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Barshim und Tamberi teilen sich Gold - sollten Athleten das entscheiden dürfen? - Druckversion

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RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Jo498 - 02.08.2021

Um für mich zu sprechen, ich gönne es ihnen und als PR und Story ist es natürlich besser als ein Stechen mit Verlierer.
Aber es überrascht mich schon etwas, dass sich nach Wortlaut der Regeln theoretisch wirklich 5 auf Gold bei Gleichstand einigen könnten, indem sie sich einfach alle weigern, zum Stechen anzutreten. Sollte sowas mal vorkommen, ist die Story nicht Fairness und Freundschaft, sondern eine bizarre Regelungslücke. Dass das geht, finde ich schlecht, selbst wenn es extrem unwahrscheinlich ist, dass es ausgenutzt wird.)

(Es ist ein bißchen so wie das bei manchen Events inflationäre Weiterlassen von Sturzopfern. Das ist im Einzelfall erfreulich, aber irgendwann auch problematisch. Zumal wenn dann wie London 2017 die Pech haben, die im überfüllten Finale stürzen wie Gesa Krause. Denn die kriegen nicht automatisch ne Medaille, weil sie schuldlos gestürzt sind.)


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 02.08.2021

(02.08.2021, 10:55)RalfM schrieb:
(02.08.2021, 10:48)Piroschka schrieb:
Zitat:
Ich bin irgendwie zwischen "tolle einzigartige Geschichte" und "das ist nicht der Sinn dieses Wettkampfs". Mein subjektives Empfinden als Außenstehender tendiert jedoch leicht Richtung Letzterem.

Das finde ich jetzt sehr interessant, weil Du damit die Frage aufwirfst, was überhaupt der Sinn eines Wettkampfs ist, im speziellen Fall der eines Olympischen Endkampfs der Leichtathletik. Das wäre womöglich eine ganz neue Diskussion.
Für viele Athleten sind Olympische Spiele etwas ganz besonderes, da es einer außergewöhnlichen Leistung bedarf, um sich dafür zu qualifizieren und zusätzlich ein besonderer historischer Mythos die Spiele umgibt, die sie noch einmal über Weltmeisterschaften herüberheben.
Genau so sieht es auch mit dem Gewinn des Olympiatitels aus. Dieses ganz Besondere, für die Ewigkeit bestehnende, und die Freunde darüber, kommt eben auch durch die Einzigartigkeit und sich nochmals von allen anderen abheben können. Wenn aber alle gleich sind, die teilnehmen, geht auch der Reiz des Besonderen verloren. Es katapultiert einen eben nicht auf eine besondere Stufe. Diese unfassbare Freunde und Erleichterung eines Olympiasiegers, dem die Last seiner ganzen sportlichen Laufbahn genommen wird und alles einen Sinn ergibt, wäre wohl bei vielen nicht vorhanden, wenn der Sieg weniger einzigartig wäre. Die absolute Freunde des einen Athleten ist eben ohne die Trauer des anderen Athleten praktisch nicht möglich.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 02.08.2021

Was wäre eigentlich passiert, wenn nur zwei Hochspringer 2,37m übersprungen hätten und sich beide geweigert hätten die nächst Höhe überhaupt erst anzugehen?


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - RalfM - 02.08.2021

(02.08.2021, 11:09)Piroschka schrieb: Die absolute Freunde des einen Athleten ist eben ohne die Trauer des anderen Athleten praktisch nicht möglich.

Hatten Barshim und Tamberi nicht öffentlich den Gegenbeweis erbracht?


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 02.08.2021

(02.08.2021, 11:18)RalfM schrieb:
(02.08.2021, 11:09)Piroschka schrieb: Die absolute Freunde des einen Athleten ist eben ohne die Trauer des anderen Athleten praktisch nicht möglich.

