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Bilanz der WM - Druckversion

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RE: Bilanz der WM - Reichtathletik - 25.07.2022

(25.07.2022, 10:18)elzero schrieb: Klar fehlt es den Athlet*innen möglicherweise auch an Einstellung, Talent, einem robusten Körper für die Leistungen, die man in der Weltklasse abrufen muss. Aber vor allem fehlt es aus meiner Sicht an einer Idee, wo man als Verband hinmöchte und wie man diese Ziele erreichen will. Für mich ist nicht erkennbar, wie man dem fehlenden Nachwuchs und dem immer größer werdenden Abstand zur Weltspitze, dem Meetingsterben, den sinkenden medialen Präsenzzeiten entgegentreten will. Ich bin mir sicher, dass dem Forum hier zig Ideen einfallen würden, um den Trend umzukehren. Schade, dass man veim
DLV davon offenbar keine Notiz nimmt und die Verantwortung wegschiebt. 

Hoffentlich wird beim DLV und den Landesverbänden nach der Saison mal
aufgeräumt. Achja: Ich bin mir relativ sicher, dass die EM in München zuschauertechnisch und auch leistungsmässig hinter Berlin 2018 weit hinterherhängen wird.

Meetingsterben, teils katastrophal kleine (und manchmal schwache) Felder bei Landesmeisterschaften, zuletzt auch in Spitze wie Teilnehmerzahl extrem dünne U23-DM - das gehört mit in die Analyse, nicht nur das was die absolute Spitze nun bei der WM gezeigt hat. Ich hoffe sehr, dass der DLV dies alles mitbedenkt und somit ein tieferes Analyse-Niveau erreicht, als es nun in den kommentierenden Medien der Fall ist.
Ein wichtiger Aspekt ist es glaube ich tatsächlich, dass der DLV bislang kein eindeutiges Konzept erkennen lässt, wo und wie er wo hinwill. Einerseits ein "bisschen" zentralisieren mit Stützpunkten, in die auch Geld (vor allem Hauptamt) investiert wird, andererseits davon dann wieder eine ganze Menge und dennoch weiße Flecken auf der Landkarte, denen dann teilweise noch vorgeworfen wird, dass sie ohne finanzielle Mittel weiße Flecken bleiben. Dann heißt es, Kaderathleten sollen bei Hauptamtlichen Trainern trainieren und es gibt gleichzeitig teils nebenberufliche Bundestrainer... Manche Bundestrainer haben eine Heimtrainingsgruppe an einem Stützpunkt, manche Stützpunkttrainer hingegen agieren zum Teil als Bundestrainer in der Fläche. In manchen Disziplinen gibt es Bundestrainer, Stützpunkttrainer, Teamchefs und darüber noch eine Chef-Bundestrainerin. Manchmal arbeiten Nachwuchs-BT und BT Hand in Hand, manchmal offenbar fast gar nicht zusammen.


RE: Bilanz der WM - Sprunggott - 25.07.2022

Ich mal davon aus, dass jeder der Antritt auch die intrinsische Motivation bei einer WK in sich hat. 

Was mir aufgefallen ist: 
Senden von Körpersprache der Verantwortlichen & Trainer (Coach the Coach) !? 
Wie werden die Athleten/innen & Trainer auf den WK eingestellt (dieser Prozess beginnt nicht erst im Stadion) ?
Stimmen die UMFELDBEDINGUNGEN für ein optimalen Abschneiden ?  
Sind alle verantwortlichen Trainer, auch für ein COACHING bei der WM geeignet ?
Wo sind die Leader & Teamleader in der Krise ?
Wir brauchen auch mal "durchgeknallte" Athleten/innen (#Harting) um zu gewinnen - und kein Angsthasen Prinzip.


RE: Bilanz der WM - matthias.prenzlau - 25.07.2022

Die Athleten sind junge Menschen mit teils mäßiger Lebenserfahrung (Blase Sport).
Das ist einfach so!

Ohne Führung geht nichts.


