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RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Robb - 30.08.2014 (30.08.2014, 13:42)Atanvarno schrieb:Der Vorsatz ist bei Betrug immer schwer nachzuweisen, deshalb wird er von Gerichten entsprechend bewertet. Deiner Logik nach sollte man Verbrechen, die schwer nachzuweisen sind, wie Bagatellen behandeln, das kann nicht der Weg sein. Wenn Doping eine Straftat wäre, würden Staatsanwaltschaften ermitteln, dann gäbe es ganz andere Möglichkeiten, die Hintergründe zu durchleuchten, z.B. Lieferanten/Lieferwege usw.(30.08.2014, 13:34)Robb schrieb: Warum nicht?Weil es unter Verzicht auf strict liability und Beweislastumkehr erheblich schwieriger wird, Schuld nachzuweisen. Es würde dann zu weniger Verurteilungen kommen, d.h. Du errreichst eher das Gegenteil von dem was Du willst. RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Hellmuth K l i m m e r - 30.08.2014 Die nie endende Diskussion um die Bestrafung von Dopern flackert (nicht nur hier im Forum) immer wieder auf, die Meinungen gehen von "mehr Toleranz!" bis "ins Gefängnis mit ihnen!". Es ist vielleicht gut sich die Meinung des 800-m-Weltrekordlers Wilson KIPKETER / Dän. in einem FAZ-Interview mit Michael Reinsch (21.8.08) ins Bewusstsein zu rufen: Frage: Sollen Sportverbände die Polizei einschalten? [...], Doper ins Gefängnis gehen? KIPKETER: Ja, es geht um Drogen.Wenn Athleten nicht verraten, woher sie ihre Dopingmittel haben, sollten sie ins Gefängnis. Zwei Jahre oder vier Jahre sind viel zu kurz. Ich bin für lebenslange Sperren für Doping." ("Ach, wäre das schön ..." - alist) Ich glaube schon immer, nur der lebenslange Ausschluss vom bezahlten Sport (schon beim ersten Vergehen) ist d a s Mittel das wirksam wäre. Und die Frage des sog. "Berufsverbotes"? Fast ein jeder/jede hat einen erlernten/studierten Beruf, den soll er/sie wieder aufnehmen. ![]() H. Klimmer / sen. RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Astra - 30.08.2014 (30.08.2014, 19:15)Atanvarno schrieb: Bist Du eigentlich nur deswegen so hart im Urteil, weil Du überzeugt bist, dass Powell, Gatlin, Merrit, Chambers, Gay et al. nach wie vor dopen (eine Überzeugung, die ich nicht bei allen teile), oder würdest Du tatsächlich j e d e s Dopingvergehen mit einer lebenslangen Meisterschaftssperre ahnden wollen, auch wenn der Athlet nach seiner Sperre clean ist? Ich denke auch, dass die Sportler noch mal eine Chance bekommen sollten, aber nicht zwei wie Gatlin, der seltsamerweise noch besser als vorher ist. Und ich bin sicher, dass ein großer Teil wieder dopt, denn sonst wären sie nicht auf dem gleichen Niveau wie vorher (oder das Doping hat garnichts gebracht). Das gilt für mich nicht nur für die Sprinter/innen sondern bes. auch für die osteuropäischen Werfer/innen. RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Pretender - 30.08.2014 (30.08.2014, 21:52)Astra schrieb:@Astra: DU sprichst mir aus der Seele!(30.08.2014, 19:15)Atanvarno schrieb: Bist Du eigentlich nur deswegen so hart im Urteil, weil Du überzeugt bist, dass Powell, Gatlin, Merrit, Chambers, Gay et al. nach wie vor dopen (eine Überzeugung, die ich nicht bei allen teile), oder würdest Du tatsächlich j e d e s Dopingvergehen mit einer lebenslangen Meisterschaftssperre ahnden wollen, auch wenn der Athlet nach seiner Sperre clean ist? RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Atanvarno - 30.08.2014 (30.08.2014, 21:01)Robb schrieb: Deiner Logik nach sollte man Verbrechen, die