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Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Druckversion

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RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 17.04.2020

Verletzungen entstehen fast immer aus Fehlern. Es kommen dafür folgende Punkte in Frage:
  1. Nichtbeachtung der Biomechanik - fehlerhafte Übungen
  2. Falsche Übungskreationen infolge mangelnden Wissens
  3. Missachtung der spezifischen Orthopädie infolge mangelnden Wissens
  4. Schlechter bzw. kein Transfer orthopädischer Gesetzmäßigkeiten in die Disziplintechnik
  5. Mangelnde Disziplinspezifik in der Übungsanwendung
  6. Schlechte Programm-Reihenfolge
  7. Training im übermüdeten Zustand
  8. Konzentrationsabnahme infolge zu langer Trainingszeit
  9. Schlechte bzw. nicht-adäquate Ernährung
  10. Verstöße gegen das Energiesystem
  11. Keine Beachtung der Wettereinflüsse
  12. Ungeeignetes Trainingsgelände und Equipment
  13. Zu viele Nebenbeschäftigungen, mangelnder Fokus auf den Leistungssport
  14. "Zu viele Köche verderben den Brei"!!!  WinkThumb_down
  15. ...... und mehr
Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - gera - 20.04.2020

was M.Mihambo angeht, habe ich eher die Befürchtung, dass sie etwas Motivationsprobleme haben könnte.
Sie hat zum Glück nicht nur den Sport im Kopf und jezt diese Olympia Verschiebung.
Aber diese Problem haben ja viele Spitzenathleten.


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 23.04.2020

(20.04.2020, 09:10)gera schrieb: was M.Mihambo angeht, habe ich eher die Befürchtung, dass sie etwas Motivationsprobleme haben könnte.
Sie hat zum Glück nicht nur den Sport im Kopf und jezt diese Olympia Verschiebung.
Aber diese Problem haben ja viele Spitzenathleten.

Das glaube ich nicht. Sie wird sich nach einer Findungsphase ausrichten. Sie wirkt auf mich psychisch enorm stabil und einfach ganz klar in ihrer Denkweise und in ihren Strukturen im Sport und Beruf. Wo findet man ein solches Juwel schon? Das ist aus meiner Sicht phänomenal. Ich schätze sie als Mensch und Athletin ungemein.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 26.04.2020

https://www.leichtathletik.de/news/news/detail/73335-flash-news-des-tages Die Therapie durch Radiosynoviorthese (RSO) war dabei ein voller Erfolg. "Man konnte zusehen, wie die Entzündung innerhalb einer Woche rausging. Wir können zum ersten Mal seit vier Jahren wieder Kniebeugen machen", schilderte Lang. dpa

Es ist gut, dass sie ihr wieder schmerzfrei ist. Wer weiß, wie lange die Knieentzündung sich nicht zurückmeldet, wenn man das Übungsprogramm beibehält? Ich halte diesen Ansatz für falsch: 1. Verwendung eines Übungsprogramms 2. Rekrutierung einer Verletzung 3. Schmerzfreiheit aufgrund einer Behandlung 4. Keine Veränderung des Übungsprogramms.

Man sollte lieber über Fehler im System und aus meiner Sicht über ein anderes und gesundes Übungsprogramm nachdenken. Vielleicht ist gerade die Kniebeugenart der Übeltäter? Fehler liegen oft im Detail. Auch Storl hat damals stark unter Knieproblemen gelitten. Ich mag Sven Lang wirklich als Mensch sehr gerne. Es soll kein Angriff sein - ich bin nur anderer Meinung. 

Gertrud



RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 27.04.2020

(26.04.2020, 23:07)Gertrud schrieb: Es ist gut, dass sie wieder schmerzfrei ist. Wer weiß, wie lange die Knieentzündung sich nicht zurückmeldet, wenn man das Übungsprogramm beibehält? Ich halte diesen Ansatz für falsch: 1. Verwendung eines Übungsprogramms 2. Rekrutierung einer Verletzung 3. Schmerzfreiheit aufgrund einer Behandlung 4. Keine Veränderung des Übungsprogramms.

