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Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - Druckversion

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RE: Diamond League 2024 - Zürich, 04./05.09.2024 - Gertrud - 05.09.2024

(05.09.2024, 08:10)PVCoach schrieb: Hallo Gertrud,

Zitat:Dass Warholm nicht der Form seines WR zur Zeit ist, ist augenscheinlich. Wir hätten aber Duplantis so schnell nicht vermutet, auch wenn er unglaublich schnell in den Absprung hineinsprintet. Man könnte den Eltern den Vorwurf machen, dass ihr Sohn zu stark, zu frühzeitig fokussiert worden ist. Es ist aber eine Form, zum WR zu kommen. Er ist trotz der frühen Spezialisierung körperlich enorm breitgefächert geschult worden. Das war sehr wichtig.

Ich konnte mich in Köln länger mit seinen Eltern unterhalten und habe dabei spannende Infos bekommen.
Zu keiner Zeit ist er von ihnen spezialisiert worden, es ging alles von ihm aus. Mit 12/13 Jahren hatte er den Focus auf anderen Sportarten, deswegen gibt es da keine WR bei ihm. Er hätte in fast allen Sportarten der Highscool top werden können, oder war es. Sein Vater hat ihn dann vor die Wahl gestellt, er hat sich für Stab entschieden, "..aber nur, wenn ich dann der Beste der Welt werde...". Naja, das hat dann ja wunderbar funktioniert.

Kein Springer, den ich je gesehen habe (und das waren viele), hat so ein Gefühl für den Sprung.
Bei seinem 6,05m Sprung in Berlin verlor er noch fast 0,5m/s beim Einstich. Hier hat der Vater konsequent die Petrov Methode angewandt, wobei körperlich nicht so starke Springer (wie es Bubka, Braz,etc. waren) den fallenden Stab zur
effektiven Beschleunigung nutzen sollen. Das hat er meisterlich umgesetzt.

Ansonsten wäre er ein totaler Wettkampf-Typ, alles wird bei ihm zu einer Competition. Das hat man gestern wieder gesehen. Es kann aber auch Kirschkern - Weitspucken im heimischen Garten sein..

Die Zeit ist gut, aber auch ein Bubka ist eine 10,32s gelaufen und über 8m weit gesprungen. Das ist für Höhen jenseits der 6,10m sicher notwendig. Um 6,00 zu springen gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, aber danach wird es echt dünn...

Wie lange sein Körper das noch macht, ist sicher spannend, über sein Training ist fast nichts bekannt. Auf die Frage, wieviel er reißen würde, antwortete sein Vater: "..keine Ahnung, das hat er noch nie gemacht.." Obs stimmt?

Gruß, Wolfram

Na ja, der Vater wird ihm schon früh den Stab schmackhaft gemacht haben. Natürlich kommt dieser Ehrgeiz von ihm. Ich habe in einem Video das Reißen drin. Es kann sein, dass die Maxlast zweitrangig wie bei Ethan Katzberg ist.

Wenn er dazu prophylaktisch hervorragend betreut wird, gibt es bei einer ausgeglichenen Belastung, die natürlich auch in hohe Bereiche sauber gehen kann, kein Problem. Nur sind die Übungen auch spezielle Inhalte zum größten Teil. 

Gertrud


[geteilt] Diamond League 2024 - Zürich, 04./05.09.2024 - dominikk85 - 05.09.2024

(05.09.2024, 08:31)Oliver schrieb:
(05.09.2024, 08:12)trackwatchnds schrieb: Duplantis ist deutlich mehr US-Amerikaner, als Schwede. "Born and bred" in den USA und auch komplett dort sozialisiert.
Sieht mittlerweile etwas anders aus. Er lebt und trainiert hauptsächlich in Stockholm. Seine Freundin Desiré Inglander ist ebenfalls Schwedin.

Spricht er mittlerweile schwedisch? Meines Wissens sprach er vor ein paar jahren kein wort schwedisch. 

Wobei duplantis ja weder Produkt der US noch der schwedischen leichtathletik ist, bei ihm liegt es nur an seinem Talent und der Förderung durch seine Eltern, der hätte auch in Afghanistan 6m springer werden können.

Imo ist duplantis solange er gesund bleibt und nicht zu alt wird unschlagbar.

Er hat einfach eine natürliche Schnelligkeit und Athletik die man nicht erlernen kann und dazu kommt das er bereits als Kleinkind mit dem stab begonnen hat und daher Koordinativ extrem gut ist.

