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Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - Druckversion

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RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - lor-olli - 23.06.2015

Man muss bei diesen Verletzungen von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen:

Ein Muskelfaserriss kann durch zu starke Belastung, zu schnelle, unkoordinierte Bewegung, Ermüdung oder zu plötzliche Anforderung (Sprint ohne genügende Erwärmung / Vorbereitung) entstehen.

Ein Bruch entsteht in der Regel durch äußere Gewalteinwirkung oder schweren Sturz, ein Ermüdungsbruch baut sich aber anders, vor allem langsam auf. Durch eine zu intensive, aber gleichmäßige Belastung (lange Läufe etwa) bei gleichzeitig nicht ausreichender Regeneration und / oder falscher Ernährung (Gewicht reduzieren lese ich hier immer wieder…), erfolgt eine schleichende Unterversorgung des Stoffwechsels (z.B. mit Mineralien), der Körper zieht sich die für die Leistung benötigten Stoffe aus den System - bis hin zum Knochen (Kalzium), dieser verliert an Stabilität.

Wird der Knochen aber gleichzeitig ständig an den Muskelansätzen gefordert, werden die Muskel zwar stärker, der Knochen aber schwächer, es bilden sich Microrisse, die man in einem normalen CT nicht erkennt. (Schmerzen, scheinbar ohne Ursache).

Bänder- / Sehnenabrisse können die Folge sein (Sehne selbst bleibt "heil"), oft mit Knochenabsplitterungen. Aber auch die Sehnen / Bänder selbst können durch Überbelastung ausfasern und an Stabilität verlieren. In der Summe reicht dann schon eine Kleinigkeit (Umknicken, Tritt im Rennen, Sturz etc.) um eine schwere Verletzung folgen zu lassen . Schmerzen, die über einen längeren Zeitraum ignoriert, "niedergekämpft" oder gar betäubt werden sind sehr problematisch, viele Athleten sind diesbezüglich nicht gut aufgeklärt.


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - Flitzer - 23.06.2015

HArrer wohl doch mit Achillessehnenriss, schade schade.

http://www.leichtathletik.de/news/news/detail/corinna-harrer-erleidet-achillessehnenriss/


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - Wassergraben - 23.06.2015

(23.06.2015, 08:40)DerC schrieb: Bist du dir ganz sicher, dass du die Hahners besser kennst und mehr über das passende Marathontraining weißt als ihr Trainer Renato Canova?

Ehrlich gesagt bin ich mir sehr sicher, dass das nicht so ist.Teufel

Sondern ich vemute eher sehr, dass du nicht verstanden hast, dass unterschiedlich veranlagte Läufertypen sehr unterschiedlich trainieren müssen und dass Grundschnelligkeit natürlich nur bedingt trainierbar ist wenn die entsprechende Veranlagung nicht da ist.

Die Hahners werden auf keiner Distanz bis HM jemals so schnell sein wie Mocki da schon war. Völlig egal wie sie trainieren.

Aber Anna Hahner hat es trotz ihrer Veranlagung geschafft, fast an Mockis Zeit im Marathon ranzukommen. Das ist eine beeindruckende Leistung des Teams.

Meinst du im ernst, die könnten jetzt eine paar kurze WK und Intervalle ballern und würde dann oh Wunder 2h24 im nächsten Marathon laufen? Es wäre anders herum: Sie würden im Marathon schlechter laufen als vorher.

Bei Typen wie den Hahners kommst du so nicht weiter. Die brauchen die ganz langen  Läufe und diese Art von Training. Und das hilft ihnen auch für kürzere Strecken. Es ist doch extrem albern, sich da mit veralteten HM Zeiten zu befassen. Natürlich hätte Anna Hahner an den beiden guten Marathontagen 2014 ihre Hm PB deutlich unterbieten können.

