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Barshim und Tamberi teilen sich Gold - sollten Athleten das entscheiden dürfen? - Druckversion

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RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - DerC - 03.08.2021

(02.08.2021, 18:53)Piroschka schrieb: Ich verstehe was du meinst. Sie haben aber auch bis 2,37m gegeneinander gekämpft! Das gegeneinander kämpfen, muss doch aber nicht deswegen aufhören, weil es bei der Höhe nicht weiter rauf geht.
Es darf aber aufhören. Oder sollte es besser so lange gehen, bis sich jemand verletzt?
(02.08.2021, 18:53)Piroschka schrieb: Im Endeffekt ist ihnen ja ein ziemliches Kunststück gelungen: Da sitzen nur noch 2 Pokerspieler am Tisch und im Pott sind 1mio €. Der Gewinner bekommt alles. Und sie einigen sich nicht weiter zu spielen und auf einmal sind 2mio im Pott und jeder bekommt seine Million.
Auch wenn der Pokervergleich offensichtlich stark hinkt, gehe ich mal darauf ein, weil das Kunststück sogar noch größer sein kann: Jeder hat mehr bekommen, als er als alleiniger Gewinner bekommen hätte. So groß war das mediale Echo. Aber natürlich funktioniert das nicht mit beliebig vielen Siegern - dann käme es zur Inflation. Daher muss man auch keine Angst haben vor Absprachen von größeren Gruppen. Das ist auf der Leistungsebene nicht denkbar. So einmal alle 100-150 Jahre 3 Goldmedaillen vielleicht gerade noch. Aber das wäre ja absolut ok. Ab und an gibt es eben einen glücklichen Superjackpot.
(02.08.2021, 18:53)Piroschka schrieb: Ja, es ist jetzt nun einmal so gewesen. Im Sinne des Sports sollte man aber dafür sorgen, dass sich so eine Situation nicht wiederholt. Heißt für mich, dass wenn im Pott 1mio € sind und beide nicht mehr weiterspielen wollen, dann auch nur jeder 500 Tausend bekommen kann. Also Silber. Und Gold nicht vergeben wird.
Nein, im Sinne des Sports sollte sich genau diese Situation wiederholen dürfen. Denn das ist eben im Sinne des Sports. Bis einer weint oder aufgibt, das mag im Sandkasten oder im Krieg gelten. Aber der sportliche Wettkampf ist zum Glück etwas anderes.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - DerC - 03.08.2021

(03.08.2021, 22:41)Piroschka schrieb:
(03.08.2021, 22:28)DerC schrieb:
(03.08.2021, 21:22)Piroschka schrieb: Realität tut nun einmal weh! Ziel eines Wettkampfes ist es nun einmal einen Sieger zu ermitteln.
Nein, auf sportliche Wettkämpfe bezogen ist das nicht richtig. Wettkämpfe mit mehreren oder ohne Sieger sind natürlich vollkommmen ok, weil es auch um zahlreiche andere Aspekte geht und der sportliche Vergleich eben auch zum Gleichstand führen kann und darf.
Nur dass hier der sportliche Vergleich nicht den Sieger ermittelt hat, sondern eine außersportliche Absprache!
Was soll daran außersportlich gewesen sein? Es war regelkonform und ganz im Sinne des Sports. Der sportliche Vergleich hat hier zwei Sieger ermittelt, und die haben sich gegenseitig sportlich und fair als gleichwertig anerkannt.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 03.08.2021

Ich glaube, dass wir die Diskussion hier nicht führen würden, wenn die Regel ganz klar sagen würde, dass bei Höhengleichheit und gleicher Anzahl von Fehlersuchen, der Wettkampf nach dreimaligem Reißen beendet ist und es auch mehrere Sieger geben kann. Die Kritik richtig sich vorrangig gegen die Beliebigkeit der Regel, welche den Sportlern eine außersportliche Wahl lässt.

Dass man zusätzlich auch der Meinung sein kann, dass es grundsätzlich nicht mehrere Sieger geben sollte, ist nicht primär der Hauptstreitpunkt der Diskussion.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 03.08.2021

(03.08.2021, 22:43)DerC schrieb: FQ
Da halte ich hart gegen und sage im Hobby- oder Breitensport mag das ganz charmant sein, aber das ist nicht Ziel des Hochleistungssports.

