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Hoch auf Kurs - Druckversion

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RE: Hoch auf Kurs - Hellmuth K l i m m e r - 05.04.2014

(04.04.2014, 10:20)Leichtathletikfreund schrieb: Meine Erkenntnisse sind dazu:
Wer in der Senioren-Leichtathletik nicht genug Geld aufbringen kann um viele Trainingseinheiten, auswärts, machen zu können, so wie er sich das wünscht, und wer wegen Geldmangel an seiner Anerkennung versucht selbst "zu basteln", weil ihn keiner wahrnimmt, weil er International nicht in Erscheinung treten kann (Kosten), nur bei DMs, der hat es schwer, dahin zu kommen, wo Du Dich befindest.

Der, der International nicht in Erscheinung treten kann, (Kosten!) dort aber leistungsmäßig hingehört, den nimmt keiner wahr auch wenn er bei der DM Meister wird. Nicht mal der DLV versucht diesen zu der Internationalen Veranstaltung hin zu bekommen!

Wir vergessen das es andere Top-Senioren gibt, die
eben nicht für Deutschland starten dürfen, weil sie nur wenig Geld zu
Verfügung haben und - weil sie International nicht in Erscheinung treten - auch keine Sponsoren haben / finden. Sie bleiben Mauerblümchen, und wenn diese dann Veränderungen fordern, lächeln die , die " Alles haben!" ...(red. v. hek )

D a s  berührt zu tiefst: Der Aufschrei eines Minderbemittelten 


Ich kann unseren Leichtathletikfreund sehr gut verstehen, denn ich kenne viele leistungsstarke Senioren, den nicht oder nur mit unzumutbaren Anstrengungen einen Start im Ausland möglich ist.

Und noch viel weniger können die Besten aus den ehem. Ostblockländern Euros oder Dollars aufbringen, um bei WM, EM zu starten. 1990 zur EM in Budapest und im März des nächsten Jahres bei den "World Indoor Veterans' Games" (einer Test-Veranstaltung für die späteren WM) an gleicher Stelle, erlebte ich Weltklasseathleten, die n u r   kommen konnten, weil die Ungarn ihnen ermöglicht hatten, in Rubel oder ihrer heimischen Währung zu bezahlen. Unter ihnen z.B. die Russen Blisnetzov (Stab), Tschentschik (Hoch), Prof. POPOW (Weit, M55: 5.41m), Korneljuk (Sprint),... der Pole Szydlowsky (Weit; M40: 6.97m!). Sie alle erklärten mir damals, dass sie wohl später nie wieder dabei sein können. SadSad

Es ist traurig, das zu sehen. Aber es kann auch kein nationaler LA-Verband eine 500-Mann-Mannschaft finanzieren, zu fernen Orten "über den Ozean" schicken. Angry Es wird dabei bleiben, dass jeder in die eigne Tasche greifen muss - und von seiner Kommune, seinen SV, gelegentlich von Sponsoren unterstützt wird. Und es wird z.T. so sein, dass die Senioren auch mal den Urlaub mit dem Wettkampf verbinden - eine Entwicklung, die schon jetzt (denk ich an Italien, Budapest, Japan, Melbourne, ... ) festzustellen ist.


H. Klimmer / sen.


RE: Hoch auf Kurs - Atanvarno - 08.04.2014

 edit mod: diverse themenfremde Beiträge hier ausgelagert und in http://leichtathletikforum.com/showthread.php?tid=24 eingefügt


RE: Hoch auf Kurs - Sotomenor - 08.04.2014

Thomas, wir können schon umziehen mit dem Thema, hier im Ü30-Bereich fühle ich mich zwar irgenwie etwas wohler, kann ein paar dumme Fragen mehr stellen als unter den Koryphäen der "Aktiven" ...
Aber, um das Thema hier nicht abrupt abbrechen zu lassen.

Der Vorgang des Abhebens im Flopsprung scheint wohl deutlich komplexer zu sein als gedacht. Komme mir allerdings ein bißchen vor wie ein bockiges, kleines Kind, das einfach nicht kapieren will was die Erwachsenen zu diesem oder jenem gesagt haben.