Für mich ist nicht relevant was Canova dazu meint, schließlich müssen auch die Methoden eines Trainerpapstes nicht auf jeden Läufer passen. Ich habe auch nicht für den Ausbau der Grundschnelligkeit plädiert, sondern bemängelt, dass bei den beiden Mädels offensichtlich die Fähigkeiten in den Unterdistanzen erheblich unterentwickelt sind. Wenn du, gerade bei unrhythmisch gelaufenen Meisterschafts-Marathons, nur einen Strich gehen kannst und die Konkurrenz baut dann einen schnellen 5er ein, dann bist du in ihrem Fall verraten und verkauft.
Ich meine auch nicht, dass sich das durch "ein paar kurze WK und Intervalle" beheben lässt, es müsste generell mehr Gewicht erhalten. 2:24 sind ohnehin nicht drin, dabei bleibe ich.
Überhaupt solltest du dich hin und wieder im Ton zurücknehmen und nicht als großer Experte den anderen Forumsmitgliedern über den Mund fahren.

Die Hahners wären nach meiner Einschätzung besser bei Ultras aufgehoben.


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - Atanvarno - 23.06.2015

(23.06.2015, 13:39)Wassergraben schrieb: Für mich ist nicht relevant was Canova dazu meint, schließlich müssen auch die Methoden eines Trainerpapstes nicht auf jeden Läufer passen.
Genau das ist doch ein Credo Canovas: Höchstmögliche Individualisierung des Trainings - es gibt keine Patentrezepte und die Gewichtung der Methoden ist für jeden Athleten anders.
D.h. als Patentrezept ist "mehr Kilometer" genauso falsch wie "mehr Grundschnelligkeit", es kommt auf den Athleten an. Und da bin ich bei C: Canova kann sicherlich ganz gut beurteilen was die Hahners brauchen

--edit
Und wenn man jetzt fragt mit welchem Recht dann Heinig kritisiert wird: Der macht den Eindruck, dass Anpassung des Trainings auf die Athleten in seiner Methodik nicht besonders groß geschrieben wird.

--edit2
Eine Ergänzung noch zum Übertraining: Man kann sich sowohl mit zuviel Umfang als auch mit zuviel Intensität ins Übertraining bringen. Meiner Erfahrung nach geht es aber wesentlich "einfacher" mit zu viel Intensität.


Mockenhaupt usw - DerC - 23.06.2015

(23.06.2015, 11:39)jonas90 schrieb: Ende 2011 als Sie ihren Ermüdungsbruch erlitten hat, hat sie selbst zugegeben, dass sie es aufgrund eines zu großen Ehrgeizes das gesamte Jahr über übertrieben hat. Und auch die Knöchelverletzung, die ihr seit einem Jahr zu schaffen macht, kam nach eigener Aussage durch Überlastung. Aber sie wollte ja in Zürich unbedingt einen Doppelstart über 10.000 und Marathon innerhalb von drei Tagen wagen.
Mocki wollte unbedingt einen Doppelstart? Realistischer ist eher: Heinig hat sie dazu überredet und sie hat sich nicht getraut Nein zu sagen. Mocki wurde für das Team mit Heinigs Tochter gebraucht.
Mockis Aussagen über sich selbst kann man nur bedingt trauen. Sie ist eine spezielle Persönlichkeit. Sie will zu viele Erwartungen erfüllen und scheint oft nicht genau zu wissen, was ihre eigenen Erwartungen sind. Ihre Umfänge waren nie außergewöhnlich hoch, dass allein war sicher auch 2011 nicht das Problem.

Außerdem kommen Ermüdungsbrüche selbst bei Amateuren und vernünftigen Umfangssteigerungen vor, das ist nicht immer absehbar. Eine wie Mocki sucht die Schuld bei sich, andere würden sagen: Pech gehabt und wären damit vielleicht näher an der Wahrheit.

Wie lor-olli schon ähnlich schrieb: Man muss sich schon der Grenze der Belastbarkeit annähern, sonst hat man wenig Chancen in der Spitze.

