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Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Druckversion

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RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Athletix - 14.09.2023

Zur Frage Einzeljahrgänge oder Doppeljahrgänge gibt es sicherlich  für beide Varianten nachvollziehbare Argumente.

Sicherlich kann man sagen, dass sich der Vorteil der Akzelerierten bei Doppeljahrgängen dann noch erhöht, wenn sie bei Doppeljahrgängen auch noch dem älteren Jahrgang angehören. Umgekehrt vermindert sich aber bei den Akzelerierten auch der Vorteil, wenn sie jedes zweite Jahr auch einmal gegen ein Jahr ältere Konkurrenz antreten müssen und vielleicht auch einmal nicht ganz so leicht zu Erfolgen kommen.

Ich finde Sport generell interessanter, wenn der Ausgang nicht so voraussehbar ist und in einem Wettbewerb größere TN-Felder starten und die Leistungsunterschiede nicht so demotivierend krass sind. Besonders deutlich wird dies bei vielen Veranstaltungen im Mittel- und Langstreckenlauf, wenn in den aktuellen Minifeldern die Leistungsabstände überdeutlich werden.
Da ist doch der Frust wesentlich geringer, wenn die Abstände in größeren Teilnehmerfeldern kleiner sind.

Irgendwann kommt auch für die guten Athleten einmal der Zeitpunkt, wann sie auch mit Niederlagen umgehen müssen. Da ist es doch nicht verkehrt, wenn man mit Sieg und Niederlage gut umzugehen lernt.

Da fällt mir gerade ein weiterer Gesichtspunkt ein und nenne ihn mal Elitedenken. Ich halte es für problematisch, dass in weiten Teilen der öffentliichen Wahrnehmung nur noch der schnelle absolute Erfolg zählt und anerkannt wird. Beispielsweise wird oft schon ein LV-Titel nicht mehr wertgeschätzt. Die Anschauung, dass schon der Zweite oder Dritte eines Wettbewerbs ein Verlierer ist, trägt sicherlich auch zu einer hohen Aussteigerquote bei.


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - muffman - 14.09.2023

In der Jugend hat man zwei Jahrgänge zusammen. Z.B. lässt man in den Schülerklassen die Jahrgänge einer Altersklasse gemeinsam an einer Anlage springen, weil die Felder sonst zu klein wären und es wird getrennt gewertet. Was gegen eine getrennte Wertung spricht erschließt sich mir nicht. Das hat auch nichts mit "lernen, mit Niederlagen umzugehen" zu tun. Was soll das? Kindern mit aller Macht nur jedes zweite Jahr eine Chance auf den Sieg zu geben macht doch gar keinen Sinn? Das ist in der Jugend schon oft und früh genug der Fall und das genügt auch. Was hat das bitte mit interessanter zu tun? Du trainierst als 13-Jähriger 3-4 mal die Woche. Strengst dich an. Bist in deinem Jahrgang der Beste und dann gewinnt jemand eine Medaille oder holt den Sieg, nur weil er ein Jahr älter ist und du keine Chance hast. Was soll daran bitte fair sein? Da lernst du nicht mit Niederlagen umzugehen, sondern fühlst dich (auch als 13-Jähriger) vom System betrogen. Das ist nämlich keine Niederlage, sondern jemand von außen hat dir die Chance auf den Sieg genommen weil die Regeln unfair sind. In dem Alter springen schon so zu viele AthletInnen ab. Das muss man nicht noch durch Wettbewerbsverzerrung forcieren.


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Reichtathletik - 14.09.2023

Ich halte dahingehend gerade bei Läufen die Vorgehensweise beide Jahrgänge zusammen laufen zu lassen, aber getrennte Wertungen/Siegerehrungen zu machen für durchaus brauchbar


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - muffman - 14.09.2023

(14.09.2023, 11:23)Reichtathletik schrieb: Ich halte dahingehend gerade bei Läufen die Vorgehensweise beide Jahrgänge zusammen laufen zu lassen, aber getrennte Wertungen/Siegerehrungen zu machen für durchaus brauchbar

Genau. Nicht immer. Aber manchmal macht es Sinn.