RE: Bilanz der WM - mark1967 - 25.07.2022

Man sollte nicht alles an der Chefbundestrainerin festmachen, das wäre zu billig, aber welche Qualifikationen hat sie für diesen Posten mitgebracht, außer dass sie quasi schon immer Trainerin in Diensten des BLV/DLV war? Wenn es nur ihre offenkundigen Schwächen in der Öffentlichkeitsarbeit wären, könnte man darüber hinwegsehen, aber es wäre ja doch zusammen mit anderen Verantwortlichen ihre Aufgabe, irgendein längerfristiger Konzept vorzulegen, in dem es nicht nur Phrasen gibt. Den Sportler*innen sollte man am wenigsten Vorwürfe machen und ich glaube auch nicht, dass es an deren Lebensweise liegt. Das heißt aber nicht, dass man nicht an der einen oder anderen Stelle die Zügel etwas anziehen könnte. Wie schon mal geschrieben: warum nicht Kienbaum statt Karibik?


RE: Bilanz der WM - Atanvarno - 25.07.2022

Interview mit DLV-Präsident Jürgen Kessing
https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-morgenmagazin/leichtathletik-wm-eugene-dlv-praesident-kessing-100.html

Die Hoffnung auf den Nachwuchs (gute Bilanz in Jerusalem) kann ich nicht teilen, solange der DLV nicht nachweist, dass er diese Vielzahl an Talenten auch in den Aktivenbereich führen kann (was ihm in der Vergangenheit nur sehr eingeschränkt gelungen ist)


RE: Bilanz der WM - Angerländer - 25.07.2022

Eins vorweg, mir hat die WM riesig Spaß gemacht.

Ich sehe das ganze gar nicht so negativ. Wir haben eine tolle WM mit vielen interessanten Wettkämpfen gesehen.

Die deutsche Leichtathletik steckt offensichtlich in einem Tief - aber dieses Tief ist einfach nur genau das Tief, in der sich die deutsche Gesellschaft im Allgemeinen derzeit befindet.
Wie schon mehrfach hier bereits geschrieben, geben Athleten und Athletinnen alles, was sie können - ohne Ausnahme. Aber ich behaupte, das gleiche geben auch die Trainer und die verantwortlichen Funktionäre.

Die Konstellation 2022, mit den anschließenden Europameisterschaften im eigenen Land, war sicherlich nicht förderlich für die mentale Grundeinstellung, was ich für vollkommen menschlich halte. Dazu kamen die vielen Verletzungen. Außerdem braucht der Nachwuchs seine Zeit. Dazu kommt, das viele Nationen aufholen. Das bedeutet aber auch, dass so langsam die finanzielle Unterstützung und Entwicklungshilfe der großen, reichen Nationen für entwicklungswillige Nationen fruchtet. Die Chancengleichheit wird größer. Das ist auch ein Erfolg. Auch wenn dadurch mehr Athleten*innen aus mehr Ländern Medaillenchancen haben.

Im Großen und Ganzen habe ich den Spaß an der Leichtahtletik nicht verloren. Dass wir nicht mehr da sind, wo wir bis Anfang der 90er des letzten Jahrhunderts waren, muss ich so hinnehmen. Sicherlich werden auch wir wieder Ausnahmetalente ausbilden, die in der Welt ganz vorne dabei sein werden.

Bis dahin erfeue ich mich an das, was unsere Athleten und Athletinnen im Stande sind zu leisten und an den tollen Leistungen aller anderen Athleten und Athletinnen.

Jetzt freue ich mich auf München. Nächstes Jahr werde ich nach Budapest reisen und 2024 werde in Paris dabei sein.
Bis dahin wünsche ich allen Mitgliedern dieses Forums ein schöne, gesunde und zufriedene Zeit!
Viel Glück!

P.S.: Auch auf diesem Wege noch einmal vielen Dank für die vielen großartigen Beiträge!


RE: Bilanz der WM - seitehns - 25.07.2022

Thumb_up ‌Auf den Punkt gebracht Angerländer!


