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Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - Druckversion

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RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - Reichtathletik - 16.02.2023

(16.02.2023, 12:22)frbcrane2 schrieb: Mich würde interessieren, was in diesen Fortbildungen konkret auf die 400m bezogen gelehrt/diskutiert wird? Es muß doch nach fast 20 Jahren Mittelmaß jedem klar sein, daß der deutsche Weg falsch ist. Warum wird trotzdem auf falsche Trainingskonzepte gesetzt? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß sich die Heimtrainer keine Gedanken machen, die Erfolge der Briten, Polinnen oder der Meuwly-Athleten nicht sehen und sich fragen, ob Änderungen sinnvoll wären? Gerade Meuwly ist sehr offen im Bezug auf sein Training, er hat in seiner Trainingsgruppe als niederländischer Verbandstrainer sogar viele ausländische Sprinter, was beim DLV undenkbar wäre. Es gäbe im Ausland soviel Fachwissen, von dem der DLV profitieren könnte, wenn man nur die Scheuklappen ablegen würde. Wo liegt der Sinn von Fortbildungen, bei denen falsche Trainingskonzepte vermittelt werden?

Ich frag mal provokant: Wer trainiert denn die ganzen Athleten, die nicht Weltspritze sind? Die Bundestrainer oder die Heimtrainer? Wenn die Bundestrainer schlechter arbeiten als die Coaches vom LAC Musterstadt? Warum laufen dann nicht 4 Athleten von Musterstadt 44 Sekunden nach niederländischem Vorbild?
Die Masse der Athleten (vom DLV despektierlich "Athletenmaterial" genannt) wird doch in den Vereinen ausgebildet. Was soll ein Bundestrainer noch machen, wenn mit 16-20 die falschen Wiechen gestellt werden? Ich bin überzeugt, es läuft viel falsch beim DLV und das begründet auch massiv den Rückgang der Leistungfähigkeit in Spitze und Breite, aber entwickelt werden Athleten doch wo anders. Und deshalb denke ich, muss genau dort angesetzt werden, dass diese Trainer fortgebildet werden und zwar zu hunderten!


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - Jakob94 - 16.02.2023

Wie immer bei diesem Thema finde ich, dass die Diskussion in die falsche Richtung läuft. Natürlich ist eine Fortbildung beispielsweise im Bereich 400m-Training nach dem "niederländischen System" sicherlich unheimlich spannend. Aber wie viele Trainer in Deutschland haben denn überhaupt das nötige Grundwissen und den Talentpool, damit eine solche Fortbildung Sinn macht?

Ich glaube, was fehlt, sind Fortbildung mit Basics im Bereich U14/U16/U18. Manche Verbände sind da sicherlich weiter als andere, aber um mal ein Beispiel zu bringen: Bei uns in Hessen passiert viel im Bereich der absoluten Basisqualifikation (also KiLa, Trainerassistent, C-Trainer), daneben einiges im Bereich Schulsport. Dazu passend gibt es dann Fortbildungen wie "Hürdensprint - von der KiLa zum Grundlagentraining" oder "Inhaltsfeld Laufen, Springen, Werfen: In der leichtathletischen Vermittlung Kontraste bilden". Das ist alles gar nicht falsch und mit Sicherheit ein guter Anfang.
Schwierig wird es dann aber sobald es nicht mehr um "Laufen, Springen, Werfen" geht, sondern um die Heranführung von Athletinnen und Athleten an den Leistungssport. Da findet sich für dieses Jahr genau eine (!) Fortbildung: "Trainingsmethodik Hürdenlauf im Übergang von der U16 zur U18". Die liegt dann ungünstigerweise auch noch in den Osterferien, wo auch viele Trainer im Trainingslager sein werden.

Diese Lücke zwischen "Ich begeistere Kinder für die Leichtathletik" und "Ich bringe Athletinnen und Athleten in die Weltspitze" ist viel zu groß und da fühle ich mich als Trainer häufig etwas alleine gelassen.


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - Reichtathletik - 16.02.2023

(16.02.2023, 13:03)Jakob94 schrieb: Wie immer bei diesem Thema finde ich, dass die Diskussion in die falsche Richtung läuft. Natürlich ist eine Fortbildung beispielsweise im Bereich 400m-Training nach dem "niederländischen System" sicherlich unheimlich spannend. Aber wie viele Trainer in Deutschland haben denn überhaupt das nötige Grundwissen und den Talentpool, damit eine solche Fortbildung Sinn macht?

