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Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - Druckversion

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Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - dominikk85 - 20.10.2018

Wie seht ihr das? Sind solche Geräte wie kraftmessplatten, 3d Sensoren, vo2 messgeräte, high speed Kameras notwendig, oder kann man nach wie vor mit Augenmaß, Erfahrung und Gefühl die Spitze erreichen?


RE: Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - lor-olli - 20.10.2018

Handwerkszeug war schon immer so gut oder schlecht wie die Handwerker die es nutzten… Wink

Highspeed Kameras können z.B. nützlich sein um zuerkennen, warum eine eingeleitete Bewegung nicht den gewünschten Verlauf nimmt UND sie kann dies dem Athleten selbst zeigen - manchmal erlaubt es selbst zu sehen ein schnelleres begreifen als eine Beschreibung.
Analoges gilt für die anderen Techniken, ABER nur ein guter Trainer kann auch die entscheidenden Schlüsse für z.B. den Umbau des Trainings daraus ziehen. (Durfte ich selbst erleben, wie 3 Techniker sich Bilder und Messergebnisse beim Kugelstoß anschauten, in etwa sahen was schief läuft - aber keine wirkliche Lösung fanden)

Man sollte aber auch sehen, dass gute Trainer schon vor langer Zeit intuitiv erfassten wo bestimmte Fehler ihre Ursache hatten und wie dem entgegen zu wirken war. Die Hilfsmittel können aber vor allem in der Lehre durchaus nützlich sein, sie können die Details aufzeigen auf die es letztlich ankommt. Wieso beispielsweise etwa ein falsches Aufsetzen des Fußes beim Absprung Weite kostet - aufgrund der Geschwindigkeit des Geschehens kann man das mit bloßem Auge nicht immer gut erkennen, genauso wie wir eine resultierende Kraft nur erahnen können.

Es ist wie fast immer mit der Technik, sie ist Spielerei und/oder effizientes Werkzeug (- beispielsweise Smartphones Wink ) Sie sind Werkzeug, aber nicht Trainingsmittel, sie können zur Überprüfung der Effektivität des Trainings dienen, aber sie ersetzen kein gezieltes Training. Sie werden kaum aus unserer Welt verschwinden, also gilt es sie sinnvoll zu nutzen (sind in der Regel ja teuer genug…), es ging / geht auch ohne, aber klug eingesetzt, können sie Training effektiver machen.


RE: Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - Diak - 20.10.2018

Ständiges Wiegen macht die Sau nicht fetter...

Stimme lor-olli sehr zu und möchte ergänzen: Wie immer ist Leichtathletik auch hier individuell: Manche Athleten brauchen regelmäßige Tests, gern auch objektive, andere gar nicht, Testergebnisse können motivieren oder stressen. Beim Ausfüllen des C-Kader-Bogens fragte ich die zuständige Bundestrainerin: "und was mache ich, wenn ich von diesen 20 verlangten Tests genau einen gemacht habe?" "Dann schreibst Du da nichts hin." Hat nie jemanden interessiert. Dennoch gibt es jetzt schön Druck von oben, dass die Landesverbände auf breiter Ebene die Athleten durchtesten sollen, mit z.T. sinnvollen, z.T. sinnärmeren Tests, auf jeden Fall aber mit großem Aufwand und höchst fragwürdigen Ertrag.

Zur Messtechnik: Ich arbeite gern mit DropJump Tests und Teilgeschwindigkeiten fliegender Sprints, aber nur sporadisch.

Videocoaching hilft vielen Athlet*innen sehr, insbesondere im Training. Im richtigen Moment richtig dosiert eingesetzt, kann das von erheblichem Nutzen sein, wenn die Trainerin souverän das Gesehene einschätzt und daraus die richtigen Schlüsse zieht - das geht auch oft mal schief. Videocoaching im Wettkampf verstärkt häufig einen der gröbsten Coachingfehler: Das Video wird genutzt, um auf Fehler zu verweisen. Gutes Coaching aber besteht aus einer Rückmeldung, recht bald nach dem Versuch, nicht aus 64/sec. Die (wenn immer möglich positive Rückmeldung sollte von der Athletin unmittelbar umsetzbar sein und auf eine Modifikation des Bewegungsablaufes hinwirken. Dafür sind Emotionen, Rhythmen, das Abrufen von gelernten erfolgversprechenden Mustern, das Triggern von im Training geübten Teilbewegungen meist erfolgversprechender, als dezidierte Technikanalysen.


