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Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Druckversion

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RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 03.09.2021

Die beiden starken Verletzungen bei Dennis Lewke (sogar Karriereende wegen fast dauernder Schulter- und Bandscheibenprobleme) und David Storl (Bandscheibenprobleme) geben mir arg zu denken. Es sollte im Wurf- und Stoßbereich ein starker Umdenkungsprozess bezüglich des Trainings stattfinden.
  1. Veränderung bzw. Elimination der Kraftübungen: Bankdrücken, Nackenstoßen, beidbeinige Tiefkniebeuge...
  2. Prophylaktische Stärkung der "Klippen"
  3. Hinwendung zu strukturellem, disziplinnahem Krafttraining
  4. Penible Kontrolle der Krafttrainingsumfänge
  5. Kontrolle von schädigenden Strukturen vor der Synostosierung
  6. Sehr kontrolliertes Training von Pufferzonen
  7. Altes Krafttraining plus Physiotherapie bringt meistens nicht den erhofften Erfolg, weil die Fehler mitgeschleppt werden.
Als sehr seltsam empfinde ich die Aussage bei Storl, dass man jetzt die abgeschwächte Muskulatur stärkt. Das gehört bereits in die segmentale Prophylaxe!!! Ich habe in einem Vortrag vor einigen Jahren sehr deutlich auf die Schwachstellen in Storls Rücken aufgrund eines sehr eindeutigen Bild hingewiesen.

Der DLV kann sicherlich nicht alles richten; aber er sollte schon den "Schlüssel zu dieser andauernden Verletzungsserie" suchen und durch geeignete Gegenmaßnahmen beenden. Ich habe jahrelang an diesem Thema gearbeitet und meine, zu vielen Problemen den Eingang und die Veränderung gefunden zu haben. Es geht insgesamt schlicht und einfach um die Trainerqualität und Spezialwissen und nicht vorrangig um den "Kadavergehorsam" (wenn ich es mal sehr hart ausdrücke).

Ich habe damals mit unserem Team vor Ort einen Gleitwirbel durch ganz spezielle Maßnahmen bei einer Athletin in Schach halten können. Es gibt Systeme und Trainer, die von zehn Athleten einen durchbringen. Die anderen fallen wegen "Materialschaden" irgendwann aus. Es gibt aber auch solche, zu denen ich gehöre, die hundert Prozent durchbringen. Das heißt aber in unserem Verbandssystem nicht, dass man mit meiner Trainingsart Berücksichtigung findet.  WinkThumb_down ‌Das ist das wahre Malheur in unseren Systemen, das sich auch nicht so schnell ändert. Wenn ich Fehler begangen und bemerkt habe, habe ich sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet.  Huh

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 06.09.2021

Eine sehr gute Verletzungsanalyse zeigt sich auch daran, dass man auch vor sehr guten Leistungsdisziplinen und vor Weltklasseathleten nicht Halt macht und die Fakten beim Namen nennt.

Beispiel - unser leistungsmäßig hervorragender Männer-Speerwurfbereich:

1. Zu viele Operationen (Hofmann, Weber), bei Vetter kenne ich den Grund für die Knochenabsplitterung am Fuß nicht.
2. Schwachstellen: Ellbogen, Schulter WS, Füße
3. Nennen von verletzungsträchtigen Disziplinen bzw. exakte Forschung danach
4. Nennen von alternativen guten Übungen
5. Die Dosis macht das Gift: Bezeichnen von Grenzen der jeweiligen Trainingsumfänge (Man kann Ermüdungserscheinungen
    jeweiliger Strukturen testen. So sind die Erholungszeiten bei den Hamstrings z.B. in Sportarten bekannt.) und exakten  
    Einsatzzeiten der jeweiligen Übungen
6. Einsatz von Übungen jeweils nach Alter benennen
7. Eingrenzungen jeweiliger individueller Klippen benennen

Ich sehe z.B. bei dem Wolfsburger Sprinter Giese vor den OS nach einem harten TL in Kienbaum bei einem anschließenden Staffelwettkampf den Kausalzusammenhang!!!)
https://www.sportbuzzer.de/artikel/giese-schock-sprinter-des-vfl-wolfsburg-kurz-nach-olympia-nominierung-verletzt/
"Im Trainingslager in Kienbaum hatten die Kaderathleten zuletzt intensiv trainiert."

