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Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - l.reimann - 14.03.2014 Als junger Trainer interessiert mich die Frage: Stützabwurf à la Harting oder Umsprungabwurf, wie zum Beispiel bei Martin Wierig? Was haltet ihr davon? Wo liegen die Vor-/Nachteile der unterschiedlichen Abwurftechniken? RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - MZPTLK - 14.03.2014 Du hat den ersten Teil der Frage schon selbst beantwortet: mit beiden Varianten kann man sehr weit werfen. Im Über-70M-Club sind beide Fraktionen vertreten u.a. Wilkins, Powell Kanter für die eine, Schult, Riedel, Harting für die andere.Ich würde jedenfalls bem Erlernen der Grobform noch offenlassen, wie sich die Athleten 'natürlich' entwickeln, solange keine grundsätzlichen Fehler auftauchen. In jedem Fall muss darauf geachtet werden, dass der Druck vom hinteren Fuss optimal-lange kommt. Was für den Einzelnen in der Phase der Technik-Ausreifung die beste Lösung ist, hängt von Faktoren wie Beweglichkeit, Hebel, Kraftausprägung/Verteilung, Schnelligkeit, Kinästhetik ab. Empirisch scheinen die 'kleineren' Werfer zur Rotations-/Sprungvariante zu neigen, die grösseren zur anderen. Lars Riedel hatte in den neunziger Jahren immer mehr Probleme mit den Knien, entsprechendes Krafttraining war nur eingeschränkt möglich. Er machte aus der Not eine Tugend, holte den Wumms dann mehr aus der Hüfte aufwärts und wurde nochmals Weltmeister und Olympiasieger Bei der Stützabwurftechnik könnten irgendwann Hüftprobleme wegen der Blockierung aufkommen, vor allem bei fehlerhafter Ausführung. Ansonsten ist das Diskuswerfen im Vergleich zu den anderen Würfen, vor allem dem Speerwerfen, am wenigsten belastend für den Bewegungsapparat. Man braucht sich nur die Seniorenbestenlisten anzusehen: viele Diskuswerfer 'überleben' bis in höhere Altersklassen mit guten Leistungen. RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - ThomZach - 15.03.2014 Bin kein Spezi, aber das scheint mir doch ein sehr kompetenter Beitrag. Vor allem der Hinweis darauf, dass die Stütztechnik gefährlicher für die Lendenwirbel ist, weil die Verdrehung zwischen Becken und Schultern durch den aufrechterhaltenen massiven Bodenkontakt verschärft wird. Ich möchte hier meine Überlegungen dazu vortragen, denn ich mache mir schon seit Jahrzehnten Gedanken darüber. Als junger Zehnkämpfer hatte ich das Diskuswerfen in wenigen Trainingseinheiten so gut gelernt, dass ich mit der 2kg-Scheibe schon knapp über 40m kam. Dann wurde ich plötzlich mit dem Hochsprung berühmt und sah dort meinen Weg. Später mit über 40 habe ich mich am Strand von Famara, der bei Ebbe einer Autobahn gleicht, also festen Halt am Boden bietet, damit vergnügt, zunächst mit geeigneten Steinen und dann mit einem Gummidiskus, zu experimentieren. Und so wurde mir nicht nur theoretisch sondern auch praktisch klar, dass ein Abwurf mit Absprung zweifelsohne die effektivere Technik ist. Es sei denn natürlich, wie MZP zu Recht anmerkt, der Sportler bringt dazu nicht die nötige Veranlagung mit. Man braucht als erstes nur an die Geometrie der Flugparabel zu denken um zu erkennen, dass der Diskus umso weiter fliegt, je höher die Abflugstelle sich über dem Boden befindet. Und dies ist mit einem Absprung während des Abwurfes natürlich gegeben. Und zwar dermaßen, dass allein dadurch ein Weitengewinn von bis zu einem Meter erzielt wird. Es geht aber um weit mehr. Beim Abwurf muss der Diskus ja auf einer schräg nach oben gerichteten Bahn bewegt werden. Wenn die Beine gebeugt bleiben, also nicht abspringen, muss der Diskus folglich durch Muskeln in Rumpf, Arm und Schulter in eine Aufwärts- bewegung befördert, also