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Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Druckversion

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RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Robb - 04.06.2020

Ändert nichts an der Tatsache, dass er den schwedischen Weg jetzt für falsch hält. Basierend auf die verfügbaren Daten hatte er damals so entschieden und würde es auch wieder tun, aber im nachhinein war der Weg falsch.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 04.06.2020

Auch ein Tegnell kann sich der kippenden Stimmung in der Bevölkerung (inzwischen haben 50% der Schweden Zweifel an den Maßnahmen, vor ein paar Wochen waren es nur 25%)  wohl nicht entziehen. Aber wie ich vor ein paar Wochen schon schrieb: ob die Maßnahmen richtig waren, wird nicht durch Mehrheitsbeschluss entschieden, sondern durch eine Bewertung der Faktenlage am Ende der Pandemie.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Robb - 04.06.2020

Tegnell hält den schwedischen Weg jetzt für falsch, das ist Fakt. Abschließende Bewertungen in ein paar Jahren sind dabei irrelevant, weil es eben um eine Bewertung der aktuellen Situation geht. Wenn du mit Bewertungen bis zum Ende der Pandemie warten willst, gilt das auch für Deutschland und du darfst den deutschen Weg nicht kritisieren. Aber damit wäre jegliche Diskussion sinnlos und dann hätten wir ja nix mehr zu tun. Cool


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 04.06.2020

(04.06.2020, 13:39)Robb schrieb: Tegnell hält den schwedischen Weg jetzt für falsch, das ist Fakt.

Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig, reiht sich aber nahtlos in die clickbaitigen Überschriften von Zeit, Spiegel, Guardian und Telegraph ein, bei denen man fast meint, eine klammheimliche Freude spüren zu können, dass das schwedische Experiment endlich fehlschlägt (verständlich, da das natürlich die Lockdown-Befürworter unterstützt)

Schaut man in Tegnells Interview mit Dagend Nyheter, liest sich das aber wesentlich differenzierter

Anders Tegnell: There are things we could have done better

Hauptsächlich spricht er nur an, was schon seit Wochen offensichtlich ist - dass man die Alten- und Pflegeheime besser hätte schützen müssen. Fehlender Lockdown, Öffnung von Schule/Kitas etc. werden aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - lor-olli - 04.06.2020

Und immer im Auge behalten von wem die Aussagen verbreitet werden, ich bezog mich auf das Interview welches Tegnell mit der BBC in der Sendung HardTalk führte (er spricht übrigens ein ausgezeichnetes Englisch, es lag also nicht an mangelnder Sprachkenntnis). Ich bin im Fall von HardTalk immer bereit dem Interviewten einen Bonus zu geben, die Talkmaster der Sendung sind knallharte Journalisten, die üblicherweise jeden "schwallernden Politiker" eiskalt und hart zerlegen. (Mir gefiel das Interview mit Frauke Petry… Wink)

Die insistierenden Fragen beantwortete Tegnell nicht alle und direkt und natürlich wird er seine eigene Strategie (die letztlich die Schwedische verantwortet!) nicht als vollkommen gescheitert bezeichnen, aber wenn man sich die Aussagen zu Beginn der Pandemie anhört und die Aussagen die er jetzt macht, erkennt man schon ein gehöriges Maß an Zerknirschtheit. Wie sollte es auch anders sein angesichts der bisherigen Bilanz. (Die schwedischen Zahlen auf Deutschland übertragen ergäbe über 37800 Tote, die britischen Zahlen umgesetzt wären es über 49000 Tote , bezogen auf Einwohner zu Verstorbenen).

Das "schwedische Modell" hat auch noch einen anderen Haken, während man in Europa bemüht ist zur Normalität zurückzukehren, bleibt Schweden außen vor! Die restlichen Skandinavier dürfen wieder in die Nachbarstaaten reisen, die Schweden noch mindestens einen Monat lang nicht. Auch die Urlaubssaison (in Schweden auch nicht unwichtig) fällt angesichts des kurzen Sommers dieses Jahr wohl komplett aus.

Es ist richtig das die Bilanz am Ende gezogen wird, aber man muss schon eine sehr rosarote Brille aufhaben wenn man sich das aktuelle Bild schön reden möchte. Meine Frau kann übrigens nicht einmal zur Beerdigung einer alten Freundin in Schweden reisen, die Grenze ist nicht ohne weiteres offen, man (frau) braucht eine Genehmigung, die wird aber aktuell nur für den engsten Familienkreis gewährt… Alles weil es so toll läuft?


