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DVZ und Reaktivkraft - Druckversion

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RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - MZPTLK - 29.04.2015

(29.04.2015, 13:17)W. Kronhard schrieb: Je weniger man im Sprint hochspringt, desto effektiver ist der Sprint. (Horizontalmechanix und nix Vertikalmechanix)
Die Frage soll sich stellen:  Wie spezifisch genug Sprungübungen für den Sprintablauf sind?
Das die allgemein für das Training der Bewegungszentren im Koppe gut sind ist klar.
Horizontal Mechanics.Fahne
Dann sind wir schon Zwei, die das so sehen.
Ich dachte schon, ich muss mir hier den Mund fusselig reden.
Und im Gegensatz zu Seagrave bin ich der Meinung,
dass die Arme sehr wohl mehr in diese Richtung helfen können.

Laufsprünge sind sprintspezifischer als Sprungläufe.

In dem Zusammenhang muss ich wieder Justin Gatlin loben.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - W. Kronhard - 29.04.2015

(29.04.2015, 07:46)Gertrud schrieb: Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus

Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) beschreibt den zusammenhängenden Ablauf von exzentrischer Arbeit (z.B. Auftreffen Fuß auf Boden: Speicherung der kinetischen Energie in der Sehne, Kontraktion bleibt erhalten) und der folgenden, explosiven konzentrischen Phase (schneller Abdruck des Fußes: Freisetzung der Energie, Verkürzung der Sehne, explosiver Kraftstoß). Dieser komplexe Ablauf kommt in einer minimalen Zeit, die durch die Stützzeit (z.B. Fuß) limitiert ist, zum Tragen. Diese Stützzeit liegt im Bereich von 100-200ms. Der DVZ ist für das Plyometrische Training ganz entscheidend. siehe auch: 
Ploymetrie
 
Plyometrie

auch: Reaktivkraft
Plometrisches Training ist eine hochintenisve Form des Trainings und findet generell Anwendung in der Entwicklung der Explosivität, der Flexibilität und im sportartspezifischem Training. Alle Formen von Sprüngen und reaktiven Bewegungsabläufen (z.B. Liegestütz abdrücken-auffangen-abdrücken) mit oder ohne Zusatzgewicht trainieren die Plyometrie oder Reaktivkraft. Die häufigste Anwendung sind Übungen zur Sprungkraft mit kurzer oder langsamer Antwort auf die Kraftwirkung. Das grundlegende Prinzip des Plyometrischen Trainings besteht darin, den 
Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus der Muskel-Sehneneinheit (MSE) zu trainieren. Die gewonnene verbesserte Elastizität und schnellere Antwort (gesteuert durch Rezeptoren in der MSE) sorgt für eine bessere Energiespeicherung und -freigabe. Somit lässt sich ein deutlicher Gewinn an Sprungkraft bzw. Explosivität erzielen. Plyometrische Übungen erfordern aber ein hohes Maß an Koordination und auch Kraft, so dass sie erst im Fortgeschrittenentraining Anwendung finden sollten!

bei sportpabst

Gertrud

Wäre nicht menschlicher beim Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus einfache hübsche Wörter "Abfederung mit Rückantwort" zu benutzen? Oder ist das nicht wissenschaftlich genug? In der Abfederung sind dann alle bekannte oder auch unbekannte Prozesse drin, nich?

Reaktivkraft, (gleich Plyometrie) bedeutet ja nichts anderes als eine Antwort (Re) auf eine aktive Kraft, die davor eingewirkt hat. 
Daher ist die Einwirkung-Antwortaktivität der Muskel-Sehneneinheit in der Vertikalen (re) Antwort deutlich höher als in der Horizontalen, oder gleitenden (streifenden) Einwirkung.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - La Vicu - 29.04.2015

@ icheinfachma

Insgesamt bin ich sehr erfreut, in diesem Forum Diskutanten gefunden zu haben, mit denen man auch schwierigere Fragen zur Motorik und Biomechanik allgemein und über Muskelfunktionen im Besonderen besprechen kann. Inzwischen werden die Verständnisprobleme aber größer, insbesondere deshalb, weil manche der von uns verwendeten Fachtermini nicht inhaltlich übereinstimmend benutzt werden.
Beispiel “Ruheinnervation“. Der Begriff allein ist schon ein Widerspruch in sich (Oxymoron). Entweder befindet sich eine Muskelfaser in Ruhe, weil sie nicht durch Nervenimpulse (Alpha-Innervation) angeregt wird (dann entwickelt sie keine Kontraktionsspannung), oder sie erfährt eine Innervation (dann entwickelt sie je nach Frequenz der Erregung unterschiedlich starke Kontraktionsspannungen).
 