Gertrud

Man sollte eine Kraftübung vom Anfang bis zum Ende begutachten und wirklich phasenweise sehr kritisch im Hinblick auf die Biomechanik im Detail betrachten. Es ist klar, dass man dann alle sechs Freiheitsgrade ins Visier nehmen muss und vor allem helikoidal bzw. dreidimensional vorgehen sollte. Das kann niemals mit einer gewichtheberischen Ab-/Aufbewegung übereinstimmen. Die meisten Trainer gehen nach Kilogrammlast im Vergleich und in der Verbesserung vor, machen die Fortschritte daran fest und merken oft gar nicht, dass diese Werte teilweise irgendwann gar nicht mehr korrelieren und nur in den Schädigungsbereich führen, weil sie teilweise nur nach Endprodukt bewerten (bekommt man die Last irgendwie hoch?). Eine Hauptfrage ist immer wieder, ob wir die Stoßdämpfer adäquat, also die Puffer und Bremser, einsetzen. Diese treten sukzessive meistens upstream auf.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 29.04.2020

(26.04.2020, 23:07)Gertrud schrieb: https://www.leichtathletik.de/news/news/detail/73335-flash-news-des-tages Die Therapie durch Radiosynoviorthese (RSO) war dabei ein voller Erfolg. "Man konnte zusehen, wie die Entzündung innerhalb einer Woche rausging. Wir können zum ersten Mal seit vier Jahren wieder Kniebeugen machen", schilderte Lang. dpa

Es ist gut, dass sie ihr wieder schmerzfrei ist. Wer weiß, wie lange die Knieentzündung sich nicht zurückmeldet, wenn man das Übungsprogramm beibehält? Ich halte diesen Ansatz für falsch: 1. Verwendung eines Übungsprogramms 2. Rekrutierung einer Verletzung 3. Schmerzfreiheit aufgrund einer Behandlung 4. Keine Veränderung des Übungsprogramms.

Man sollte lieber über Fehler im System und aus meiner Sicht über ein anderes und gesundes Übungsprogramm nachdenken. Vielleicht ist gerade die Kniebeugenart der Übeltäter? Fehler liegen oft im Detail. Auch Storl hat damals stark unter Knieproblemen gelitten. Ich mag Sven Lang wirklich als Mensch sehr gerne. Es soll kein Angriff sein - ich bin nur anderer Meinung. 

Gertrud

Ich habe Erkundigungen beim Fachärztepersonal aus dem Sportbereich (zwei ehemalige Aktive aus dem gehobenen Segment Leichtathletik) über die Nebenwirkungen eingeholt. Eine Ärztin rät klar ab, weil es Nebenwirkungen bei dieser Behandlung in Form von Nekrosen geben kann:
https://www.nuklearmedizin.uk-erlangen.de/patienten/therapie/radiosynoviorthese-rso/
Vor allem rät eine Ärztin genau wie ich hart zu Trainingsumstellungen im Übungsgut.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 30.04.2020

Ich halte es für dringend erforderlich, jede verwendete Kraftübung "auf Herz und Nieren" zu überprüfen, ob sie den Standards der Orthopädie und den disziplinbezogenen Ansprüchen und Belastungen standhält. Es ist davon abzuraten, Übungen von Weltklasse-AuA einfach nur zu übernehmen. Das wird mit Bankdrücken (Ich weiß heute, warum mir meine Schultergelenke morgens nach der Nachtruhe schmerzen. Wink ‌) und den beidbeinigen Kniebeugen seit Jahren so gemacht. Man kann das Bankdrücken nur unter zwei Bedingungen durchführen, die aber so gut wie nie gegeben sind. Es genügt nicht, die Ungereimtheiten und Klippen einfach immer nur zu umschiffen. 

Auch die biomechanischen Testübungen gehören auf den Prüfstand. Ich habe eine Beinübung aus dem Testpool bei einer Weitsprung-Weltklasseathletin katalogisiert, die nicht den modernen Standards entspricht. Dann wundert mich kniemäßig gar nichts mehr.

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 02.05.2020

Es gibt grobe Richtlinien, wie ein Körper auf orthopädischem Gebiet aussehen sollte. Innerhalb dieser Werte hat man auch etwas Spielraum. Dann kommen die individuellen Besonderheiten und Disziplinbeanspruchungen hinzu, die oft für Ungleichgewichte, Asymmetrien, Dysbalancen und Disharmonien sorgen, die man abschmettern sollte. Das Wissen um diese Fakten erfordert eine permanente Fortbildung der Trainer, die sie sich auf Fortbildungen holen oder selbst erarbeiten sollten.

Mir fehlt auf vielen Veranstaltungen einfach die gezielte Übersicht. Meistens wird ein sehr enges Picking oder eine zu globale Übersicht geboten. Ich werde demnächst eine Fortbildung in einem anderem Format leiten, wo ich auf Verletzungsentstehungen mit orthopädischem Hintergrund eingehe, potentielle junge Protagonistinnen ganz gezielt auf ihre individuellen Besonderheiten hinsichtlich funktioneller Anatomie und Technikfehler aufmerksam mache und individuelle Verbesserungsübungen im Athletik-, Technik- und Kraftbereich im Dabeisein ihrer Heimtrainer anbiete. Bei dieser Art der Fortbildung verlange ich mir eine Beschäftigung mit den Probanden im Vorfeld mit ihrer Technik und den Beschwerden ab, so dass eine solche Veranstaltung nicht nur mit der Lizenzverlängerung abgetan ist, sondern eine echte Wissensverbesserung bringt und das Wissen der Trainer/innen auf ein besseres Niveau hebt. Meine Intension soll eine Beschäftigung der TuT mit einer neuen Flexibilität und nicht mit einem bloßen Abkupfern von Übungen, ohne die Hintergründe zu erfragen, hervorbringen.