leicht von unten nach oben beschleunigt werden. Bei einem Sprung dagegen wird die Aufwärtsbewegung von den Beinen besorgt und der Oberkörper kann auf einer eher waagerechten Ebene arbeiten. Ohne Sprung tragen die Beine nur zur Drehbewegung bei. Mit Absprung dagegen auch zum Höhengewinn, also zum Kampf gegen die Schwerkraft. Ich stell das hier einfach mal so zur Diskussion. RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - MZPTLK - 15.03.2014 Thomas, danke für die Blumen! Ich muss allerdings doch einige Anmerkungen machen: 1. Es ist bei den langen Würfen vernachlässigbar, von welcher Höhe aus abgeworfen wird, entscheidend ist die Vnull und der - bei jeder Wurfdisziplin und bei den jeweiligen Windbedingungen(ausser Hammer) - variierende Abwurfwinkel. 2. Der Werfer bewegt sich natürlich mit einer 'kippenden' Längsachse, beim Andrehen in Wurfrichtung, in der Abwurfphase entgegengesetzt, um in Wurfrichtung zu 'hebeln', damit ist auch ohne gross 'hängenden' Arm die Vertikalkomponente 'eingebaut'. Bei Anfängern wird das meistens falsch gemacht, man sieht oft, dass der KSP schon vor den Abdruckfuss 'gewandert' ist und nicht seitlich, sondern mehr über dem Oberkörper geworfen wird. 3. Du denkst bezüglich des Diskuswurfs vielleicht zu sehr in Hochsprung-Kategorien. Der Unterschied ist, dass der Werfer sich und den Diskus beschleunigt, um diese 'Investition' in der Endphase des Abwurfs zu 'verzehren'. Der Werfer muss dann in der Horizontalgeschwindigkeit zumindest nahe Null kommen, um den Impuls optimal auszunutzen und weil man sonst übertreten würde. Wenn der Werfer(vor allem Wilkins) beim Rotationswurf sehr dynamisch dreht und die Vertikalkomponente mehr aus dem Absprung(bei enger Fusstellung) holt, ist er beim Abheben mit dem Abwurf noch nicht fertig, muss also auch noch im Flug die Horizontalbewegung neutralisieren. Risiko! Aber Wilkins hatte das kontrolliert. 4. Bei nicht wenigen Diskuswerferinnen Osteuropas sah man die von dir beschriebene Abwandlung des Stützabwurfs, wo der KSP absank, und es sogar manchmal wie verunglückt wirkte. Erstaunlicherweise haben diese Damen teilweise auch sehr weit geworfen, was aber auch andere Gründe gehabt haben könnte. Fazit: Ich halte Extremausprägungen des Rotationswurfs und des Stützabwurfs für kontaproduktiv. Man kommt an physikalischen Gesetzen und Biomechanik nicht vorbei. RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - ThomZach - 15.03.2014 (15.03.2014, 13:18)MZPTLK schrieb: Thomas, danke für die Blumen! Ich muss allerdings doch einige Anmerkungen machen:Alles OK bis auf diesen ersten Satz. Bei gleichen Werten und Bedingungen ist eine höhere Abflugstelle entscheidend für die Flughöhe insgesamt und am Ende der identischen Parabeln fliegt der Diskus entsprechend weiter, nämlich bei einem Fallwinkel von 45° genau so viel weiter wie er höher flog, also abflog. Reine Geometrie. Schade dass Du auf meine Argumente nicht eingehst. Geläufig und als falsch bekannt? Oder zu neu um beurteilt zu werden? Oder völlig abwegig? Sind die Beine bei Dir nicht entscheidend an der Leistung beteiligt? Und wie sollen sie das machen? Nur durch Rotationsarbeit? Und wenn mehr: Wie anders als durch einen Sprung? RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - MZPTLK - 15.03.2014 Mann Thomas, Du kannst einem aber auch den Samstag abend versauen.... ![]() Ich finde eigentlich, wir steigen inzwischen zu tief ein für diesen Thread, bei Bedarf sollte man einen neuen für die Diskustechnik insgesamt starten. Jetzt nur soviel: Lass die Abwurfhöhe beim Sprungabwurf + 20-30 cm sein, mehr ist empirisch selten und auch kontaproduktiv wegen der auch auf die Vertikalkomponente wirkenden Verzehrung. Werfer