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Drizzt - 04.06.2020

Wie sähe es denn im Vergleich der schwedischen Zahlen mit den Zahlen aus Belgien,England,Frankreich und Italien aus?


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 05.06.2020

@Drizzt
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1111794/umfrage/todesfaelle-mit-coronavirus-covid-19-je-millionen-einwohner-in-ausgewaehlten-laendern/

Frankreich wurde von Schweden überholt.

In Frankreich liegt übrigens inzwischen eine deutliche Untersterblichkeit vor (z-Score -15), Boris Palmer wird es interessiert zur Kenntnis nehmen.

Es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, dass sich das auch in den anderen Ländern mit hoher Übersterblichkeit so zeigen wird.

In den Ländern, die die Verbreitung erfolgreich unterdrückt und teilweise sogar während der Pandemie Untersterblichkeiten zu verzeichnen hatten, tickt eine Zeitbombe, die im Herbst explodieren könnte.
Es sei denn, es wird entgegen der Einschätzung in #968 ein Impfstoff gefunden oder man ist bereit, bei jedem erneuten aufflackern der Pandemie wieder in den Lockdown zu gehen. Ich denke allerdings, spätestens dann wird man auch in anderen Ländern zu einem schwedischen Modell (hoffentlich mit besserem Schutz der Alten) übergehen. Das ist auch die Einschätzung der WHO.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - gera - 05.06.2020

welcher Weg der Bekämpfung der Pandemie der bessere war/ist , wird sich erst später zeigen.
Stellt man die Ausbreitung der Ansteckungen oder Toten in exponentiellen Kurven dar, gibt es die flache langezogene Kurve - die bei Deutschland wohl zutrifft - und die stark ansteigende Kurve, die aber auf der Zeitachse kürzer ist.
Würde man die genaue Formel der Ausbreitung des Virus kennen , könnte man die Zahl der Infizierten/ Toten genau berechnen, denn das ist die Fläche unter der jeweiligen Kurve.
Ob die Fläche bei der langgezogenen oder der steil ansteigenden Kurve größer ist , wissen wir erst nach Beendigung der Pandemie, bestenfalls. Bei der Unterschliedlickeit der erfassten Daten wahrscheinlich aber nie.
Die Länge der Zeitachse ist beeinflussbar durch die Stärke der Maßnahmen dagegen. Je länger sie ist um so größer sind die Auswirkungen auf das gesamte, vor allem auf das wirtschaftliche Leben.
Das ist bei de Einschätzung, welche Strategie nun die bessere war auch zu berücksichtigen.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Jo498 - 05.06.2020

Das Problem war nicht der schwedische Weg, sondern dass auch dort Alten/Pflegeheime und ihre Hochrisiko-Insassen nicht ausreichend und nicht rechtzeitig geschützt wurden. Wenn das Pferd schon draußen ist, hilft es auch nicht, die Stalltür zweimal zu verriegeln. Die schon lange bestehenden strukturellen und weiteren Probleme dieser Heime dürften sich in den nächsten Monate als eine der ganz wesentlichen Ursachen, besonders in den Ländern mit überproportional vielen Toten herausstellen. Bzgl. einiger italienischer Regionen las ich neulich auch eine entsprechende Nachricht. Für mich stellt sich inzwischen deutlich heraus, dass selbst abgesehen von der reißerischen Berichterstattung zu Norditalien usw. der Informationsverlust durch Mittelwertbildung (geographisch, demographisch und noch bzgl. weiterer Aspekte) zu einer undifferenzierten Sichtweise und auch zu der Panik und damit zu dem drastischen Maßnahmen. Das konnte man vielleicht nicht von Anfang an so klar sehen, aber Experten hätten es sehen und auch kommunizieren müssen.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - tobitobs - 05.06.2020

Frankreich hat seine Statistik deutlich nach unten korrigieren lassen.
vgl vom 29.5. https://www.statista.com/statistics/1101715/contaminations-heal-dead-coronavirus-france/
eine Quelle die das erklärt habe ich aber nicht gefunden.