Ich lege während der Veranstaltung sehr großen Wert auf einen ständigen Dialog zwischen Trainern, Athletinnen und mir. Es ist zu keiner Zeit verboten, Fragen zu stellen. Im Gegenteil - ich möchte die TuT und Athletinnen mit einem sehr guten Gefühl entlassen, alle Fragen beantwortet bekommen zu haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade TuT über ein großes Maß an orthopädischem Wissen verfügen sollten, weil die Kompetenzteams oft zu weit von der eigentlichen Praxis in individuellen Fällen entfernt sind. Ich habe seit Jahren an der Schnittstelle Theorie und Praxis gearbeitet. Meine Art der Arbeit verlangt von den TuT ein hohes Maß an Einsatz, Zeit und Begeisterung. Mit dieser Einstellung möchte ich die Lehrgangsteilnehmer/innen "infizieren". 
Wink

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 02.05.2020

Es sollte beim DLV wie im Fußball Verletzungs-Statistiken geben. Im FB gibt´s die FIFA-Medical-Studien und den VBG-Report. Ich habe 2018 hier eine Stoffsammlung der Verletzungen von AuA veröffentlicht, die hervorragend zum Auflisten der spezifischen Disziplinverletzungen dient.

Wenn immer wieder bestimmte Verletzungen vorkommen, kann man Rückschlüsse auf das Training ziehen (Beispiel: Welcher Trainer produziert viele spezifische Verletzungen? Unfälle sind ausgenommen.). Wenn bei einem Trainer drei AuA z.B. am Patellar-Spitzensyndrom laborieren, sollte man sich Gedanken machen!!! Die spezifischen Belastungen in der LA müssen durch Änderungen im Training entschärft werden.

Zudem schlage ich Veränderungen bei den Fortbildungen vor. Es sollten harte Diskussionen um die Ursachen geführt werden. Auch technische Details gehören in den Fokus. Der DLV kann vieles, aber auch in der Hinsicht nicht alles richten. Die Ansprüche sollten TuT auch an sich selbst richten.  Thumb_up

Gertrud


RE: Vertiefte Analysen - Aktuelle Verletzungsfälle und allgemeine Betrachtungen - Gertrud - 06.05.2020

Warum hat Sabine Braun eine so lange Karriere im Siebenkampf unbeschadet hinter sich gebracht? Warum haben unsere Zehnkämpfer so viele Ausfälle durch Verletzungen erlitten? Liegt es an der Trainingsphilosophie, wovon ich hundertprozentig überzeugt bin? Fragen über Fragen!!! Die Masse des Auditoriums rebelliert auch nicht - entscheidend ist meistens der internationale Toperfolg. Es wird überhaupt nicht kritisch hinterfragt. So bleibt alles bei den alten Trainingsinhalten - erfolgsverwöhnt, aber strukturvernichtend in der Wirkung. Es werden so manche Pyrrhussiege - vor allem im Zehnkampf - errungen.

Ich musste heute Morgen doch sehr schmunzeln, als ich ein Video aus der heutigen Zeit eines Ehemaligen sah. Ich "seziere" meistens diese Bewegungen sofort. Mein erster Eindruck war, dass man knüppeln konnte, aber die Filigrantechnik zum großen Teil nicht vorhanden war und auch anscheinend nicht im Fokus stand. So bleiben hervorragende Talente frühzeitig auf der Strecke oder schleppen sich mit allen möglichen Beeinträchtigungen herum. Vielleicht wäre das mal eine Überlegung im Zehnkampf wert, auf diese Fakten näher einzugehen?! Wink

‌Da die nächste Fortbildung in Kienbaum dem Bremsstoß gewidmet ist, sollte man vielleicht im Mehrkampfbereich mal dokumentieren, ob die Bremsstöße immer in gesunden Positionen bei unseren Protagonisten vorkommen - als eine kleine, wirklich nettgemeinte Anregung gemeint, um das Auge zu schulen.

Letztens habe ich einen schönen Satz gehört, dass man strukturell trainieren und Kompressionen beachten müsse – wie wahr!!! Das findet vor allen Dingen in den feingliedrigen Strukturen so gut wie nie statt, wobei hinsichtlich Struktur- und Belastungsgrößen oft reziproke Verhältnisse herrschen und das noch in unheimlichen Geschwindigkeiten. 

Gertrud