Um jedoch sicher zugehen, habe ich zuerst in einigen der mir vorliegenden Lehrbüchern nachgesehen:
Hollmann / Strüder: Sportmedizin, Stuttgart u.a. 2009
Schmidt / Thews / Lang: Physiologie des Menschen, Berlin u.a. 2000
Kandel / Schwarz / Jessel: Neurowissensachaften, Heidelberg u.a. 1995
Birbaumer / Schmidt: Biologische Psychologie, Heidelberg u.a. 1999
Nicholls / Martin / Wallace: Vom Neuron zum Gehirn, Stuttgart u.a. 1995
 
In all diesen Lehrbüchern ist der Begriff "Ruheinnervation" nicht existent, auch nicht in irgendeiner gleichbedeutenden Variation.
 
Wenn ich dann aber bei Google „Ruheinnervation“ als Suchbegriff eingebe, bekomme ich 10 und mehr Treffer. Dabei handelt es sich um
 - medizinische oder  biologische Lehrbücher, ausnahmslos erschienen zwischen 1928 und 1966,
 - einer mehrfach genannten Germanischen Heilkunde aus dem Vermächtnis von R.G. Hamer,
 - leichtathletikforum.com
 
Was soll ich daraus schlussfolgern? Kann es sein, dass die seit Ende der 60er Jahre stattgefundene Revision der Muskelfunktion und Muskelphysiologie irgendwo noch nicht angekommen ist? Kann es sein, dass Trainingsplanungen immer noch auf dem Kenntnisstand der 50er und 60er Jahre aufbauen? Kann es sein, dass die ständige mal mehr oder weniger intensive Gamma-Innervation der intrafusalen Fasern mit einer Innervation des Muskels (der Arbeitsmuskelfasern) verwechselt wird?
Im Übrigen ist auch Dr. P. Wastl nicht die Adresse, bei er ich mich über biologische Sachverhalte informieren würde.


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - W. Kronhard - 29.04.2015

(29.04.2015, 13:29)MZPTLK schrieb: Horizontal Mechanics.Fahne
Dann sind wir schon Zwei, die das so sehen.
Ich dachte schon, ich muss mir hier den Mund fusselig reden.
Und im Gegensatz zu Seagrave bin ich der Meinung,
dass die Arme sehr wohl mehr in diese Richtung helfen können.

Laufsprünge sind sprintspezifischer als Sprungläufe.

In dem Zusammenhang muss ich wieder Justin Gatlin loben.

Sehr witzig-interessant!!! Ich habe immer bis heute die zwei Begriffe verwechselt. Wurde belächelt und immer von Laufsprünge auf Sprungläufe korrigiert. Ich sagte immer Laufsprünge. 
Das  hat mit der Zweisprachigkeit zu tun. Im Russischen heisst es: Sprünge in der Schrittform. (direkt übersetzt wäre: Sprünge im Schritt. Aber dabei stellt man sich in Deutsch was anderes vor.) 

Aber dir, mein lieber MiZiPiTiLiK (ggg, so kann man das besser aussprechen) wollte ich aus meinen komischen Experimenten zu dem eigentlichen Thema was verraten: 
Habe mal vor Jahrzehnten einen Sportler in eine komische selbstgebastelte Konstruktion gesteckt, die besonders auf die Aktivität der Ischios beim Laufversuch gewirkt hat. Das Ergebnis war verblüffend wie in einem Paradoxon: Er konnte nicht richtig laufen. 
Daraus habe ich gelernt: Nur in einer harmonischen Zusammenarbeit mit anderen Muskeln können die Ichios nützlich und effektiv beim Rückzug (so genannt ist es auch kein Paradoxon) des Knies im Sprint sein. 


