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Caster semenya - mogkadi74 - 30.08.2017

habe mich sehr üebr manche kommentare über caster und francine hier geärgert (vor allem engländer oder so ähnlich, trozdem bin ich hier neues mitglied

hier noch ein von mir verfasster leserkommentar
 Ab wann ist eine Frau eine Frau - Vom Genderbashing und Caster Semenya 

Donnerstagabend, 10. Juli 2017: Ich, weiblich, 42, sitze auf der Couch und sehe Fern: die 800-Meter-Vorläufe der Frauen bei der Leichtathletik WM in London stehen auf dem Programm.  Das ZDF überträgt an diesem Abend, am Mikrofon:  Peter Leissl und Marc Windgassen, Leichtathletikexperten. Mit dabei im ersten der Rennen: die Südafri­ka­ne­rin Caster Semenya, die 800 Meter Olympiasiegerin von Rio 2016 und London 2012.

 

Wenn man den ZDF-Männern zuhört, geht es bei der 26 jährigen nicht mit rechten Dingen zu. Was passiert: ein Gendertribunal der übelsten Sorte, so als lebe man noch im finsteren Mittelalter. Sie sehe nicht aus wie eine Frau hieß es wir (die Zuschauerinnen) würden es ja selber sehen.

 

Doch  damit nicht genug: Ähnliche Formulierungen fanden sie auch bei der kenianischen Läuferin Margaret Wambui und der Läuferin Francine Nyonsaba aus Burundi: Auch sie würden physisch nicht den üblichen Kriterien dessen, was eine Frau ist, entsprechen und ergo vielleicht keine seien.

 

In der Tat ist die Läuferin Caster Semenya nicht gerade zierlich, sie sieht bullig aus und ihr Laufstil erinnert eher ans Marschieren als an gazellenschlankes, graziles Laufen.

 

 

 

Und dennoch: Caster Semeny ist eine Frau. Eine Frau mit sehr hohen Testosteronwerten. Dies wurde 2009 nach ihrem 800 Meter Erfolg bei der WM in Berlin durch einen Geschlechtstest festgestellt. Ein Test, der damals ebenso öffentlich wie demütigend war, ein damals 18 jähriges Mädchen schwer verängstigt und traumatisiert haben mögen und Südafrikaner aller Hautfarben auf den Plan riefen, um das junge schwarze Mädchen zu unterstützen. Geschlechtstests, Spekulationen über angeblich fehlende Eierstöcke und innenliegende Hoden. Testosteronwerte. Alles in der Öffentlichkeit ausgetragen. Anzeichen dafür, dass Caster Semenya weder Mann noch Frau sei. Sperre vom überforderten Weltverband IAAF . Generalsekretär Pierre Weiss teilte mit: „Es ist klar, dass sie eine Frau ist, aber vielleicht nicht zu 100 Prozent“

 

Casters Seele hat hat damals  keinen interessiert. Und weil sie nichts dazu sagte und alles in sich hineinfraß, weiß keiner so genau, wie sie es schaffte, die folgenden zwei Jahre zu überstehen. Eine Hormonbehandlung ließ sie über sich ergehen, und elf Monate war sie gesperrt. Hektisch wurde in jener Zeit die offenkundig komplizierte Zusammensetzung ihrer geschlechtsbestimmenden Chromosomen erforscht – und am Ende entschied der Weltverband der Leichtathletik auf Freispruch. Seither darf Caster Semenya wieder starten als das, was sie immer von sich behauptet hat: "Ich bin ein Mädchen."

 

Caster Semenya ist eine Frau, eine Frau, die nach ihrem Vorlauf jeder einzelnen Mitläuferin freundlich lächelnd die Hand gibt.


by the way ist die facebookseite von caster toll, sie scheint sehr gläubig zu sein


RE: Caster semenya - dominikk85 - 30.08.2017

Semenya ist genetisch eine Frau,  allerdings hat sie eben durch besondere körperliche Bedingungen nachgewiesenermaßen einen für Frauen untypisch hohen testosteron Spiegel der ihr klare Vorteile bringt. Auch wenn viele der ÖR Kommentatoren ekelhafte chauvinisten sind geht es in diesem Fall also nicht nur um ein breites Kreuz,  sondern um einem klaren wettbewerbsvorteil. Das sie dafür nichts kann stimmt natürlich, aber für Ihre konkurrenten gilt ja  das gleiche.