RE: Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - gera - 21.10.2018

Sinn und Überflüssigkeit der Meßtechniken prima von  lor-olli  und diak  beschrieben.

Ich habe die wenigen veröffentlichten Meßdaten Dr.Killing,Hochsprung + Dreisprung  und ISP Darmstadt,Weitsprung auf ihre Brauchbarkeit genau angesehen.
Viel Wichtiges fehlt , das Veröffentlichte ist meist zur effizienten Techniksteuerung unbrauchbar,weil einfach falsch.
Ein paar Wochen noch , dann veröffentliche ich meine genaue Betrachtung.


RE: Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - gera - 17.12.2018

Ich habe mir nun die veröffentlichten Daten mehrerer Institute genauer angesehen.
Es sind : Killing`s Hochsprungbuch ,2016 /OSP Hessen,Weitsprung/DLV,Dreisprung;EM München/DLV,Weitsprung,WM 2009/ 
             IAAF Weit/Drei/Hoch für die WM 2017.

Die Ergebnisse sind überall ernüchtrend.
Das Ziel mit diesen messtechnischen Daten aus 3D-Technik mit Vidoekameras trainingsrelevante Schlüsse ziehen zu können, werden  bei weitem nicht erfüllt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Technik selbst genaue Daten nicht hergibt.
Andererseits sind immer wieder einige fehlerhafte Unterscheidungen von leistungsbestimmenden Faktoren zu beobachten.
Zum Beispiel wird nicht zwischen Abdruckwinkel und Abflugwinkel eines Absprungs unterschieden.

Nehmen wir zwei Sprünge  Barshim`s über jeweils 2,41 m.
Lt.Dr.Killing springt Barshim mit einem Rücklagewinkel von  24  grad ab, nach den Auswertungen der IAAF zur WM 2017 springt er mit 36  grad Rücklage ab.

Schon dieser eine Wert bestimmt die Größe aller folgenden Parameter bis zur erzielten Sprunghöhe .

was soll eine Trainer / Athlet  aus diesem angeboten Wert machen?

Noch ist es leider so, dass aus den unsicheren messtechnischen Daten keine Rückschlüsse auf technische Veränderungen gezogen werden können, noch kann man nach erfolgter techn. Veränderung eines Ablaufs kontrollieren , ob der gewünschte Erfolg auch eingtreten ist.


RE: Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - gera - 19.12.2018

nochmals zum Rücklagewinkel.
Bei der aufwendigen Erfassung der biomechanischen Daten von der IAAF zur WM 2017 werden als Rücklagewinkel beim Weitsprung 34,6  -  38  grad angegeben.

Nach Auswertung DLV von der WM 2009 sind im gleiche Leistungsniveau beim
Weitsprung  22  - 30  grad  gemessen worden.

Die Angaben zum Rücklagewinkel des DLV  sind wesentlich besser als die der IAAF.

So große Rücklagewinkel wie sie die IAAF angibt, passen zum Hochsprung, sind aber im Weitsprung unreal.
So verschiedene Messwerte werden aber als Analysen veröffentlicht und können doch nur zur Verunsicherung von Trainer/Athlet führen.
Wenn schon der Rücklagewinkel falsch erfasst wird, bringen die sich daraus ergebenden weiteren Parameter natürlich auch irreale Werte.
Das sind als erstes beim falschen Rücklagewinkel der Bremsstoß , die Verteilung des Absprungimpulse in Vertikal  und Horizontal , usw.

Solange das so ist sollten sich  Trainer/Athlet besser an Gefühl/ sichtbarer Einschätzung+Videoaufnahme und Erfahrung
halten.


RE: Technologie im Training: notwendig oder Spielzeug? - Q-Li - 20.12.2018

Bei dem Thema fällt mir doch so ein Sensor wie der Stryd ein. Abgesehen davon, ob die errechneten Werte mehr oder weniger genau sind, macht speziell dieser Sensor Sinn? Lauftraining nach Watt bringt das was? Wattmessung ist im Radsport ja kaum wegzudenken. Falls es was bringt, wie müsste man danach trainieren? Hat schon jemand mit dem Dingen Erfahrungen? Wäre das nur was für den Langstreckenbereich oder auch was für Mittelstreckler oder gar Sprinter? Bodenkontakzeiten, etc. werden ja auch ermittelt.