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Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Druckversion

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RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - dominikk85 - 31.08.2016

Es wäre natürlich schon eine Option einige Disziplinen aufzugeben und die Ressourcen in Medaillenträchtige Disziplinen zu stecken. Jamaika oder Kenia sind ja in den Medaillenzpiegeln trotz einseitigem Portfolio meistens ziemlich weit vorne.

Allerdings hätte es unter der Prämisse keinen max Hess und keine Konstanze Klosterhalfen gegeben.

Der dlv war ja auch mit den USA und Russland eigentlich der einzige verband, der alle Bereiche mehr oder weniger im spitzenbereich abdeckt (nicht jedes Disziplin, aber doch jede Disziplingruppe) und ich denke da ist man auch stolz drauf.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Road to Tokio - 01.09.2016

(31.08.2016, 21:00)eierluke schrieb: Es geht auch nicht um behutsame Entwicklung etc.: 400m ist eine brutal fordernde Disziplin und hat den früheste Leistungszenit aller Disziplinen (19 - 24 Jahre danach gehts bergab).
(Kaum Ausnahmen bis auf M.Johnson und Doper L.Merritt).


Ja und nein, wenn ich mich einmal einschalten darf. Es ist auf der einen Seite richtig, dass Ergebnisse bei OS und WM seit Jahren ganz deutlich zeigen, dass junge Athleten auf dem Vormarsch sind und dass die "deutsche Herangehensweise" mit Leistungshöhepunkt erst ab Mitte 20 völlig überholt ist. Ich habe meine Zweifel ob dies jemand interessiert. So kann man sich auch immer noch alles schönreden frei nach dem Motto "mein Athlet kommt noch, der braucht noch Zeit". Zumindest ist das für die Sprint- und Laufdisziplinen völlig überholt bzw. kein Maßstab mehr. Ist aber keine neue Erkenntnis.
Zur behutsamen Entwicklung: Ich kann aus vielen Jahren als Landeskadertrainer sprechen: Keine 5% der Heimtrainer von Langsprintkaderathleten haben sich jemals mit dem Anforderungsprofil der Disziplin auseinandergestzt. Was sind die leistungsbestimmenden Faktoren, wie entwickle ich diese UND wie verläuft die Energiebereitstellung in dieser Disziplin und was sind die Folgen für das Training. Stattdessen wird immer nur geschaut was bringt meinen Athleten schnell nach vorne bzw. was setzen andere für Trainingsmittel ein, dann machen wir das auch (ohne sich darüber im klaren zu sein über Trainingsform und Trainingsmethode). Dabei bleiben die Entwicklungen der Schnelligkeit und Grundlagenausdauer (von mir aus beim Langsprint auch Grundfitness) völlig auf der Strecke, wenn ich mit Tempolaufserien im Bereich I3 und I2 einen Jugendlichen bereits "schnell" bekomme. Was ist die Konsequenz daraus: physiologisch ein Desaster für die Zellen (ständige Übersäuerung, Mitochondrienzerstörung oder erst gar keine Entwicklung, ...) , nerval: Reizleitung und Ansteuerung Nerv-Muskel unterentwicklet, entwicklungsphysiologisch: kein Aufbau einer Belastungsverträglichkeit (das dauert Jahre), Reize die vom Protein-Turnover eines Jugendlichen (noch) nicht kompensiert werden können.
Das Ergebnis haben wir dann bei den Aktiven schwarz auf weiß. Nur dann ist es zu spät. Interessiert das jemanden in der Peripherie? Meine Erfahrung: nein.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - eierluke - 01.09.2016

@Robb,

ja 45,30 - 45,70 wären sicher möglich, aber da beginnt auch schon das Problem:
45,30 erfordern vollen Einsatz = Leichtathletik als Beruf.
Doch ist man mit 45,30 "nur" 48. in der aktuellen Weltjahresbestenliste = keine Medaillien/ top Plazierungen, kein Preisgeld, keine Ehrungen, keine (positive) Bekanntheit --> keine Sponsoren, ...