Abschließend bewerten will ich das nicht , dazu gibt es hier  bereits einen thread, es ist halt für beide Seiten eine Blöde Situation.


RE: Caster semenya - Atanvarno - 30.08.2017

Weiterführende Lektüre

CAS hebt IAAF Regeln zum Hyperandrogenismus auf

Hyperandrogenismus (War: Holt Caster Semenya in Rio GOLD ?)

http://leichtathletikforum.com/showthread.php?tid=2597&pid=68353#pid68353


RE: Caster semenya - lor-olli - 30.08.2017

@mogkadi74,

Es geht hier nicht um Genderbashing, rechtlich ist es doch sa, dass sich jede/jeder sein Geschlecht aussuchen kann, Geschlechtsumwandlung, Gleichstellungsmerkmale etc. inbegriffen, hier geht und ging es um den Aspekt der Chancengleichheit den das CAS Urteil fast außen vorlässt. Ja, es ist richtig, dass Semenya sich nach allen juristischen Überlegungen als Frau einschätzt und einschätzen darf!

Eine andere Frage ist die der "sportlichen Gerechtigkeit", denn eine Frau mit frauentypischen Testosteronwerten (und es geht hier nicht allein um Testosteron, die Antagonisten und das Verhältnis des Komplexes machen die Wirksamkeit für die Leistung aus!) dürfte sich kein Testosteron zuführen bis sie die Werte von Semenya erreichte. Genau so dürfte sich auch kein Mann zusätzliche Hormone zuführen (z.B. um die Wirksamkeit des körpeigenen Testosterons zu steigern).

Es kann doch auch nicht im Sinn der gender equaltiy sein, wenn Manager gezielt Frauen mit hohen Testosteronwerten suchen um sie zu Spitzensportlerinnen zu machen. Es spricht auch niemand einer Semenya eine Berechtigung ab, so zu leben wie sie will - die Frage ist ob diese naturgegebene hormonelle Chancenungleichheit noch dem Prinzip der Fairness im Sport entspricht hat das CAS mehr oder weniger elegant umschifft.

Diese Frage ist zur Zeit auch nur nach unserem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand beantwortet, in der Vergangenheit hätten wir diese Frage so gar nicht beantworten können (erst seit den 50er Jahren kennen wir den Begriff DNA überhaupt erst), Hormonanalysen gab es nicht und die "Fleischbeschau" (so der Sextest der 60er Jahre, als "verdächtige" Frauen sich von Ärzten begutachten lassen mussten) war ebenfalls nicht objektiv. Welche Aussagen kann die Wissenschaft in 10-15 Jahren zum Thema treffen? Ich bin nicht besonders mutig wenn ich die Prognose wage, dass der derzeitige sportjuristische Stand zum Thema, in 10 Jahren nicht mehr gilt… dürfen wir uns also keine eigenen Gedanken mehr machen?


RE: Caster semenya - dominikk85 - 30.08.2017

Letztenendes sind frauenwettkämpfe ja wie alle anderen "Handicapklassen" (Frauen, Jugend,  Junioren,  behinderte, Gewichtsklassen im kampfsport) ja ein künstliches Produkt um mehr verschiedenen Menschen einen ausgeglichenen Wettkampf liefern zu können. "Parity" ist in allen Sportarten ein angestrebten Prinzip,  man möchte möglichst enge und offene Ausgänge haben (siehe der draft oder salary cap im  US sport).

daher würde ich das gar nicht so sehr vom ethischen standpunkt aus betrachten, sondern auch einfach mal von einem praktischen Standort. Natürlich ist auch die unterscheidung "frau" oder "senior" irgendwo eine beliebige und es gibt nie 100% Chancengleichheit,  aber  wenn der Vorteil so groß wird das praktisch alle frauen (Senioren,  Junioren,  behinderte...) vom Erfolg ausgeschlossen sind macht der Sport für diese Gruppen praktisch keinen Sinn mehr. Daher hat man halt diese handicapklassen erfunden um mehr Menschen einen Wettkampf auf Augenhöhe zu erlauben. 

Natürlich ist der Schein trügerisch und in der praxis haben dennoch 99% der Gruppe keine Chance da sie halt doch genetische Vorteile haben (muskelfasern, Größe, auch Testo Level bei gesunden), aber zumindest gibt es eine theoretische Chance. Natürlich ist das unfair gegenüber caster, aber andersrum wäre es - ich würde nicht mal sagen unfair,  aber witzlos für die anderen Teilnehmer da teilzunehmen.