Kurz vor dem Flopabsprung habe ich noch Kurveninnenneigung, KSP z. B. 10 cm seitlich der gelaufenen Kreislinie. Mit dem Aufsetzen des Sprungfußes beginnt die Aufgabe der Kreisbahn. Ab jetzt gibt es nur noch die Gerade, die Extangente für Absprung und Flug. Der KSP kommt in den Bereich fast senkrecht über den Sprungfuß. Ich bin jetzt auf der Geraden, z. B. 35 ° zur Ständerlinie.
Was nun die Fliehkraft vorher in der Kurve bezweckte? Rätselhaft.
Ich bin auf einer Geraden 35° zur Ständerlinie die ich auch nicht mehr verlassen kann, egal welche Fehler mir einfallen, die Massenträgheit reißt mich gnadenlos auf Kurs 35° weiter.

Die (fast?) gleiche Situation hätte ich haben können ohne Bogenanlauf, einfach 35° auf Latte zulaufen. Impulse? Welche Impulse? Von der Fliehkraft? Bitte! Wenn ich auf einer Geraden laufe sind die Kräfte (im Rahmen des Normalen), die vor einer Sekunde auf meinen Körper einwirkten, Schnee aus dem vorigen Jahrtausend.

Wir haben ja auch festgestellt, die Fliehkraft ist keine eigentliche Kraft, sondern begrifflich die ständig gefühlte Trägheit der Masse auf der Kreisbahn die eigentlich geradeaus will. Sobald die Kreisbahn aufgegeben wird ist sie aber auch sowas von völlig verschwunden wie nur irgendwas. Die Notwendigkeit ihrer Funktion beim Flop gleitet für mich ab ins Mystische.

Ich bin also beim Absprung und befinde mich auf einer Geraden, mein KSP ist nun ziemlich senkrecht über dem Sprungbein.

Wegen des nun folgenden Vorwärtssaltos (das ist KEIN Rückwärtssalto!!) muß der (in der Summe wirksame) Kraftstoß erfolgen, wenn der KSP bereits etwas über den Absprungpunkt hinaus ist. Sonst kein Vorwärtssalto oder Basküle. Der Punkt ist wohl unumstritten und diese Vorwärtsrotation kann bei diesen Betrachtungen von den anderen Rotationen abgetrennt werden. Bei der Wohnzimmer-Demo einfach weglassen.

Ich bleibe also bei der Rotation um die Körperlängsachse hängen. Du bemerkst Thomas, das ist ja auch logisch, daß hier ein geringerer Kraftstoß notwendig ist.

Geht doch mal alle, die ihr das lest, in Euer Wohnzimmer wo ich hoffe, daß ein dicker Flor die Sprünge dämpft. Ein Sprung so ausführen, daß Ihr euch um 180 ° gedreht habt. Und erklärt mir dann bitte mal hier, wie ihr das genau geschafft habt. Ihr werdet Euch wundern und wundern. Nochmal springen und sagen, "verflixt, der Soto hat ja Recht, ja wie geht das eigentlich???"

 Thomas, Du hast erwähnt, die Energie hierfür könnte aus verschiedenen Quellen stammen. Ich denke das geht in die richtige Richtung. Ein bißchen Arme, etwas Schwungbein, etwas Körperverdrehung, vielleicht auch minimale Versetzung von KSP und Absprungpunkt.

Pirouette? Missjö, silvuplä! Wir sind bereits auf eine Geraden beim Absprung und wenn ich gerade aus weiter springen wollte (und hau mir die Nase an an der Latte) dann kann ich das auch. Erstmal gibts keine Drehung und keine Pirouetten. Die muß ich erst erzeugen. Ich selber bin das lebende Beispiel daß es nur unvollständig gelingen kann trotz allen Bemühens und daß Prezelj und Köhl eher die Ausnahmen darstellen. Und weil es bei diesen beiden leicht und natürlich aussieht ist das noch gar kein Beleg dafür, daß die perfekte Drehung einfach und natürlich ist und wir anderen "Stümper" nur die 5 % lernresistenten Deppen sind beim Tanzunterricht.