Andererseits sind 400m Läufer die Sportler "mit dem stärksten Motor"
Alle Fußballvereine lecken sich die Finger nach Sportlern, die auch nur unter 50 laufen können und keine Balllegastheniker sind als Mittelfeldspieler = Chance auf großes Geld, große Berümtheit, ...


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Atanvarno - 01.09.2016

@Road to Tokio

Das deckt sich ja dann mit den Einschätzungen von mir und DerC im alten Thread. Zu wenig Grundlage, nicht altersgemäßes Vorziehen von Trainingsmitteln.

Das wird aber aus meiner Sicht vom DLV befördert, durch Wiedeinführung U16-Einzel-DM und Teilnahme an internationalen U18-Meisterschaften (was früher auch mal abgelehnt wurde). Nur wenige Trainer besitzen die Selbstkontrolle, diesen Karotten nicht nachzulaufen.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Road to Tokio - 01.09.2016

(01.09.2016, 08:48)Atanvarno schrieb: Das wird aber aus meiner Sicht vom DLV befördert, durch Wiedeinführung U16-Einzel-DM und Teilnahme an internationalen U18-Meisterschaften (was früher auch mal abgelehnt wurde). Nur wenige Trainer besitzen die Selbstkontrolle, diesen Karotten nicht nachzulaufen.

Ich würde da nicht dem DLV die Schuld in die Schuhe schieben wollen. Das liegt in der Verantwortung der Heimtrainer und der stellvertretenden Eigenverantwortung der Eltern bei solch jungen Athleten. Wenn es die DM U16 nicht geben würde, wer sagt dann, dass es anders wäre? Es gibt noch Regionalmeisterschaften (Süddeutsche, ...), Landesmeisterschaften, Vergleichskämpfe usw.
Über die Sinnhaftigkeit einer DM U16 zu streiten würde jetzt zu weit führen.
Ich spiele den Ball ganz konkret zurück an die Peripherie, dort wo trainiert wird und man allen sport- und trainingswissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz so weitermacht wie bisher: Blick auf den kurzfristigen Erfolg.
Das ist im Bereich Lauf übrigens das Gleiche in grün. Wo sind da unseren ganzen Topläufer aus der Jugend in den letzten Jahren geblieben, die jetzt Mitte/Ende 20 sind? Da haben sich Heimtrainer noch gebrüstet und feiern lassen mit "mein Athlet braucht keine Umfänge, der kann das auch so". Wenn ich dann noch sehe wie gestern in Facebook, dass ein ehemaliger Nachwuchsbundestrainer (der immer noch im Hintergrund gerne die Fäden ziehen möchte) ein Video postet mit Lauf ABC-Übungen wie Fußgelenkarbeit und anfersen - Mann o Meter, da haben es einige immer noch nicht verstanden.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - eierluke - 01.09.2016

44,46 bedeutet Platz 10 in der Welt 2016.
Wie bereits im Thread geschrieben wurde sollte man intensiver nach Talenten in der 2. Garde der Sprinter gucken.
Nicht jeder, der 100m in 10,65 lauft wird 44,46 über 400m erreichen - aber jeder der 44,46 läuft, könnte mindestens 10,65 über 100m schaffen.
Ausnahmen: definitiv keine!


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Atanvarno - 01.09.2016

@Road to Tokio

Würdest du als Landestrainer einem Athleten, der den Kaderrichtwert (oder eventuell geforderte Meisterschaftserfolge) nur aufgrund falschen Trainings erreicht hat, die Kaderberufung verweigern? Wäre ja nur konsequent und hätte vielleicht einen erzieherischen Effekt.

--edit
oder positiver formuliert: würdest du einen Athleten, der richtig trainiert, aber hinter den Leistungen anderer, die falsch trainieren, zurückbleibt, in den Kader berufen?

