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Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Druckversion

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Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Gertrud - 07.01.2022

Das ist ein Ausschnitt aus den DLV-Strukturen:

"1. Grundsätze der DLV- Kaderbildung:

Voraussetzungen für die Aufnahme in den DLV-Bundeskader sind neben der sportlichen Prognose auch die eindeutige Bereitschaft zu einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem DLV und dessen Partnern. Zentraler Bestandteil und Steuerelement im sportlichen Abstimmungsprozess ist das Jahresplanungsgespräch mit dem Jahresplanungsbogen, in dem u.a. folgende Punkte abgestimmt und dokumentiert sind:

1. eine gemeinsam getragene und verbindlich festgelegte Jahresplanung der Maßnahmen und die Festlegung der Leistungsziele

2. die Abstimmung der Trainings- und Wettkampfplanung und gemeinsame Zeichnung von Athlet, persönlichem Trainer* und zuständigem Bundestrainer*

3. die regelmäßige Teilnahme an Leistungsdiagnostik- sowie Lehrgangsmaßnahmen

4. die Protokollierung und gemeinsame Auswertung des Trainings in einer Trainingsdatendokumentation 

5. die Teilnahme am Athleten-Monitoring

6. die Gestaltung eines regelmäßigen Trainings an einem Bundestützpunkt in dem jeweiligen Disziplinschwerpunkt

7. eine planmäßige Nutzung der Serviceleistungen des DLV-Kompetenzteams und der Olympiastützpunkte sowie deren Netzwerkstruktur

Für Athleten, die ihre Trainingsrahmenbedingungen in internationalen Profi-Teams verlagert haben, ergeben sich zudem angepasste Bedarfe in der Zusammenarbeit mit dem DLV und dessen Partnern, die im Jahresplanungsgespräch abgestimmt, vereinbart und dokumentiert werden."

Ich habe mal die einzelnen Punkte nummeriert, um besser darauf einzugehen zu können. Ich konnte mir ein Lächeln doch nicht verkneifen. Das kommt mir irgendwie so bekannt vor und ist aus meiner Sicht Überwachung pur. Wink ‌Ich glaube nicht, dass bestimmte Erfolgstrainer/innen solche Regularien benötigen, zumal zwischen denen, die "überwachen" und denen, die an der Front arbeiten, manchmal oder oft doch Welten liegen. Außerdem ist die Leichtathletik eine Individualsportart, bei der man den individuellen Erfolg aufgrund seines Einsatzes erzielen möchte.

Es ist also so, wenn ich diese Vorgaben richtig verstehe, dass Heimteams, die zwar die Leistungen bringen, aber diese Vorgaben nicht insgesamt erfüllen wollen, keinen Service vom DLV erhalten und keine offiziellen Trainingsstätten benutzen dürfen. Ich habe bisher die Funktionäre und Trainer/innen in DLV-Diensten auch "nur" als Dienstleister eingestuft, die die Gelder und Ressourcen bei entsprechenden Leistungen weitergeben sollten. Thumb_up ‌Ich empfinde dieses dogmatische Vorgehen als völlig inakzeptabel an der Realität vorbeigezielt. 

Ich würde es als ungemein zuvorkommend empfinden, wenn man bestimmten Leuten einfach das volle Vertrauen aufgrund ihres verletzungsfreien Trainings entgegenbringt.  Thumb_up ‌Ich bin gewohnt, sehr effektiv zu arbeiten und effizient im Zeitraster zu denken. Veranstaltungen, die aus meiner Sicht nur gesellschaftlichen Wert haben, lehne ich aus Zeitgründen ab. Man sollte keine Ressourcen verschenken.