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Jakob94 - 14.09.2023

(14.09.2023, 11:23)Reichtathletik schrieb: Ich halte dahingehend gerade bei Läufen die Vorgehensweise beide Jahrgänge zusammen laufen zu lassen, aber getrennte Wertungen/Siegerehrungen zu machen für durchaus brauchbar

Ich sehe das gerade bei Läufen nicht so. Es ist doch gerade der Reiz, dass gewinnt, wer als erstes im Ziel ist. Wenn da jetzt zwei Jahrgänge zusammen laufen, aber getrennt gewertet werden, ist das unübersichtlich und ändert die ganze Renndynamik.

Gilt natürlich nur für Meisterschaftsrennen.


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Athletix - 14.09.2023

Wie schon gesagt, gibt es für beide Arten der Klasseneinteilung Argumente. Ich habe bei einer kurzen (aber nicht repräsentativen) Recherche festgestellt, dass es in den einzelnen Sportarten beide Varianten gibt und auch in der Leichtathletik die internationalen Länder das unterschiedlich handhaben. Ich halte die generellen Klasseneinteilungen und die Durchführung von Wettkämpfen auch für zwei verschiedene Gesichtspunkte, die man nicht so einfach vermischen sollte.

Um die Diskussion an dieser Stelle nicht zu sehr auf nur einen Punkt zu verengen, würden mich aber auch Meinungen zu anderen Punkten meines Ausgangsbeitrages interessieren. Das betrifft insbesondere den Aufbau der Meisterschaftsstruktur in den Mehrkämpfen. Was hat uns der Wegfall von Vier- und Fünfkämpfen und die Einführung der Blockmehrkämpfe denn wirklich Positives gebracht?


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Reichtathletik - 14.09.2023

(14.09.2023, 11:39)Jakob94 schrieb:
(14.09.2023, 11:23)Reichtathletik schrieb: Ich halte dahingehend gerade bei Läufen die Vorgehensweise beide Jahrgänge zusammen laufen zu lassen, aber getrennte Wertungen/Siegerehrungen zu machen für durchaus brauchbar

Ich sehe das gerade bei Läufen nicht so. Es ist doch gerade der Reiz, dass gewinnt, wer als erstes im Ziel ist. Wenn da jetzt zwei Jahrgänge zusammen laufen, aber getrennt gewertet werden, ist das unübersichtlich und ändert die ganze Renndynamik.

Gilt natürlich nur für Meisterschaftsrennen.
Grundsätzlich gebe ich dir recht, aber so länger die Rennen so unattraktiver, wenn man "alleine" Läuft und das passiert bei Rennen Abseits der Sprints leider schnell.
Athletix schrieb:Wie schon gesagt, gibt es für beide Arten der Klasseneinteilung Argumente. Ich habe bei einer kurzen (aber nicht repräsentativen) Recherche festgestellt, dass es in den einzelnen Sportarten beide Varianten gibt und auch in der Leichtathletik die internationalen Länder das unterschiedlich handhaben. Ich halte die generellen Klasseneinteilungen und die Durchführung von Wettkämpfen auch für zwei verschiedene Gesichtspunkte, die man nicht so einfach vermischen sollte.Um die Diskussion an dieser Stelle nicht zu sehr auf nur einen Punkt zu verengen, würden mich aber auch Meinungen zu anderen Punkten meines Ausgangsbeitrages interessieren. Das betrifft insbesondere den Aufbau der Meisterschaftsstruktur in den Mehrkämpfen. Was hat uns der Wegfall von Vier- und Fünfkämpfen und die Einführung der Blockmehrkämpfe denn wirklich Positives gebracht?
Persönlich bin ich sehr großer Pro-Hürdentraining-Mensch. Ich finde auch den Zuschnitt der Blockwettkämpfe aus Trainingssicht her gut und gerade die 400 als ganz schöne Schnelligkeits-Ausdauer-Laktat-Schleuder für nicht so Zielführend im Programm von nicht-Spezialisten. Allerdings wäre es, aufgrund sinkender Teilnehmerzahlen, durchaus überlegenswert wieder auf einen "Mini-Mehrkampf" zu reduzieren, der dann auch als zusatznorm für die U16 gilt.
Der klassische Dreikampf ist sicher nicht dumm. Der könnte Schrittweise nach Alter erweitert werden um Hürden und Hochsprung oder 1000m?