Hatten Barshim und Tamberi nicht öffentlich den Gegenbeweis erbracht?
Es geht ja nicht um diesen Einzelfall, der ja einmalig ist, sondern darum, ob der Olympiasieg grundsätzlich noch etwas so außergewöhnliches bleibt, wenn sich dieses Vorgehen häuft bzw. den Athleten diese Möglichkeit eröffnet wird.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 02.08.2021

Passend zu dem Thema auch gerade der Kommentator zum Gesichtsausdruck von Fraser-Pryce.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - ThomZach - 02.08.2021

Na hier ist ja die Meinungsvielfalt und Meinungsfreude explodiert! Großartig.
Mein Beitrag entstand unabhängig davon:

Wie ich aus meinem Heimatverein Unione Sportiva ASCONA erfahre, ist dieTeilung des ersten Platzes,
also das Aussetzen des Stechens, neuerdings regelkonform. Aus meiner Sicht ist das die Perversion
des Wettkampf-Gedankens. Der ganze Wettbewerb dreht sich um das Erkämpfen der bestmöglichen
Plätze. Und kurz vor Schluss wird er abgebrochen, weil sich die Kontrahenten gütlich darauf geeinigt
haben, zugunsten des anderen auf den Sieg zu verzichten. Ich finde das grundsätzlich ja auch rührselig
und charmant, war ja selbst nie ein Wettkämpfer sondern eher auf Rekorde aus. Aber ich habe das
auch immer als meine Feigheit betrachtet. Ich wollte nie Sieger sein, wenn ich dafür einem Kollegen
das Nachsehen geben musste. Hab auch gerne mal auf einen Platz verzichtet, wenn dem Gegner der
Sieg mehr bedeutete als mir. Aber dahinter stand wohl immer die Furcht vor Neid und Missgunst,
also persönlicher Ablehnung. Und sowas hat mir schon immer, ja meist im voraus, den Spaß am
Springen verdorben.
Nun will ich aber als Zuschauer keine höflichen, netten Feiglinge sehen, sondern das Gegenteil von
dem was ich selber bin: Siegertypen die sich durchsetzen oder scheitern, also jubeln oder zusam-
menknicken. Tränen der Enttäuschung oder der Erleichterung sehen, nicht heiteren Gleichmut.

Ich stell mir gerade vor, es hätte in Tokio plötzlich einen Wolkenbruch gegeben. Hätte Gianmarco
sich dann auch vor Freude auf dem Boden herumgewälzt wie ein reichbeschenktes Kind unterm
Weihnachtsbaum? Ja war es nicht ein geschenktes Gold, das nach Silber schmeckt?
Demnächst verteilen die Sportler die Plätze noch vor dem Wettkampf nach Gutdünken oder zähen
Verhandlungen oder demokratischer Abstimmung unter sich, winken ins Publikum und packen ihre
Sachen Angel ‌. Die Grünen wären begeistert...


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - ThomZach - 02.08.2021

Ich muss mich offenbar selbst bezichtigen, die geltenden Regeln nicht mehr zu kennen.
Das ist mir echt peinlich, weil ich das Regelheft in der Sporttasche immer dabeihatte.
Aber das Thema hier jetzt war mir immer egal. Ich hab, glaub ich, nur ein Stechen erlebt
(1970 Hallen-DM). Und das war spannend und erfreulich. Hat mir aber einen Feind beschert,
der in den nächsten 2 Jahren erbittert Revanche genommen hat. Egal! Der Austausch hier
gefällt mir außerordentlich und ich kann alle Meinungen gut verstehen.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Eknulah - 02.08.2021

Stellen wir uns mal ein Fußball-WM-Finale nach der Verlängerung und meinetwegen auch nach der ersten 5 Elfmeterschützen vor. Dann geht es auch nicht mehr wirklich darum, die bessere Mannschaft zu ermitteln, sondern einfach irgendeine Entscheidung zu finden.
Wenn sich nun beide Mannschaften darauf einigen würden, nicht weiterzumachen, würde das doch kaum einer gutheißen, oder?
Ja, der Vergleich hinkt mehrfach, aber nicht so sehr, dass man nicht mal drüber nachdenken kann.


RE: Barshim und Tamberi teilen sich Gold - faire Entscheidung? - Piroschka - 02.08.2021

(02.08.2021, 11:49)Eknulah schrieb: Stellen wir uns mal ein Fußball-WM-Finale nach der Verlängerung und meinetwegen auch nach der ersten 5 Elfmeterschützen vor. Dann geht es auch nicht mehr wirklich darum, die bessere Mannschaft zu ermitteln, sondern einfach irgendeine Entscheidung zu finden.
Wenn sich nun beide Mannschaften darauf einigen würden, nicht weiterzumachen, würde das doch kaum einer gutheißen, oder?
Ja, der Vergleich hinkt mehrfach, aber nicht so sehr, dass man nicht mal drüber nachdenken kann.
Da würden die Fans und selben Medien auf die Barrikaden gehen und ein Shitstorm über die Spieler fegen. Keine Siegertypen etc. pp.