Die Diskussion liefert mir die Idee, daß diese entscheidende Drehung um die Körperlängsachse ev. aus mehreren Quellen kommen kann, die untereinander austauschbar sind. Schwungbein, Arme, "Knicken" des Körpers, und ... und.
Bei mir selber habe ich beim Wohnzimmersprung ein vorheriges Schwungholen des Körpers registriert, also ich drehte mich etwas zur gegen die beabsichtigte Drehrichtung um Spannung zu erzeugen.

Natürlich sollte wohl die Energie für die Drehung aus einer Quelle kommen, die überreich zur Verfügung steht (Anlaufgeschwindigkeit) und nicht aus vertikalen Quellen was Höhe kosten könnte.

Und alles geschieht beim Absprung eigentlich unbewußt. Keine Chance das bewußt zu steuern (z. B. 7 % mehr Schwungarm, dafür 3 % weniger Schwungbein). Vielleicht im Training zu ändern durch Einschleifen wohl schon.
Vielleicht auch unlehrbar. Einzige Chance für den Trainer: Eine Forderung aussprechen: Springe ab von hier ... und lande dort so. Den Rest muß der innerere Computer des Sportlers hinkriegen und wenn nicht sollte er vielleicht besser zu Hammerwurf wechseln. Vielleicht macht das auch den exzellenten Springer aus: Er kann die Sprung-Komponenten aus eigenem Vermögen besser optimieren.

Wenn ich einmal in der Luft bin gehts mir wie Mayor Tom im All, bin weitgehenst hilflos. Da ist nix mehr einzuleiten, da folgt auf jedes Gezappel die entsprechende Gegenbewegung. Nur solange der Fuß auf dem Tartan steht und durch Reibung fixiert ist, kann ich z. B. Drehungen einleiten.

Was ich auch nicht verstehe, warum dreht sich der Körper nach der Lattenüberquerung nicht weiter? Warum landet man genau in der Position wie man die Latte überquerte? Es ist als ob der Latte die Kraft innewohnt, bestimmte Rotationen zum Stillstand zu bringen.
Gut, aber das ist nebensächlich. Es geht ja um die Drehung um die Körperachse. Entschuldige Thomas wenn ich da mit dem großen Meister nicht ganz übereinstimme (oder doch?) Es sind doch 125 °, um die man sich drehen muß, oder ??!? Der Absprungwinkel 35° plus die Vierteldrehung.

Aber ich kann mich trösten. Die ganz einfache Lösung und die kraftbrühenhafte Klarheit scheint es bei dieser Drehung nicht zu geben. Muß mich wohl dann nicht allzu sehr schämen damit nicht so auf Anhieb zurecht zu kommen. Anhieb ist gut, lach. Seit Jahren geht das so bei mir und wird sich bis M95 nicht ändern.


RE: Hoch auf Kurs - ThomZach - 10.04.2014

So. Besser krieg ich es nicht hin. Weil ich mir auch nichts Besseres vorstellen kann. 
Nur noch mit der Latte 15cm höher (1m70) und entsprechend knapper
mit dem Nachziehbein noch etwas sicherer.
Ach - wenn ich nur das hier noch ein paar Mal so hinkriegen tät...
[video=youtube]http://youtu.be/ogRq5_b3UKI [/video]


