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zur Hochsprungentwicklung - gera - 28.08.2018

Carlo Thränhardt, unser wohl charismatischtste Weltklassehochspringer der 1980-er Jahre, hat beim letzten Hochspringmeeting in Eberstadt ein Interview gegeben, wiedergegeben in Leichtathletik.de , am 27.8.2018.

Auf die Frage ob es denn im Hochsprung neue Entwicklungen gibt und geben kann, antwortete Thränhardt siinngemäß :

.. es hat von Biomechanikern Versuche am Computer gegeben mit der Hay-Technik Neues ins Spiel zu bringen. In der Praxis hat das aber nie funktioniert...

Hay-Technik,das ist eine bäuchlings, saltoartige Überquerung der Latte, bei der der Körperschwerpunkt nach Hay mindestens 20 cm unter der Latte liegt,dadurch also ein Höhengewinn zu realisieren ist.

Entweder hat es C.Thränhardt vergessen oder er hat es nie gewusst, das der US-Amerikaner Robert Avant bereits 1961 eine solche Technik praktiziert hat.
Und zwar erfolgreich, denn er wurde 1961 damit US-Meister, vor dem großen John Thomas.
Zu sehen im Video:
www.youtube.com/watch?v=BcLBLzfVMuQ
oder:
www.efootage.com/stock-footage/77965/High Jump At ASmateur Athletics

Das sich Technik nicht durchgesetzt hat, liegt vor allem daran, dass noch auf Sandhügel gelandet werden musste. Die Flop-Technik hätte sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht durchgesetzt.
Erst 1973 befasste sich der amerikanische Sportwissenschaftler J.Hay theoretisch mit dieser Technik und begründetet die Vorteile.

Es stimmt also nicht, dass die Technik in der Praxis nicht realisierbar ist.

Jeder Turner oder Artist wird nach 1 Stunde so eine Art Vorwärtssalto über eine Latte zeigen können.
Ob die von Hay vorausgesagte KSP-Höhe von bis zu 20-30 cm unter Latte erreicht werden kann, ist zunächst nicht von Belang.

Das die Entwicklung der Hochsprungtechniken mit dem Flop abgeschlossen ist, bezweifle ich stark.
Nirgends ist eine Entwicklung abgeschlossen.
Man braucht natürlich auch etwas Phantasie.

Vielleicht geht die Entwicklung hin zu Avat+starkes Abtauchen+mehr Schwungbein+Kurvenanlauf? T

Wer hätte vor 1960 je geglaubt, das man rücklings über die Latte springt?
Wer hätte je geglaubt, die Kugel mit einer Drehbewegung zu stoßen?


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 28.08.2018

um es noch eimal eindeutig zu sagen:

die sogenannte Hay-Technik  ist nicht 1973  am Computer von Theoretikern  erfunden worden,
sondern sie wurde über 10 Jahre vorher von einem Athleten erfolgreich praktiziert !


RE: zur Hochsprungentwicklung - dominikk85 - 28.08.2018

Ist die Hay Technik legal? wäre mal interessant jemanden damit experimentieren zu lassen. Herr spank wäre doch ein Kandidat dafür als jemand der seine Karriere beendet hat aber ab und zu noch hobbymäßig springt Smile ‌Hat jemand ein neueres Video von dieser Technik?


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 28.08.2018

ich kenne keinen weiteren Videos von Athleten die so sprangen.
Die Technik ist einfach in Vergessenheit geraten,weil sie wohl damals auf Sandhügeln wirklich verletzungsanfällig war.
Spank als Tester wäre natürlich ein Ding, aber bitte nur ernst gemeinte Versuche und nicht sowas wie das Foto von               M. Haverney im Killing-Buch.


RE: zur Hochsprungentwicklung - dominikk85 - 29.08.2018

Ich habe Raul eine Email geschickt und er hat folgendes geantwortet:

"diesen Sprungstil habe ich auch mal im Training ausprobiert, allerdings könnte ich damit keine großen Höhenflüge erzielen. Im Endeffekt ist es aber eine Frage der Übung die technischen Detail umzusetzen. Ich glaube allerdings das es sehr schwer ist die Rotation umzusetzen, weil der Abprung-Impuls keine Saltobewegung einleitet und der Springer dadurch nicht gut rotieren kann. Die Folge ist das reißen der Latte mit dem Oberschenkel, bzw. der Springer benötigt eine sehr deutliche Überhöhung.
Ich hoffe das hilft dir weiter.
Grüße 
Raul"

toll das Raul da so schnell geantwortet hat und anscheinend auch interessiert an solchen Dingen ist. Es scheint aber nicht so einfach zu sein.


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 29.08.2018

erstmal ging es bei diesem Thema darum, zu sagen das die Hay-Technik kein Computergespinst ist, sondern schon in der Praxis gesprungen wurde.
Welche Technik ist schon einfach?
Einen Absprung, der eine Rotationsimpuls auslöst, sollte man doch hinbekommen, kommt doch auf die Neigung der Linie Fuß/KSP beim Absprung an.
Und natürlich vom Abstand des Absprungpunktes von der Latte , und und und ...
Lässt sich hier schwer ausdiskutieren und muss praktisch erprobt werden.