Beste Athletik die nahezu unerreichbar ist plus beste Technik bedeutet halt das man dieses Paket aktuell nicht erreichen kann.

Da bräuchte man jemanden mit dem athlwtischen Talent von Leo neugebauer oder ashton eaton der bereits als Kleinkind mit Stabhochsprung beginnt, diese Kombi ist einfach unrealistisch, das passiert vielleicht alle 50 Jahre malSmile.


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - Reichtathletik - 05.09.2024

(05.09.2024, 05:52)Diak schrieb: 10,37 sind der Hammer. Wer von Euch mal irgendwann irgendwas mit dem zu tun hat, was wir hier Talentsichtung nennen: vergesst die ganzen Blödsinnigen und gefährlichen Testbatterien. Wir brauchen Leute, die rennen können, den Rest müssen wir ihnen beibringen. Jemand mit dem Schnelligkeispoential wäre bei uns (die Elternkonstellation mal ignorierend) ungefähr überall ein Mittelklassesprinter geworden, weil wir ständig denken, bisschen schnell muss Sprinter werden. Nein, Sprinter darf nur werden, wer sauschnell ist und sonst nichts (lernen) kann! Das machen unsere geschätzten Nachbarn aus Hamburg übrigens sehr gut (Rapido)

Das Rapido-Konzept gibt es so bzw. in ähnlicher Form ja auch in anderen Orten (Leverkusen z.B. sehr prominent). Leider wird an den meisten Standorten (insbesondere z.B. Hamburg) kurz darauf schon das Gegenteil von dem praktiziert, was du forderst: Alle kommen in den Sprint. Es gibt z.B. nur Sprint/Sprung (immerhin) Landestraining...
Und unsere Bundeskader-Strukturen schießen dabeiden Vogel ab, wenn man in den meisten Disziplinen kaum noch in Kader kommt, im Kurzsprint "für die Staffeln" aber gefühlt die gesamten DM-Halbfinals berufen werden (und ab U20 Aussicht auf sonnige Trainingslager bekommen).


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - S_J - 05.09.2024

(05.09.2024, 11:02)Reichtathletik schrieb: Das Rapido-Konzept gibt es so bzw. in ähnlicher Form ja auch in anderen Orten (Leverkusen z.B. sehr prominent). Leider wird an den meisten Standorten (insbesondere z.B. Hamburg) kurz darauf schon das Gegenteil von dem praktiziert, was du forderst: Alle kommen in den Sprint. Es gibt z.B. nur Sprint/Sprung (immerhin) Landestraining...

Eine flächendeckende Talentsichtung und die anschließende Förderung in verschiedenen Disziplinblöcken erfordert eben erhebliches Personal. Und Hamburg ist ja noch vergleichsweise kompakt im Vergleich zu den Flächenbundesländern, wo du dann teilweise mehrstündige Fahrzeiten pro Weg zum nächsten Stützpunkt hast, in dem deine Disziplin trainiert wird.


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - Garl - 05.09.2024

(05.09.2024, 11:02)Reichtathletik schrieb:
(05.09.2024, 05:52)Diak schrieb: 10,37 sind der Hammer. Wer von Euch mal irgendwann irgendwas mit dem zu tun hat, was wir hier Talentsichtung nennen: vergesst die ganzen Blödsinnigen und gefährlichen Testbatterien. Wir brauchen Leute, die rennen können, den Rest müssen wir ihnen beibringen. Jemand mit dem Schnelligkeispoential wäre bei uns (die Elternkonstellation mal ignorierend) ungefähr überall ein Mittelklassesprinter geworden, weil wir ständig denken, bisschen schnell muss Sprinter werden. Nein, Sprinter darf nur werden, wer sauschnell ist und sonst nichts (lernen) kann! Das machen unsere geschätzten Nachbarn aus Hamburg übrigens sehr gut (Rapido)