Ich glaube, was fehlt, sind Fortbildung mit Basics im Bereich U14/U16/U18. Manche Verbände sind da sicherlich weiter als andere, aber um mal ein Beispiel zu bringen: Bei uns in Hessen passiert viel im Bereich der absoluten Basisqualifikation (also KiLa, Trainerassistent, C-Trainer), daneben einiges im Bereich Schulsport. Dazu passend gibt es dann Fortbildungen wie "Hürdensprint - von der KiLa zum Grundlagentraining" oder "Inhaltsfeld Laufen, Springen, Werfen: In der leichtathletischen Vermittlung Kontraste bilden". Das ist alles gar nicht falsch und mit Sicherheit ein guter Anfang.
Schwierig wird es dann aber sobald es nicht mehr um "Laufen, Springen, Werfen" geht, sondern um die Heranführung von Athletinnen und Athleten an den Leistungssport. Da findet sich für dieses Jahr genau eine (!) Fortbildung: "Trainingsmethodik Hürdenlauf im Übergang von der U16 zur U18". Die liegt dann ungünstigerweise auch noch in den Osterferien, wo auch viele Trainer im Trainingslager sein werden.

Diese Lücke zwischen "Ich begeistere Kinder für die Leichtathletik" und "Ich bringe Athletinnen und Athleten in die Weltspitze" ist viel zu groß und da fühle ich mich als Trainer häufig etwas alleine gelassen.

Da gehe ich völlig mit. Das ist auf dem Papier auch der Bereich Übergang von C-Trainer zu B-Trainer. B-Trainer-Ausbildungen gibt es auch kaum noch welche. Die vom DLV ist nur alle paar Jahre und mittlerweile unbezahlbar, die Landesverbände bieten wenn überhaupt mal eine Disziplingruppe an.
Und ich denke genau dieser Aus- und Fortbildungsbereich sollte doch von Landes- und (Nachwuchs)bundestrainern absolviert werden. Wenn man auf die leichtathletik.de-Seite schaut, haben wir was weiß ich 40? Bundestrainer. Wenn jeder davon (wohlgemerkt in seiner Arbeitszeit) jedes Quartal eine solche Fortbildung gibt, könnte man hunderte Trainer fortbilden und wenn man das auch als Aufgabe der Trainer versteht weitestgehend kostenlos!


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - frbcrane2 - 16.02.2023

(16.02.2023, 13:03)Jakob94 schrieb: Wie immer bei diesem Thema finde ich, dass die Diskussion in die falsche Richtung läuft. Natürlich ist eine Fortbildung beispielsweise im Bereich 400m-Training nach dem "niederländischen System" sicherlich unheimlich spannend. Aber wie viele Trainer in Deutschland haben denn überhaupt das nötige Grundwissen und den Talentpool, damit eine solche Fortbildung Sinn macht?

Das Wissen wird aber von oben nach unten weitergegeben, so die Theorie. Wenn Bundestrainer falsche Konzepte weitergeben, trickelt diese Information bis nach unten und damit auch zu den Trainern in kleinen Vereinen. Wie sollen die jungen Trainer von heute, die in 10-20 Jahren vielleicht deutsche Topathleten trainieren, das Grundwissen erwerben, wenn es niemand lehrt?
 Abgesehen davon, in diesem Thread geht es um den Leistungssport und laut Gonschinska darum, die deutsche Leichtathletik Weltspitze zu machen. Wir diskutieren also die deutsche Spitze, nicht die zahlreichen Hobbytrainer.


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - cnd - 16.02.2023

Ich stimme meinen Vorrednerinnen und Vorrednern absolut zu und fände es auch sehr sinnvoll die Rolle der BT zu überdenken. Und sie eher als Multiplikatoren für die Fortbildung bis in die Peripherie und Basis zu verstehen. 

Allerdings habe ich dieser Tage da einen anderen Trend festgestellt:

Da bieten Bundestrainer mittlerweile 2-tägige Seminare für "nur einmalig" 599€ an. Explizit offen für alle Sportarten usw. Werben dabei aber aktiv mit ihrer Position, teilweise Bundeskaderathleten und die Anmeldung selbstverständlich über xy@leichtathletik.de

Geht es nur mir so oder...?