schwer nachzuweisen sind, wie Bagatellen behandeln, das kann nicht der Weg sein.Wo habe ich das gesagt???? Wenn Doping ein offizieller Straftatbestand wäre, sollte er mit der ganzen Härte des Gesetzes und allen Konsequenzen verfolgt werden - ist es aber nicht. Und einer der Gründe dafür ist, dass strict liability und Beweislastumkehr es der Sportgerichtsbarkeit ermöglichen schnell und einfach zu einer Verurteilung zu kommen. Das müsste man aufgeben, wenn man Doping als Straftat verfolgt. robb schrieb:Wenn Doping eine Straftat wäre, würden Staatsanwaltschaften ermitteln, dann gäbe es ganz andere Möglichkeiten, die Hintergründe zu durchleuchten, z.B. Lieferanten/Lieferwege usw.Ja. Dann gäbe es aber auch (wie jetzt schon für Gay) Kronzeugenregelungen, bei denen die Doper straffrei bleiben, wenn sie Hinterleute verpfeifen. Es gäbe Deals zu Gunsten des Angeklagten zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft bei unklarer Beweislage. Es gäbe mildernde Umstände. Es gäbe Verjährungsfristen und überlastete Gerichte. Die Whereabout-Regeln würden sicherlich auf den Prüfstand kommen, eventuell das komplette Kontrollsystem mit seinen massiven Eingriffen in die Privatsphäre und Selbstbestimmungsrechte des Athleten. Ich frage nochmal: wollen wir das wirklich oder ist das aktuelle System bei all seinen Unzulänglichkeiten nicht doch die bessere Lösung? RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Robb - 30.08.2014 Du zeichnest ein sehr einseitiges Bild. Alles, was du beschreibst, ist Teil unseres Strafrechts, warum sollen Betrüger im Sport anders behandelt werden als "normale" Verbrecher? Die Whereabout-Regeln können sowieso jeden Tag fallen, weil sie in Deutschland illiegal sind, sobald EIN Athlet dagegen klagt, sind sie Vergangenheit. Es kann nicht sein, dass der Kampf gegen Doping nur mit illegalen Mitteln zu bewerkstelligen ist. Und ja, ich will, dass Doping eine Straftat wird, eine Vorstrafe oder sogar Gefängnisstrafe hätte eine ganz andere Wirkung und Dimension als die aktuell fast schon lächerlich kurzen Sperren. Ein Doper, der sich durch sein Doping sechsstellige Summen erschleicht, wird maximal zwei Jahre gesperrt, ein Betrüger, der sechsstellige Summen erschleicht, landet für mehrere Jahre im Gefängnis, wo ist denn da die Relation? RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Atanvarno - 30.08.2014 (30.08.2014, 23:21)Robb schrieb: Du zeichnest ein sehr einseitiges Bild. Alles, was du beschreibst, ist Teil unseres Strafrechts, warum sollen Betrüger im Sport anders behandelt werden als "normale" Verbrecher?Wir blicken offensichtlich auf unterschiedliche Konsequenzen der Behandlung des Sportbetrugs als Straftat: Du erhoffst Dir härtere Strafen und dadurch eine größere Abschreckung. Ich befürchte langwierige Verfahren und weniger Verurteilungen. Wer Recht hat wird man erst sehen, wenn es tatsächlich so weit kommen sollte. RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Walker - 30.08.2014 (30.08.2014, 23:21)Robb schrieb: Ein Doper, der sich durch sein Doping sechsstellige Summen erschleicht, wird maximal zwei Jahre gesperrt, ein Betrüger, der sechsstellige Summen erschleicht, landet für mehrere Jahre im Gefängnis, wo ist denn da die Relation?Ich tendiere eher auch zu angemesseneren Strafen; zuvorderst wegen des verwehrten Ruhms und der monetären Einbußen der sauberen Konkurrenz. Wenn ich mir jedoch wieder den Fall Marion Jones in Erinnerung rufe, kann sie einem Leid tun. Vielleicht auch deswegen, weil ihre