Um mediale Aufmerksamkeit geht es im Hochleistungssport sicherlich, aber nicht um den Preis der Aufgabe des Leistungsgedankens und die damit verbundene Anerkennung primär der sportlich besten Leistung und nicht der gesellschaftlichen Geste. Das sollte immer nur Add-on sein.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - RalfM - 03.08.2021

(03.08.2021, 22:52)Piroschka schrieb: Ich glaube, dass wir die Diskussion hier nicht führen würden, wenn die Regel ganz klar sagen würde, dass bei Höhengleichheit und gleicher Anzahl von Fehlersuchen, der Wettkampf nach dreimaligem Reißen beendet ist und es auch mehrere Sieger geben kann. Die Kritik richtig sich vorrangig gegen die Beliebigkeit der Regel, welche den Sportlern eine außersportliche Wahl lässt.

Dass man zusätzlich auch der Meinung sein kann, dass es grundsätzlich nicht mehrere Sieger geben sollte, ist nicht primär der Hauptstreitpunkt der Diskussion.

Aber die Regel ist doch klar. Die Regel ist auch eine innersportliche, was denn sonst? Die Regel ist nicht beliebig, sie gilt.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - DerC - 03.08.2021

(02.08.2021, 21:33)said88 schrieb: Die Hauptkritik geht dahin, dass die beiden selbst entscheiden konnten was passiert. Und das halte ich für höchst problematisch und falsch. Wie stehst du dazu? Was wäre bei dreien gewesen? Alle Gold? Und bei vieren? 
Wenn das die Hauptkritik ist, dann ist deine Kritik kaum relevant. Es entscheiden ja im Normalfall immer die Athlet*innen selbst über den Ausgang des Wettkampfs. Das ist ja gar nichts besonderes. Wäre ja schlimm, wenn das im Normalfall z. B durch die Willkür der Kampfrichter entschieden würde.
(02.08.2021, 21:33)said88 schrieb: ZDF-Kommentator Peter Leissl hat zuerst klipp und klar gesagt, es gäbe nicht zweimal Gold (zuvor hatte er gesagt, sie hätten sich im Regelwerk schlau gemacht, es gäbe bei Gleichstand einen vierten Versuch). Als er dann realisiert hatte, dass er damit falsch lag kam seine Verwunderung schon durch.
Von welcher Relevanz ist hier, dass ein ZDF-Kommentator mal wieder keine Ahnung vom Regelwerk der LA hat? Nebelkerze?
(02.08.2021, 21:33)said88 schrieb: Auch in diesem Thread hier haben auch noch einige andere ausser mir das Ganze sehr kritisch gesehen. Mit guten Begründungen.
Wo sollen die guten Begründungen nochmal sein? Sorry, den ganzen Thread durchgelesen, nicht fündig geworden.
Es gibt ja auch überhaupt kein Problem.

Übrigens sind gerade Geld und Ruhm zwei Argumente dafür, dass die Regel vollkommen unproblematisch ist: Würden sich zu viele den Sieg teilen, würde der entwertet was Ruhm und Geld angeht. Auch wenn es zu häufig passieren würde, dass es zwei Goldene gibt, würde ein Inflationseffekt entstehen, den die Protagonisten "automatisch" vermeiden wollten.

Mehr als zwei Goldmedaillen in einem (Stab-)hochsprungwettbewerb ist extrem unwahrscheinlich bei olypmischen Spielen. Vorstellbar wären irgendwie alle mindestens 100 Jahre mal 3, falls drei Athlet*innen alle in etwa WR springen und dann alle drei einsehen, dass keiner mehr drauf hat. Aber das werden wir vermutlich alle nicht mehr erleben.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 03.08.2021

(03.08.2021, 23:01)RalfM schrieb:
(03.08.2021, 22:52)Piroschka schrieb: Ich glaube, dass wir die Diskussion hier nicht führen würden, wenn die Regel ganz klar sagen würde, dass bei Höhengleichheit und gleicher Anzahl von Fehlersuchen, der Wettkampf nach dreimaligem Reißen beendet ist und es auch mehrere Sieger geben kann. Die Kritik richtig sich vorrangig gegen die Beliebigkeit der Regel, welche den Sportlern eine außersportliche Wahl lässt.

Dass man zusätzlich auch der Meinung sein kann, dass es grundsätzlich nicht mehrere Sieger geben sollte, ist nicht primär der Hauptstreitpunkt der Diskussion.