Es kommen auch oft zu viele Athleten aus den TL verletzt zurück. "Weniger ist im Sprint manchmal mehr sowohl vom Energiesystem als auch von der Verletzungsträchtigkeit her." Daher hatte ich auch sehr oft Bedenken, meine Athletinnen zu anderen Trainern ins TL mitzuschicken, da sich unsere Philosophien in vielen Fällen gravierend unterscheiden. Wenn Verletzungen bei meinen Athletinnen auftreten, werden sie komplett in Abstimmung mit Ärztin oder Arzt auskuriert.

Ich würde immer wieder bei Übernahme von langwierigen Verletzungsfällen erst einmal die individuellen Strukturen nach meinen langjährigen Erfahrungswerten abchecken, Verbindung zu den jeweiligen Ärzten und im Einvernehmen die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen aufnehmen. Im Fokus würden dann zunächst vorrangig das Ausheilen der Verletzungsstellen und das Ausmerzen von Schwachstellen stehen und nicht die Leistungsambitionen. Nur ein gesunder Mensch kann hundert Prozent ohne Verletzung überstehen. Die Prophylaxebemühungen würden im Vordergrund stehen. Ein zweiter Aspekt wäre die spezifische Ansteuerung hinsichtlich Technik und Beseitigung gravierender Technikfehler mit anatomisch funktionellen Auswirkungen. Ein dritter Punkt hinsichtlich zeitlichem Umfang stünde im Fokus. So würde ich mich sukzessive dem Optimum nähern wollen.


Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 06.09.2021

Ich werde hier ab und zu kritische Szenen auf internationalem und nationalem Parkett vröffentlichen.

https://www.youtube.com/watch?v=Vm4pTVSjPP0
Nicola McDermott jumps 2.02m - breaks Australian High Jump record & wins Silver at Tokyo Olympics
Bei 0,01 mit wahnsinniger Pronation - der Fuß einschließlich Achillessehne ist enorm gefährdet.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - matthias.prenzlau - 07.09.2021

Und jetzt komme ich und sage, dass Hochsprung ungesund ist
und bei 90% der Athleten die Standbilder beim Absprung "krank" aussehen.

Wie kann man es besser machen?


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 07.09.2021

(07.09.2021, 05:48)matthias.prenzlau schrieb: Und jetzt komme ich und sage, dass Hochsprung ungesund ist
und bei 90% der Athleten die Standbilder beim Absprung "krank" aussehen.

Wie kann man es besser machen?

Mich interessieren dann die übrigen 10%, die den Absprung gesund gestalten. Wink

Verhinderungskriterien:
1. Winkel zwischen Kurven- und Fußaufsatzwinkel durch geeignete Übungen minimieren. Heike Henkel hatte die beste Differenz (6°) ever!!! Mein Vorschlag: Bei Gerd Osenberg nachfragen, wie es geht und nicht solche Trainer eliminieren!!! Thumb_up ‌Also Erfahrungswerte nutzen! Nicht neu fehlerhaft "graben", wo schon einer erfolgreich "gegraben" hat.

2. Strukturstärkung als Prophylaxe vorweg trainieren und nicht als Reparaturmechanismus anwenden.

3. Individuelle Klippen im Abgleich mit der Technik orten. Es gibt einige Mitbringsel, die man prophylaktisch angehen muss. In letzter Zeit kommt manchmal das akzessorische os trigonum vor, das einer ganz speziellen Aufmerksamkeit vor allem nach der Ursache des Auftretens bedarf.

4. Den Absprungmechanismus ganz exakt in den Geschwindigkeitskriterien in seinem ROM-Ausmaß eingrenzen und in den Übungen nicht überschreiten.