Ich habe eine völlig andere Denkweise und arbeite im fokussierten Wissenspicking. Insofern kann man mit Nicht-Kaderathletinnen und -Athleten ganz in Ruhe arbeiten. Die Bedingungen sind dann zwar manchmal hart... Ich vertrete in einigen Disziplinen völlig andere Trainingsansätze als die derzeitigen Bundestrainer. Es wird ohnehin auf Dauer für den DLV immer schwieriger, geeignete Bundestrainer/innen zu bekommen. Die Decke wird immer dünner, wenn man nur z.B. an die kommende "Ausdünnung des Sprungbereiches" denkt. Ich habe um mich ein hervorragendes Team aufgebaut. Das reicht mir völlig. Es kann bei akribsichem Hinsehen nicht übersehen werden, dass es in manchen Disziplinen sehr viele Ausfälle aufgrund von Verletzungen und Operationen gibt. Mit solchen Trainern lehne ich Kooperationen einfach ab.

Ich stelle das mal zur Diskussion.

Gertrud


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - RalfM - 07.01.2022

Ich kenne dies aus anderen Lebensbereichen. Wer aus sich heraus wenig bringt, erstreckt seine Tätigkeit in die Kontrolle von hierarchisch Niedrigeren. Meinem ehemaligen Chef und Institutsleiter hat dies die Funktion gekostet, weil dann viele mit mir zusammen gestanden haben (für mich war es anstrengend, aber jetzt bin ich froh).


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Diak - 07.01.2022

... ich fürchte, daraus ergibt sich keine besonders fruchtbare Diskussion. Ihr habt schlicht völlig recht mit dem, was ihr schreibt.

Die Kombination aus Leistungssportverhinderungsreform und immer autoritäreren Strukturen im DLV verschlechtert die Bedingungen vor Ort zusehends und frustriert alle Beteiligten. Es wir ein immer größerer Wasserkopf aufgebaut, der sich selbst durch Kontrollmaßnahmen rechtfertigt. Kein/e Athlet:in wird dadurch besser oder gesünder.

Unsere Sportart steht vor immensen Herausfordeurungen. Wir können es uns schlicht nicht leisten, uns gegenseitig das Leben schwer zu machen, sondern müssen mit allen Kräften daran arbeiten, dass es auch in 10 Jahren noch eine nennenswerte Leichtathletik in Deutschland gibt. Das ist "oben" offensichtlich nicht im Ansatz erkannt worden.

Wir hier im Norden fühlen uns immer wieder strukturell missachtet vom DLV, der seit Jahren systematisch nichts dafür tut, uns zu unterstützen. Mit jedem Jahr werde ich froher darüber, denn keine Unterstützung heißt auch keine Gängelung. All das absurd beschriftete Papier kann mir herzlich egal sein, weil ich machen kann, was ich will, solange mir niemand Ressourcen stellt, die an Bedingungen geknüpft sind.

Allen, die sich diesem kranken System unterwerfen und bereit sind, im Sinne der Athlet:innen und des Sports darin zu arbeiten, gebührt Dank und Anerkennung. Insofern bin ich wirklich sehr froh über die gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die ich mit allen Bundestrainern, mit denen ich bislang zu tun hatte, empfunden habe und empfinde. Sie sind die Räder im Getriebe, die an dem bürokratischen Irrsinn vielleicht am meisten zu leiden haben.


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Gertrud - 07.01.2022

(07.01.2022, 12:10)Diak schrieb: Allen, die sich diesem kranken System unterwerfen und bereit sind, im Sinne der Athlet:innen und des Sports darin zu arbeiten, gebührt Dank und Anerkennung. Insofern bin ich wirklich sehr froh über die gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die ich mit allen Bundestrainern, mit denen ich bislang zu tun hatte, empfunden habe und empfinde. Sie sind die Räder im Getriebe, die an dem bürokratischen Irrsinn vielleicht am meisten zu leiden haben.

Du kennst mich durch drei Tage Fortbildung im Norden recht gut und weißt, dass ich wirklich deine aufopferungsvolle Arbeit sehr schätze. Ich bin in einem Punkt anderer Meinung als du, dass ich diese Augenhöhe nicht in jedem Fall sehe und deshalb auch nicht in Anspruch nehmen möchte. Ich bin teilweise "Lichtjahre" davon entfernt. Ich will immer mehr wissen und suche mir immer wieder dafür neues Terrain aus.

