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Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - Druckversion

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RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - icheinfachma - 28.05.2016

Das ist mir durchaus aufgefallen.

Nur kann es eben sein, dass ein Sprinter, der sich etwas zu flach abstößt im Hinterstütz, adurch zu viel horizontale und zu wenig vertikale Kräfte erzeugt, sodass es zu einer zu flachen Flugkurve kommt. Eine geringere Flughöhe bedeutet, dass man auch eher wieder auf dem Boden gelandet ist, noch bevor man Gelegenheit hat, das Bein unter den Körper zu ziehen. Man landet dann weit vor dem KSP und erzeugt größere horizontale Bremskräfte. So hat man die vermehrten hor. Kräfte im Hinterstütz durch vermehrte Bremskräfte im VS ausgeglichen und ncihts dazugewonnen, sondern sogar an vertikalen Kräften verloren, weil man das, was man im HS u. VS auf die hor. Kräfte draufpackt von den vertikalen Kräften abgezogen werden muss.

Die zweite Variante ist, dass das frühe und weite Auspendeln, wie du vorschlugst, das Pendel des Beines in der vorderen Schwungphase verlängert und dadurch die Hüftstreckung vor Bodenkontakt verlangsamt, sodass er aus diesem Grund nciht schafft, das Bein weiter unter den KSP zu ziehen. Die Folge ist, dass er durch einen adäquat verstärkten Hinterstütz diese Bremswirkung ausgleichen muss. Natürlich geht das auch hier wieder von den vertikalen Kräften ab.

Wie gesagt - man kann nicht ohne weiteres sagen, was Folge und was Ursache ist, weil sich ein Kreislauf ergibt. Für erstere Variante spricht, dass die dt. Sprinter lange Zeit gelehrt wurdne, sich kräftig nach hinten abzudrücken, vllt. ist das noch geringfügig drin bei ihm. Für die andere Variante könnte sprechen, dass eine Sprinttechnik mit betonten frontside mechanics in Deutschland noch nicht so lange gelehrt wird und dadurch noch eine gewisse Unfähigkeit herrscht, diese korrekt zu lehren.

Mir stößt eher die große Kniebeugung in der Stützphase auf, das könnte ebenfalls ein Automatismus aus Zeiten sein, in denen "pushing mechanics" in Deutschland gelehrt wurden.

Eine andere Frage ist auch, ob die Technikfehler sich vllt. nicht durch Technik-, sondern durch Krafttraining erklären lassen, das zu automatisierten Bewegungsmustern geführt hat.


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - runny - 28.05.2016

Ihr vergleicht hier Bilder von Personen mit einem Größenunterschied von 20cm... Dodgy Schaut euch doch mal bitte Sequenzen von Greene im Vergleich zu Reus an.

Und fast genauso schlecht und nicht aussagekräftig sind Aufnahmen in einem 60m Rennen für den Fliegenden Bereich.
Passende Seitenaufnahmen habe ich spontan auch nicht zur Hand, aber aus unpassenden Aufnahmen falsch Rückschlüsse ziehen sollte man auf keinen Fall!

Reus Technik am Start halte ich für optimal und in keinster Weise verbesserungsbedürftig. Fliegend gab es die letzten Jahre bei ihm immer wieder sehr unterschiedliche Rennen in Abhängigkeit davon, ob er locker bleibt oder nicht.


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - icheinfachma - 28.05.2016

Es kommt auf die Proportionen an, nicht auf die Körpergröße.

Du hättest also schreiben müssen: Wir vergleichen einen stämmigen Sprinter, der aufgrund seiner hohen Kraft größere Schrittfrequenzen zu erreichen und eine größere relative Schrittlänge erreichen kann mit einem schlankeren Sprinter, der aufgrund seiner geringeren Relativkraft geringere Schrittfrequenzen aufweist, jedoch vermutlich aufgrund einer besonders kräftigen Beckenbewegung dennoch eine gute relative Schrittlänge aufweist.

Ein Sprinter mit einer größeren relativen Kraft sollte sogar in der Lage sein, noch dichter an seine KSP zu landen und einen noch kürzeren Hinterstütz zu haben, insofern ist der Vergleich schon gerechtfertigt. Auch die Beckenstellung hat nichts mit der Größe zu tun.

Außerdem haben wir Reus auch mit Blake verglichen.


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - runny - 28.05.2016

Hier wurden Äpfel mit Birnen verglichen - viel mehr wollte ich mit meinem Post garnicht darstellen, da gibts du mir ja offensichtlich recht. Du hast noch am detailliertesten die Unterschiede herausgearbeitet aber muffman's Schlussfolgerungen kann ich so bisher nicht folgen.


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - Gertrud - 28.05.2016

(28.05.2016, 12:08)runny schrieb: Ihr vergleicht hier Bilder von Personen mit einem Größenunterschied von 20cm... Dodgy Schaut euch doch mal bitte Sequenzen von Greene im Vergleich zu Reus an.

Und fast genauso schlecht und nicht aussagekräftig sind Aufnahmen in einem 60m Rennen für den Fliegenden Bereich.
Passende Seitenaufnahmen habe ich spontan auch nicht zur Hand, aber aus unpassenden Aufnahmen falsch Rückschlüsse ziehen sollte man auf keinen Fall!

Reus Technik am Start halte ich für optimal und in keinster Weise verbesserungsbedürftig. Fliegend gab es die letzten Jahre bei ihm immer wieder sehr unterschiedliche Rennen in Abhängigkeit davon, ob er locker bleibt oder nicht.


