![]() |
|
Talent - angeboren oder erworben? - Druckversion +- Leichtathletikforum.com (https://leichtathletikforum.com) +-- Forum: Leichtathletikforen (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Training in Praxis und Alltag (https://leichtathletikforum.com/forumdisplay.php?fid=6) +--- Thema: Talent - angeboren oder erworben? (/showthread.php?tid=897) |
RE: Talent - angeboren oder erworben? - ThomZach - 08.04.2015 Gestern hab ich im LA-Stadion von Valencia einen Französischen Trainer kennengelernt. Ich hab am Anfang rumgestottert wie ein Abiturient. Nach 10 Minuten ging es schon viel besser. Nicht weil ich geübt hätte, sondern weil ich seit Jahrzehnten geschlossene Schubladen wiederentdeckt und geöffnet habe. Die waren aber schon da und voll, als ich 1963 nach Paris kam, um dort in die Schule zu gehen. Nach drei Monaten hab ich beim Rektor die Erlaubnis eingeholt, mich ein Jahr früher zum Baccalauréat 1° (Abitur erster Teil) zu melden. So ein Niveau erlangt man nicht durch Fleiß. Das kann nur angeboren sein. Eben Talent, noch höher: Genie. Das Leben und die Seele – das sind Mysterien. Nichts ist evident, nichts wie es scheint, nichts wie wir es gerne hätten, um es mit unserem beschränkten Intellekt begreifen zu können - in der Hoffnung, es bestimmen, verändern und beeinflussen zu können. Wir wollen nicht hilflos und machtlos sein und klammern uns an Theorien, die uns die Möglichkeit versprechen, unser Leben durch Klugheit und Mühe selbst bestimmen zu können. Und dafür blenden wir all das Wahre aus, das dagegen spricht. Das wirkliche Leben ist in Wahrheit nochmal ganz anders. Als ich mich von den Spanischen Kollegen verabschiedete, konnte ich kein Spanisch mehr weil ich nun auf Französisch dachte. Im Mai muss ich in Tenero (CH/TI) vor Sportärzten einen Vortrag halten - auf Italienisch. Wenn ich Vokabeln und Fachbegriffe bei Leo suche und finde, denke ich immer: Ach ja. Wusstickdoch... Das! ist Talent. Meine Lola möchte seit 25 Jahren Deutsch lernen und hat sich mehrfach draufgestürzt. Keine Chance, kein Talent. Nicht Hopfen noch Malz... RE: Talent - angeboren oder erworben? - MZPTLK - 08.04.2015 Es ist - wie immer bei MZPTLK - alles ganz einfach: Es gibt Tätigkeiten, Disziplinen, Berufe, wo man 20% Inspiration/Talent, aber 80 % Transpiration benötigt, um hoch zu kommen. Und es gibt Bereiche, wo man ohne aussergewöhnliches Talent machen kann, was man will. ![]() Darum macht ein Streitgespräch ohne Bezug auf konkrete Tätigkeiten wenig Sinn, man redet aneinander vorbei. RE: Talent - angeboren oder erworben? - Gertrud - 08.04.2015 (08.04.2015, 18:23)ThomZach schrieb: Meine Kinder hätten das von mir lernen können. Haben sie aber nicht. Sie haben gar nicht gemerkt dass mein Deutsch eine Sprache ist. Jeder Mensch lernt doch seine Muttersprache. Wäre ich in China aufgewachsen, könnte ich mich heute dort verständigen. Ob deine Kinder in deutscher Sprache sprechen, ist eine Konsequenz der Eltern, dass jeder Elternteil nur in einer Sprache mit den Kindern spricht. (Also Vater spricht in deutscher Sprache mit den Kindern, Mutter in spanischer, Reinigungskraft in arabischer; Englisch und Französisch in der Schule) Das hat nichts mit Talent zu tun. Sich so ausdrücken zu können wie ein Roger Willemsen z. B., halte ich für ein Talent. Das kann beileibe nicht jede/r Deutsche. Mein Bruder z. B. kann unglaublich gut zeichnen. Dieses generelle Augenmaß und Talent für Maße und Farbkombinationen war ihm angeboren, ohne dass ihm irgendeiner das gezeigt hat. Was du hinsichtlich deines Lernens von fünf Fremdsprachen sagst, trifft für Kinder beim Lernen von Sprache generell zu. Sie lernen "chaotisch" und nicht nach grammatischen Regeln und mit Vokalen. Deshalb gibt es Vertreter, die sagen, dass Sprache in der