Man hat mich in dreißig Jahren nicht einmal mit Athletinnen/Athleten beliefert. Für mich existiert keine "Einbahnstraße" auf Dauer. Zu leiden haben BT, die auch "Freigeister" sind. Ich habe mich bei einer Fortbildung mit einem derartigen unterhalten. Originalton dem Sinne nach: "Gertrud, wenn ich in Rente gehe, werde ich genauso wie du arbeiten." Die Sehnsucht ist schon bei einigen vorhanden. Wenn ich z.B. im Mehrkampf nach Sabine in oberer Funktion gewesen wäre, wäre mit Sicherheit ein Schaden bei einer Mehrkampf-Topathletin nicht entstanden. Auch eine unglaublich talentierte junge Mehrkämpferin hat anscheinend die Segel gestrichen, wo ich mit Sicherheit eine zweite Topathletin für den DLV aufgebaut hätte. Ich bin und bleibe ein Freigeist und arbeite immer enorm an meiner Kreativität. 

Ich könnte dem DLV z.B. ein Team auf bestimmten Gebieten zusammenstellen, dass in gewisser Weise eine absolute Wende einleiten könnte. Ich habe jetzt noch Kontakt zu einer herausragenden Persönlichkeit aufgenommen. Ich bin mir nur als Zulieferin einfach zu schade. Sabine sagte letztens noch zu mir, dass es doch eigentlich schade sei, dass eine so erfahrene Trainerin wie ich ihr Wissen nicht weitergeben und auch nie berücksichtigt worden sind, wenn man sieht wie viel Schei... so trainiert wird!!!" 

Die Strukturen oben sind absolut renovierbedürftig!!! Gerade in der Vielfalt der Trainer/innen und nicht in der Gleichschaltung und "Stromlinienförmigkeit" liegen die Pfründe eines Verbandes. Wenn man solche "Knebelverträge" initiiert, liegt man meines Erachtens auf einer völlig falschen Schiene. Man weiß genau, dass 90% der Athletinnen/Athleten auf die Unterstützung des Verbandes angewiesen sind und daher unterschreiben.

Gertrud (Bin gleich für ein paar Stunden außer Haus!)


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - LA-Trainer - 07.01.2022

Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022

hier der komplette Link:

https://www.leichtathletik.de/fileadmin/user_upload/05_Nationalmannschaft/Nominierungsrichtlinien/2021-2022_Kaderbildungsrichtlinie_EF.pdf


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Delta - 07.01.2022

Der Ton macht die Musik und wenn ich das von Gertrud lese für maximal 2000 Euro würde ich mir nicht antun.

Konzept der Schweiz

https://www.swiss-athletics.ch/wp-content/uploads/de_nwfkonzept2016.pdf


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - OldSchoolRunner - 07.01.2022

zumindest in diesem Punkt hört sich ja das Schweizer Konzept schon mal sinnvoller an:

Zur Wichtigkeit der Förderung der Athlet-Trainer-Zelle:
Allgemein spielt der Heimtrainer (Verein) den grössten unmittelbaren Einfluss auf einen Athleten aus
und wirkt darüber hinaus als Multiplikator (Mehrfachwirkung) auf nachfolgende Athleten mit hohem Potenzial. Insofern muss die Förderung mit Vorteil nicht nur dem Athleten sondern der Athleten-Trainer-Zelle zukommen. Dies gilt vor allem für den Zugang zu Know-How.


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Gertrud - 07.01.2022

Diese Gesamtkonzeption der enormen Einflussnahme kommt im Prinzip nicht ursächlich vom DLV. Es geht da auch um PotAS und Co. Der DLV erfüllt konsequent diese Erfordernisse von oben. Daher hat man auch als Verband den ersten Platz errungen, obwohl unser Medaillenkonto nun wirklich nicht die große Nummer war. Bei solchen Vorgaben blutet die Peripherie vollkommen auf Dauer aus, zumal der DLV nicht gerade den besten BT-Nachwuchs produziert.