Der Grundfehler liegt schon in dem Artikel auf Leichtathletiktraining, die Techniken im 60m-Sprint als aussagekräftig für Europas Elitecheck zu verwenden. Da gebe ich Ihnen recht. In dem Artikel werden bei beiden Athleten und bei Reus die Schrittlängenorientierung hervorgerufen. 

Bolts Art und Weise der enormen Schrittlänge in Verbindung mit einer geringeren vertikalen Stiffness ist neu und widerspricht den früheren Vorstellungen. Hier würde mich biomechanisch ein individuelles Optimum interessieren.

Gertrud


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - Gertrud - 28.05.2016

(27.05.2016, 19:54)icheinfachma schrieb: Weltklassesprinter, die näher als Reus an ihrem KSP landen (z.B. Powell, FloJo, Jeter), haben auch einen Hinterstütz der weniger weit vom KSP entfernt endet. Sprinter, die vergleichbar weit vor ihrem KSP landen (z.B. Bolt), haben auch einen Hinterstütz, der weiter entfernt vom KSP endet. Hier gilt es zu bedenken, dass es sich um Nuancen handelt. Bolt hat dadurch natürlich eine geringere Schrittfrequenz, die er durch größere Schrittlängen ausgleichen kann, Reus kann das nciht. Overstriding und zu starker Hinterstütz halten sich immer in Waage, solange die Geschwindigkeit konstant ist.

Bolt hat eine geringere Schrittfrequenz und eine geringere vertikale Stiffness (!!!) und eine größere Bewegung des KSP im Auf und Ab. Es ist schon ein Auffassungswandel im Gange, dass eben eine längere Bodenkontaktzeit auch eine höhere Energiespeicherung für den Release beinhalten kann und damit den Körper weiter nach vorne bewegt. Man ordnet jetzt auf einmal dieser größeren KSP-Bewegung eine größere Effizienz zu. Durch seine größeren Hebel hat er bei denselben Winkeln einen größeren Weg auf den einzelnen Abschnitten, also auf des KSP.

Gertrud


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - icheinfachma - 28.05.2016

(28.05.2016, 14:39)Gertrud schrieb: Es ist schon ein Auffassungswandel im Gange, dass eben eine längere Bodenkontaktzeit auch eine höhere Energiespeicherung für den Release beinhalten kann und damit den Körper weiter nach vorne bewegt. Man ordnet jetzt auf einmal dieser größeren KSP-Bewegung eine größere Effizienz zu.

Gertrud

Es entspricht weder der Trainingspraxis in den USA, noch macht es biomechanisch Sinn, die Bodenkontakzeiten zu verlängern. Jeder, der Sprint und Horizontalsprünge in ihrer Mechanik erfasst hat, weiß das. Usain Bolt läuft mit relativ niedrigfrequenten Schritten, weil er es nicht anders kann.


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - Gertrud - 28.05.2016

(28.05.2016, 15:01)icheinfachma schrieb:
(28.05.2016, 14:39)Gertrud schrieb: Es ist schon ein Auffassungswandel im Gange, dass eben eine längere Bodenkontaktzeit auch eine höhere Energiespeicherung für den Release beinhalten kann und damit den Körper weiter nach vorne bewegt. Man ordnet jetzt auf einmal dieser größeren KSP-Bewegung eine größere Effizienz zu.

Gertrud

Es entspricht weder der Trainingspraxis in den USA, noch macht es biomechanisch Sinn, die Bodenkontakzeiten zu verlängern. Jeder, der Sprint und Horizontalsprünge in ihrer Mechanik erfasst hat, weiß das. Usain Bolt läuft mit relativ niedrigfrequenten Schritten, weil er es nicht anders kann.

Das haben Biomechaniker anhand von Video-Teilzeitmessungen bei den WM 2009 erstellt und Sportmediziner bestätigt. 

Gertrud


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - icheinfachma - 28.05.2016

Da würde mich dann die Quelle interessieren.

Ich glaube es nach wie vor nicht, denn es handelt sich nunmal um biomechanische Gesetze, die nunmal nicht neu erfunden werden, sondern auf der Newton'schen Mechanik basieren. Man hat auch zu FloJos Zeiten schonmal in der DDR versucht, deren langschrittigen Laufstil zu kopieren und ist daran gescheitert. Die Technik hängt vom Sprinter und seinen Voraussetzungen ab und man kann nicht Bolt mit seinem speziellen Körperbau als Maßstab für alle Sprinter heranziehen. Es gibt auch andere sehr gute Sprinter wie z.B. Shelly-Ann Fraser-Pryce, die ganz anders laufen.


RE: Eklatante technische Defizite deutscher Topsprinter - Gertrud - 28.05.2016

(28.05.2016, 16:38)icheinfachma schrieb: Da würde mich dann die Quelle interessieren.

Ich glaube es nach wie vor nicht, denn es handelt sich nunmal um biomechanische Gesetze, die nunmal nicht neu erfunden werden, sondern auf der Newton'schen Mechanik basieren. Man hat auch zu FloJos Zeiten schonmal in der DDR versucht, deren langschrittigen Laufstil zu kopieren und ist daran gescheitert. Die Technik hängt vom Sprinter und seinen Voraussetzungen ab und man kann nicht Bolt mit seinem speziellen Körperbau als Maßstab für alle Sprinter heranziehen. Es gibt auch andere sehr gute Sprinter wie z.B. Shelly-Ann Fraser-Pryce, die ganz anders laufen.

Reus soll auch schrittlängenorientiert sein - laut Ronald Stein in Leichtathletiktraining.

Gertrud