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Sportförderung in der DDR - sinnvoll investiertes Geld? - Druckversion

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+--- Thema: Sportförderung in der DDR - sinnvoll investiertes Geld? (/showthread.php?tid=2167)

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RE: Karriereende 2016 national - icheinfachma - 09.10.2016

Sicher haben die Kinder der DDR mehr Sport getrieben, aber

1) Wer von vornherein keine Leistung brachte, wurde außer im Fußball idR gar nicht erst im Verein aufgenommen

2) Wer keine Leistung mehr brachte, wurde rausgeboxt

3) Wer Leistung brachte, wurde an den KJS verheizt, auch ohne Doping

4) Für Kinder gab es keinen Freizeitsport mit der Intention "Freude", sondern nur "Leistung"

5) Für ältere Jugendliche oder Erwachsene (insb. Senioren) gab es überhaupt keine Freizeitsportangebote, die DDR hatte (anders als die BRD) nichtmal Fitnessstudios. Ordentliche Sportschuhe zum Joggen kaufen war ebenfalls zu viel verlangt. Die Breitensportentiwkclung wurde immer propagiert, aber mangels Geld nie umgesetzt. Das Geld floss in den Leistungssport und die Forschung.

Darum meine Aussage, jeder mag gemäß seiner politischen Haltung urteilen, ob das Geld demzufolge gut investiert war. Das wird ein Sozialist sicher anders sehen als ein Demokrat.


RE: Karriereende 2016 national - gera - 10.10.2016

@ icheinfachma

mein Gott, wie schnell doch das Wissen über dt. Geschichte, die noch gestern war , abnimmt. Thumb_down


RE: Karriereende 2016 national - icheinfachma - 10.10.2016

Dass du die DDR in Schutz nimmst, wundert mich weniger. Ich hab zwar selbst nicht mehr die DDR erlebt (glücklicherweise), aber meine Eltern, die damals auch sportlich aktiv waren, ich kenne die Bericht meiner Hochschuldozenten, die damals auch schon im Geschäft waren und habe auch wissenschaftliche Arbeiten gelesen, in denen das Sportsystem analysiert wurde. Natürlich können deine Einzelfallbeobachtungen von der Gesamtwirklichkeit abweichen.


RE: Karriereende 2016 national - Diskusmann - 10.10.2016

(10.10.2016, 08:12)icheinfachma schrieb: ...Ich hab zwar selbst nicht mehr die DDR erlebt (glücklicherweise), aber meine Eltern, die damals auch sportlich aktiv waren, ich kenne die Bericht meiner Hochschuldozenten, die damals auch schon im Geschäft waren und habe auch wissenschaftliche Arbeiten gelesen, in denen das Sportsystem analysiert wurde. ...

...und trotzdem sind eine ganze Reihe Deiner Aussagen einfach nicht richtig! So gab es z.B. sowohl einen Amateursport (Stichworte Betriebssportgruppen, Kleine Meisterschaften) als auch den Seniorensport.
Das detaillierter zu vermitteln überlasse ich aber besser denjenigen hier, die damals in dem System gelebt haben. Hellmuth Klimmer z.B. wird dazu fachkundig Stellung nehmen können.


RE: Karriereende 2016 national - Adonis1 - 10.10.2016

(10.10.2016, 08:12)icheinfachma schrieb: ...Ich hab zwar selbst nicht mehr die DDR erlebt (glücklicherweise), aber meine Eltern, die damals auch sportlich aktiv waren, ich kenne die Bericht meiner Hochschuldozenten, die damals auch schon im Geschäft waren und habe auch wissenschaftliche Arbeiten gelesen, in denen das Sportsystem analysiert wurde. ...
Die vermeintlich objektiv-wissenschaftliche Perspektive von oben, noch dazu verzerrt durch die damalige "Kalte-Kriegs-Rhetorik", hat häufig nichts mit dem Alltagsempfinden der Menschen oder der profanen Wirklichkeit zu tun.
Daher gilt wohl in diesem Falle: icheinfachma = ichkeinfachma


RE: Karriereende 2016 national - Hellmuth K l i m m e r - 10.10.2016

(10.10.2016, 09:56)Diskusmann schrieb: ...und trotzdem sind eine ganze Reihe Deiner Aussagen einfach nicht richtig! So gab es z.B. sowohl einen Amateursport (Stichworte Betriebssportgruppen, Kleine Meisterschaften) als auch den Seniorensport.
Das detaillierter zu vermitteln überlasse ich aber besser denjenigen hier, die damals in dem System gelebt haben. Hellmuth Klimmer z.B. wird dazu fachkundig Stellung nehmen können.

