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Optimale Renneinteilung über 800m- positive oder even split? - Druckversion

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Optimale Renneinteilung über 800m- positive oder even split? - frontrunner800 - 22.06.2018

Seitdem Hering even pace über 800 Meter läuft, gewinnt sie ihre Rennen Big Grin.
Even pace als ökonomischste und erfolgversprechende Taktik hatte ich in den vergangenen Wochen hier im Forum ja wiederholt thematisiert Thumb_up .

edit mod: abgetrennt aus
Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018



RE: Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018 - dominikk85 - 23.06.2018

(22.06.2018, 22:03)frontrunner800 schrieb: Seitdem Hering even pace über 800 Meter läuft, gewinnt sie ihre Rennen Big Grin.
Even pace als ökonomischste und erfolgversprechende Taktik hatte ich in den vergangenen Wochen hier im Forum ja wiederholt thematisiert Thumb_up .

Das ist aber nicht üblich in der weltklasse, oder? Ideal ist glaube ich schon schneller anzulaufen, aber vielleicht wäre es besser für einige nur plus 1,5 statt plus 3 in der 2. Runde oder so zu laufen.


RE: Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018 - frontrunner800 - 23.06.2018

(23.06.2018, 21:24)dominikk85 schrieb:
(22.06.2018, 22:03)frontrunner800 schrieb: Seitdem Hering even pace über 800 Meter läuft, gewinnt sie ihre Rennen Big Grin.
Even pace als ökonomischste und erfolgversprechende Taktik hatte ich in den vergangenen Wochen hier im Forum ja wiederholt thematisiert Thumb_up .

Das ist aber nicht üblich in der weltklasse, oder? Ideal ist glaube ich schon schneller anzulaufen, aber vielleicht wäre es besser für einige nur plus 1,5 statt plus 3 in der 2. Runde oder so zu laufen.

Unter ökonomischen Aspekten und wissenschaftlich betrachtet, wäre exakte even pace über 800 Meter am besten. Dies ist die Theorie! In der Praxis gab es in der jüngeren Vergangenheit einige Läufer, z. B. Juri Borsakowski und aktuell Adam Kszczot, die das mit großem Erfolg so machen. David Wottle ist mit einer auf even pace ausgelegten Renngestaltung 1972 in München Olympiasieger geworden. Beim Studium ihrer Rennen fällt auf, dass sich diese Läufer in der ersten Runde zumeist im hinteren Teil oder sogar am Ende des Feldes befinden und in der zweiten Runde und auf der Zielgerade scheinbar beschleunigen und an den übrigen Läufern vorbeiziehen. In Wirklichlkeit verlieren sie nur am wenigsten von allen von ihrer Geschwindigkeit.
In Weltklasserennen wird tatsächlich die erste Runde oft viel zu schnell angelaufen, und die Läufer brechen in der zweiten Runde krass ein. Wenn die Zielzeit z. B. 1:45 sein soll, sieht man häufig Rennen, die in knapp über 50 angelaufen werden. In der zweiten Runde sterben dann alle, und sie schaffen nur noch eine 55-56, die Rennen gehen in 1:46 und mehr weg. Würde bei solchen Rennen in 52 angelaufen werden, wären die Chancen auf eine 1:45 mit einer zweiten Runde in 53 wesentlich größer.
Peter Coe, Vater und Trainer des meiner Meinung nach wie vor herausragensten weißen Mittelstreckenläufers aller Zeiten - Sebastian Coe - votierte auch ganz entschieden für eine metrische, d.h. gleichmäßige Gestaltung des Tempos auf beiden Runden der 800 Meter Strecke. Er sah in dieser Form der Renngestaltung die idealtypische Herangehensweise, die es in der Praxis durch den Läufer umzusetzen galt.


RE: Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018 - dominikk85 - 23.06.2018

Waren die rennen dann nicht eher taktische Rennen wo die erste Runde verbummelt wurde?

klar kann ein guter spurter im negativen Split gewinnen wenn die erste Runde langsam ist, aber gab es denn schon Weltklasse Zeiten (sprich unter 1:44 bzw 1:58 bei den Frauen) im negativen Split?


RE: Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018 - Atanvarno - 24.06.2018

(23.06.2018, 23:05)dominikk85 schrieb: klar kann ein guter spurter im negativen Split gewinnen wenn die erste Runde langsam ist, aber gab es denn schon Weltklasse Zeiten (sprich unter 1:44 bzw 1:58 bei den Frauen) im negativen Split?

Wilson Kipketer und David Rudisha haben es ein paar Mal geschafft 1:42er-Zeiten negativ zu splitten, ihre Bestzeiten sind sie aber auch mit deutlich positiven splits gelaufen. Für mich deuten im Gegensatz zu frontrunner800 sowohl die physiologischen Fakten (s. Prendergast, Optimum Speed Distribution in the 800m) als auch die Datenlage (s. bspw. http://sportsscientists.com/2007/09/iaaf-world-champs-mens-800m/) darauf hin, dass die optimale 800m-Zeit nur mit einem positiven Split erzielt werden kann, s. auch die früher schon einmal geführte Diskussion hier https://leichtathletikforum.com/showthread.php?tid=1892


RE: Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018 - frontrunner800 - 24.06.2018

(23.06.2018, 23:05)dominikk85 schrieb: Waren die rennen dann nicht eher taktische Rennen wo die erste Runde verbummelt wurde?

klar kann ein guter spurter im negativen Split gewinnen wenn die erste Runde langsam ist, aber gab es denn schon Weltklasse Zeiten (sprich unter 1:44 bzw 1:58 bei den Frauen) im negativen Split?