RE: Hoch auf Kurs - ThomZach - 15.04.2014

Nachlese Hochsprung Budapest
 
Kaum akkreditiert, lief uns (Dieter Köhl und mir) der Hochsprungstar Bruce MacBarnett über den Weg. Weißer Trainingsanzug, ganz Erscheinung. Wir kannten ihn durch ein längeres Statement bei yt. und er war auch jetzt nicht anders: Irgendwie auffällig unter Strom. Erzählte wortgewandt und siegessicher kurz von seinem Job als Immobilienmakler und ausführlich von seinen Aktivitäten in Sachen Geld für Obdachlose in Washington D.C. Sammeln, durch Benefiz-Galas in den dortigen Botschaften. Ein Mann, überzeugt von sich und dem was er tut und doch irgendwie hölzern, fast herzlos. Eher stramm wie ein Turner als locker wie ein Leichtathlet. Der Gesichtsausdruck angespannt, seine Mimik erinnert mich an die modernen Animationsfilme. Retorte. Und so jung! Mit 55 Jahren straff die Haut wie mit 20, ein Halbgott, moderner Achill. Nein: schöner. Paris. Eben „typisch“ US-Amerikanisch.
 
Ich war gespannt, ihn springen zu sehen. In den Videos war mir schon aufgefallen, dass sein Anlauf unverhältnismäßig lang und schnell ist, und seine Sprünge ziemlich chaotisch. Da hatte ich schon gedacht: „Wie gut dass der nicht richtig floppen kann, sonst wär ich meinen M50-Rekord längst los.“
 
Die Live-Vorstellung war noch schlimmer. Ihm gelang rein gar nichts. Zu schnell, zu weit weg, Absprung gestaucht, Rotation verfehlt, Überquerung voll daneben. Das krasse Gegenteil zu Carlo Thränhardt, dessen Technik ich letztes Jahr nur staunend bewundern konnte. Bis ins letzte Detail biomechanisch optimal. Und physiologisch dem Bruce weit unterlegen.
Mit 1m74 hat er gewonnen, an 1m80 scheitert er deutlich. Sollte er ein Können besitzen. Hier ist es nicht einmal aufgeblitzt. Egal, wie man „einmal“ betont. Und doch ist er mit 1m88 Hallenweltrekordler und dem Carlo (1m90 im Freien) echt auf die Pelle gerückt. Ich sag ja: Wenn er richtig floppen könnte, hätte er uns alle im Sack.

Aber aus der M40 winkt uns schon Dragutin Topic mit seinen 2m28 zu…
 
NB. Im Schnitt waren die Siegerleistungen im Männer-Hochsprung 13cm niedriger als die entsprechenden Weltrekorde. Bei uns M65 nur 4cm, weil der Rekord unter der Trendlinie liegt.


RE: Hoch auf Kurs - ThomZach - 16.04.2014

Mein Geist ist ständig auf der Suche nach Fehlern.
Nun wollte ich gerade was über Hochsprung schreiben und stolpere:
Thema abonnieren?!

Das heißt doch eigentlich nicht abonnieren sondern abbonieren.
Das kommt nämlich von bonus (=lat. „gut“) mit der Vorsilbe ad- ,
also: ad-bonare = abbonare, abbonieren = angüten.
A-bonieren wäre ent-güten, also das Gute nehmen anstatt geben.
Und für das dopplete n gibt es überhaupt keine Veranlassung.
Beispiel für Richtig:
Es heißt nicht akreditieren, also den Kredit entziehen, sondern
akkreditieren, von ad-creditare = accreditare = Kredit Verleihen.
Nur ein Beispiel dafür, dass nicht nur in der Leichtathletikfachwelt
die Ignoranz sich einschleicht wo es nur geht.
 
So auch immer wieder in meine Hochsprungtechnik. Immer wieder muss ich erleben,
wie die Leistung sinkt und ich an die 100 Sprünge brauche um herauszufinden,
woran es liegt. Zunächst denke ich immer: Nun ist es aus, nun wirst Du alt und
es geht bergab. Adieu Weltrekorde.
Und dann, wenn es immer schlimmer wird erkenne ich: Es ist nicht die Kraft
die schwindet, sondern das Können. Wenn ich da unten bin und nicht mehr
über 1m35 komme, dann sind durch vielleicht einen Initialfehler fünf weitere
technische Elemente verloren gegangen, so dass rein gar nichts mehr klappt.
 
