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Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Druckversion

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RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - lor-olli - 14.11.2020

@Atanvaro,
Neu am Alkoholverkaufsverbot ist, dass es in Restaurants jetzt ebenfalls ein Alkoholverkaufsverbot ab 21.00 Uhr gibt (die Restaurants durften bis zur Schließung ausschenken). Bars in Stockholm und einigen hotspots müssen ganz schließen.

Bei den Infektionszahlen kann man sich auf die prozentualen Angaben beziehen oder eben die Absoluten > https://www.worldometers.info/coronavirus/worldwide-graphs/#europe-usa-cases
Am Ende kommt heraus, dass die Pandemie global bisher noch länger nicht gebremst ist / sein wird >
https://www.worldometers.info/coronavirus/worldwide-graphs/#daily-cases

Es ist für für das Handeln gegen eine solche Entwicklung entscheidend, dass man nicht nur eine Zahl betrachtet, sondern den Komplex - ein völliger lockdown ohne wirtschaftliche Kompensation, Maskentragen obligatorisch statt empfohlen (da wo es Sinn macht versteht sich - bei uns auf dem Markt muss nur Freitags vormittags eine Maske getragen werden, viele regen sich auf, ABER es ist der einzige Zeitpunkt wo der Markt eine nennenswerte Zahl an Menschen aufweist - ansonsten ist er Parkplatz), Hygienemaßnahmen, Abstandsregelungen, Massenaufläufe unterbinden > es funktioniert nur im Paket.

In D reichen diese Maßnahmen in einigen Regionen dennoch nicht aus. Vorschläge? (ein kompletter lockdown ist definitiv wirksam, aber weder wünschenswert noch und vor allem nicht längerfristig durchführbar, wenn man die Reaktionen der Bevölkerung mit einbezieht. Und ich meine nicht den kleinen Teil, der schon jetzt rebelliert!)

Die Stimmung heizt sich auch in der Politik auf (NRW-Landtag macht seinen eigenen Karneval…), aber weder Profilierungsversuche noch Tatenlosigkeit versprechen Erfolg (Söder gibt den Maßnahmenreiter, aber in Bayern sieht die Lage mit am kritischsten aus), es geht letztlich darum den Strang zu finden an dem fast alle mitziehen (auch international). Ich versuche zumindest meinen Teil dazu beizutragen. (Fehler inklusive - learning by doing)


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 14.11.2020

Was mich stört: Die Infektionsdynamik war bereits vor dem "Lockdown Light" erkennbar gebremst bei im Vergleich mit vergangenen Grippewellen ähnlicher und bewältigbarer Auslastung der Intensivstationen (mit punktuellen Überlastungen). Weil aber irgendwann mal dieses Narrativ entstanden ist, dass möglichst niemand an Covid-19 sterben darf, wurde statt weiter zu beobachten und punktuell gezielt aufgrund klar definierter Kennwerte zu reagieren (s. der vielgescholtene Ärztekammer/Streeck/Chanasit Vorschlag), wieder heftig auf die Bremse getreten. Ja, das mag die Infektionszahlen nach unten bringen, aber es treibt uns auch immer tiefer in die Wirtschaftskrise und auch diese kostet Menschenleben, s.

Is the cost of another lockdown too high?


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - lor-olli - 14.11.2020

In other words: the costs affordable for saving lives depends on the well being of the economy…

Zum einen teile ich diese Sichtweise nicht wirklich, einzig Wachstum als Maßgabe für das Wohlergehen funktioniert schon eine Weile nicht mehr - einige wenige profitieren, die Mehrheit nicht (vor allem global).
- Prekäre Arbeitsverhältnisse (für billiges Fleisch etwa),
- Arbeitsüberlastung als Maßnahme zur Kostensenkung (Mediziner, Pflegekräfte, Polizei) sind keine dauerhafte Lösung (vor allem nicht um qualifiziertes Personal zu halten),
- marode Schulen (weil Bildung nicht zu teuer werden darf)
- soziale Aufgaben den Kräften des Marktes zu überlassen führt zwangsläufig zur Verschlechterung der Situation