Von einem negativen Split ist in meinem Beitrag ja nun wirklich nicht die Rede Idea


RE: Meeting Madrid 2018 - Madrid, 22.06.2018 - frontrunner800 - 24.06.2018

(24.06.2018, 07:10)Atanvarno schrieb:
(23.06.2018, 23:05)dominikk85 schrieb: klar kann ein guter spurter im negativen Split gewinnen wenn die erste Runde langsam ist, aber gab es denn schon Weltklasse Zeiten (sprich unter 1:44 bzw 1:58 bei den Frauen) im negativen Split?

Wilson Kipketer und David Rudisha haben es ein paar Mal geschafft 1:42er-Zeiten negativ zu splitten, ihre Bestzeiten sind sie aber auch mit deutlich positiven splits gelaufen. Für mich deuten im Gegensatz zu frontrunner800 sowohl die physiologischen Fakten (s. Prendergast, Optimum Speed Distribution in the 800m) als auch die Datenlage (s. bspw. http://sportsscientists.com/2007/09/iaaf-world-champs-mens-800m/) darauf hin, dass die optimale 800m-Zeit nur mit einem positiven Split erzielt werden kann, s. auch die früher schon einmal geführte Diskussion hier https://leichtathletikforum.com/showthread.php?tid=1892

Wenn ein positiver Split, sollte dieser höchstens 1,5 Sekunden betragen! Viele der Weltrekorde über 800 Meter sind mit solch einer Renneinteilung erzielt worden.
Rudisha ist bei seinem Weltrekord in London 2012 von der Spitze 49,3 und 51,6 gelaufen. Die dritten 200 Meter hat er in 25 und die letzten 200 Meter in 26,6 absolviert. Auf den letzten 200 Metern ist er doch sehr deutlich langsamer geworden. Wäre er etwas langsamer angelaufen, z.B. 49,6 und die zweite Runde in 50,8, stünde der Weltrekord jetzt bei 1:40,4!


RE: Optimale Renneinteilung über 800m- positive oder even split? - diskobolos - 24.06.2018

Ein wichtiger Aspekt scheint mir zu sein, was man eigentlich durch den Lauf erreichen will. Möchte man gewinnen oder möchte man eine gute Zeit laufen. Ich bin schon so alt, dass ich mich noch daran erinnere, das Rekorde auch in großen Rennen gelaufen wurden, also zu OS und EM. Bis sich das Laufen mit erstem und zweiten "Hasen" durchgesetzt hat. Ich finde diese organisierten Tempojagden öde. Das Rad lässt sich aber wohl auch hier nicht zurückdrehen: Die Event-Organisatoren möchten mit Rekorden werben können. Auch das führt zum Niedergang der LA


RE: Optimale Renneinteilung über 800m- positive oder even split? - Atanvarno - 24.06.2018

(24.06.2018, 08:59)diskobolos schrieb: Ich bin schon so alt, dass ich mich noch daran erinnere, das Rekorde auch in großen Rennen gelaufen wurden, also zu OS und EM.

Stimmt, das Jahr 2012 liegt schon verdammt lange zurück Wink
https://www.youtube.com/watch?v=YKEOjWEzVGs


RE: Optimale Renneinteilung über 800m- positive oder even split? - Jo498 - 24.06.2018

Es gibt ja nicht nur die rein empirische Beobachtung, dass die meisten Rekordrennen mit einer ca. 2 sec. schnelleren ersten Runde gelaufen wurde, sondern auch die physiologische Begründung. Nämlich, dass man auf den ersten ca. 50-100? Metern noch Kreatin-Energiebereitstellung anzapfen kann und dass die unterschiedlichen Ermüdungserscheinungen auf der zweiten Rennhälfte unvermeidbar sind, so dass man insgesamt mit einem leicht schneller Beginn besser fährt, s. die oben von Atanvarmo verlinkte Literatur

Bei den 1:40-43 Rennen scheint mir dieser Befund relativ eindeutig.

Die Frage ist allerdings einmal, ob es auch für Frauen/Jugend bei Zeiten um 2:00 oder 2:10 genauso stimmt und ob es einen Unterschied macht, ob ein "400/800-Typ" oder einen 1500m-Läufer Läuft. Tendenziell müssten insgesamt langsamere Rennen mehr in Richtung even split gehen, weil bei einer etwa 20% längeren Belastungsdauer der aerobe Anteil höher ist. Und so ähnlich könnte ein Läufer, der eher von der Ausdauer kommt, vielleicht ein besseres Ergebnis mit einem nahezu gleichmäßigen Lauf erreichen.
 
Und zweitens, warum bei vielen Rennen eine viel schnellere erste Runde (mit 4-6 sec. oder noch mehr Differenz) gelaufen wird und wie suboptimal (oder nicht) das ist.

Für mich als Laien ist z.B. bei Christina Hering das Problem nicht eine Sekunde Unterschied bei den Rundensplits, sondern insgesamt zu schlechte Ausdauer. Dafür spricht ihre vgl. mit der 400m-Zeit schwache 800m-Zeit und auch ihre noch schwächere 1000m-Zeit von knapp unter 2:40. Klosterhalfen mit nahezu gleicher 800m-Zeit läuft ~2:35 als letzte 1000 eines langsam begonnenen 1500m-Rennens wie in Bydgoscsz, unter 2:38 bei der DM, die würde wahrscheinlich 2:32 auf 1000m laufen können. Hering müsste eigentlich um 2:35/36 schaffen, aber sie läuft die Strecke natürlich auch fast nie. Passt aber zum Gesamteindruck von fehlender Ausdauer (und sie ist natürlich ein 400/800 Typ).