Markus Rehm: Bringt die Prothese Vorteile gegenüber nicht behinderten Athleten? - Druckversion +- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com) +-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Leichtathletik allgemein (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=2) +--- Thema: Markus Rehm: Bringt die Prothese Vorteile gegenüber nicht behinderten Athleten? (/showthread.php?tid=416) |
RE: Markus Rehm 8,24m: NEU : Titel wird nicht aberkannt ! - Javeling - 04.11.2014 Zitat:Die Regel 144.3c - Nationale Bestimmung DLV - lautet:Was sagt uns die neue Regel ? Ein LA-Sportgerät muss "....vollständig den IAAF- Bestimmungen entsprechen. Nur solche Wettkampfgeräte (das ist ja auch eine Weitsprungprothese - abweichend von einer 'normalen Prothese' -) dürfen benutzt werden, die ein gültiges IAAF-Anerkennungszertifikat haben." Obiges Zitat ist nicht neu : Aus der IWR -Regel 187.1 Auch nicht neu, dass alle LA-Sportgeräte vor der Wettkampfveranstaltung geprüft und markiert werden müssen. Das heißt, dass auch das 'Sportgerät' Weitsprungprothese geprüft werden muss. Da diese Prüfung beim Athleten Rehm nicht durchgeführt wurde, durfte er sein (selbstgebasteltes) Gerät nicht benutzen. Beispiel : Speer. Wird das Gerät nicht geprüft und markiert, so könnte ein Athlet mit dem 'alten' - nicht zugelassenen - Speer eine z.B. "Titel-Leistung" erzielen, die ungültig ist. Wird im Nachhinein festgestellt, dass hier ein Regelverstoß vorliegt, so wird der Titel aberkannt/muss aberkannt werden ! Es geht hier nicht um einen Teilnehmer /eine Teilnehmerin, sondern nur um Sportgeräte, die den IAAF-Bestimmungen entsprechen. Das war bei M. Rehm mit seinem 'Sportgerät' nicht der Fall. Wenn nun bei Deutschen Meisterschaften der 'Nichtbehinderten' auch die Teilnahme der 'Behinderten' gestattet ist, so frage ich mich, ob dieses künftige Nebeneinander mit verschiedener Wertung irgendwas bringt. Es ist doch nichts anderes, als zwei parallel stattfindende Wettkämpfe - die an wieviel Tagen eigentlich stattfinden sollen ? -, die noch für die Organisatoren (aber auch TV-Übertragungen) viele Fragen offen lässt. Heinz Engels, Mainz RE: Markus Rehm 8,24m: Bringt die Prothese Vorteile gegenüber nicht behinderten Athleten? - RalfM - 04.11.2014 Ich finde parallele Wettbewerbe von behinderten und nichtbehinderten Leichtathleten auf ähnlichem absolutem Leistungsniveau sehr schön, wünschenswert in jeder Hinsicht, und attraktiv für das Publikum. Die Trennung zwischen menschlichen Füßen und Katapult-Prothesen ist ganz offensichtlich nötig und sportlich fair. Dem Sport wird es im öffentlichen Ansehen trotzdem gut tun, beide Wettbewerbe gemeinsam zu veranstalten. Details der Ausführungsbestimmungen finden sich. Man muss keine Angst vor Dutzenden beinamputierter 8-Meter-Springer haben, so lange man keine Angst vor Hundertschaften unversehrter 8-Meter-Springer in Deutschland hat. Allerdings finde ich die Regel trotzdem falsch formuliert. Blinde Läufer haben durch ihre sehende Begleitung keinen Vorteil, nur einen abgemilderten Nachteil, der ihnen ermöglicht, bei all ihrer Behinderung überhaupt am Sport teilnehmen zu können. 2013 wurde die von Geburt an vollständig blinde Läuferin Regina Vollbrecht (geführt von mir) Deutsche Meisterin der W35 über 100 km. Die neue Regel nimmt ihr das Recht, als Behinderte gegen Nichtbehinderte anzutreten, obwohl sie die Herausforderung annehmen kann. Das ist Exklusion statt Inklusion und aus der Zeit gefallen. RE: Markus Rehm 8,24m: NEU : Titel wird nicht aberkannt ! - Javeling - 04.11.2014 Zitat:*Hier bin auch ich der Meinung, dass blinde TeilnehmerInnen eine Ausnahme sind, da sie keine 'technischen Vorrichtungen' benutzen, die einen Vorteil gegenüber anderen Wettkämpfern ermöglichen. Im Gegenteil, sie sind durch eine nicht 'normale Lauf-Bewegung' benachteiligt. Deshalb hier : Inklusion statt Exklusion ! Dissertation Sprinten mit Prothese - Gertrud - 24.03.2016 Hier gibt es eine sehr gute Dissertation über Sprint mit Prothesen: Characterisation of running specific prostheses and its effect on sprinting performance by Lara Grobler http://scholar.sun.ac.za/bitstream/handle/10019.1/98093/grobler_characterisation_2015.pdf?sequence=5&isAllowed=y Gertrud RE: Dissertation Sprinten mit Prothese - runny - 24.03.2016 Mal angelesen, danke fürs teilen - ist sehr interessant! RE: Dissertation Sprinten mit Prothese - RalfM - 24.03.2016 Danke, Gertrud! Heute morgen habe ich noch im Tagesspiegel gelesen, Markus Rehm würde eine Klage gegen den IAAF in Erwägung ziehen "wenn ich das Gefühl habe, respektlos behandelt und nicht ernst genommen zu werden." Das geht auf eine Meldung von Sport Bild zurück. In Frage steht natürlich nur sportliche Gerechtigkeit und nicht das persönliche Befinden Einzelner. Wissenschaftliche Betrachtung macht deutlich, dass Prothesensport und Unterschenkelsport der Unversehrten zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Niemand will sehen, dass Markus mit Sprungfeder im Olympischen Endpampf die 9-m-Grenze überspringt. Niemand will auch sehen, dass er aus Nachsicht schon bei 8,50 landet. Ich bin selbst engagiert in der Behindi-LA (das ist noch ein ganz anderes Kapitel). Ich bin stets ein Anwalt der LA im DBS (Deutscher Behindertensportverband). Aber die Grenzen müssen klar sein. Wenn eine Prothese sportlichen Vorteil gegenüber einem Körperteil bietet, dann ist kein gemeinsamer Wettbewerb möglich. RE: Dissertation Sprinten mit Prothese - Gertrud - 25.03.2016 Man kann in diesem Fall nicht mit Emotionen hantieren, sondern mit ganz klaren Beweisen und Strukturen, wobei der Bilanzkoeffizient ganz eindeutige Vorteile zugunsten der Prothesenträger herausstellt, wenn man mit einer wesentlich geringeren Anlaufgeschwindigkeit in der Lage ist, 8,50m zu springen. Gertrud RE: Dissertation Sprinten mit Prothese - MZPTLK - 29.03.2016 Das hatten wir schon eingehendst im entsprechenden Thread erörtert. Vielleicht noch was zur Veranschaulichung: Das Sprungbrett beim Pferdsprung(Turnen) dient als Katapult für eine höhere Abfluggeschwindigkeit und damit für eine längere Flugdauer, um in der Luft mehr Zeit für Rotationen zu gewinnen. Was ist anders bei Markus? Er hat das 'Sprungbrett' am Sprungbein. Der Effekt ist der gleiche. edit mod: die letzten fünf Beiträge mit dem alten Thread zusammengefügt RE: Markus Rehm: Bringt die Prothese Vorteile gegenüber nicht behinderten Athleten? - Gertrud - 07.04.2016 "Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat eine Arbeitsgruppe gegründet, welche die Verwendung von Prothesen, speziell im Weitsprung, genauer untersuchen soll. Die Gruppe unter dem Vorsitz von IAAF-Generalsekretär Jean Gracia trifft sich erstmals am 20. April in Monaco. Neben Garcia zählen Vertreter des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (Vadim Nigmatov), des DLV (Gerhard Janetzky), des Internationalen Paralympischen Komitees (Ryan Montgomery), der IAAF-Athletenkommission (Rozle Prezelj) und drei IAAF-Experten (Pierre-Yves Garnier, Huw Roberts, Imre Matrahazi) zur Arbeitsgruppe. Weltrekordler Markus Rehm (TSV Bayer 04 Leverkusen) kämpft um einen Doppelstart sowohl bei den Olympischen Spielen als auch den Paralympics in Rio de Janeiro. Nach den neuen IAAF-Regeln muss er aber selbst nachweisen, dass ihm seine Karbonprothese keinen Vorteil bringt. Rehm ist dazu auch bereit und strebt seit Langem ein umfassendes Gutachten an. Das ist aber sehr teuer. Zuletzt hatte er eine Hinhaltetaktik des Weltverbandes beklagt." "Herr Janetzky ist als Präsident des Berliner Leichtathletik-Verbandes, als Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft Berlin und als ISTAF-Meetingdirektor mit allen Facetten der Leichtathletik vertraut und in besonderer Weise im Bereich der Inklusion engagiert." Ganz entscheidend ist meiner Ansicht nach der biomechanische exakte Vergleich mittels des Bilanzkoeffizienten. Als Vertreter des Verbandes hätte ich Eberhard Nixdorf empfohlen, der wie kaum eine zweite Person über enorme Daten verfügt und sicherlich auch im Falle Rehm sehr fundiert Stellung beziehen kann. Alle anderen Argumente gehen mehr in die emotionale Ecke, die hier unangebracht ist. Gertrud RE: Markus Rehm: Bringt die Prothese Vorteile gegenüber nicht behinderten Athleten? - MZPTLK - 07.04.2016 Dann mal ein ganz einfaches Argument: US-Amputierte springen mit ganz unterschiedlichen Prothesen, auch solchen, die im Verhältnis zum natürlichen Bein nachteilig sind. Kriegen die dann einen Bonus, weil sie keine High-Tech-EM/UM zur Verfügung haben? Die Diskussion geht in die falsche Richtung. Wenn wir so anfangen, dass jeder Einzelfall umfänglich und aufwändig geprüft werden soll, dann gute Nacht. Alle naselang kommen Leute mit verbesserten EM/UM um die Ecke, und die Diskussionen nehmen nie ein Ende. |