Schule vollkommen falsch vermittelt wird. Hier stehen sich globale und analytische Systeme gegenüber - übrigens genau wie im Lernbereich Sport. In der Schule ist der Lernvorgang immer so angelegt, dass er methodisch Schritt für Schritt gelehrt werde. Ich habe mich sehr oft gefragt: "Warum soll ich einen Handstandüberschlag mit einem Kind entwickeln, wenn es das spielerisch schon gelernt hat und bereits gut kann?" Ein Kind lernt durch sehen und nachmachen - sehr oft ganz ohne Anweisung wie Straßenfußballer das Fußballspiel. Heute habe ich auf unserem Schulhof den Kleinen vom Kindergarten in der Nähe beim Spielen zugeschaut. Da kann man bewegungsmäßig schon die Talente erkennen. Die Kindergärtnerin hat den Kindern dermaßen kindgerecht Spaß an Bewegungen vermittelt, was ich so noch nie gesehen habe. Sie hat die Kinder animiert, von kleinen Mauern nach unten zu springen, Ziele schnell anzulaufen ... einfach toll. Es hat den Kindern richtig Spaß gemacht. Gertrud RE: Talent - angeboren oder erworben? - Hellmuth K l i m m e r - 08.04.2015 (08.04.2015, 20:27)Gertrud schrieb: Mein Bruder z. B. kann unglaublich gut zeichnen. Dieses generelle Augenmaß und Talent für Maße und Farbkombinationen war ihm angeboren, ohne dass ihm irgendeiner das gezeigt hat.Der Streit, ob Talent angeboren (genetisch bedingt) ist oder ob nicht vielmehr großer Fleiß zum Können (auch zur sportlichen Prädestination) beitrug, der ist uralt. Als ich - noch im Vorschulalter - meine ersten "Malereien" mit Bundstiften und mit Anleitung meiner Mutter (zu erst ein einfaches Haus, später auch Tiere) machte, war ich sicher nicht talentiert. Aber meine Mutter bemerkte meinen Fleiß (nur beim Malen ) und schnelle Fortschritte. Ihre Konsequenz und Möglichkeit: Anmeldung in der ganz nahe, wirklich um die Ecke gelegene, Malschule der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen im Triebischtal.Meine Erfahrungen: - Fleiß alleine langt für außergewöhnliche Leistungen nicht aus; - Es gab andere ("talentiertere" ?), die schneller voran kamen; - Feinmotorische Fertigkeiten (etwa das monotone Zeichnen ebenmäßiger Kreise, immer gleicher Blüten, ..., die in der Malschule "getrimmt" wurden) sind mühsam zu erwerben u n d gehen schneller verloren, als gewonnen. Meine Quintessenz: Wie EINSTEIN es sagte: 10% Inspiration, 90% Transpiration! (Und warum konnte GERTRUDE nicht genau so gut zeichnen wie ihr blutsverwandter Bruder?) H. Klimmer / sen. RE: Talent - angeboren oder erworben? - ThomZach - 08.04.2015 Der Titel des Threads ist so nur eine Frage der Definition. Und die ist eine Frage der Konvention. Man kann nicht darüber diskutieren, ob Talent angeboren oder anerzogen ist. Man kann sich nur auf eine der möglichen Definitionen einigen. Und dann kann man darüber diskutieren, welches Verhalten der Menschen vom Talent stammt und welche von Lernerfolgen. Dass Kinder alles lernen können, wenn die Erwachsnene nur alles richtig machen ist ein Gottverdammter Mythos. Gottverdammt, weil er suggeriert, dass ein Kind das nicht lernt, selber schuld ist, weil es trotzig oder faul ist. Und darauf baut der Erwachsene dann seine Diskriminierungen. Man tut vielen Kinder zutiefst Unrecht, wenn man behauptet, sie hätten dies und das werden oder lernen können, wenn sie gewollt oder gehorcht hätten. Ebenso sorgt der Mythos dafür, dass für erfolglose oder missratene Kinder die maßgeblichen Bezugspersonen verantwortlich gemacht werden, also schuldig sind. Man lernt seine Muttersprache nicht. Ich habe nie gesprochen wie meine Mutter. Meine Kinder haben nie gesprochen wie ihre Mutter. Es gibt Migranten oder Migrantenkinder, die sprechen akzentfrei und tadellos Deutsch oder Bayerisch. Ihre Eltern nicht, ihre Umgebung nicht. Freunde! Wenn Ihr glaubt zu wissen wie das