Deutsche Trainer scheinen mir aber überhaupt Schwierigkeiten mit technischen Neuerungen zu haben.
Liegt vielleicht aber auch daran, dass keinem die Zeit für Technikumstellungen gegeben wird, es muss sofort Erfolg her.


RE: zur Hochsprungentwicklung - dominikk85 - 29.08.2018

Wobei das Video von dir imo nicht genau der gleiche Sprung ist, oder? Der Ami läuft in dem Winkel an und springt mit angewinkeltem Knie drüber springt, bei der Hay Variante sollte man doch gerade drauflaufen und dann mit dem klappmesser rüber gehen, oder?

aber es ist der Technik natürlich schon  ähnlich, da hast du recht.

Allerdings finde ich schon das man hier sagen kann das sich Herr spank damit auseinandergesetzt hat. Er sagt selber das man da sicher mit Übung besser werden würde sieht aber den Nachteil mit der Rotation. Da kann man imo nicht von Ignoranz sprechen.

der drehstoß ist da natürlich was anderes, da sollten spätestens seit 2016 die Zeichen der Zeit klar sein, die Reise geht da insgesamt klar Richtung drehstoß auch wenn 22m mit abgleiten  unter optimalen Voraussetzungen möglich sind (siehe majewksi und storl).


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 29.08.2018

es ist die Art zu springen, die später Hay untersuchte.
Natürlich ist es schön, wenn jetzige Springer- Gruß Raul Spank - auch von der Vergangenheit was wissen, vielleicht kann da sogar etwas gelernt werden.
Was die Rotation angeht, würde ich als Trainer /Athlet mir einen Turntrainer engagieren, der mir den Absprung,der Rotation erzeugt genau erklärt.Und auch die Steuerung dr Rotation.
Der Winkel des Anlaufs variiert wie bei jeder Sprungtechnik.


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 29.08.2018

zur Rotation möchte ich noch folgendes sagen:

man darf natürlich nicht den Fehler machen, das " Nachziehbein " zu strecken.
Das verlangsamt den die Rotationsgeschwindigkeit und führt zum reißen der Latte mit dem Bein.
Man sieht bei Avant auch deutlich, dass er das Nachziehbein angewinkelt lässt und es etwas nach außen gedreht über die Latte bringt.
Es sind ja im Prinzip auch nur etwa 270 grad der Drehung.


RE: zur Hochsprungentwicklung - gera - 21.10.2019

die Diskussion , ob die " Hay-Technik " eine Weiterentwicklung des Hochsprungs sein könnte, ist von mir selbst nicht gut geführt worden.
Es muss eine begriffliche Trennung zwischen "Avant" und " Hay " gemacht werden.
" Hay " ist quasi ein gebückter Salto vörwärts über die Latte , die Beine bleiben gestreckt, es wird eine extreme Klappmesserposition des Körpers eingenommen, um den KSP ( rechnerisch) möglichst tief unter die Latte zu bekommen.
Avant dagegen sprang mit unterschiedlich gebeugten Beine in Vorwärtsrotation über die latte.
Es sind also 2 verschiedene Technikmodelle.

Dr.Killing schreibt in seinem Hochsprungbuch dazu, dass die Klappmesserposition praktisch nicht auflösbar ist.
Andere Sportwissenschaftler sagen, die Technik widerspricht dem " Erhaltungssatz des Gesamtdrehimpulses"

Versteht das einer ?

Ich habe nochmal überprüft, mit einem anderen Gedankenansatz.
Und zwar erreicht der Springer nach 0,5 sec. seine maximale Höhe in der Flugkurve.Danach sinkt der KSP wieder.
In dieser max.Zeit von 0,5 sec. muss der Athlet in der lage sein, die notwendigen Drehungen auszuführen, um alle Extremitäten über die Latte zu bekommen. Ist die Zeit für die notwendige Drehung größer 0,5 , wirft der Springer mit seinen Beinen die latte runter, er kann den Sprung nicht erfolgreich beenden.
Über den erzeugten Drehimpuls/das Trägheitsmoment und die Winkelgeschwindigkeit errechnet sich die nötige Zeit mit 0,6 sec. , zuviel um die gestreckten Beine über die latte zu drehen.
Grund für die Unmöglichkeit der praktischen Anwendung von " Hay " sind die gestreckten Beine und das so erzeugte sehr große Trägheitsmoment der Drehung.
Anders bei " Avant<<< der sprang mit unterschiedlich gebeugten Beinen über die latte, und steuert so die Winkelgeschwindigkeit der Drehung erfolgreich.

" Hay " geht also nicht , " Avant " schon.

Der 2.Vorteil der immer wieder hervorgeholten Hay-Technik soll der große negative  h 3 - Wert sein ,bis minus 30 cm geschrieben. Wäre zu schön, wenn es denn so wäre. Berechnungen des KSP haben ergeben dass der max. h 3-Wert = Lattenüberhöhung  nur bei  minus  13 cm liegen kann , und das auch nur wenn die praktisch nicht ausführbare Klappmesserposition eingenommen wird.

Hay als Möglichkeit der weiteren Steigerung der Hochsprungleistungen kann man also wirklich vergessen.

Soviel zur Richtigstellung bzw. Konkretisierung.