Zur Info:
https://www.instagram.com/reel/Copw2emoZsh/?utm_source=ig_web_copy_link


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - Jakob94 - 16.02.2023

(16.02.2023, 13:21)frbcrane2 schrieb:
(16.02.2023, 13:03)Jakob94 schrieb: Wie immer bei diesem Thema finde ich, dass die Diskussion in die falsche Richtung läuft. Natürlich ist eine Fortbildung beispielsweise im Bereich 400m-Training nach dem "niederländischen System" sicherlich unheimlich spannend. Aber wie viele Trainer in Deutschland haben denn überhaupt das nötige Grundwissen und den Talentpool, damit eine solche Fortbildung Sinn macht?
[...] Wir diskutieren also die deutsche Spitze, nicht die zahlreichen Hobbytrainer.

Das ist meiner Meinung nach genau der Fehler, der im Verband auch gemacht wird: Ohne die vielen Hobbytrainer ist Spitzensport nicht möglich. Es ist doch Blödsinn zu glauben, dass irgendjemand direkt Weltklasse coacht. Genau wie auf Athletenseite muss da doch eine Entwicklung stattfinden: Von der Jugendgruppe über einen Landeskader und nationale Spitze hin zu europäischer und irgendwann Weltspitze.
Ausnahme sind vielleicht (unter bestimmten Vorraussetzungen) ehemalige Spitzenathetinnen und - athleten - aber auch die müssen mit jüngeren/weniger leistungsstarke Athletinnen und Athleten mitwachsen oder wenigstens dort zeigen, dass sie es drauf haben.


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - frbcrane2 - 16.02.2023

(16.02.2023, 12:27)Reichtathletik schrieb: Die Masse der Athleten (vom DLV despektierlich "Athletenmaterial" genannt) wird doch in den Vereinen ausgebildet. Was soll ein Bundestrainer noch machen, wenn mit 16-20 die falschen Wiechen gestellt werden? Ich bin überzeugt, es läuft viel falsch beim DLV und das begründet auch massiv den Rückgang der Leistungfähigkeit in Spitze und Breite, aber entwickelt werden Athleten doch wo anders. Und deshalb denke ich, muss genau dort angesetzt werden, dass diese Trainer fortgebildet werden und zwar zu hunderten!
Das ist meine Frage, tun die Bundestrainer denn das Richtige? Geben sie das nötige Wissen weiter und es wird von den Heimtrainern nicht umgesetzt? Oder geben sie falsches Wissen weiter und schaden damit dem talentierten Nachwuchs? Laut Meuwly trainiert die deutsche 400m Spitze falsch, also dürften die Bundestrainer falsche Konzepte lehren, denn sie trainieren ihre eigenen Athleten danach. Es wäre nicht das erstemal, daß Bundestrainer falsche Konzepte vorgeben und damit einer Disziplin schaden, siehe Kugelstoßen und dem Irrglauben, das Angleiten wäre dem Drehstoß ebenbürdig.


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - frbcrane2 - 16.02.2023

(16.02.2023, 13:31)Jakob94 schrieb: 
Das ist meiner Meinung nach genau der Fehler, der im Verband auch gemacht wird: Ohne die vielen Hobbytrainer ist Spitzensport nicht möglich. Es ist doch Blödsinn zu glauben, dass irgendjemand direkt Weltklasse coacht. Genau wie auf Athletenseite muss da doch eine Entwicklung stattfinden: Von der Jugendgruppe über einen Landeskader und nationale Spitze hin zu europäischer und irgendwann Weltspitze.
Die Entwicklung muß aber von oben gesteuert werden, den da sollte das Fachwissen vorhanden sein und nach unten weitergegeben werden. Damit wären wir wieder beim Punkt, wie soll der talentierte Hobbytrainer die richtigen Konzepte verinnerlichen, wenn er auf jeder Fortbildungsstufe falsche Inhalte hört?