In der Realität meine ich festzustellen, dass nicht darauf geschaut wird, wie die Leistungen erreicht werden, sondern nur dass.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - Road to Tokio - 01.09.2016

(01.09.2016, 09:16)Atanvarno schrieb: @Road to Tokio

Würdest du als Landestrainer einem Athleten, der den Kaderrichtwert (oder eventuell geforderte Meisterschaftserfolge) nur aufgrund falschen Trainings erreicht hat, die Kaderberufung verweigern? Wäre ja nur konsequent und hätte vielleicht einen erzieherischen Effekt.

In der Realität stelle ich aber fest, dass nicht darauf geschaut wird, wie die Leistungen erreicht werden, sondern nur dass.

Da kann ich Dir aus eigener Erfahrung sagen: Nominiere so jemanden mal nicht...
Du hast sofort wieder unsere ehrenamtlichen Funktionsträger im Nacken sitzen, wo viele (nicht alle) nur an eins denken: möglichst viele Stimmen beim nächsten Verbandstag zu bekommen um dann die Chance zu haben bei einer DM oder höheren Meisterschaften im VIP-Bereich sitzen zu dürfen. Und da nunmal die Basis diese Entscheidungsträger wählt, die wiederum dem Leistungssport Vorschriften machen, dreht sich das Karusell im Kreis. Da beisst Du als Trainer auf Granit.
Ich kenne viele Kollegen, die schauen wie eine Leistung zustande kommt oder versuchen es zumnidest. Frage ist auch hier, kommst Du an verlässliche Angaben zum Training? Wer führt denn ein Trainingstagebuch in der Leichtathletik (beim Tischtennis z.B. absolute Pflicht auf Landeskaderniveau und wird auch gemacht). Aber dann geht es immer los, der Vater kennt noch den und hier den Heimtrainer darf man nicht verprellen, der macht das schon 40 Jahre. 
Ich kenne Athleten aus dem Hürdenkader, die liefen beim Landestrainer das erste mal in ihrem leben mit dem schwächeren bein zuerst über die Hürde. Grundlagentraining wo warst du bitte die letzten Jahre...?


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - omega - 01.09.2016

(31.08.2016, 21:00)eierluke schrieb: Es geht auch nicht um behutsame Entwicklung etc.: 400m ist eine brutal fordernde Disziplin und hat den früheste Leistungszenit aller Disziplinen (19 - 24 Jahre danach gehts bergab).
(Kaum Ausnahmen bis auf M.Johnson und Doper L.Merritt).
Ich denke dieses Alter des Zenits ist aber nicht naturgegeben. Es hängt u.a. davon ab, ob jemand gleich 400m läuft oder Umsteiger vom Kurzsprint ist. Im Kurzsprint erreichen z.Zt. national wie international viele ihren Zenit erst mit Ende 20. A.Gladitz z.B. hat denke ich schon noch einige Jahre Zeit seine 400m-Zeit zu verbessern, wenn er sich seine Kurzsprintfähigkeit erhält.


RE: Was tut der DLV gegen die schlechten 400m-Leistungen? - eierluke - 01.09.2016

Gladitz ist der (einzige) Hoffnungsträger. 20,64 über 200m bedeutet, dass er die nötige Grundschnelligkeit mitbringt und er ist erst 21 jahre alt.
Bezgl. des Alters für 400m: top 10 in diesem Jahr in der Welt (bis 44,46).
Deren Alter ist: 24, 23, 30, 20, 19, 26, 18, 21, 24 und 20 Jahre = 22,5 im Schnitt

Aufffällig ist, dass die 400 schon immer eine Disziplin waren in der sich niemand lange oben halten konnte (Ausnahme, wie gesagt M.Johnson und Doper L.Merritt)
Man denke nur an die kurzen Blütephasen ehemaliger Olympiasieger/ Weltmeister: S.Lewis, Q.Watts und J.Wariner