Leben und Lernen funktioniert, seid Ihr einfach nur naiv und blind. Ihr seht in der Welt nur das was ihr aufgrund von erworbenen also eingeredeten Überzeugungen zu sehen erwartet. Was Ihr nicht erwartet, das nehmt Ihr auch nicht wahr. Das hat sogar schon die experimentelle Psychologie nachgewiesen. Der Mensch hat gar keine Wahrnehmung, denn alles was er zu sehen glaubt ist unwahr. Es gibt ausländische Adoptivkinder, denen merkt man nichts an. Andere unter ähnlichen Umständen sprechen so schlecht Deutsch, dass sie Nachteile mancherlei Art erleiden. Die Zwillingsforschung liefert ebenfalls jede Menge Resultate, die die Mythen der Alltagspsychologie ad absurdum führen. Und wie will man die bei mehr als 98% der Menschen anzutreffende Unbelehrbarkeit erklären? Auch meine und Eure. Wer anfängt zu forschen anstatt zu glauben was er hört und auf den ersten oder zweiten Blick zu sehen glaubt, der entdeckt eine andere Welt der Dinge und der Menschen. Und alle die allgemein als weise gelten, sagen das auch. Schluss: Wer das nicht sagt weiß auch nichts. Bitte nicht schimpfen oder stöhnen. Ich mache hier nur ein Angebot... RE: Talent - angeboren oder erworben? - ThomZach - 08.04.2015 Wir wissen alle was Transpiration ist. Aber Inspiration? Ein Schlüsselwort... Da mit Transpiration Fleiß gemeint ist, muss man erkennen, dass auch der Fleiß angeboren sein kann. Mancher Mensch ist nur aus Angst fleißig. Mancher aufgrund einer Neurose (unbewusst verhaltensbestimmendes mentales Programm auf einer verdrängten Störung beruhend). Viele Menschen sind aber aus Begeisterung fleißig. Und die ist ein Aspekt der Inspiration. Kommt diese von außen? Und wenn: Aus der Umwelt oder aus dem Äther? Von Gott, Göttern, Musen oder Geistern? Oder doch aus den Genen? Wer sich da sicher ist, der glaubt. Und Glauben ist nicht Wissen und Nichtwissen. Gut' Nacht!
RE: Talent - angeboren oder erworben? - sewi - 09.04.2015 Klasse 4a - Schüleraufsatz: Mit dem Gehirn denkt man, dass man denkt. Außerdem wird es für die Kopfschmerzen gepraucht. Es sitzt im Kopf direkt hinter der Nase. Wenn man niest tropft es. Das Gehirn ist ein sehr embfindliches Organ. Die meisten Leude benutzen es daher nur ganz selten! ![]() Und wer es strukturell noch etwas aufschlussreicher mag, wie sich hier manche Diskussion "wertdetraktiv" entwickelt, dem sei ein Klassiker empfohlen: Max Scheler: Das Ressentiment im Aufbau der Moralen. Was bei den "Moralen" gilt, zeigt sich leider auch bei Diskussionen über leichtathletische Inhalte. Schade - wir sollten weiter sein. RE: Talent - angeboren oder erworben? - MZPTLK - 09.04.2015 (08.04.2015, 22:58)ThomZach schrieb: Wenn Ihr glaubt zu wissen wie das Leben und Lernen funktioniert, seid Ihr einfach nur naiv und blind. Ihr seht in der WeltUnd was soll der geneigte Leser jetzt damit anfangen, wo Du Dich von Satz zu Satz selbst ad absurdum führst? Wir waren doch schon weiter... RE: Talent - angeboren oder erworben? - sewi - 09.04.2015 Echtes Nichtwissen, das sein Nichtwissen einsieht und es sich eingesteht, geht mit Demut einher und nicht mit Überheblichkeit denjenigen gegenüber, die noch nicht an diese Grenze der Einsicht gelangt sind (so es sie denn gibt). Demut wird sich kaum in Verbalinjurien artikulieren. Und nein, mein lieber Kobold, so viel weiter waren wir leider noch nicht, wenn ich richtig mitlese... (wenngleich ich gerne unterschreibe, was Du oben sagst). RE: Talent - angeboren oder erworben? - dominikk85 - 09.04.2015 Ich denke das vieles Veranlagung ist, aber das gerade bei der Entwicklung der Koordination vieles auch in der "frühen Prägung" passiert. Vermutlich werden da in den ersten 3-4 Lebensjahren viele Grundlagen gelegt, die dann natürlich nur schwer messbar sind und am ende auch als "angeboren" durchgehen. |