5. Der Flop-Absprung ist ein Kraftakt erster Güte. So muss man ihm auch mit Trainingsmitteln begegnen. 

6. Wissen über geeignete Parameter schon am ruhenden Fuß vornehmen und notfalls korrigieren. Das Wissen ist allerdings eher sehr wenig verbreitet. Daraus resultieren auch die vielen Achillessehnenrisse. Ich sage immer wieder: "Lesen bildet, gleichgültig, wie alt man ist!!!" Solche Lösungen bekommt man in vorgefertigten Teams nicht geliefert!!! Thumb_downFahneWink ‌ 

7. Ich nehme die Übungen unserer Probanden immer sehr unter die Lupe und bin nicht immer amused (auch bei BT nicht immer). Wink

8. Die schlechten und angestrebten guten Trainingselemente im Timing nicht verwässern. Der Proband darf nur sukzessive gesund vorgehen!!!!! Schleichen sich Fehler ein, geht man wieder einen Schritt in das gesunde Technikprogramm zurück.

9. Technikprogramme nur in absolut ausgeruhtem Zustand durchführen, wenn vor allem enorme Schwachstellen vorherrschen.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Sprunggott - 07.09.2021

(06.09.2021, 22:26)Gertrud schrieb: Ich werde hier ab und zu kritische Szenen auf internationalem und nationalem Parkett vröffentlichen.

https://www.youtube.com/watch?v=Vm4pTVSjPP0
Nicola McDermott jumps 2.02m - breaks Australian High Jump record & wins Silver at Tokyo Olympics
Bei 0,01 mit wahnsinniger Pronation - der Fuß einschließlich Achillessehne ist enorm gefährdet.

Gertrud 

Da ich mit dem Alex Stewart gut befreundet bin, hab ich es mal weitergeleitet. Mal sehen was er sagt.


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - gera - 07.09.2021

die gesundheitsschädliche Pronation, die Gertrud beschreibt, ist doch vor allem Produkt der Tatsache, das beim Flop die Absprungrichtung nicht mit der Anlaufrichtung übereinstimmt. Daduirch wird unterstützt, das die Absprungkraft in Richtung Latte geht.
( ich kann mir den Hinweis nicht verkneifen, das dies beim rotary jump anders wäre )


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 07.09.2021

(07.09.2021, 11:21)Sprunggott schrieb:
Zitat: 
Da ich mit dem Alex Stewart gut befreundet bin, hab ich es mal weitergeleitet. Mal sehen was er sagt.

Du solltest ihm auch ruhig meine neun Punkte weiterleiten. Wink ‌Das erklärt einiges. - Frag ihn bitte mal, ob er Angaben über den Pronationsgrad - durch Messungen belegt - machen kann!

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - matthias.prenzlau - 07.09.2021

Danke Gertrud!  Thumb_up


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Sprunggott - 07.09.2021

(07.09.2021, 16:12)Gertrud schrieb:
(07.09.2021, 11:21)Sprunggott schrieb: Da ich mit dem Alex Stewart gut befreundet bin, hab ich es mal weitergeleitet. Mal sehen was er sagt.
Du solltest ihm auch ruhig meine neun Punkte weiterleiten. Wink ‌Das erklärt einiges. - Frag ihn bitte mal, ob er Angaben über den Pronationsgrad - durch Messungen belegt - machen kann!

Gertrud

Also folgende Antwort von Alex (er trainiert ja auch den Brandon Stark 2.35m) hab schon übersetzt : 
1. Es ist unvermeidlich von einer Außenkippung zur Innenkippung des Fußes zu gehen, da die Körperschwerpunktlage dies vorgibt.
2. Würde man es eher grade taxieren, oder mit weniger innen kurven Lage kommen bedeutet das den realen Höhenverlust durch der fehlender Tranformation von Geschwindigkeit im Absprung.
3. Er ist sich der Problematik bewust, und nennt es tanzen auf der Flamme.
4. Er sagt aber sein Training sichert das gut ab, was ich bestätigen kann. Er sagt auch, dass in Australien spezifische Messungen gemacht werden- und daraus spezifische Übungen zur Kräftigung und Aufbau in der Reha und den lockeren Tagen (2x pro Woche) vom Physio und Reha- Coach intigriert werden. 

Ich kenne aber sein Training sehr gut, und hab von Ihm auch Pläne und Videos. Er legt im Training extremen Wert auf Fußkraft, Aufbau des Bandapperates. Seine Athleten/innen haben laut seiner Aussage keine Problem mit den Füßen o. Gelenken. Mit lachen sagte er, die Deutschen sollten erstmal in der eigenen Wohnung putzen!

Hoffe konnte Helfen 
LG