(23.06.2015, 11:39)jonas90 schrieb: Und wenn das mit den 30 - 40 km Long Runs wenige Wochen nach dem Wien Marathon stimmt, ist das ebenfalls übertrieben
Du konstruierst da Probleme, ohne zu wissen, wie die LäuferInen das vertragen. Es wirkt bei dir immer ein wenig so, als ob du vom Training von 3h30 Hobbymarathonis mit 60km/Woche auf die Belastungsverträglichkeit der Spitzenläufer schließen würdest.

Das Hauptproblem bei sehr gut trainierten LäuferInnen sind die "mentalen Körner". Daher kann es wirklich problematisch sein, 3 volle Marathons in einem Jahr zu laufen. Das werden aber die Hahners z. B. nicht tun. Canova ist einer, der sehr darauf achtet, dass da die Abstände stimmen. Das ist auch ein Grund, warum es sehr sinnvoll sein, auf voll gelaufene HMs zu verzichten, auch wenn eine PB drin wäre.
Wieder: Nicht mit Ratschlägen für Hobbyjogger verwechseln, für die sind die vollen HMs meist sinnvoll, die können sich im Training auch oft nicht so quälen wie Spitzenläufer.

(23.06.2015, 11:39)jonas90 schrieb: Heinig ist auch bekannt dafür, seine Athleten im Training ziemlich hart ranzunehmen.
Wie schon geschrieben, ich sehe Heinig auch sehr kritisch.
Und ehrlich gesagt würde ich mich nicht wundern, wenn seine Gruppe nächstes Jahr nicht mehr komplett ist.

(23.06.2015, 11:39)jonas90 schrieb: Wie oft Harrer, Kohlmann und Schembera in den vergangen fünf Jahren zusammen verletzt waren, liegt fast schon außerhalb des von mir beherrschten Zahlenstrahls. Smile
Dass dieser Zahlenstrahl recht überschaubar ist glaube ich dir gern.Teufel

(23.06.2015, 11:39)jonas90 schrieb: Bist Du zufällig Herbert Steffny, der schreibt formell und inhaltlich genauso wie Du.^^
Hahaha, der war richtig gut. Wer mich etwas besser kennt, kennt mich als einen der heftigsten Kritiker Steffnys. Steffny war und ist für mich einer der größten Talentverschwender Deutschlands.


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - Hellmuth K l i m m e r - 23.06.2015

@ lor-olli

Deine Beiträge zu lesen, ist immer wissensverbessernd.
Mir scheint,  h i e r  (heuer 13:24h) schreibt erneut ein Universal-Mediziner, orthopädisch genau so firm wie beim Stoffwechsel oder Kreislauf.

Vieles allerdings wird nur weniger (mediz.) Gebildeten neu sein - aber es hat für diese brauchbaren Neuigkeitswert. Idea

I c h  überlege immerfort, welch promovierte Dr. sc. sich die Mühe macht, uns aufzuklären? - Aber das Nachforschen, um Anonymi herauszufinden (den Klarnamen) - das will ich nicht mehr. Sleepy  (Aber die Akzeptanz des Schreibenden würde erhöht. Exclamation )

H. Klimmer / sen. 


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - lor-olli - 24.06.2015

@ H.Klimmer,
Ich habe absolut nicht die Intention hier eine Lehrstunde aufzuziehen, meine Wissenslücken übertreffen mein Wissen auch um einiges, dennoch kann ich mir gewisse Anmerkungen nicht verkneifen, wenn ich sehe wie einige Foristen mit Begriffen doch recht konträr umgehen. Absicht oder Nichtwissen ist dabei nebensächlich, aber es ist nicht hilfreich aneinander vorbei zu diskutieren, wenn wir uns nicht an gegebenen Begriffen gleichermaßen orientieren.

Zum Begriff "chronisches Übertraining" etwa, möchte ich mal den Sportmediziner Gumpert zitieren: (für Sportmediziner banal, aber schon bei Allgemeinmedizinern nicht mehr so bekannt…)

Zitat:Das Übertraining wird unterschieden in sympathikoides Übertraining (basedown) und parasympathikoides Übertraining (addisonoid). Sympathikoides Übertraining ist eher temporär und gekennzeichnet durch erhöhte Herzfrequenz, Schlafstörungen und organbezogene Beschwerden. Parasympathikoides Übertraining ist eher chronisch und durch depressive Anteile gekennzeichnet. Letztere sind aufgrund ihrer Symptomarmut schwerer zu diagnostizieren.