RE: Caster semenya - Astra - 30.08.2017

Wir reden hier nur über Caster Semenya. Bei der WM haben über 800m drei Frauen mit (vermutlich bis sicher) über dem "Normalen" liegenden Testosteron-Werten im Endlauf gestanden. Bei der Universiade ist die nächste Frau aufgetaucht und hat Medaillen gewonnen.
Ich bin sicher, dass bereits nach weiteren gesucht wird und dann bestimmen sie allein die Wettkämpfe über 400 - 1500m, denn da machen sie die erhöhten Testosteron-Werte besonders bemerkbar.
Ich habe es nicht mehr genau im Kopf bei welchen technische Disziplinen auch Vorteile auftreten, aber ganz sicher treten bald auch dort entsprechende Frauen auf. Und dann fragt man sich doch recht bald, ob die LA neben dem Doping nicht auch noch ein weiteres Problem hat.....


RE: Caster semenya - dominikk85 - 30.08.2017

Die gender "Forschung"  hat da halt einen anderen Ansatz,  für sie gibt es ja keine wirklichen Geschlechter,die körperlichen Unterschiede zwischen Frau und die mann sind für sie so was wie unterschiedliche haarfarben und die sozialen Unterschiede sind für Sie ein Konstrukt der (vorwiegend patriaschalischen) Prägung. Von diesem Ansatz her betrachtet kann man es natürlich auch sehen. Dabei kommt es natürlich zu einer Benachteiligung der "Cis frauen", aber wahrscheinlich ist der körperlichr nachteil für die sonst eher femistischen gender Leute eher ein kollateralschaden, da körperlichen Jobs quasi ausgestorben sind und Sport eh archaisch istSmile.


RE: Caster semenya - Atanvarno - 30.08.2017

(30.08.2017, 15:19)dominikk85 schrieb: die körperlichen Unterschiede zwischen Frau und die mann sind für sie so was wie unterschiedliche haarfarben und die sozialen Unterschiede sind für Sie ein Konstrukt der (vorwiegend patriaschalischen) Prägung.

Es ist noch schlimmer. Für manche sind selbst die körperlichen Unterschiede nur ein Ergebnis patriarchalischer Prägung, s. bspw. ein Interview in der taz mit Genderforscherin Eva Boesenberg
https://www.taz.de/!5201157/

Zitat:Wäre es fair, eine 60 Kilo schwere Ringerin auf die Matte zu schicken gegen einen 60 Kilo schweren Ringer? Ja, das glaube ich schon. Das wäre dann fair, wenn die Frauen ebenso gute Voraussetzungen hätten: also gleiche Trainingsbedingungen, gleicher Zugang zum Profisport. Das ist offensichtlich noch lange nicht so.

Das sind die Leute, mit denen man es zu tun hat, wenn man sich gegen eine Startberechtigung hyperandrogener Frauen in der Männerklasse ausspricht.


RE: Caster semenya - matthias.prenzlau - 30.08.2017

Welche (natürlichen) Testosteronwerte haben eigentlich Spitzenkugelstoßerinnen?


RE: Caster semenya - Atanvarno - 30.08.2017

Schwer herauszufinden. In der IAAF-Studie (https://www.iaaf.org/download/download?filename=66958208-d45a-480b-995c-cbdf36ca5af2.pdf&urlSlug=bermon-et-al-bjsm-2017) haben die männlichen Werfer sogar niedrigere T-Werte als andere Disziplinen, was die Verfasser auf eine höhere Prävalenz von Doping in dieser Gruppe zurückführen (wodurch die natürlichen T-Werte gesenkt werden).

Aber konkret zur Frage (Tabelle 1 in der verlinkten Studie)

Wurfbereich Frauen im Mittel (Extremwerte herausgenommen): 0,72 nmol/l
Mittelstrecke Frauen (Extremwerte herausgenommen): 0,64 nmol/l

Der Referenzwert für Frauen liegt bei 0,2 - 2,8 nmol/l (s. http://www.med4you.at/laborbefunde/referenzwerte/referenzbereiche_testosteron.htm)

Selbst als sie sich noch einer T-Spiegel senkenden Behandlung unterziehen musste, war Caster Semenya ein Wert von bis zu 10nmol/l erlaubt, unbehandelt liegt sie noch deutlich darüber.