Weltspitze immer näher. Ich bin bei Sosna nicht davon überzeugt, dass er strukturell ungeschoren davonkommt. Das bin ich übrigens auch nicht bei Dehnings brachialer Wurftechnik. Das sah in Halle noch besser aus. Er wird nicht lange durchhalten können, wenn er weiterhin technisch so instabil wie in Rom wirft. Das geht auf Knochen, Knorpel und Bänder - ganz klar. Zitat:Ebenfalls haben wir im Zehnkampf sehr viele junge Athleten, welche der Durchbruch in die Weltspitze schaffen könnten. Beim Siebenkampf dagegen, bin ich weniger optimistisch. Ich vermisse im Mehrkampf eine gute Verletzungsprophylaxe. Da habe ich mit dem Rotstift schon einiges herausgefiltert, weil ich mir das Übungsgut schon sehr genau ansehe. Wir driften in den Vorstellungen sehr weit auseinander. Wenn wir im Siebenkampf von Weltklasse reden, kommt momentan für mich nur Sophie Weißenberg in Frage. Allerdings macht ihr Fuß mich nachdenklich. Auch C. Schäfer hat immer noch Potential; ich habe damals ihren Abgang von den Frankfurter Trainern nicht verstanden. Günter Eisinger hat sie sehr gut im Hochsprung geführt und bei Jürgen Sammert war sie im Schnelligkeitsbereich auch in guten Händen. Sie hat zwischendurch bei Lothar Altmeier im Drehstoß experimentiert. Andere Athletinnen nutzen ihn hervorragend. Manchmal braucht man nur etwas Geduld. Im Siebenkampf gibt es eine sehr talentierte Athletin. Manchmal braucht man zur Weiterentwicklung nur die Assistenz und Hilfe guter ehemaliger 7-K-TuT zum Heimtrainer, um das Potential zu verwirklichen. Gertrud RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - eierluke2 - 13.06.2024 Jetzt geht es nicht mehr nur um EM Fazit, sondern schon gleich um Zukunft der Leichtathletik. Also zur künftigen "Jagd nach Medaillien" Läufe: Problematisch: es ist eine Sportart, wo es so richtig viel zu verdienen nur in den Läufen gibt (oder man ist vom anderen Stern, wie Duplantis). Inzwischen finden Talente aus aller Welt den Weg in die Weltspitze. Da wir nur ein begrenztes Potential genetisch geeigneter Läufer haben mit vielen schnell zuckenden Muskelfasern oder ausgebildetem Herzkreislaufsystem bei günstigen Last- Kraftverhältnissen (z.B. schlanke Knöchel, unsw.) haben gilt es die wenigen geeigneten Talente sytematisch zu identifizieren. Dabei gilt zusätzlich Möglichkeiten zu schaffen um es auch denen, deren Karrierehighlight (physiologisch begrenzt) sein wird sich einmal für eine EM qualifizieren zu können, finanziell den Leistungssport zu ermöglichen - sonst stirbt die Sportart, trotz womöglich kleiner identifizierter Spitze. Dann gibt es noch Sprünge, Würfe und Mehrkampf Bei den Sprüngen gibt es immer mal Einzeltalente (identifizieren und fördern) und was Stabhoch betrifft haben wir noch immer Vorteile, das wir ein Land sind, in dem es überall Stabhochsprunganlagen gibt. Daher ist das eine Diziplin, wo was möglich ist. Für die Entwicklung von Talenten ist aber schon früh turnerisches und athletisches Talent parallel zu fördern und besonders gilt es das Kleinhirn (verantwortlich für Bewegungsabläufe) von frühester Jugend an zun trainieren. --> dann kann da richtig was gehen. Würfe: Es gibt rein konstitutionell theoretisch Talente in Hülle und Fülle, man muß das Betreiben der Disziplinen nur in verschiedener Hinsicht attraktiver machen (Für die entsprechenden Faktoren und Ideen braucht es wohl einen eigenen Thread). Mehrkampf: Mit dem Fokus auf Vielseitigkeit in der Jugend haben wir hier haben wir tatsächlich schon seit langer Zeit vieles richtig gemacht. Alles geht noch besser, aber es gibt bei uns viele, die das von Physis und vor allem Mentalität her erfolgreich betreiben können. Zu achten ist darauf, dass frühzeitig Beweglichkeit und Koordination geschult werden. Talente wie Paul Meier, Rico Freimuth oder Kai Kazmirek hätte bei entsprechender früher Schulung dieser Bereiche noch sooooooo viel besser werden können. RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - frontrunner800 - 13.06.2024 (13.06.2024, 09:48)eierluke2 schrieb: Jetzt geht es nicht mehr nur um EM Fazit, sondern schon gleich um Zukunft der Leichtathletik. +1 RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - marathoni - 13.06.2024 Bei Lückenkemper hab ich Fragezeichen. Ob sie wirklich noch an die europäische Spitze aufrücken kann? Das würde ihr in Paris aber auch nicht viel bringen. Schön wäre, wenn Klosterhalfen zumindest im Laufen noch dazu stößt - sonst seh ich da wirklich niemanden, der außerhalb von Europa irgendwie was reißen kann. Die Hindernisläufer ausgenommen. RE: Fazit EM aus sportlicher Sicht - Reichtathletik - 13.06.2024 Was ich mich auch frage, auch wenn es nur indirekt zur sportlichen Sicht gehört, wer ist geeignet "Zugpferd" der deutschen LA zu sein, sprich Massen zu begeistern und zu unterhalten? Ein Tamperi fehlt der deutschen LA aktuell. Mihambo ist sportlich super, aber einfach ein zurückhaltender Mensch. Zudem sind sie und vermutlich auch Lückenkemper als extravaganterer Typ, sowie Kaul und Krause wohl tendenziell bald Ex-Athleten, zumindest könnte ich mir das gut vorstellen. Es braucht also neue "Junge Wilde". Neugebauer ist diese Rolle definitiv zuzutrauen, wobei er als "us-based" nur zum Teil diese Funktion erfüllen kann bzw. ggf sogar die Botschaft vermittelt "LA in den USA ist cooler". Assani und Jemisi sind sehr religiös - hab ich wenig Probleme mit, aber einige andere sehr wohl... Ich finde ja auch, dass man zu lange auf die falschen Posterboys und girls gesetzt hat, nämlich de Typ Schwiegersohn/Schwiegertochter. Etwas mehr Extravaganz darf es sein... |