Das Rapido-Konzept gibt es so bzw. in ähnlicher Form ja auch in anderen Orten (Leverkusen z.B. sehr prominent). Leider wird an den meisten Standorten (insbesondere z.B. Hamburg) kurz darauf schon das Gegenteil von dem praktiziert, was du forderst: Alle kommen in den Sprint. Es gibt z.B. nur Sprint/Sprung (immerhin) Landestraining...
Und unsere Bundeskader-Strukturen schießen dabeiden Vogel ab, wenn man in den meisten Disziplinen kaum noch in Kader kommt, im Kurzsprint "für die Staffeln" aber gefühlt die gesamten DM-Halbfinals berufen werden (und ab U20 Aussicht auf sonnige Trainingslager bekommen).
100% Zustimmung  Thumb_up Vor allem ist in meinen Augen der Weg zurück zum Sprint (bei Training, das weiterhin auf Schnelligkeit setzt) auch um ein Vielfaches einfacher als spät eine komplexe technische Disziplin zu erlernen, wenn keine Grundlagen vorhanden sind. Zumindest nicht auf höchstem Niveau. Gerade in den Sprungdisziplinen oder auch im Hürdensprint wird ja weiterhin im Training gesprintet.
Und ja, da es sehr viel leichter ist in einen Sprintkader zu kommen und damit gefördert zu werden ist das Unterfangen schnelle Talente in technische Disziplinen zu lenken nicht einfach...


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - eierluke2 - 05.09.2024

@aj runner: natürlich kann ich es nicht beweisen, aber an den zwingend erforderlichen erheblichen Fahrtaufwand glaube ich (meine Theorie) eben gerade nicht. 
Natürlich muss man dann und wann an die Anlage ran - aber hätte ich persönlich mal lieber regelmäßig bei den Turnern im Ort vorbeigeschaut um Rückwärts-Salto aus dem Stand (geht auch im Freibad) zu üben. Oder wäre ich einfach nur öfter Taue ohne Beineinsatz hochgeklettert, mich an Spielplätzen längsgehangelt, hätte ich in der S-Bahn oder im Bus über Bewegungsablaufe nachgedacht (und nicht nur unmittelbar vorm Sprung) in der normalen Halle Pendelübungen am Tau oder Jagodinübungen gemacht, und und und - dann hätte in der Jugend im Winter einmal wöchentlich Fahrtzeit zur Stabhochanlage gereicht um zumindest sagen wir mal den entscheideneden Entwicklungsschritt nicht zu versäumen.
Aber auf solche Gedanken bin ich als Jugendlicher selber leider nicht gekommen.

Stabhochsprung sollte eines unser "Dinger" sein um mal wieder eine Olympiamedaillie zu holen. Da kommt es eben nicht nur auf viele schnell zuckende Muskelfasern an, sondern AUCH auf Anregungen, Ideen, Spass, ... . Ohne Ehrgeiz geht es da natürlich auch nicht. 

Das waren ein paar Gedanken zur Talentförderung. Entscheidend hinsichtlich der der Förderung vorausgehenden Talentsuche finde ich aber Diaks Beitrag, wonach zu Sprintern nur die richtig sauschnellen Talente werden sollten, bei den "nur" schnellen Talenten geht es darum zu schauen, wo man diesen Speed sinnvoll woanders einzubringen weiß.


RE: [geteilt] Diamond League 2024 - Zürich, 04./05.09.2024 - trackwatchnds - 05.09.2024

(05.09.2024, 10:57)dominikk85 schrieb:
(05.09.2024, 08:31)Oliver schrieb:
(05.09.2024, 08:12)trackwatchnds schrieb: Duplantis ist deutlich mehr US-Amerikaner, als Schwede. "Born and bred" in den USA und auch komplett dort sozialisiert.
Sieht mittlerweile etwas anders aus. Er lebt und trainiert hauptsächlich in Stockholm. Seine Freundin Desiré Inglander ist ebenfalls Schwedin.

Spricht er mittlerweile schwedisch? Meines Wissens sprach er vor ein paar jahren kein wort schwedisch. 

Wobei duplantis ja weder Produkt der US noch der schwedischen leichtathletik ist, bei ihm liegt es nur an seinem Talent und der Förderung durch seine Eltern, der hätte auch in Afghanistan 6m springer werden können.

Er spricht mittlerweile wohl solide Schwedisch, bezeichnet sein eigenes Sprachniveau als "survival swedish".

Mit Sicherheit gebührt seinen Eltern der Löwenanteil der sportlichen Entwicklung, aber ganz nichtig ist der US-Einfluss dann doch nicht. Er wird ja in vier Jahren Highschool und einem College mit Sportstipendium durchaus etwas mitbekommen haben, mindestens mal die Umfeldbedingungen... Leo Neugebauer wird im Forum auch deshäufigeren als US-Produkt bezeichnet (ich will nicht widersprechen), er war aber logischerweise kürzer in dem System als Mondo.

