Leichtathletikforum.com
DVZ und Reaktivkraft - Druckversion

+- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com)
+-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1)
+--- Forum: Training im Spiegel der Sportwissenschaft (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=21)
+--- Thema: DVZ und Reaktivkraft (/showthread.php?tid=948)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9


RE: DVZ und Reaktivkraft - La Vicu - 02.05.2015

(02.05.2015, 13:17)MZPTLK schrieb:
(02.05.2015, 12:40)La Vicu schrieb: Mit der treffsicheren Vorplanung beziehe ich mich ausschließlich auf die Innervierung durch die Koordinationszentren, also nicht auf eine antizipationelle Vorplanung durch das Bewusstsein, weil ich der Meinung bin: Je mehr das Bewusstsein versucht, in die Bewegungsabläufe einzugreifen und willkürlich (im Sinne „durch den Willen“) zu steuern und zu korrigieren, desto mehr geht die ökonomische und somit effektive Bewegungsweise flöten.
[...]
Wenn „Kunst“ heißt: Unbewusstes, spontan abgerufenes Können: Einverstanden!
Wenn „Kunst“ heißt: Bewusstes planerisches Gestalten: Abgelehnt!


Das Bewusstsein muss schon dabei sein,
sowohl als Planer der Bewegung wie als Korrektor.
Ohne dem geht es nicht im motorischen Lernprozess.
Du hast aber insofern recht, als es theoretisch, in der Endkonsequenz,
in der Automatisierungs- und Perfektionsphase obsolet und störend wäre.

Es ist auch die Kunst, zu dissoziieren:
Einerseits nicht an zuviel zu intensiv denken,
andererseits eine 'innere Antenne' eingeschaltet lassen,
um durch das Feedback korrigieren zu können.

Die Kunst ist sowohl der Weg wie auch das Ziel.
In der Praxis bewegen wir uns fast immer,
auch bei hohem Niveau,
auf dem Weg zur perfekten Bewegung, dem Ziel.

Ich hatte dazu ausführlicher im Thread: 'Gefühltes Hammerwerfen' geschrieben.

Ich weiss nicht, wieviel Bewegungserfahrung auf welchem Level Du hast.
Eine perfekte Bewegung heute kann morgen in die Hose gehen(andere äussere Bedingungen, etc.).

Im Prinzip einverstanden.
Aber man sollte deutlich unterscheiden zwischen motorischen Grundmustern wie Gehen, Laufen, auch schnelles Laufen und Sprinten, deren Steuerungsprogramme in den Basalganglien des Hirns – unerreichbar für Veränderungen durch Lernvorgänge - angelegt sind, und denjenigen Bewegungsmustern, die von der Evolution für den Menschen nicht im angeborenen Bewegungsvolumen vorgesehen sind, wie beispielsweise Schreiben, Häkeln und Hammerwerfen, für deren bewusstseinspflichtigen Erwerb die Evolution dem Menschen ein entsprechendes Großhirn und für deren Programmspeicherung das „Neocerebellum“ (übersetzbar mit Neukleinhirn) beschert hat.

p.s.: Für diejenigen, die für solche Aussagen Quellen verlangen: Alle Schriften des australischen Hirnforschers C.C. Eccles ab 1980 (z.B. Eccles, J.C.: Willkürmotorik. In: Popper, K.R. u. Eccles, J.C.: Das Ich und sein Gehirn. München 1982 oder KORNHUBER, H. H.: Cerebral cortex, cerebellum, and basal ganglia: an introduction to their motor functions. In: EVARTS, E. V. (Hrsg.): Central processing of sensory input leading to motor output. Cambridge 1975 oder Wiesendanger, M.: Organisation of secondary motor areas of cerebral cortex. In: BROOKS, V. B. (Hrsg.): Handbook of Physiology, Section 1, The nervous System. Vol. 12 American physiological society. Bethesda 1981…).


RE: DVZ und Reaktivkraft - MZPTLK - 02.05.2015

Super, ganz spannendes Thema!
Auch im Zusammenhang mit dem sogennannten 'LP' sehr wichtig.
Vielen Dank auch für die Literaturangaben, auch wenn sie mir zum Teil bekannt und nicht mehr so neu sind.
Sollten wir viellicht in einem anderen Thread vertiefen.


RE: DVZ und Reaktivkraft - La Vicu - 03.05.2015

Wenn ich mal annehme, dass sich dies auf meine Antwort vom 02.05., 22:20, bezieht: Ja , zugegeben, die Lit. ist älteren Datums, kennzeichnet aber die Phase, in der sich der entscheidende Wandel in der Beurteilung der Bedeutung von pyramidalmotorischem (angeblich bewusste Bewegungssteuerung) und extrapyramidalmotorischem System (angeblich unbewusste Bewegungssteuerung) vollzog, wobei sich – so weit ich das verfolgt habe – danach kein Paradigmenwechsel mehr vollzogen hat.

p.s.: Ist das „Lombardsche Paradoxon“ schon so weit in die LA-Trainingslehre integriert, dass sich dafür schon eine Abkürzung (LP) eingebürgert hat?


RE: DVZ und Reaktivkraft - MZPTLK - 03.05.2015

(03.05.2015, 09:15)La Vicu schrieb: Wenn ich mal annehme, dass sich dies auf meine Antwort vom 02.05., 22:20, bezieht: Ja , zugegeben, die Lit. ist älteren Datums, kennzeichnet aber die Phase, in der sich der entscheidende Wandel in der Beurteilung der Bedeutung von pyramidalmotorischem (angeblich bewusste Bewegungssteuerung) und extrapyramidalmotorischem System (angeblich unbewusste Bewegungssteuerung) vollzog, wobei sich – so weit ich das verfolgt habe – danach kein Paradigmenwechsel mehr vollzogen hat.

p.s.: Ist das „Lombardsche Paradoxon“ schon so weit in die LA-Trainingslehre integriert, dass sich dafür schon eine Abkürzung (LP) eingebürgert hat?
Keine Ahnung, die letzte Fortbildungsmassnahme habe ich vor etwa 30,35 Jahren gemacht.
Ich habe einfach mal mit der 'Einbürgerung' 'LP' begonnen, mal sehen, wieviele Fans das findet...
Manchmal habe ich in Fachpublikationen geschmökert, wenn ich mal Lust hatte.
Das Meiste bringt aber die Eigenrealisation aufm Platz und der Erfahrungsaustausch mit sehr guten Trainern und Athleten.
Paradigmenwechsel finde ich meistens kindisch.
Und eine strikte Trennung bewusste/unbewusste Bewegungssteuerrung halte ich für nicht sachgerecht und methodisch für einschränkend oder sogar falsch.
Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man zumindest im Wurfbereich Bewegungsmuster noch im fortgeschrittenen Alter 'aufbrechen' oder beträchtlich modifizieren kann.
Man muss dann alles auf Null stellen und neu aufbauen.
Es geht. Nicht immer so gut, aber mehr und besser, als viele annehmen.