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Stoßtechnik David Storl - Druckversion

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RE: Stoßtechnik David Storl - Gertrud - 24.07.2014

(24.07.2014, 10:10)Solos schrieb:
(22.07.2014, 21:13)Gertrud schrieb:  
Spitze Kniewinkel gibt´s bei der beidbeinigen tiefen Kniebeuge. - Das Durchschieben (exzentrisch halten) gibt´s bei jedem Sprint, wenn der Körper einschließlich Knie über den Fuß nach vorne wandert. Dabei bleibt das Kniegelenk gebeugt. Nach der Aussage müsste jeder Sprint ungesund sein. Entscheidend ist nicht die Optik von Knie und Fuß, sondern die Winkelstellung des Fußes. Wird der Winkel zwischen Fuß und Unterschenkel spitz, gibt´s ein Problem in dem Bereich. 

Gertrud

Gertrud,

jetzt vergleichst du aber deine vielfach zitierten Äpfel mit Birnen und verdrehst meine Aussage.
Beide Bewegungen haben verschiedene Aufgaben und eine andere Mechanik. Beim Sprint arbeitet das Bein mit der Bewegungsrichtung, um in Abhängigkeit der Phase dem Körper eine möglichst hohe horizontale Geschwindigkeitsänderung zu erteilen, die erreichte Geschwindigkeit zu halten oder den Geschwindigkeitsverlust zu minimieren. Dazu wird der Fuß von vorne schräg-oben möglichst in Bewegungsrichtung weisend gesetzt.

Beim Stemmen im Kugelstoßen (Angleittechnik) geht es primär um das Abbremsen und Umlenken der Horizontalgeschwindigkeit in die vertikale, die Bildung eines Widerlagers für die Druckbeinarbeit und Rumpf-/Stoßarmbewegungen sowie die Generierung eines zusätzlichen Vertikalimpulses durch das Verrichten muskulärer Arbeit (letzteres besonders bei der Sprungvariante). Dazu arbeitet das Stemmbein schräg entgegen der Bewegungsrichtung, wobei der der Fuß je nach Athlet 45 bis 90 Grad versetzt zur Bewegungsrichtung aufsetzt wird. Bei sauberer Stemmbeinarbeit begleitet der Fuß dann auf dem Ballen die Stemmbeinarbeit in Stoßrichtung.

Aus den verschiedenen Zielstellungen und Arbeitsweisen resultieren nicht vergleichbare Beanspruchungen der Gelenkstrukturen. Das Nachgeben und Halten im Kniegelenk erfolgt im Sprint unmittelbar nach dem Fußaufsatz und vermehrt in vertikaler Richtung. Die entstehende Zugspannung verläuft bei sauberem Fußaufsatz und entsprechender Gelenkausrichtung in Richtung der traktoriellen Ausrichtung der Kollagenfasern der Patellasehne (nicht nur der). Beim Stemmen hingegen treten Kräfte quer oder schräg zum Verlauf der Kollagenfasern sowie den übrigen Gelenkstrukturen auf. Wenn dazu noch durchgeschoben wird (Beugung im Knie und natürlich auch im oberen Sprunggelenk) erhöhen sich Zugspannung, auftretende Scherkräfte und inkongruenzen der Gelenkflächen. Besonders belastend ist dabei das Verkeilen des Stemmbeinfußes am Stoßbalken, da hierbei der schräg/quer stehende Fuß am Boden fixiert wird (=Torsionskräfte am Sprunggelenk, die sich fortführen), während das Kniegelenk in Stoßrichtung drängt. Meist kommt es dann im folgenden zu einer Kombination von Streck- und Rotationsbewegung im Kniegelenk. Genau dieser Mechanismus (fixierter Fuß+Kombination von Streckung und Rotation) ist beispielsweise im Fußball häufige Ursache für Kreuzband- und Meniskusschädigungen. Wenngleich er dort sicher noch ausgeprägter auftritt.