Vorerst nur soviel (da derzeit indisponiert Thumb_down ):
Die Schaffung der "Kleinen Meisterschaften" und das System der DDR-Meisterschaften der Senioren (beides befördert durch DVfL-Präsidiumsmitglied Gerhard Hafenrichter ) und von 1973 - 1990 durchgeführt, war eine erfolgreiche, der Unterstützung des Breiten- und Nichtleistungssport dienenden Entwicklung.
Die gleichzeitig in der BRD durchchgeführten Seniorenmeisterschaften (später zweigeteilt, I und II) waren - angesichts der vergleichsweise viel höheren Bevölkerung - kaum stärker entwickelt.

(Ich bin froh darüber, dass ich damals als Verantwortlicher - anfangs für beide Veranstaltungen, später nur für den Seniorensport - ein klein wenig mit dazu beitragen konnte. Exclamation  )

H. Klimmer / sen.


RE: Sportförderung in der DDR - sinnvoll investiertes Geld? - Hellmuth K l i m m e r - 10.10.2016

@ icheinfachma
A l l e  deine gestern 22:16h gemachten Feststellungen sind falsch.

Zur Entwicklung der "Kleinen Meisterschaften" ( 2 ... 3  Jahre auch in der BRD durchgeführt) und des Seniorensports hatte ich heut schon kurz meine Meinung geäußert. 

Mit deinem Beitrag disqualifizierst du dich selbst, so wie Adonis1  schon schrieb.

H.Klimmer / sen. 




RE: Karriereende 2016 national - Gertrud - 11.10.2016

(09.10.2016, 21:16)icheinfachma schrieb: Sicher haben die Kinder der DDR mehr Sport getrieben, aber

3) Wer Leistung brachte, wurde an den KJS verheizt, auch ohne Doping

Ich kann das ohne eingehende Kenntnisse nicht beurteilen. Das Prinzip, in jungen Jahren grundlegende Talentsichtungen durchzuführen, halte ich für richtig. Wir sollten nicht ungefiltert verdammen, sondern uns die verwertbaren "Rosinen" herauspicken. Anthropometrische Parameter anzuwenden, war sicherlich auch eine gute Sache. Ich halte auch für richtig, die Talente sehr frühzeitig in sehr gute Hände zu geben. Ich halte aber diese ums Verrecken an OSP gekoppelte Trainer/innen-Bevorzugung für falsch. Wenn ich eine/n Kugelstoßer/in oder Mehrkämpfer/in z. B. trainieren sollte, schicke ich sie mit Sicherheit nicht weiter, weil mir aus meiner Sicht hier im Umkreis keiner das Wasser hinsichtlich Verletzungsprophylaxe reichen kann. Mit anderen Worten: die eine Sache sollten wir übernehmen, die andere nicht!!!

Wenn der DLV in den vergangenen 20 Jahren mal auf die Idee gekommen wäre, mich in der westfälischen Region z. B. im Mehrkampf bei der Talentsichtung einzusetzen, dann wäre es nicht die "Diaspora" von heute. Dazu bin ich zu akribisch. Was soll´s - das ist Schnee von gestern? Es wird sich gravierend nichts ändern!!! Man muss hier ganz andere Kriterien und Maßstäbe als zu den DDR-bedingten Zeiten ansetzen, um flächendeckend zum Erfolg zu kommen. Für diese Maßnahmen werden "die da oben" (fürstlich im Gegensatz zu den Erfolgstrainern - nehme ich an!) bezahlt. Ich muss mir meinen Kopf nicht zerbrechen, mache mir trotzdem aber Gedanken darüber.  Wink

Gertrud


RE: Sportförderung in der DDR - sinnvoll investiertes Geld? - Pollux - 11.10.2016

@Diskusmann, Adonis, Klimmer

Das Sportfördersystem der DDR unter dem Begriff „sinnvoll“ (oder effizient) zu beurteilen, schließt notwendigerweise die Frage nach den Zwecksetzungen und ihre Beurteilung ein. Und damit auch: was man dabei sehenden Auges in Kauf nahm. Der User ‚Icheinfachma’ hat diese Gesichtspunkte - Im Gegensatz zu den Krümelpickern - stets im Auge behalten. Aber man kann natürlich auf Fisimatenten rumreiten. Aber auch dann bleibt das Gesagte nicht aus der Luft gegriffen. 