Man sagt immer, Rekord ist wenn alles zusammenpasst. Aber dafür muss
erst einmal alles DA sein. Meistens ist der Auslöser für das Zerbröseln des
Gesamtkunstwerkes Straddle die Tatsache, dass ich ein bestimmtes Detail
verbessern will und deshalb fast nur noch an dieses denke. Zwar noch an
drei andere, aber an 8 wieder andere eben nicht.
In der vergangenen Woche hatte ich mir wieder mein Video von Brumel reingezogen,
im Wiederholmodus 50x hintereinander. Und ich habe ihn beneidet darum,
wie schön er das Schwungbein im Anflug vor die Brust hebt, damit es zusammen
mit dem Rumpf in die Rotation kommt. Nun habe ich das heute versucht, und
es klappte auf Anhieb recht gut. Aber dann wurde alles immer schlechter.
 
Ich musste von 1m55 zurück auf 1m50, dann auf 1m45 und am Ende kam ich
tatsächlich auch da nicht mehr rüber. Dann der Flash: „Ach ja! Der Kick“!
Und schon war alles gut. Da hatte ich aber schon die Kamera verstaut und
das Stativ zusammengelegt. Und das war auch gut so, denn mein Knie verträgt
nicht mehr so viele Sprünge wie früher und braucht mehr Erholung als noch
vor zwei Monaten. Ob es überhaupt die Saison durchhält, bevor der Endoskope
sich daran zu schaffen machen muss?
 
Und was ist nun „der Kick“? Ich komm drauf zurück.


RE: Hoch auf Kurs - ThomZach - 16.04.2014

Was ist nun mit dem ominösen Kick?
Er ist eines von 12 Elementen, an die ich denken muss, damit
meine Technik funktioniert. Nicht immer und nicht gleichzeitig,
aber immer wieder, weil meine Motorik sie sonst vergisst.
Sie hat nämlich Alzheimer, wie mein Vater. Und das ist erblich.
 
Ich zähl mal auf:
 1.  Offen (angehen und loslaufen, die Brust nach rechts wenden).
 2.  Kurve (geradeaus am andern Ständer vorbei laufen und an der
      letzten Marke auf die Lattenmitte zu einbiegen.
 3.  Rechts Bleiben (vorletzter Schritt trotz Kurve rechts raussetzen).
 4.  Offenbleiben (Brust bis zum Abheben nicht zur Latte wenden)
 5.  Arme rabiat (mit aller Krafft und Schnelligkeit einsetzen)
 6.  Schwungbeinhüfte vorschieben.
 7.  Arme und Schwungbein früh (dem Takt der Schritte vorauseilen).
 8.  Aus der Rücklage in die Vorlage streben.
      Dazu: Innenarm voll durchziehen.
 9.  Kicken (mit dem Abdrücken warten bis die Senkrechte erreicht ist).
      Also: „Stemmen – Warten – Abspringen“

10. Schwungbein anbeugen und festhalten.
11.  Aktiv rum um die Latte (Außenarm, Schulter Kopf runter!)
12.  Latte anschauen. Sprungbein gebeugt abspreizen.
 
Dies und noch einige kleinere Steuerungsabsichten, die ich mir
manchmal
bewusst mach muss, bilden die Liste der Dinge die ich
mental immer wieder
aufrufen muss, damit mein Körper sie auch macht.
Nichts davon ist so automatisiert,
dass ich mich drauf verlassen könnte.
Sogar das Kicken muss ich selber steuern, obwohl es beim jungen,
gesunden und
begabten Springer aus dem Zusammenspiel von Stemm-
winkel und Muskelelastizität
fast und meist von alleine entsteht.
Zumindest nachdem man es entdeckt hat –
wenn man denn durfte…
 
Und das ist der Seiltanz den man in meiner Lage tanzen muss:
Selbstvertrauen Erlauben, um das Ziel für erreichbar zu halten. Und
Selbstkritik Üben, um möglichst alle drohenden Fehler zu vermeiden.

Eigentlich unmöglich. Und ich schreib das hier mal, weil ich hoffe,
dass mir das hilft beim Bessermachen.Idea



RE: Hoch auf Kurs - Sotomenor - 16.04.2014

Du spricht mir aus der Seele, Bruder Thomas!