Hier ist das Beschriebene in relativ starker Ausprägung anhand von bewegten Bildern nachvollziehbar:klick

Man betrachte das quer zur Stoßrichtung erfolgende Reinsetzen des linken Fußes bei gebeugtem Bein so wie die Bewegungsbahnen von Sprung- und Kniegelenk. Das Knie drängt nach außen vorne (Rotation/Streckung), während der Fuß bis zum Lösen stationär am Stoßbalken fixiert ist.

Zu einem gewissen Maß sind diese Belastungen technikbedingt. Eine gewisse Fixierung des Fußes ist bei fast jedem Athleten zu beobachten.
Man kann die Belastungen aber durch kleine Änderungen im Bewegungsablauf und durch eine gute muskuläre Absicherung der Gelenke reduzieren.Bei den Trainingsumfängen im Spitzenbereich kann das dann schon erhebliche Auswirkungen besitzen, zumal die Strukturen weiteren Trainingsbelastungen ausgesetzt sind.

Um das auszudiskutieren, reicht der Platz nicht aus. Es wird richtig beschrieben, dass das Stemmbein vorne eine bestimmte Arbeit verrichtet und zwar anders als das rechte Bein beim Rechtsstoßer. Da stellt sich dann die Frage, warum man bei der beidbeinigen Kniebeuge dieselben Impulse für beide Beine gibt. Das nur mal nebenbei!!! Wink Wenn beim Kugelstoßen der Kurz-Lang-Rhythmus gelehrt wird, hat man mit dem Fuß am Balken kaum Probleme. Das Verkeilen des Fußes am Balken zieht auf Dauer sicherlich Probleme nach sich, weil das Fuß- und das Kniegelenk nicht kompakt nach vorne gebracht werden. ACL lässt grüßen. (Einer Kugelstoßerin müssten jetzt eigentlich die Ohren klingeln!!!Wink) Zudem resultiert die Kugelstoßleistung nicht primär aus dem Hub, sondern der horizontalen und der Geschwindigkeit durch den Armhebel. Kombinationsbewegungen von Streckung und Rotation im Kniegelenk sind tödlich für die Kreuzbänder, vor allem dann, wenn das gestreckte Knie bei fixiertem Fußgelenk vorläuft, weil das Gelenk bei gestrecktem Kniegelenk keine Rotation ohne Krafteinwirkung von außen ermöglicht.  

Die Beine sind beim Sprint mitnichten hauptsächlich für die horizontale Geschwindigkeit zuständig, was z. B. den anbahnenden Sprungbereich auch in einem anderen Licht erscheinen lässt. Auch das wird hier teilweise falsch gelehrt. 

Die unterschiedlichen Gelenkbelastungen zwischen Sprintern und Kugelstoßern liegen hauptsächlich in der Differenz von 30 kg - 40 kg Körpergewicht. 

Zudem sehe ich einige Knieprobleme eher bedingt durch unausgewogene Gewichtsarbeit; aber da scheiden sich die Geister. Wink Ich sehe viele Übungen eben aus einem anderen Blickwinkel. Was soll´s?!

Gertrud


RE: Stoßtechnik David Storl - Gertrud - 24.07.2014

(21.07.2014, 09:35)Robb schrieb: Storl ist bei den 21.97 wieder nicht umgesprungen, ist das jetzt seine neue Technik? Irgendwo stand vor ein paar Wochen, dass er wegen Knieproblemen nicht umspringen konnte, aber scheinbar stört das nicht, oder könnte er mit umspringen noch weiter stossen? Expertenmeinung gefragt.

edit mod: abgetrennt aus "Anniversary Games, London 20.07.2014 (David Storl: 21,97m)"

Es kommt darauf an, wie man umspringt.