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - c.n.d - 14.09.2023

(14.09.2023, 13:20)Reichtathletik schrieb:
(14.09.2023, 11:39)Jakob94 schrieb:
(14.09.2023, 11:23)Reichtathletik schrieb: Ich halte dahingehend gerade bei Läufen die Vorgehensweise beide Jahrgänge zusammen laufen zu lassen, aber getrennte Wertungen/Siegerehrungen zu machen für durchaus brauchbar

Ich sehe das gerade bei Läufen nicht so. Es ist doch gerade der Reiz, dass gewinnt, wer als erstes im Ziel ist. Wenn da jetzt zwei Jahrgänge zusammen laufen, aber getrennt gewertet werden, ist das unübersichtlich und ändert die ganze Renndynamik.

Gilt natürlich nur für Meisterschaftsrennen.
Grundsätzlich gebe ich dir recht, aber so länger die Rennen so unattraktiver, wenn man "alleine" Läuft und das passiert bei Rennen Abseits der Sprints leider schnell.
Athletix schrieb:Wie schon gesagt, gibt es für beide Arten der Klasseneinteilung Argumente. Ich habe bei einer kurzen (aber nicht repräsentativen) Recherche festgestellt, dass es in den einzelnen Sportarten beide Varianten gibt und auch in der Leichtathletik die internationalen Länder das unterschiedlich handhaben. Ich halte die generellen Klasseneinteilungen und die Durchführung von Wettkämpfen auch für zwei verschiedene Gesichtspunkte, die man nicht so einfach vermischen sollte.Um die Diskussion an dieser Stelle nicht zu sehr auf nur einen Punkt zu verengen, würden mich aber auch Meinungen zu anderen Punkten meines Ausgangsbeitrages interessieren. Das betrifft insbesondere den Aufbau der Meisterschaftsstruktur in den Mehrkämpfen. Was hat uns der Wegfall von Vier- und Fünfkämpfen und die Einführung der Blockmehrkämpfe denn wirklich Positives gebracht?
Persönlich bin ich sehr großer Pro-Hürdentraining-Mensch. Ich finde auch den Zuschnitt der Blockwettkämpfe aus Trainingssicht her gut und gerade die 400 als ganz schöne Schnelligkeits-Ausdauer-Laktat-Schleuder für nicht so Zielführend im Programm von nicht-Spezialisten. Allerdings wäre es, aufgrund sinkender Teilnehmerzahlen, durchaus überlegenswert wieder auf einen "Mini-Mehrkampf" zu reduzieren, der dann auch als zusatznorm für die U16 gilt.
Der klassische Dreikampf ist sicher nicht dumm. Der könnte Schrittweise nach Alter erweitert werden um Hürden und Hochsprung oder 1000m?
Ich stimme da zu was den Hürdensprint angeht. Ich teile zwar (leider) die Beobachtung, dass Teilnehmerfelder bei Blockwettkämpfen immer geringer werden - und leider auch im Hürdensprint schon in U14 und U16, würde hier aber fragen, warum das so ist und die Ursache eher in der aus meiner Sicht immer schlechteren Ausbildung im Training sehen. Hürdensprint ist "anstrengend". Er hat aber Transfereffekte auf viele andere Disziplinen und ist im Sinne der Vielseitigkeit, die wir für spätere Flexibilität im (Technik-)Training benötigen sehr wertvoll. Man erinnere sich an der Stelle gern mal an Robert Hartings Hürdeneinlage nach dem Gewinn seines WM-Titels. Er genoss eben offensichtlich eine vielseitige technische Ausbildung...