unsaubere Konkurrenz überwiegend -meine Einschätzung- ungeschoren davon kam. RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - lor-olli - 31.08.2014 Wir haben ein eigentlich logisches und vernünftiges System um mit Doping umgehen zu können - allein die praktische Umsetzung lässt die letzte Konsequenz vermissen. Wirklich lebenslange Strafen (Berufsverbote...) lassen wir nicht einmal Mördern angedeihen, die Verhältnismäßigkeit sollte gewahrt bleiben. Ein einmal angedachtes Ahndungssystem sollte aber einige Grundsätze bedienen: es muss transparent und konsequent bleiben (also eine Mindeststrafe enthalten, die eine echte Strafe darstellt und die zwingend eingehalten wird - zwei Jahre sind schon gerechtfertigt) und es sollte den Fall AUFKLÄREN, dazu gehören alle Fakten, Hintergründe und Hintermänner, welches natürlich der Mitarbeit der Bestraften Athleten bedarf… (volle Kooperation mit den Ermittlern gegen Strafnachlass / oder Verlängerung?) Tatsache ist, wir haben Mittel gegen Doping vorzugehen, Tatsache bleibt aber auch, dass wir das Problem Doping nicht einmal bei Androhung der Todesstrafe aus der Welt bekommen würden. Solange wir international keinen wirklichen Konsens erreichen (gleiche Maßnahmen zur Überprüfung, gleiche internationale Sperren, also keinen "halbjährigen Urlaub…") leben wir mit der Unzulänglichkeit. Das ist auch nicht ungewöhnlich wie Steuer- und Finanzbetrüger, Versicherungsbe"scheißer", bekannte Drogendealer und und und, die unter uns leben, belegen. Die emotionale Komponente darf hier keine Rolle spielen, denn auch Strafe ist nicht gerecht (einer betrügt ein einziges Mal und wird prompt erwischt, andere während der ganzen Karriere und verdienen am Ende noch mit ihren Memoiren, ohne je bestraft worden zu sein). Maß für die Bestrafung kann allenfalls sein, ob ein Athlet Reue zeigt und vollunmfänglich kooperiert, oder ob er laviert und trickst und nur das zugibt, was unvermeidbar bewiesen werden kann. Das Strafsystem muss so angewandt werden, dass das Risiko für die Hintermänner immens erhöht wird und die Strukturen hinter dem Doping nachhaltig gestört werden (vom "Austrocknen" träumen wohl nur die Blauäugigsten wenn man die Summen im professionellen Sport berücksichtigt. Die Gier ist die nachhaltigste Triebfeder der Betrüger) In vielen Lebensbereichen haben wir unseren Frieden mit der Ungerechtigkeit geschlossen (ungerechte Entlohnung, soziale Benachteiligung etc.), weil sie uns scheinbar nicht betrifft, aber im Sport sind wir, entweder als Beteiligte oder als Zuschauer, stärker emotional engagiert und fühlen uns viel intensiver "beschissen". Kann jeder gern mal für sich selbst Revue passieren lassen, weswegen ihm bestimmte Delikte mehr berühren als andere… RE: Startrecht verurteilter Dopingsünder - keine zweite Chance verdient? - Robb - 31.08.2014 (31.08.2014, 10:19)lor-olli schrieb: Wir haben ein eigentlich logisches und vernünftiges System um mit Doping umgehen zu können - allein die praktische Umsetzung lässt die letzte Konsequenz vermissen. Wirklich lebenslange Strafen (Berufsverbote...) lassen wir nicht einmal Mördern angedeihen, die Verhältnismäßigkeit sollte gewahrt bleiben.Das ist falsch, bei einigen Vorstrafen bist du auf Lebenszeit von bestimmten Berufen ausgeschlossen, diese werden nicht aus dem Führungszeugnis gelöscht, du kannst aber weiterhin in anderen Zweigen arbeiten. Genauso wäre es bei Dopern, sie dürften nicht mehr in der Leichtathletik "arbeiten", aber andere Tätigkeiten wären ihnen offen. |