Gertrud


RE: Stoßtechnik David Storl - Gertrud - 24.07.2014

(21.07.2014, 09:37)trackman schrieb:
(21.07.2014, 09:35)Robb schrieb: Storl ist bei den 21.97 wieder nicht umgesprungen, ist das jetzt seine neue Technik? 
Evtl. reduziert das die Knieprobleme, die er ja in der Vergangenheit hatte?
Er ist wahrscheinlich im Stütz eher in der Lage, sauber zu stoßen! (Ich meine "sauber" hinsichtlich Technik! Wink)

Gertrud


RE: Stoßtechnik David Storl - Delta - 24.07.2014

(24.07.2014, 19:46)Gertrud schrieb:
(21.07.2014, 09:37)trackman schrieb:
(21.07.2014, 09:35)Robb schrieb: Storl ist bei den 21.97 wieder nicht umgesprungen, ist das jetzt seine neue Technik? 
Evtl. reduziert das die Knieprobleme, die er ja in der Vergangenheit hatte?
Er ist wahrscheinlich im Stütz eher in der Lage, sauber zu stoßen! (Ich meine "sauber" hinsichtlich Technik! Wink)

Gertrud
Springt man um im Kugelstossen muss man das sehr gut beherrschen und darf keinesfalls zu hoch springen. Ansonsten geht es ins Auge.
Bei vielen jüngeren Kugelstössern ist die Variante ohne Umsprung die zuverlässigere.


RE: Stoßtechnik David Storl - MZPTLK - 24.07.2014

(24.07.2014, 19:25)Gertrud schrieb:
(24.07.2014, 10:10) schrieb: Das Verkeilen des Fußes am Balken zieht auf Dauer sicherlich Probleme nach sich, weil das Fuß- und das Kniegelenk nicht kompakt nach vorne gebracht werden. ACL lässt grüßen. (Einer Kugelstoßerin müssten jetzt eigentlich die Ohren klingeln!!!Wink) Zudem resultiert die Kugelstoßleistung nicht primär aus dem Hub, sondern der horizontalen und der Geschwindigkeit durch den Armhebel. 

Die Beine sind beim Sprint mitnichten hauptsächlich für die horizontale Geschwindigkeit zuständig, was z. B. den anbahnenden Sprungbereich auch in einem anderen Licht erscheinen lässt. Auch das wird hier teilweise falsch gelehrt. 

Die unterschiedlichen Gelenkbelastungen zwischen Sprintern und Kugelstoßern liegen hauptsächlich in der Differenz von 30 kg - 40 kg Körpergewicht.
Das Verkeilen und nicht kompakte nach-vorn-Bringen ist sicherlich eine (unterschätzte?) Baustelle. Meinst Du Denise Hinrichs?

Woraus die Kugelstossleistung primär resultiert, lässt sich nicht sauber auseinander präparieren, mit keiner Messtechnik oder Vektorrechnung. Ausserdem ist das sehr stark abhängig von der Technik. Solos geht sicherlich von der 'Hebeltechnik' mit engerer Fusstellung aus. der Hub käme dabei zu einem erheblichen Anteil nicht ohne die Umlenkung der Horizontalgeschwindigkeit zustande. Man kann es drehen und wenden wie man will, wir haben es immer mit einer Vektorenoptimierung zu tun, die technikabhängig entweder mehr aus den unteren oder mehr aus den oberen Antrieben kommt.

Alles ist beim Sprint für die horizontale Geschwindigkeit zuständig, dabei störende Impulse sollten minimiert werden.
Mal das ganze Vektoren- und Exzentrikgedöns aussen vorgelassen:
Der KSP soll möglichst schnell von Null auf 100 m befördert werden.
Da ich die Frequenz der Extremitäten nur geringfügigst erhöhen kann, muss ich vor allem an der Schrittlänge arbeiten, ohne die Frequenz zu sehr zu beeinträchtigen(Gesamtkalkulation).
Das bedeutet zwangsaläufig ein stärkeres Abdrücken, es geht in Richtung Lauf-Sprünge.
Aber es bleibt dabei, das ganze System bleibt für die horizontale Beschleunigung zuständig. Man kann die Beine nicht vom System lösen.