Was mir wirklich gedanken macht, ist der Umstand, dass wir nicht lernen! Diese Pandemie sollte und eigentlich etwas klar machen: wir sind gesellschaftlich, organisatorisch und finanziell längst nicht so resistent bei Ausnahmesituationen (wie uns Versicherungen glauben lassen), wir reagieren zu langsam (anders als Asien), wir diskutieren sinnvolle Maßnahmen, nicht ob sie sinnvoll sind - dies nur in Stellvertretung - sondern ob wir sie "wollen". Es scheint vielen nicht klar, dass dies ein Testlauf für die weitere Zukunft ist, ein immer weiter zerstörter globaler Lebensraum (nicht nur im brasilianischen Urwald, auch hier in D), ein immer dichteres Heranrücken des Menschen an die letzten natürlichen Freiräume, aber auch eine immer intensivere Nutztierhaltung (in Ställen mit bis zu 50000 Tieren wie in China) und Umweltzerstörung führen zwangsläufig zu erhöhten Kontakten von Menschen zu Wildtieren.

Zoonosen (Übergang von Viren/Infektionskrankheiten bei Tieren auf Menschen) sind real und sie treten aktuell deutlich häufiger auf, (Mers, Sars, H1N5, Covid, Ebola und andere) wir reagieren zu langsam. Eine Garantie, dass wir sie medizinisch in den Griff bekommen gibt es nicht (zunehmende Mutationsraten könnten sogar Impfstoffe obsolet machen). Menschen leben zunehmend unter Umständen, die pandemische Ausbreitung fördern (Überbevölkerung, hohe Dichte in Großstädten etc.)

Zusammengefasst: Die Situation und globale Entwicklung dieser Pandemie sowie unsere Reaktionen darauf, stimmen mich nicht sehr hoffnungsvoll, dass wir die nächste Pandemie besser stemmen. Sollte es sich dann um eine Erkrankung mit dramatisch höherer Infektionsrate oder dramatisch höherer Mortalität handeln, wären gute Strategien hilfreich - bisher aber nicht in Sicht…

Wirtschaftskrise? Ist es nicht eher ein Verteilungsproblem welches tötet?


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - RalfM - 14.11.2020

(14.11.2020, 11:02)lor-oll schrieb: Was mir wirklich gedanken macht, ist der Umstand, dass wir nicht lernen!
Du meinst in deiner Selbst-Über und Unterschätzung, vielleicht könnte man es kürzer Geschwätz nennen, doch nicht auch mich?


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - HZZ - 14.11.2020

Österreich geht nun auch ab Dienstag wieder in den Lockdown: Ausgangsperren zwischen 20 und 6 Uhr, Schulen & Kindergärten schließen, Geschäfte schließen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-weltweit-oesterreich-teil-lockdown-verschaerfung-1.5101635


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 14.11.2020

(14.11.2020, 11:02)lor-olli schrieb: Wirtschaftskrise? Ist es nicht eher ein Verteilungsproblem welches tötet?

Man kann verteilen, solange noch was da ist zum Verteilen. Je nach Dauer und Schwere der Krise ist irgendwann nichts mehr da.

Zur vorgeblich besseren Reaktion auf die Pandemie in Asien eine Spekulation: die Maßnahmen sind nicht so grundsätzlich anders oder besser (Masken, Lockdown, contact tracing, Apps, das alles gab und gibt es in unterschiedlichen Abstufungen auch hier), dass sie die deutlich geringeren Auswirkungen gegenüber Europa oder den USA erklären könnten. Denkbar scheint mir, dass dort eher eine wesentlich höhere Hintergrundimmunität vorliegt.

Großflächige Eindämmung in Europa ohne Impfstoff ist also eher frommer Wunsch als realistische Perspektive. Auch Finnland wird das Virus noch kriegen.