„In den letzten Jahren ihrer Existenz flossen jährlich rund 1,2 Milliarden Ostmark direkt in den Sporthaushalt. Hinzu kamen die Aufwendungen verschiedener Ministerien, der großen Sportverbände Dynamo (Stasi und Polizei) und der Armeesportvereinigung - und die Sportetats etlicher Kombinate, der jeweiligen SED-Bezirkssekretäre für Sport. Mit diesen Mitteln wurden unter anderem 28 Sportklubs unterhalten, 25 Kinder- und Jugendsportschulen - und auch ein gigantisches Dopingsystem. In der Spitze war das System gnadenlos auf Auslese programmiert - man muss schon viele Nebenwirkungen ausblenden, um dieses System effizient zu nennen. Es war zu teuer für die DDR und eigentlich nicht zu finanzieren. Das wussten die Planer im so genannten Staatssekretariat für Körperkultur und Sport, das mit den ersten freien Wahlen aufgelöst wurde, schon seit Mitte der 80er-Jahre.“

„Der Investitionsbedarf für Sportstätten war enorm und ging in die Milliarden. Während alle Mittel für den Leistungssport zusammengekramt wurden, waren die staatlichen Planer schon lange nicht mehr in der Lage, die elementaren Bedürfnisse der Bevölkerung nach Sportausrüstungen zu befriedigen - nicht einmal nach Turnschuhen und Fahrrädern. An das dringend benötigte Westgeld kam man auf teils abenteuerlichen Wegen. Hans-Georg Aschenbach, Skisprung-Olympiasieger, Armee-Offizier und Republik-Flüchtling, formuliert es so: "Im Leistungssport war alles da. Damit hat man halt versucht, auch zu kleistern, zuzudecken, Farbe drüber und zu sagen: Wir sind erfolgreich! Ihr habt zwar ein Problem in der Versorgung mit Material, und es gibt das nicht zu essen oder es gibt das nicht zum anziehen, aber seht doch: Unsere Sportler! Das sind doch unsere Größten und unsere Besten!"

http://www.deutschlandfunk.de/unsere-sportler-das-sind-doch-unsere-groessten-und-unsere.1346.de.html?dram:article_id=195833


RE: Sportförderung in der DDR - sinnvoll investiertes Geld? - lor-olli - 11.10.2016

Die Frage nach dem Sinn sollte meiner Meinung nach so eher nicht quantifiziert werden, also die Frage ob man mit dem investierten Geld das Ziel - dessen Definition weitgehend variabel ist - erreicht. Die Frage sollte doch eher sein welches Ziel ich definiere und welche Mittel vertretbar sind.
 
Wenn ich mir anschaue welche finanziellen Mittel in einige Bereiche des professionellen Sports (Fußball, Motor“sport“, Golf u.a.) fließen, fällt es mir schwer überhaupt noch ein Ziel - schon gar nicht im Wortzusammenhang mit sinnvoll - zu definieren. Es geht häufig nur noch am Rande um Sieg, es reicht wenn “das Geschäft“ läuft > bis zur Unterhaltungsbulimie… Sinnvoll investiert? Wenn man es rein ökonomisch betrachtet, vor allem für die, die investieren um zu kassieren, weniger für die, die “investieren“ um zu rezipieren.

Ist es sinnvoll zu investieren um zu repräsentieren - denn das dürfte wohl das Hauptmotiv der DDR-Sportinvestitionen gewesen sein. Das würden die Verantwortlichen mit einem klaren JA beantwortet haben. Sinnvoll für den Sport / die Sporttreibenden? Wohl eher nur für die vereinzelten Sieger, der Sport hat einen fatalen Weg eingeschlagen, das Doping ist nur eine der Fehlentwicklungen mit Folgewirkung, die "Gigantomanie"(Olympische Spiele) eine andere.