Nicht erkannte Fehler (ich zähle auch suboptimale Ausführungen dazu) ziehen oft eine Kette weiterer leistungsmindernde Elemente nach sich.

Ich durfte gestern auf dem Trainingsplatz einen der so seltenen Momente starker innerer Erleuchtung erfahren.

Vorgeschichte:
Ausgehend von Deiner (T. Z.) dringlichen Empfehlung der Videoanalyse hatte ich einen perfekten Springer und mich selber auf 2 Videoplayern nebeneinander auf dem Monitor, beide genau aus der gleichen Perspektive gefilmt. Konnte dann in jeder Phase vergleichen. Und siehe da. Meine Vermutungen, ich hätte einen anderen Flugwinkel, lande woanders, zuwenig Hohlkreuz, und, und, und ... stimmten alle nicht.
Der einzige markante Unterschied lag darin, daß ich mein Schwungbein höchstens auf 45 ° nach oben brachte und auf halber Höhe schon wieder fallen ließ. Und dadurch hernach schräg über der Latte liege.

Ebenfalls sah im Video, wie ich vor dem Absprung Zick-Zack laufe. Das Zick-zack-laufen war aber offenbar eine Folge vor meiner Angst, beim Absprung nicht ausreichend Drehimpuls zu erzeugen. So zwang mich mein Instinkt dazu, einen Zickzack zu laufen, der mich beim Absprung bereits in eine Haltung halb mit dem Rücken zur Latte brachte.

Noch vor einer Woche dachte ich, der Ursprung des Übels liegt bei mir darin, daß mein gelaufener Kreisbogenteil zu eng oder zu weit ist. Ich war so krankhaft auf den Kreisbogenlauf fixiert (eigentlich seit 2 Jahren), daß ich alles andere aus dem Focus verlor. Was hab ich eigentlich früher gemacht? Keine Ahnung, keine Vids vorhanden.

Lange Rede kurzer Sinn: Fehler stimmig zu analysieren und die Komponenten aufgrund ihrer Bedeutung zu unterteilen (Auch: was ist wichtig und was ist vernachlässigbarer) und die Beziehung der Komponenten untereinander zu kennen kann eine ziemlich zähe Angelegenheit sein.

Um auf meinen Moment der Erleuchtung zurückzukommen, dank der Ermunterung von Hellmuth, das Schwungbein energischer für die Drehung einzusetzen konnte ich den Zick-zack vermeiden und sprang endlich mal wieder ab wie schon seit Jahren nicht mehr, dynamischer, lustvoller. Ping statt platsch von einem matschigen Naturboden weg.

Wenn das noch 8 cm mehr Höhe bringt ... mann o mann, mir wird schwindelig. Falls eine hochwertige Goldmedaille dabei rausspringt säge ich sie in drei Teile, ein Drittel schicke ich Hellmuth, ein Drittel geht nach Valencia und das dritte kriegt das Forum für die sonstigen Ratschläge. Das Gleiche gilt entsprechend für Rekordurkunden.

Ich kann das Resumee noch kürzer machen: Es wird einem zum sportlichen Erfolg recht wenig geschenkt und bei Ü30 im fortgeschrittenren Stadium noch viel weniger. Die Bibel weist den Weg: "Im Schweiße deines Angesichtes sollst du deine Goldmedaillen gewinnen ..."


RE: Hoch auf Kurs - ThomZach - 16.04.2014

Lass Dich umarmen, Du armer IrrerBig Grin.


RE: Hoch auf Kurs - ThomZach - 12.05.2014

Der Weg zum Erfolg ist gepflastert mit Niederlagen.
In irgendeiner Form muss man für alles Gute auch bezahlen.
Mit Unlustinvestitionen oder nachträglichen Frustrationen,
mit Krankheit oder Verletzungen. Auf dem Thron wird man verfolgt,
vom Sockel wird man gestoßen, von der Macht verdrängt,
als Meister abgelöst, als König enthauptet. Und wenn man etwas
dagegen macht, wird alles meist noch schlimmer. Man muss lernen
das Gute als Geschenk dankbar anzunehmen und das Schlechte
ergeben hinzunehmen.
 