Es wäre doch ein Witz, wenn ich mit einer blütenreinen Weste hinsichtlich orthopädischer Schäden z. B. eine Protokollierung und gemeinsame Auswertung des Trainings in einer Trainingsdatendokumentation vornehmen müsste. Die Daten halte ich für absolut schützenswert. Wenn eine permanent Auswertungen vorgenommen hat, dann ich. Dabei brauche ich nun wirklich keine Hilfe. Gibt Konstanze Klosterhalfen z. B. auch ihre Dokumentation hier ab?

Ich finde auch den 6. Punkt total verrückt: die Gestaltung eines regelmäßigen Trainings an einem Bundestützpunkt in dem jeweiligen Disziplinschwerpunkt. Wenn eine Langstrecklerin z.B. auf der Schwäbischen Alb wohnt, kann sie vielleicht dort besser werden, als wenn sie in einer Großstadt an einem OSP trainiert. Das sollte alles individuell geregelt werden dürfen. Man sollte sich die Trainingsbedingungen aussuchen dürfen, die individuell ins Konzept passen. Wenn ich z.B. eine Kaderathletin trainierte, müsste mir den DLV die Fahrt zum OSP schon bezahlen.

Bei machen Athletinnen, die aus dem Kader eliminiert werden, weisen BT konsequent daraufhin, dass solche Athletinnen nicht mehr am OSP trainieren dürfen. Vereinsmäßige Mittelklasseathletinnen dürfen aber dort trainieren. Wenn dann solche eliminierten Athletinnen bei Eis, Schnee und Regen im Winter teilweise draußen trainieren müssen und vielleicht wieder kaderwürdige Leistungen bringen, dürfen sie wieder am OSP trainieren. Das ist doch ein Widerspruch in sich.

Also mein Vorschlag zur Güte: Erfolgreiche und kaum verletzungsträchtige Teams sollten ihr "eigenes Süppchen" kochen dürfen. Meine Aufgabe als Heimtrainerin ist es nicht, den vielleicht weniger versierten BT fortzubilden. Ich will meine Kraft hundertprozentig auf die Schützlinge verteilen und nicht lange Protokolle schreiben und ansonsten in einem sehr fairen Konkurrenzmodus sein. Der DLV sollte diesen Heimtrainern die Hilfen zur Verfügung stellen, die sie anfordern. 

Wer sagt denn überhaupt, dass diejednigen, die die Trainingsbücher auswerten, genügend Ahnung haben. 
Wink ‌Vielleicht schlagen sie mir Übungen vor, die ich für abgrundtief schlecht halte.  WinkThumb_down

Gertrud


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Delta - 07.01.2022

Aus meiner Sicht arbeitet der DLV zuwenig langfristig gerichtet.

Jährliche Kaderzusammenstellungen. 2-jährlich reduziert den Papierkram und gibt den Athleten mehr Sicherheit. Der Anspruch ist Kontinuität und wenn jemand verletzt ist, grosse Prüfungen hat fliegt man nicht aus dem Kader wenn das Engagement vorhanden ist. zb Sarah Atcho
In der Schweiz kommen Leistungswerte im Dokument nicht mal vor.
Der DLV fängt im Sprint bei 10.60 an U20 und bis 25+ sollte der Athlet bei 10.12 angelangt sein.

Was in der Schweiz extrem zählt ist das Zeitmanagement der Athleten. Wer hier Top ist kommt auch zu den Top Trainern. Niemand fährt mit einem Startblock quer durch die Schweiz. Sowas würde in 2@Wochen allerlängstens erledigt.


RE: Kaderstruktur Kaderbildungsrichtlinie 2021/2022 - Gertrud - 07.01.2022

Was ich für mich möchte, kann ich in einem Satz formulieren: Man soll mich mit einer Athletin in Ruhe arbeiten lassen und gewisse Ressourcen zur Verfügung stellen. Dann kommt im Endeffekt am meisten für den DLV heraus, wie ich das mehrfach bewiesen habe. Alles andere interessiert mich nicht.

Der teure "Wasserkopf", der mit solchen Strukturen finanziert wird, sollte sukzessive abgebaut werden.

Gertrud