Wink Wenn DU also nicht mehr springst, ist das dann auf Übertraining zurückzuführen? Oder eher auf eine Sportverletzung? Wink (Der Doppelsmilie dient dem Textverständnis…)


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - Hellmuth K l i m m e r - 24.06.2015

(24.06.2015, 09:49)lor-olli schrieb: @ H.Klimmer,


Wink Wenn DU also nicht mehr springst, ist das dann auf Übertraining zurückzuführen? Oder eher auf eine Sportverletzung? Wink (Der Doppelsmilie dient dem Textverständnis…)
Dank lor-olli !, auch für die (leicht verständliche Wink ) Erklärung zum Übertraining. 
Übertraining gab's bei mir bestenfalls als Sportstudent. Mein(e) Trainer und ich waren (da ja Schnellkraftsportler) eher "faul" beim Training, wir verließen uns aufs Körpergefühl.


Und springen würd ich gern ...
... wenn "richtig springen!"  noch ginge.  Undecided

H. Klimmer / sen.


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - dominikk85 - 24.06.2015

Trainieren deutsche Läufer denn nachweislich mehr Volumen als andere Nationen, oder ist das nur Spekulation?

ich denke das die ganze elite sehr hohe Volumen und das auch noch bei hoher Intensität trainiert und das ist nunmal nicht gesund für den körper. gerade das kilometerfressen im intensiven Bereich kostet nunmal viel Substanz, ist aber scheinbar auch notwendig.

gerade von den Asiatinnen hört man teilweise noch ganz andere trainingsvolumen als von den deutschen.


RE: Deutschlands Läufer - chronisch übertrainiert? - lor-olli - 25.06.2015

In diesem Zusammenhang kann man sich ja mal die Frage stellen, warum sind asiatische (spezieller japanische Läufer und Läuferinnen) dann nicht dominierend in der Welt? Immerhin gibt es 1500 professionelle und recht gut bezahlte Läufer (Ø >4000€ im Monat), angestellt bei großen Firmen…

Hier ein sehr interessanter Artikel von einem gründlichen Journalisten und Läufer : http://www.independent.co.uk/news/world/asia/why-japans-incredible-longdistance-runners-will-never-win-the-london-marathon-10182050.html

Zu Wort kommt auch ein afrikanischer Profi der lange in Japan trainiert hat und gelaufen ist. Es wird auch das wichtigste und größte Sportereignis Japans dargestellt (Hakone ekiden, ein Staffel Halbmarathon), Einschaltquoten und Zuschauer an den Straßen wie beim American Football-Endspiel in den USA.

Kurzversion zum Artikel: Die Japaner trainieren zu hart… Wirst Du langsamer, trainier härter, verlierst Du trainier härter, fühlst Du dich schlapp trainier härter - in der Konsequenz kommen dann bei NICHT WENIGEN bis zu 200Meilen (320 km !) die Woche heraus. 2014 liefen 265 Studenten den Halbmarathon unter 66 Minuten, noch Fragen?
Warum sind die japanischen Läufer dann nicht weltweit dominierend wurde der kenianische Profi gefragt,  seine Antwort: Sie trainieren viel zu hart, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Bedürfnisse des Körper und sie setzen andere Akzente, entscheidend sind die "Ekiden" (japanische Rennen über lange aber nicht olympische Distanzen).
Kenji Takao (sechsmal in Folge Gewinner im großen Hakone Ekiden) sagte (lachend): Wenn ich außerhalb Japans schlecht laufe interessiert das niemanden, wenn ich den Hakone gewinne bin ich ein Held. Er gewann ihn sechsmal hintereinander und verlor beim siebten Mal. In der Folge wurde er von Fans, Firmenchefs und Zuschauern tagelang beschimpft und verspottet… (trotzdem wurde er durch das Laufen sogar reich!)