Aber die Regel ist doch klar. Die Regel ist auch eine innersportliche, was denn sonst? Die Regel ist nicht beliebig, sie gilt.
Eine Regel ist beliebig, wenn identische Situationen unterschiedlich gehandhabt werden können. Einmal Entscheidung durch Wettkampf=Stechen oder außersportlich=Einigung auf Abbruch.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - DerC - 03.08.2021

(03.08.2021, 22:59)Piroschka schrieb: Da halte ich hart gegen und sage im Hobby- oder Breitensport mag das ganz charmant sein, aber das ist nicht Ziel des Hochleistungssports.
Sehe das nicht als hartes Dagegenhalten, eher als ein Denken, dem entweder problematische Vorausetzungen zu Grunde liegen oder dem es etwas an Logik fehlt. Ist Sport die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln? Huh

(03.08.2021, 22:59)Piroschka schrieb: Um mediale Aufmerksamkeit geht es im Hochleistungssport sicherlich, aber nicht um den Preis der Aufgabe des Leistungsgedankens und die damit verbundene Anerkennung primär der sportlich besten Leistung und nicht der gesellschaftlichen Geste. Das sollte immer nur Add-on sein.

Aber der Leistungsgedanke wurde doch gar nicht aufgegeben. Barshim und Tambieri haben doch beide eine großartige Hochleistung gezeigt, die im Hobby- oder Breitensport so heutzutage nicht möglich ist.

Nochmal: Wo ist das Problem? Welchem realen Ziel des Hochleistungsports widersprechen die 2 Goldmedaillen?


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - DerC - 03.08.2021

(03.08.2021, 23:05)Piroschka schrieb: Eine Regel ist beliebig, wenn identische Situationen unterschiedlich gehandhabt werden können. Einmal Entscheidung durch Wettkampf=Stechen oder außersportlich=Einigung auf Abbruch.

Nichts am Verzicht auf weitere Versuche oder ein Stechen ist außersportlich. Der Sport hört nicht auf, wenn der Wettkampf beendet ist.

Und beliebig passt auch nicht. Verschiedene Möglichkeiten ergeben nicht automatisch Beliebigkeit. Es gibt etliche sportliche Regeln, durch die sich verschiedene Möglichkeiten ergeben, auf bestimmte Situationen zu reagieren.

Und das Athlet*innen selbst entscheiden, wann sie den Wettkampf beenden, ob sie aufgeben oder ins Ziel humpeln oder kriechen, ist ganz normal.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 03.08.2021

(03.08.2021, 23:16)DerC schrieb:
(03.08.2021, 22:59)Piroschka schrieb: Da halte ich hart gegen und sage im Hobby- oder Breitensport mag das ganz charmant sein, aber das ist nicht Ziel des Hochleistungssports.
Sehe das nicht als hartes Dagegenhalten, eher als ein Denken, dem entweder problematische Vorausetzungen zu Grunde liegen oder dem es etwas an Logik fehlt. Ist Sport die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln? Huh
(03.08.2021, 22:59)Piroschka schrieb: Um mediale Aufmerksamkeit geht es im Hochleistungssport sicherlich, aber nicht um den Preis der Aufgabe des Leistungsgedankens und die damit verbundene Anerkennung primär der sportlich besten Leistung und nicht der gesellschaftlichen Geste. Das sollte immer nur Add-on sein.

Aber der Leistungsgedanke wurde doch gar nicht aufgegeben. Barshim und Tambieri haben doch beide eine großartige Hochleistung gezeigt, die im Hobby- oder Breitensport so heutzutage nicht möglich ist.

Nochmal: Wo ist das Problem? Welchem realen Ziel des Hochleistungsports widersprechen die 2 Goldmedaillen?
Sollte die Regel so bestehen bleiben, wird man wohl in Zukunft bei Meisterschaften eher keine Stechen mehr sehen, da dies ja jetzt alle mitbekommen haben. Entscheidend bzw. das Argument der großen Geste entlarvend ist ja die Perspektive. Zu einem Stechen kommt es im Hochsprung, wenn mehrere Personen an einer Höhe letztendlich gescheitert sind. Jeder muss also damit rechnen bei einem Stechen zu verlieren. Da meidet man dann die weitere sportliche Auseinandersetzung, wenn man sich nicht sicher sein kann als Sieger daraus hervorzugehen.
Andersherum wird aber ein Schuh draus. Wenn die sportliche Geste des geteilten Sieges ja etwas so herausragend besonders ist, warum einigen sich Hochspringer/Stabhochspringer nicht vor dem endgültigen Scheitern an einer Höhe auf ein nicht mehr weiterspringen und sich den Sieg teilen. Weil es ihnen darum in Wirklichkeit nämlich nicht geht, sondern ums Gewinnen. Wer sich nämlich besser einschätzt, hat keine Angst weiterzuspringen und tut das auch. Wäre ja auch eine schöne Geste der Stabhochspringer gewesen, Lavillenie nach seinem Verletzungspech und übersprungenen 5,70m Gold gewinnen zu lassen, gemeinsam. Macht natürlich niemand, da dies eben nicht der Sinn des Wettkampfs ist und man sich selbst besser einschätzt.