In den Impfstoff werden große Hoffnungen gesetzt, aber die Impfbereitschaft in Deutschland liegt aktuell bei 53% mit fallender Tendenz (in den Gesundheitsberufen ist sie interessanterweise am niedrigsten) (Quelle
Und die aktuell am weitesten fortgeschrittenen mRNA Impfstoffe haben den Nachteil, dass sie auch am anfälligsten für Virusmutationen sind, weil sie in ihrer Wirkungsweise sehr spezifisch auf die aktuelle Virusstruktur gehen.

Anders Tegnell hat übrigens in seiner Pressekonferenz vom 12. November nochmal explizit betont, dass es, wenn es nach ihm geht, in Schweden keine harten Lockdowns geben wird. Man setzt weiterhin darauf, Risiken zu identifizieren und gezielte Anstrengungen zu unternehmen die Verbreitung zu verringern.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 14.11.2020

Dokumentation auf Arte

Corona: Sicherheit kontra Freiheit

 Und eine Studie zum durch Schulschließungen bedingten Verlust an Lebenszeit

Estimation of US Children’s Educational Attainment and Years of Life Lost Associated With Primary School Closures During the Coronavirus Disease 2019 Pandemic

Erfreulicherweise versucht man ja aktuell alles, die Schulen in Deutschland weiter offen zu halten.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Diskusmann - 14.11.2020

(14.11.2020, 12:27)RalfM schrieb:
(14.11.2020, 11:02)lor-oll schrieb: Was mir wirklich gedanken macht, ist der Umstand, dass wir nicht lernen!
Du meinst in deiner Selbst-Über und Unterschätzung, vielleicht könnte man es kürzer Geschwätz nennen, doch nicht auch mich?

Warum so dünnhäutig, wo siehst Du einen konkreten Bezug zu Dir?
Und noch einmal: Respektlosigkeit, nur weil einem die Meinung des anderen nicht gefällt, sollte hier keinen Platz haben! Vielleicht sollte man manche Entgegnung auch mal für sich behalten, anders formulieren oder einfach mal hinunterschlucken.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - DerC - 14.11.2020

(14.11.2020, 13:27)Atanvarno schrieb:
(14.11.2020, 11:02)lor-olli schrieb: Wirtschaftskrise? Ist es nicht eher ein Verteilungsproblem welches tötet?

Man kann verteilen, solange noch was da ist zum Verteilen. Je nach Dauer und Schwere der Krise ist irgendwann nichts mehr da.
Beides ist ein Problem. Armut ist schlecht für die Gesundheit, Ungleichheit auch. (Siehe Wilkinson/Pickett: Gleichheit ist Glück). Und beides wird leider durch die Anti-Covid-19 Maßnahmen befördert, die nicht für alle gleich wirken sondern die Ungleichheit verstärken.

Es ist auch logisch, dass immer wieder Maßnahmen kommen und für wirksam erklärt werden müssen, denn sonst könnten sich Politiker*innen nicht als Macher und Retter inszenieren und eins der wichtigsten neoliberalen Narrative, der Privatisierungsmythos, nähme zumindest bezogen auf den Gesundheitssektor großen Schaden. Der Schaden ist natürlich schon da, aber für die Privatisierungsbefürworter und -profiteure geht es jetzt natürlich darum, den so klein wie möglich zu halten und die Umsetzung einer gerechteren und verantwortungsvolleren Gesundheitspolitik zu verhindern.


RE: Sars-CoV-2: allgemeine Diskussion - Atanvarno - 14.11.2020

Ein Blick in die Mentalität eines nicht unerheblichen Teils der amerikanischen Bevölkerung im Umgang mit der Pandemie (in New York sieht das sicherlich anders aus)

Surging virus cases get a shrug in many Midwestern towns

Zitat:We’re trying to create as much normalcy as we can. We try not to live in fear.