RE: Bewertung struktureller Maßnahmen der Vergangenheit - Athletix - 14.09.2023

Der Grundgedanke der Block-Mehrkämpfe war in der Tat die Hoffnung auf die Transfereffekte, die man sich insbesondere durch die Betonung auf den Hürdensprint versprochen hat. Darüber hinaus wollte man die Mehrkämpfe als solche stärken.

Mein Verein (kein Großverein, mittlere Größe) pflegt schon immer eine von unten nach oben durchgehende Trainingsstruktur aller AK. Trainermäßig sind wir für für einen Verein mittlerer Größe gut aufgestellt (ab Klasse U 16 mindestens B-Trainer). Auch in den unteren Altersklassen haben wir nie das in diesem Forum oftmals beschriebene Szenario gehabt, dass wir eine Trainerstelle mit Notlösungen besetzen mussten. Inhaltlich nimmt das Hürdenlaufen schon ab den KiLA-Gruppen bis zur sportlichen Spezialisierung einen breiten Raum ein und ist auch qualitativ sehr gut.

Gleichwohl war es so, dass wir bis zur großen Strukturreform mit Einführung der Blockmehrkämpfe nahezu jedes Jahr in allen Klassen bis hoch zur damaligen Jugend A Mehrkampfteams gestellt haben. Seit der Einführung der Block-Wettkämpfe ging die Mehrkampfbeteiligung rapide zurück, so dass wir zumindest in der U 18 und U 20 so gut wie keine Mehrkampfmannschaft mehr stellen konnten.

Das ist kein vereinsspezifisches Problem und zeigt sich auch in aller Deutlichkeit in der heutigen Mehrkampfbeteiligung.

Beispiele:

Teilnehmerzahlen bei DM-Mehrkampf in der U 20:

1987: Männliche Jugend A 5-Kampf 110 Teilnehmer mit 17 Mannschaften in der Wertung
                                     10-Kampf 77 Teilnehmer mit 11 Mannschaften in der Wertung
         Weibliche Jugend A 4-Kampf 86 Teilnehmerinnen mit 12 Mannschaften in der Wertung
                                     7-Kampf 67 Teilnehmerinnen mit 16 Mannschaften in der Wertung

2023: Männliche Jugend U 20: 10-Kampf 15 Teilnehmer mit 2 Mannschaften
         Weibliche Jugend U 20: 7-Kampf 15 Teilnehmerinnen mit 1 Mannschaft

Zur Einordnung der Zahlen: Im Jahr 1987 gab es noch die alte BRD und es sind keine TN der ehemaligen DDR enthalten,
2023 Gesamtzahlen alte und neue Bundesländer.

Alleine dieser Vergleich unterstreicht, dass hier der DLV den Mehrkampfbereich der Jugend nahezu vollständig wegrationalisiert hat. Dass in der Hauptsache mit einer Verschlechterung der Trainer-/Trainingsqualität erklären zu wollen, trifft die Sache mit Sicherheit nicht.

Noch eine Anmerkung zu der hoffentlich nicht ernst gemeinten Anmerkung zur Hürdeneinlage von Robert Harting. Dessen euphorischen Hürdenlauf würde ich technisch nicht als Beispiel für ein gelungenes Grundlagentraining im Hürdenlauf qualifizieren, sondern eher als Beispiel rudimentärer Technik ... Big Grin

Womit ich ihm nicht unterstellen will, dass er kein gutes Grundlagentraining genossen hat ...