RE: Bilanz der WM - Gertrud - 25.07.2022

(25.07.2022, 15:31)Atanvarno schrieb: Interview mit DLV-Präsident Jürgen Kessing
https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-morgenmagazin/leichtathletik-wm-eugene-dlv-praesident-kessing-100.html

Die Hoffnung auf den Nachwuchs (gute Bilanz in Jerusalem) kann ich nicht teilen, solange der DLV nicht nachweist, dass er diese Vielzahl an Talenten auch in den Aktivenbereich führen kann (was ihm in der Vergangenheit nur sehr eingeschränkt gelungen ist)

Ja, daran muss gearbeitet werden. Man muss die Kräfte wirklich bündeln und die fähigen TuT an die Front lassen. Das und die  übergroße Zahl an gravierenden Verletzungen kappt bei uns die Möglichkeiten. 

Ich sehe nicht alles nur durch die "Medaillenbrille". Ich halte auch z.B. eine Leistung von Vita durchaus für sehr bemerkenswert. Ich sehe allerdings den Stützabwurf im Diskuswerfen der Frauen etwas im Nachteil zum Sprungabwurf oder besser zum dynamischen Abwurf mit Weiterdrehen des gesamten Körpers, das die vorderen Frauen praktizieren. Ich hatte sehr oft den Eindruck fehlender automatisierter Technik in vielen Disziplinen.

Zudem sehe ich unsere Sportler/innen auch oft in einem psychischen Tief und einer fehlenden Klarheit im Denken in Stresssituationen. Julian Weber fiel mir stark in seiner Unruhe auf. Brillant ist in der Hinsicht natürlich Malaika Mihambo. Ich unterscheide immer zwischen einer strategischen Bewältigung der Stresssituationen und einer charakterlichen "Abgezocktheit". Wink

Gertrud


RE: Bilanz der WM - Dr. Klaus - 25.07.2022

Sehe ich wie Angerländer! Es war ein Erlebnis- auch das manchmal erfolglose Mitzittern.
Nur wenige haben versagt. Viele haben ihre Leistung abgerufen, einige haben geglänzt.
Wenn die Ausfälle (Koko, Krause, Vetter, Hussong  u.a) zurückkommen und der gute Nachwuchs (Diskus Männer,
Hammer Männer, Mehrkampf Frauen) dazukommen, wird Paris ein Erfolg und Eugene nur eine Delle sein.


RE: Bilanz der WM - lor-olli - 25.07.2022

(25.07.2022, 16:32)Angerländer schrieb:
Wie schon mehrfach hier bereits geschrieben, geben Athleten und Athletinnen alles, was sie können - ohne Ausnahme. Aber ich behaupte, das gleiche geben auch die Trainer und die verantwortlichen Funktionäre.

Wird hier wohl auch kaum jemand anzweifeln, ABER, das kann doch nicht das Ende einer Analyse sein.

Der Tiefststand der Leistungen im internationalen Vergleich hat Ursachen und genau diese gilt es "gnadenlos" heraus zu kristallisieren UND Konsequenzen daraus zu ziehen, genau dies sehe ich als das eigentliche Problem. Die "Reformen" die angedacht werden, kosten Geld (und das ist immer knapp, insbesondere wenn man das der Pfründeninhaber verteilen möchte…), aber viel wichtiger, sie fordern ein Umdenken in den Köpfen derer, die die Strukturen in den letzten Jahren in genau diese Richtung gesteuert haben.

Der Nachwuchs ist erfolgreich, aber der Transfer in den Erwachsenenbereich hält mit dem vergleichbarer Nationen (also z.B. NICHT Afrika etwa, wo die Motivation der Athleten ganz anders liegt), nicht Schritt. Frankreich hat aktuell ähnliche Probleme, aber da sieht die finanzielle Situation dramatischer aus.

Ich gehöre nicht zu den "Lokalpatrioten" (ich habe zwei Staatsangehörigkeiten…), mich erfreuen gute und ehrlich erbrachte Leistungen von beinahe allen Athleten! Die Leistungen in Eugene fand ich ansprechend und die WM hat mir (trotz der besch…en Zeitdifferenz und dadurch bedingter Übertragung Wink) gefallen. Das Stadion war WM gerecht, die Bedingungen athletenfreundlich und die Veranstaltung wirkte wie ein Sportfest und nicht wie eine staatliche Großveranstaltung mit dazugehörigem Pomp.

Wie immer gilt: Es gibt Licht, aber eben auch Schatten!