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - MZPTLK - 29.04.2015

(29.04.2015, 14:17)W. Kronhard schrieb: Habe mal vor Jahrzehnten einen Sportler in eine komische selbstgebastelte Konstruktion gesteckt, die besonders auf die Aktivität der Ischios beim Laufversuch gewirkt hat. Das Ergebnis war verblüffend wie in einem Paradoxon: Er konnte nicht richtig laufen.
Was war das denn für eine Höllenmaschine?


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - W. Kronhard - 29.04.2015

(29.04.2015, 13:54)La Vicu schrieb: @ icheinfachma

Inzwischen werden die Verständnisprobleme aber größer, insbesondere deshalb, weil manche der von uns verwendeten Fachtermini nicht inhaltlich übereinstimmend benutzt werden.
Beispiel “Ruheinnervation“. Der Begriff allein ist schon ein Widerspruch in sich (Oxymoron). Entweder befindet sich eine Muskelfaser in Ruhe, weil sie nicht durch Nervenimpulse (Alpha-Innervation) angeregt wird (dann entwickelt sie keine Kontraktionsspannung), oder sie erfährt eine Innervation (dann entwickelt sie je nach Frequenz der Erregung unterschiedlich starke Kontraktionsspannungen).

Das ist leicht zu erklären: 
Dafür ist der Fachbegriff Tonus gut. 
Einfach erklärt ist Tonus nichts anderes als: Leichte nicht zu Bewegung führende ständige Innervation des Gewebes für die Formerhaltung (Ruhetonus). 
Ohne Tonus wären wir im Schlaf nur eine hässliche Fleischmasse. Erst Ruhetonus macht uns zum schlafenden Menschen.

Einfacher geht es nicht mehr.

So sieht man wie degradiert die moderne Physiologie zurzeit (auch nach deinen Angaben zu sehen) ist


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - ThomZach - 29.04.2015

(29.04.2015, 13:54)La Vicu schrieb: @ icheinfachma: Insgesamt bin ich sehr erfreut, in diesem Forum Diskutanten gefunden zu haben, mit denen man auch schwierigere Fragen zur Motorik und Biomechanik allgemein und über Muskelfunktionen im Besonderen besprechen kann....
Hi mein Lieber. Eine Antwort auf meine Fragen war das nun aber noch nicht. Brennt mir aber unter den Nägeln.
@Wladi e.a.: Ob Sprunglauf oder Laufsprünge - beides ist sowohl für Hochsprung wie für Sprint schädlich da untechnisch (technikwidrig).


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - ThomZach - 29.04.2015

Vicu e.a. Muss jede theoretische oder physiologische Neuentdeckung zu einer Veränderung der Trainingsmittel führen?
Das was irgendwann richtig war, wird ja nicht gleich falsch, nur weil man heute mehr drüber weiß. 
Daher noch mal die Frage: Ist Plyo als Fortschritt in der Trainingswissenschaft bewiesen? 
Gut. Selbst wenn. Ich würd's nicht glauben...DodgyWink


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - gera - 29.04.2015

Reaktivkräfte kann der Athlet wohl nur innerhalb einer Zeit bis max. 1/20 sec. nutzen.
Ist das nicht ein Argument gegen die Technik " Straddle " ?


RE: Lombardsches Paradoxon und Konsequenzen fürs Training - W. Kronhard - 29.04.2015

(29.04.2015, 15:19)gera schrieb: Reaktivkräfte kann der Athlet wohl nur innerhalb einer Zeit bis max. 1/20 sec. nutzen.
Ist das nicht ein Argument gegen die Technik " Straddle " ?

Für mich nicht!!!
Denn in dieser Ausführung wie bei Thomas gibt es Vorteile die den zusätzlichen Tütelkram wie zusätzliche Reaktivkraft nicht braucht.
Je besser die Umleitungsbewegung der Bewegungsrichtung, desto weniger entsteht davon Reaktivkraft.

Effektiver ist nur der Absprung, der bessere Differenz zwischen Anlaufgeschwindigkeit und Absprunggeschwindigkeit hat. Da war bislang Strddle-Strample, nach meinen Erkenntnissen, besser. Spricht das nicht für Flop-Potenzial?