Höchstwahrscheinlich wäre er wirklich auch in Afghanistan ein Topspringer geworden, die Talentausschöpfung wäre allerdings nicht im gleichen Maße wie in seiner faktischen Herkunft erfolgt.


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - eierluke2 - 05.09.2024

@dominikk85,
schön, dass Du Ashton Eaton genannt hast.
In seiner Blütezeit hat er mal geäußert, dass er sich nach dem Zehnkampf vielleicht noch mal im Stabhoch versuchen werde.
Da hat ihn die Realität dann aber wohl wieder eingeholt. Ein Superathlet, konnte Rennen und Springen wie der Teufel.
(10,21 über 100 und 8,23 weit).
Er hat als turnerisch begabter Ex-Kampfsportler Stabhoch spät und dafür noch recht gut gelernt - aber eben nicht mehr bis zu dem Level, dass er am Stab von tief richtig nach oben arbeitet. Er ist seine 5,40 eher nach schräg vorne gesprungen.

Das worauf es ankommt lernt eben selbst ein Ashton Eaton (der für mich ultimative Athlet) mit mitte Zwanzig nicht mehr.


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - trackwatchnds - 05.09.2024

(05.09.2024, 11:31)eierluke2 schrieb: Stabhochsprung sollte eines unser "Dinger" sein um mal wieder eine Olympiamedaillie zu holen. Da kommt es eben nicht nur auf viele schnell zuckende Muskelfasern an, sondern AUCH auf Anregungen, Ideen, Spass, ... . Ohne Ehrgeiz geht es da natürlich auch nicht. 

Sehe ich ganz genauso! Stabhochsprung wäre aus den genannten Faktoren für eine vergleichsweise wohlhabende Nation mit 83 Mio. Einwohnern eigentlich unglaublich naheliegend, neben der Tatsache, dass der Konkurrenzpool extrem viel kleiner ist, als in den Disziplinen, bei denen man nur Sportschuhe brauch. Der gesamte afrikanische Kontinent mit der unglaublich hohen gesellschaftlichen Wertschätzung für Sprint und Lauf sowie dem schier unerschöpflichen Reservoir an Athlet:innen macht nun mal "kein" Stabhochsprung. Noch nicht...

Hier schlägt man sich nicht - Ausnahmen bestätigen die Regel - mit physischen Monstern im Sprint- oder Ausdauerbereich herum, sondern die Technik nimmt den vergleichsweise höheren Stellenwert ein, als in jeder anderen Disziplin.


RE: Kernpunkte der Talentfindung am Beispiel Duplantis - S_J - 05.09.2024

(05.09.2024, 11:47)trackwatchnds schrieb:
(05.09.2024, 11:31)eierluke2 schrieb: Stabhochsprung sollte eines unser "Dinger" sein um mal wieder eine Olympiamedaillie zu holen. Da kommt es eben nicht nur auf viele schnell zuckende Muskelfasern an, sondern AUCH auf Anregungen, Ideen, Spass, ... . Ohne Ehrgeiz geht es da natürlich auch nicht. 

Sehe ich ganz genauso! Stabhochsprung wäre aus den genannten Faktoren für eine vergleichsweise wohlhabende Nation mit 83 Mio. Einwohnern eigentlich unglaublich naheliegend, neben der Tatsache, dass der Konkurrenzpool extrem viel kleiner ist, als in den Disziplinen, bei denen man nur Sportschuhe brauch. Der gesamte afrikanische Kontinent mit der unglaublich hohen gesellschaftlichen Wertschätzung für Sprint und Lauf sowie dem schier unerschöpflichen Reservoir an Athlet:innen macht nun mal "kein" Stabhochsprung. Noch nicht...

Hier schlägt man sich nicht - Ausnahmen bestätigen die Regel - mit physischen Monstern im Sprint- oder Ausdauerbereich herum, sondern die Technik nimmt den vergleichsweise höheren Stellenwert ein, als in jeder anderen Disziplin.

Wenn ich aber in einer Stadt mit 250 000 Einwohnern teilweise weder eine Stabhochsprunganlage noch einen Diskusring (von Hammer ganz zu schweigen) habe, wird es eben schwierig. Da kann ich sichten, wie ich möchte. Ich habe dann zwar schon Athleten auch wöchentlich zum Landestrainer geschickt, was pro Weg 1,5h mit ÖPNV war (falls pünktlich), aber unter solchen Bedingungen ist es eben schwierig, die notwendige Breite dafür zu begeistern, um genügend Talente an die Spitze zu bekommen.