können aus dem Stand meistens höher springen(Spitzenwerte über 1 m) als ihre Hochsprungkollegen, aber der Vortrieb ist doch kriegsentscheidend, nicht die geometrisch(7,8, Klasse) gewonnenen 15 cm. Die sind beim Hochsprung ein Klassenunterschied, bei den Langwürfen nur Peanuts.. Klarer wird einem das, wenn man ans Hammerwerfen denkt, auch ein Drehwurf, aber wesentlich anspruchsvoller als das simple Diskuswerfen. Wenn der Athlet da abspringen würde, hätte er vorher was falsch gemacht. Und vor allem die Beine sind beim Hammerwrfen wichtigst: wenn ich da schwach, langsam und nicht 'just-in-time' agiere, vergiss es. Beim Diskus kann ich diesbezüglich mehr kompensieren, siehe Lars Riedel. Hätte ein Hammerwerfer seine Knieprobleme gehabt, aus die Maus! Der Druck von schräg-unten, bei den Drehwürfen in Tateinheit mit dem Drehen, ist das A+O. Abschliessend vielleicht noch ein Outing: Ich bin ein grosser Fan der Wilkins-Technik! RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - MZPTLK - 16.03.2014 (15.03.2014, 20:30)ThomZach schrieb:Ich muss hier doch nochmal reingrätschen:(15.03.2014, 13:18)MZPTLK schrieb: Thomas, danke für die Blumen! Ich muss allerdings doch einige Anmerkungen machen:Alles OK bis auf diesen ersten Satz. Bei gleichen Werten und Bedingungen ist Beim Hammerwurf beträgt der optimale Abwurfwinkel um die 42 Grad, das Gerät schlägt aber steiler auf. Beim Diskus wird flacher abgeworfen, aber auch da fällt das Gerät steiler runter, auch wenn es 'aussegelt'. Vom Speerwerfen nicht zu reden. Warum? Geschwindigkeitsverlust. Ballistik, alte Artillerieweisheit... RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - ThomZach - 17.03.2014 In welchem Winkel fällt denn der Diskus bei einem 60m-Wurf zu Boden? Ich seh den Winkel bei 45°. Und wenn er 60° beträgt - die Abwurfhöhe wirkt sich noch aus, wenn es auch nur noch um Dezimeter geht. Aber das ist alles nichts gegen die These, dass die Beine mehr zur Leistung beitragen wenn sie springen. Dazu hab ich auch hier noch nichts Gegenteiliges gelesen. RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - MZPTLK - 17.03.2014 (17.03.2014, 21:18)ThomZach schrieb: In welchem Winkel fällt denn der Diskus bei einem 60m-Wurf zu Boden? Thomas, lass mal gut sein, was deine erste Einlassung betrifft. Was das Springen angeht, so trägt das nach dem Abheben des Werfers wie schon gesagt nur geringfügig zur Weite bei durch das Rest-'Verzehren' der während des Bodenkontakts nicht ganz neutralisierten.Horizontal- und Vertikalimpulse. Das Meiste bei dieser Technik passiert vorher, durch die unblockierte Rotation und den unblockierten Hebel. Die enge Fusstellung erfordert und fördert die Explosivität des 'ganzen' Werfers, Das Ziel beim 'Springen' ist also nicht der Flug, sondern die dynamische Beschleunigung während des Bodenkontakts, aus der - um die Kontinuität der Rotation und des Vertikaldrucks nicht zu hemmen - ein Ausklingen in der Luft resultiert. Würde der Werfer den Bodenkontakt beibehalten wollen, um noch währenddessen mit dem Wurf 'fertig' zu werden, müsste er relativ früh wieder mehr oder weniger ins Blockieren kommen, das wäre eine suboptimaler, etliche Meter kostender Kompromiss, Wenn, dann richtig ![]() Wie gesagt, ich finde diese Technik hammerscharf ![]() RE: Diskus: Stützabwurf oder Umsprung? - ThomZach - 18.03.2014 Ich lass mal nicht gutsein ![]() Man hat mich aufgefordert, meine zwei epochalen Werk über Tiefenpsychologie, Psychsomatik und Selbstverwirklichung für die Herusgabe als e-book zu überarbeiten. Dazu muss ich ganz andere Sphären meines Schädels wiederbeleben, als die wo meine Gedanken zu Techniken der LA hausen sind Sirtaki tanzen. Also bis später:danke:. |