Die unterschiedlichen Gelenkbelastungen dürften m.E. weniger in der iDfferenz der Körpergewichte liegen, sondern in dem Druck, der bei den jeweiligen Bewegungen auf die Gelenke ausgeübt wird.
Der Druck auf die Kniegelenke bei einem 140 KG-Spaziergänger ist um ein Vielfaches geringer als bei einem 70 KG wiegenden 2,30 Hochspringer.


RE: Stoßtechnik David Storl - Diskusmann - 25.07.2014

(24.07.2014, 18:47)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Einfach klasse!, "Biomechaniker" Solos !Thumb_up

Und dann auch noch die Technik(fehler)beschreibung anschaulich mit einem Video (Werfermeeting in Halle) belegt; das vermag kaum Eine/r ...  Wink


H. Klimmer / sen.

P.S.: Sind die "Biomechaniker" des UAC Kulmbach alle so firm?Wink
Er kann es einfach nicht lassen...

Kalt, Hellmuth, gaaanz kalt!


RE: Stoßtechnik David Storl - Diskusmann - 25.07.2014

(24.07.2014, 20:02)Delta schrieb: Springt man um im Kugelstossen muss man das sehr gut beherrschen und darf keinesfalls zu hoch springen. Ansonsten geht es ins Auge.

Die Aussage ist zu generell und gilt eigentlich nur und auch nur bedingt fürs Angleiten. Hinsichtlich Drehstoß darfst Du das gern mal mit Brian Oldfield ausdiskutieren! Ich stelle gern eine Verbindung her.
Schau Dir mal Videos seiner Stöße an (70erJahre, später war ihm das aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr möglich), wobei bemerkt sei, dass er bis 1974 anglitt und dann auf Drehstoß umstellte.
Wer Oldfield nicht mehr kennt: 6. OS 1972, 1975 als Profi inoff. WR mit 22,86m (Profis waren damals verboten).


RE: Stoßtechnik David Storl - Solos - 25.07.2014

(24.07.2014, 19:25) Gertrud schrieb: Um das auszudiskutieren, reicht der Platz nicht aus. 

Das ist sehr bedauerlich. Zumal offenbar ausreichend Platz vorhanden ist, um lauter Nebenbaustellen zu eröffnen und Aspekte ins Spiel zu bringen, die zwar interessant sind, aber nun wirklich nicht mehr im Kontext des Themas stehen. Das passt irgendwie nicht zu der Forderung "ans Eingemachte" zu gehen. Undecided

Mir soll's Wurscht sein. In den nächsten drei Tagen steht für mich die Leichtathletik in ihrer praktischen Form im Vordergrund. Befinde mich gerade auf dem Weg ins schöne Ulm. Wie die meisten hier sicher mitbekommen haben, veranstalten die dort am WE ein kleines Sportfest! Wink

Gruß

P.s. @Helmuth

Wenn es deiner Schlafqualität zuträglich ist, mime ich für dich auch den Biomechaniker aus Kulmbach! Tongue


RE: Stoßtechnik David Storl - MZPTLK - 10.08.2014

In der WamS von heute wird kolportiert, dass David seit Längerem wegen einer mehr oder weniger chronischen Reizung der Patellasehne nicht so gut umspringen kann. Sven Lang schätzt, dass ihn das 30-40 cm kostet, im Training hat er die 22 schon öfters geknackt.


RE: Stoßtechnik David Storl - Hellmuth K l i m m e r - 10.08.2014

(10.08.2014, 12:07)MZPTLK schrieb: In der WamS von heute wird kolportiert, dass David seit Längerem wegen einer mehr oder weniger chronischen Reizung der Patellasehne nicht so gut umspringen kann.
... und der Sportjournalist Gunnar Meinhardt erkennt   f a l s c h   , dass Storl "... nach dem Angleiten nicht vom rechten  auf den linken Fuß umspringen" kann. (= Sprungtechnik)
Ich sah David fast immer nur vom rechten auf den rechten Fuß umspringen - falls er überhaupt   u m s p r a n g  ... 
Oder sehe ich als Weitspringer das falsch? Blush

H. Klimmer / sen.