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - Reichtathletik - 16.02.2023

Ich glaube nicht, dass es nur flasche Konzepte gibt. Das ist eine Argumentation nach dem Motto: Alle Medien lügen, deshalb nicht einschalten. Wer so denkt und deshalb keine (deutschen) Fortbildungen besucht, tut nicht wirklich etwas sinnvolles.
Sicher gibt es z.B. bei den 400 Metern oder im Kugelstoß Probleme. Gleichwohl hat unter anderem Jörg Möckel, der hier erwähnt wurde, mit Corinna Schwaab Zeiten erreicht, die zuletzt niemand erreicht hat. Dass sie nicht zum Saisonhöhepunkt fit war, das ist ein anderes Problem. Grundsätzlich glaube ich aber es gibt nicht nur das eine richtige oder falsche System was für alle Athleten gilt. Gut möglich, dass Schwaab mit dem Training von Bol langsamer wäre.

Richtig ist aber auch: Von welchem Bundestrainer kann man das Trainingskonzept überhaupt als Trainer anhören um dann zu entscheiden ob man es umsetzt oder nicht? Für rund 600 Euro privat? Das kann es ja wohl nicht sein.
Und ich glaube der "Hobbytrainer"-Irrtum ist ein weit verbreiteter. Trainer, die "nur" ehrenamtlich auf einem Dorf Leute auf bescheidenen Niveau trainieren sind sehr wohl auch zu qualifizieren, weil sie entweder selbst unerkannte Trainertalente werden können oder weil dort halt in einem großen Land auch mal Talente auflaufen, die zunächst entdeckt und entwickelt werden müssen. Es gilt nicht nur darum, Fortbildungen für angestellte Trainer in den Verbänden zu organisieren, von denen erwarte ich, dass sie sich ohnehin stets (selbst) fortbilden.


RE: Umfassende Neuerungen im Bereich Leistungssport geplant - cnd - 16.02.2023

(16.02.2023, 14:48)Reichtathletik schrieb: Ich glaube nicht, dass es nur flasche Konzepte gibt. Das ist eine Argumentation nach dem Motto: Alle Medien lügen, deshalb nicht einschalten. Wer so denkt und deshalb keine (deutschen) Fortbildungen besucht, tut nicht wirklich etwas sinnvolles.
Sicher gibt es z.B. bei den 400 Metern oder im Kugelstoß Probleme. Gleichwohl hat unter anderem Jörg Möckel, der hier erwähnt wurde, mit Corinna Schwaab Zeiten erreicht, die zuletzt niemand erreicht hat. Dass sie nicht zum Saisonhöhepunkt fit war, das ist ein anderes Problem. Grundsätzlich glaube ich aber es gibt nicht nur das eine richtige oder falsche System was für alle Athleten gilt. Gut möglich, dass Schwaab mit dem Training von Bol langsamer wäre.

Richtig ist aber auch: Von welchem Bundestrainer kann man das Trainingskonzept überhaupt als Trainer anhören um dann zu entscheiden ob man es umsetzt oder nicht? Für rund 600 Euro privat? Das kann es ja wohl nicht sein.
Und ich glaube der "Hobbytrainer"-Irrtum ist ein weit verbreiteter. Trainer, die "nur" ehrenamtlich auf einem Dorf Leute auf bescheidenen Niveau trainieren sind sehr wohl auch zu qualifizieren, weil sie entweder selbst unerkannte Trainertalente werden können oder weil dort halt in einem großen Land auch mal Talente auflaufen, die zunächst entdeckt und entwickelt werden müssen. Es gilt nicht nur darum, Fortbildungen für angestellte Trainer in den Verbänden zu organisieren, von denen erwarte ich, dass sie sich ohnehin stets (selbst) fortbilden.

 Da würde ich auch zustimmen. Es gibt mit Sicherheit nicht DAS eine System. Viele Systeme sind individuell erfolgreich aber ggf. sehr unterschiedlich. So wie es eben auch Athletinnen und Athleten sind. Bsp. 400m hier gab es in der Vergangenheit ja auch schon deutsche Athleten die entsprechend schnell waren, vermutlich wiederum aber nach ganz anderen Systemen trainiert haben. Weder das eine noch das andere kann den Anspruch des Nonplusultras für sich erheben. 

Bzgl. Fortbildung finde ich aber schon, dass es ganz klar Verbandsaufgabe wäre, diese zu organisieren und auch für Trainerinnen und Trainer zugänglich und erschwinglich zu machen. 
Wenn der Trend dahin geht, dass BT ohne klar ersichtliche Trennung zur BT Position Fortbildungen dieser Art geben, die dann privat für erhebliche Kosten besucht werden können, dann finde ich das sehr kritisch. Egal wer das macht.