Es gibt keinen Ausweg aus den Gesetzen des Lebens. Und es ist
mit nichten tröstlich zu wissen, dass es keinen Trost gibt.
Das Leben ist eine Falle.
 
In manchen Kulturen glaubt man an die Magie des Opferns.
Für mich kommt das Verb aus dem lateinischen obferre.
Ob- für „entgegen“ und ferre für „bringen“. Indem man
die unvermeidlichen Verluste des Alltags dem Schicksal oder
den Göttern oder Gott entgegenbringt, bestimmt man wenigstens
den Zeitpunkt ihres Eintretens. Man gibt das Beste aus Ernte und
Viehzucht her, um das Gute ohne Sorge zu genießen.
Man nimmt sich zurück, verschreibt sich Auszeiten, verzichtet auf
viele kleine Siege um den großen zu erringen – oder umgekehrt.
Ja man schlägt sich mit der Peitsche auf den Rücken, um die Schmer-
zen selbst zu erzeugen, die einen sonst ganz unverhofft ereilen.
 
Wer als Sportler mit Freude trainiert, der versäumt es, für den
universalen gesetzmäßigen Ausgleich zu sorgen. Will nicht leiden,
nur genießen. Und das geht so schief wie das Glück auf Drogen.
Daher das mit dem Schweiß und dem Preis,
wobei Schweiß für Leid steht. Nicht für Lustfluss.
 
Opfern heißt auf Latein nun wieder „sacrificare“, also Heiligen
im Sinne von „dem Heiligen Widmen“. Und das steht eben dafür,
dass man Teile seines Ich oder seiner Güter hergibt, um
etwas Anderes zu erlangen.
 
Dieser Thread, eröffnet um meine Erfolge zu begründen, muss also
auch dafür herhalten, meine Opfer zu verkünden. Die Knieschmerzen,
die täglichen, lästigen Reha-Maßnahmen, die Sorgen, die mentale
Arbeit an der Technik und die Enttäuschung darüber, dass es
in der Praxis nur zu selten klappt, sich immer wieder dieselben
alten Fehler einschleichen, was an der Zuversicht und am Eifer nagt.
Dazu eine schwierige Zahnbehandlung, die mir drei Wochen lang
Schmerzen bereitet und meine Kräfte offenbar dermaßen dezimiert hat
dass ich vorgestern in Alicante über 1m62 keine Chance hatte.
Ich habe also noch nicht genug geopfert, zu viel Spaß gehabt.
Und deshalb kippe ich jetzt meine Pläne ein wenig und verschiebe
den Saisonstart auf den 24. Mai in Flieden.
 
Die Kunst, die man nicht lernen kann, weil sie täglich neu erfunden
werden muss, ist Soll und Haben im Gleichgewicht zu halten.
Ich fröne jetzt also dem Fruste, um später mit mehr Lust zu springen
und so auf die letzte mögliche Leistungssteigerung in der Klasse M65
hoffen zu dürfen. Mag mich noch nicht der Erkenntnis beugen,
dass ich leider tatsächlich schon so alt bin wie ich mich fühle.
 
Zum Opfer-Ritus gehört auch das Schweigen, welches ich mir ab heute
für das LA-Forum auferlege. Ich melde mich also erst wieder,
wenn es was zu berichten gibt.
 
Der Frühling in Valencia ist für mich zuende. Vor vier Tagen noch
war es so nass und kalt, dass die Hügelkette am östlichen Horizont
hinter der Albufera, dieser großen Lagune mit den endlosen Reisfeldern,
in der Morgensonne schneeweiß glänzte. Für diese Woche sind
dagegen schon 36° angekündigt, wobei ich glaube, die Spanier
halten das mit dem Schatten nicht so streng. Mich ruft der deutsche
Sommer mit seinen Wetterlaunen und den Freunden in den Stadien.
Bis dann…