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Wann Spezialisierung Forcieren ? - Druckversion

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RE: Wann Spezialisierung Forcieren ? - lor-olli - 20.10.2016

Die Physis sollte allgemein immer trainiert werden (Schnelligkeit, Koordination, Kraft) aber ein Blick auf die Voraussetzungen eines Athleten / einer Athletin geben schon eine Richtung vor. Ich hatte eine 15 jährige, lang aufgeschossene Athletin (1,81) mit “Ärmchen" wie Streichhölzer - da machte Wurftraining wenig Sinn, auch das Kraftraining führte nicht zu nennenswerter Muskelbildung - also war auch eine Hinführung zum Mehrkampf wenig erfolgversprechend und sie WOLLTE auch nur noch springen. Dagegen kommt man nicht an Wink

Andererseits, wenn die physische Entwicklung absehbar unabgeschlossen ist und ein allgemeines Schnelligkeits und Bewegunstalent vorhanden ist braucht man auch nicht früh zu spezialisieren, weil der Athlet /die Athletin allgemein profitiert - bis in den Erwachsenenbereich wie uns eine bekannte Hürdensprinterin belegt! (Cindy Rohleder hat sicher durch das erweiterte Training im Mehrkampf dazugewonnen. Wenn die Grundlage für die Spezialdiziplin gut gelegt ist, sehe ich da wenig Probleme - vorausgesetzt das Mehrkampftraining wird von einem Trainer mit einiger Erfahrung gemacht!)

Natürlich ist die technische Ausbildung schon einigermaßen früh sinnvoll, auch damit sich Bewegungsfehler gar nicht erst einschleichen, die Schwierigkeit ist, dass nicht jeder Trainer “alles kann". Letzteres ist auch ein Problem der ganz kleinen Vereine, weil es hier oft nur eine kompetente Person für das Training gibt - Ausfälle, oder zu viele Athleten erschweren dann eine spezifische Ausbildung und eine Konzentration auf die 1-2 vielversprechendsten Athleten sind auch keine Lösung (wegen unterschiedlicher physischer Entwicklung, wir hatte einen Athleten der mit 19 immer noch wuchs und zulegte)

Ein Patentrezeot gibt es meiner Meinung nach nicht, ein Trainer sollte schon so viel Selbstvertrauen aufbringen, abschätzen zu können wohin die Reise geht. Die Psychologie ist hier auch für viele Athleten wichtig, nicht alles sind schon früh so fokussiert wie Linda Stahl oder Nadine Hildebrandt.


RE: Wann Spezialisierung Forcieren ? - Sprunggott - 20.10.2016

Hallo ins FORUM, 
jetzt sind ja doch noch einige Meinungen zusammengekommen. Danke für jede einzelne, denn es ist ja unsere Freizeit  Wink

Insgesammt fühle ich mich aber durch die Anworten gestärkt, und auf den richtigen Weg (im Sinne der Sportler/inen). 
Schade dass in Deutschland die Meinung vorherrscht, dass Sportler/innen sich zeitig auf Disziplin, und dazugehörigen
(selbsternanten) "Spezialtrainer" festlegen sollen... und wenn nicht, gibt es die Kaderdisskusion gegen die Sportler.
Ich glaube selber an mich, bin auch nicht der "Trainertrottel" - habe mein Handwerk im Deutschland/ Übersee gut studiert,
und von Top-Trainern weltweit gelernt! - Aber die Verwunderung meinerseits ist grenzenlos. 
 
schönen Abend noch


RE: Wann Spezialisierung Forcieren ? - Gertrud - 21.10.2016

(20.10.2016, 23:12)Sprunggott schrieb: Hallo ins FORUM, 
jetzt sind ja doch noch einige Meinungen zusammengekommen. Danke für jede einzelne, denn es ist ja unsere Freizeit  Wink

Insgesammt fühle ich mich aber durch die Anworten gestärkt, und auf den richtigen Weg (im Sinne der Sportler/inen). 
Schade dass in Deutschland die Meinung vorherrscht, dass Sportler/innen sich zeitig auf Disziplin, und dazugehörigen
(selbsternanten) "Spezialtrainer" festlegen sollen... und wenn nicht, gibt es die Kaderdisskusion gegen die Sportler.
Ich glaube selber an mich, bin auch nicht der "Trainertrottel" - habe mein Handwerk im Deutschland/ Übersee gut studiert,
und von Top-Trainern weltweit gelernt! - Aber die Verwunderung meinerseits ist grenzenlos. 
 
schönen Abend noch

Es sind oft eben diese "Spezialisten" am Werk, die nur "ihre" Disziplin kennen und keinen Überblick über den gesamten LA-Disziplinenbereich haben und teilweise zu früh filtern. Ich halte das Feedback der Athleten für unglaublich entscheidend. Ich bin gerade dabei, eine Person vielleicht disziplinmäßig umzustellen, die schon auf eine Disziplin ausgerichtet war. Es gibt aus meiner Sicht bei Jugendlichen einen sehr breiten Raum zur endgültigen Disziplinfindung, den man nicht zu früh einengen sollte. Ich bekam das Feedback, dass man sich bei einer Variation wohler fühle. Wir haben es ausprobiert. Insofern betrachte ich Athleten immer als selbstständige und auch mitbestimmende Menschen. Gestern Abend gab es eine guten Beitrag von Markus Lanz über den Spielbereich von Kindern mit Freiraum, in dem sie experimentieren üben und kreativ sein dürfen und sollten.

Ich halte es zudem für sehr wichtig, dass der sportliche Bereich im Jugendalter und Schule noch Freiraum lassen. Meine Athletinnen waren bei mir immer sehr gut sportlich aufgehoben, so dass sie Lehrgänge in Überzahl nicht gebraucht haben. Überbelastung ist tunlichst zu vermeiden. Daher bin ich auch sehr strikt gegen eine Doppelversorgung. Wenn ich eine Mehrkämpferin hätte, wäre es doch unsinnig, dass sie permanent zu Kühne-Lehrgängen fährt. Deshalb habe ich doch nichts gegen Wolfgang Kühne. Er kommt auch nicht mit seinen Athletinnen zu mir - also was soll diese Form der Doppelversorgung? Was sollte eine jugendliche Athletin aus dem Wurf- oder Mehrkampfbereich bei Westfalenlehrgängen, wenn sie in der Zeit viel effektiver bei mir trainieren kann? Freunde hat sie zu Hause. Zudem entgeht sie der Unruhe von Abwerbungen, vor denen ich allerdings keine Angst habe. Wink Presst also Trainer/innen, Athletinnen und Athleten nicht in enge "Korsette", vor allem nicht solche, die sehr kreativ und vielleicht sogar besser als die übergeordnete Instanz sind! Ich bin ein Mensch, der sich nicht diesen ständig wechselnden Strukurveränderungen (teilweise auch Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen) beugt und anpasst, sondern ich gehe sehr bewusst meinen gezielten, seit Jahren fachlich akribisch untermauerten Weg.  Thumb_up Thumb_up Thumb_up Sicherlich sollte man einige Trainer/innen noch "an die Hand nehmen", weil eben sehr große Wissensdefizite vorliegen. Insofern kann man die Athleten dieser Trainer/innen unterstützen.

Gertrud